Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 23 SO 6/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 SO 78/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Übernahme von Miet-, Nebenkosten- und Heizkkostenrückständen nach § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Der am 00.00.1954 geborene Kläger schloss am 03.12.2004 vor dem Amtsgericht M mit dem Vermieter seiner jetzigen Wohnung einen Vergleich, der ihn zur Zahlung eines Betrages von 1.000,00 EUR in monatlichen Raten von 250,00 EUR, beginnend im Monat Januar 2005, verpflichtete. Damit sollten alle Ansprüche seines Vermieters auf Nachzahlung von Mietzins und Heizkosten bis einschließlich des Jahres 2003 und alle Ansprüche seines Vermieters auf Nachzahlung von Nebenkosten bis einschließlich des Jahres 2004 erledigt sein. Der Kläger hatte diese im Rahmen einer Mietminderung einbehalten. Der Kläger verpflichtete sich ferner zur Zahlung des ungeminderten Mietzinses sowie der Heiz- und Nebenkosten ab dem Monat Januar 2005.
Ab dem 01.01.2005 bezog der Kläger von der Arbeitsgemeinschaft M Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (Arbeitslosengeld II) nach §§ 19 S. 1 Nr. 1, 20 ff. Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Bei Antragstellung hatte der Kläger angegeben, mit Frau C in seiner Wohnung in einer Wohngemeinschaft zu leben. Nachdem die Arbeitsgemeinschaft M ihm mit Bescheid vom 29.12.2004 Leistungen unter Zugrundelegung einer Bedarfsgemeinschaft bewilligt hatte, erhoben beide am 14.12.2004 Widerspruch. Ergänzend machte der Kläger geltend, er sei noch einer Forderung seines Vermieters in Höhe von 1.000,00 EUR ausgesetzt. Anlässlich einer Vorsprache am 14.02.2005 im Zusammenhang mit seinem Widerspruch verwies die Arbeitsgemeinschaft M den Kläger auf die Möglichkeit der vorbeugenden Obdachlosenhilfe bei Bestehen von Mietschulden. Im Rahmen eines unter dem Aktenzeichen S 37 AS 13/05 geführten Klageverfahrens gegen die Bescheide der Arbeitsgemeinschaft M begehrte der Kläger erneut deren Verurteilung zur Übernahme einer Mieterhöhung um einen Betrag von 1.000,00 EUR, da sich die Beklagte zwischenzeitlich als dafür nicht zuständig erklärt habe. Anlässlich eines Termins zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten am 30.01.2006 wies das Gericht darauf hin, dass ein Anspruch nach § 22 Abs. 5 SGB II nicht in Betracht komme, der Kläger vielmehr einen Anspruch nach § 34 SGB XII verfolgen und gegenüber der Beklagten auf der Erteilung eines Bescheides bestehen möge. Der Kläger nahm daraufhin die Klage zurück.
Der Kläger hatte unter dem 25.02.2005 gegenüber der Beklagten die Übernahme seiner Schulden nach § 34 SGB XII beantragt, die auf einer Mietminderung und nicht beglichenen Heiz- und Nebenkostennachforderungen beruhten. Er hatte erklärt, dass er durch die Zahlung der ersten beiden Raten in den Monaten Januar und Februar 2005 sein Konto stark überzogen habe. Er werde die Kündigung seines Vermieters erhalten, wenn er in den Monaten März und April 2005 keine Raten zahle. Nach einem Vermerk der Beklagten hatte der Kläger Möglichkeiten der Eigenregulierung und eine Kontaktaufnahme zu seinem Vermieter abgelehnt. Er sei jedoch um eine erneute Vorsprache und die Einreichung von Nachweisen gebeten worden, unter anderem über seine finanzielle Situation und die gezahlten Raten.
Aus der Verwaltungsakte der Beklagten geht hervor, dass der Kläger seinem Vermieter unter dem 23.02.2005 mitgeteilt hatte, dass sie nicht mehr in der Lage seien, Raten in Höhe von 250,00 EUR zu zahlen, und um die Möglichkeit gebeten hatte, den Restbetrag von 500,00 EUR ab dem Monat März 2005 in Raten von jeweils 50,00 EUR zu zahlen. Aus der Verwaltungsakte der Beklagten geht weiter hervor, dass der Vermieter diesem Anliegen unter dem 24.02.2005 zugestimmt hatte.
Mit Schreiben vom 15.03.2005 erinnerte der Kläger die Beklagte an die Erteilung eines Bescheides und bat um Rückgabe der überlassenen Unterlagen. Unter dem 18.03.2005 führte die Beklagte aus, aufgrund der mündlichen Erklärungen und der vorgelegten Unterlagen sei nicht deutlich geworden, dass ein Wohnungsverlust zu befürchten sei. Weder lägen eine fristlose Kündigung noch deren Androhung vor. Die Beklagte nahm Bezug auf die dem Kläger aufgezeigten und von ihm abgelehnten Selbsthilfemöglichkeiten und teilte mit, dass sie die Angelegenheit als erledigt betrachte.
Am 06.02.2006 erinnerte der Kläger an die Bescheidung seines Antrags. Die Beklagte erwiderte, sie habe die Angelegenheit als erledigt betrachtet, da er auf ihr Schreiben vom 18.03.2005 nicht reagiert habe. Eine Sachverhaltsklärung sei ihr mangels Mitwirkung nicht möglich. Der Kläger entgegnete, er begehre einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid, und teilte mit, dass er Untätigkeitsklage erhoben habe.
Diese wurde unter dem Akten S 23 SO 19/06 geführt. Die Beklagte beantragte zunächst Klageabweisung und erteilte am 08.05.2006 wegen fehlender Mitwirkung des Klägers gemäß § 66 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) einen ablehnenden Bescheid. Zur Begründung führte sie aus, aus den anlässlich der Vorsprache am 25.02.2005 von dem Kläger vorgelegten Unterlagen sei nicht erkennbar gewesen, dass ein Wohnungsverlust gedroht habe. Sie habe den Kläger um kurzfristige Einreichung entsprechender Nachweise gebeten und ihm empfohlen, mit seinem Vermieter Kontakt aufzunehmen. Beides habe der Kläger abgelehnt. Darüber hinaus habe er mit Schreiben vom 15.03.2005 die Rücksendung der überlassenen Unterlagen verlangt. Diesem Wunsch habe sie entsprochen. Die Möglichkeit einer erneuten Vorsprache habe er ungenutzt gelassen. Weiterhin seien weder eine Kündigung seines Vermieters noch eine Räumungsklage nachgewiesen.
Der Kläger erhob am 23.05.2006 Widerspruch und machte geltend, er habe der Beklagten einen kompletten Ordner mit den relevanten Unterlagen zur Verfügung gestellt.
Nachdem die Beklagte am 11.07.2006 einen Widerspruchsbescheid erteilt hatte, erklärte der Kläger die Untätigkeitsklage für erledigt.
Mit dem Widerspruchsbescheid wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, aus den von dem Kläger anlässlich seiner Vorsprache vorgelegten Unterlagen sei nicht erkennbar gewesen, dass er akut von Wohnungslosigkeit bedroht gewesen sei. Die mit seinem Vermieter vereinbarten Raten habe er in den Monaten Januar und Februar 2005 nach eigenen Angaben bereits bezahlt. Um prüfen zu können, ob Obdachlosigkeit drohe, falls er die weiteren Raten nicht zahle, habe sie ihn um Einreichung weiterer Unterlagen gebeten und eine Kontaktaufnahme zu seinem Vermieter angeregt. Beides habe der Kläger jedoch abgelehnt. Er habe vielmehr um Rückgabe der überlassenen Unterlagen gebeten. Ihr Angebot einer erneuten Vorsprache habe er nicht genutzt. Eine Sachverhaltsaufklärung sei ihr damit nicht möglich gewesen.
Am 18.07.2006 hat der Kläger Klage erhoben.
Der Kläger trägt vor, er habe sein Konto überzogen und Darlehen Dritter in Anspruch genommen, um die seinem Vermieter geschuldeten Raten zahlen zu können. Den entsprechenden Kontoauszug habe er der Beklagten vorgelegt. Ein weiteres Gespräch mit seinem Vermieter mit dem Ziel, die geschuldeten Raten weiter zu verringern, wäre nicht sinnvoll gewesen, denn die Raten seien bereits auf ein Minimum reduziert gewesen. Im Übrigen habe die Beklagte ihm mitgeteilt, dass er in keinem Fall Leistungen erhalten werde. Er hingegen habe die ihm mögliche Eigeninitiative gezeigt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 08.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine rückständige Miete sowie seine rückständigen Neben- und Heizkosten in Höhe von 1.000,00 EUR, wie sie sich aus dem Vergleich vom 03.12.2004 mit seinem Vermieter vor dem Amtsgericht M ergeben, zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Bescheide und ihr Vorbringen in dem Verfahren S 23 SO 19/06. Ergänzend trägt sie vor, der Kläger habe einen drohenden Wohnungsverlust bis heute nicht konkret dargelegt. Vielmehr sei es ihm gelungen, eine Ratenzahlungsvereinbarung mit seinem Vermieter zu treffen. Im Übrigen habe er bei der Minderung der Miete damit rechnen müssen, dass er für den Fall, dass diese unberechtigt gewesen sei, Nachzahlungen leisten müsse.
Das Gericht hat den Kläger um Einreichung von Belegen gebeten, aus denen sich ergebe, wann und in welchem Umfang er seiner Verpflichtung aus dem Vergleich vor dem Amtsgericht M zwischenzeitlich nachgekommen sei. Es hat den Kläger ferner um Mitteilung gebeten, ob gegenwärtig noch eine Forderung des Vermieters aus diesem Vergleich bestehe und gegebenenfalls in welcher Höhe.
Der Kläger hat Belege eingereicht, die die Zahlung von acht Raten von jeweils 50,00 EUR in den Monaten Mai bis Dezember 2005 ausweisen.
Das Gericht hat zu dem Verfahren die Akten der Verfahren S 37 AS 13/05 und S 23 SO 19/06 sowie die Verwaltungsakte der Arbeitsgemeinschaft M beigezogen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger ist durch den Bescheid der Beklagten vom 08.05.2006, mit dem diese die Übernahme seiner rückständigen Miete sowie seiner rückständigen Neben- und Heizkosten in Höhe von 1.000,00 EUR wegen fehlender Mitwirkung gemäß § 66 SGB I ablehnte, und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 11.07.2006, mit dem diese ihre Entscheidung bestätigte, nicht gemäß § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übernahme seiner rückständigen Miete sowie seiner rückständigen Neben- und Heizkosten nach § 34 Abs. 1 SGB XII.
Danach können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (S. 1). Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (S. 2).
Die Beklagte war berechtigt, den Antrag gemäß § 66 Abs. 1 SGB I abzulehnen.
Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich beschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind (S. 1).
Nach § 60 Abs. 1 S. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskunft durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1), Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen (Nr. 2) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3).
Diese Mitwirkungspflicht besteht gemäß § 65 Abs. 1 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1), ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderliche Kenntnis selbst beschaffen kann (Nr. 3).
Der Kläger hat die behauptete Tatsache, dass ihm die Kündigung seines Vermieters drohe, wenn er ab dem Monat März 2005 die im Rahmen des Vergleichs vom 03.12.2004 vor dem Amtsgericht M vereinbarte Zahlung eines Betrages von 1.000,00 EUR in monatlichen Raten von 250,00 EUR, beginnend im Monat Januar 2005, nicht leiste, nicht durch Unterlagen nachgewiesen.
Dabei handelt es sich um die zentrale Anspruchsvoraussetzung. Denn die Übernahme von Schulden muss gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 SGB XII zur Sicherung der Unterkunft oder einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt sein. Dies wäre der Fall, wenn der Antragsteller vor Obdachlosigkeit bewahrt würde (Grube/Wahrendorf, SGB XII, Kommentar, § 34, Rdn. 5).
Die Einreichung einer Räumungsklage, eines Kündigungsschreibens seines Vermieters oder einer entsprechenden Ankündigung stellte im Übrigen das nächstliegende Beweismittel dar, so dass es aufgrund der entsprechenden Weigerung des Klägers zu einer erheblichen Erschwerung der Aufklärung des Sachverhalts im Sinne des § 66 Abs. 1 S. 1 SGB I gekommen ist.
Die für die Rechtfertigung der Schuldenübernahme maßgebenden Selbsthilfemöglichkeiten des Antragstellers, seine wirtschaftliche Situation und seine Vermögensverhältnisse (Grube/Wahrendorf, a. a. O., Rdn. 7) sind indes nachgewiesen. Der Kläger hat sowohl seine Bitte um Reduzierung der dem Vermieter geschuldeten Raten ab dem Monat März 2005 auf jeweils 50,00 EUR vom 23.02.2005 und die Zustimmung des Vermieters vom 24.02.2005 eingereicht. Darüber hinaus ist bekannt, dass der Kläger hilfebedürftig im Sinne des SGB II ist.
Auch hinsichtlich der Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 S. 2 SGB XII ist jedoch der Vorwurf fehlender Mitwirkung nach §§ 66 Abs. 1 S. 1, 60 Abs. 1 S. 1 SGB I zu erheben. Dieser knüpft die Übernahme von Schulden an den drohenden Eintritt von Wohnungslosigkeit, mit dem Unterschied, dass es sich lediglich um eine Sollvorschrift handelt und die Rechtsfolge nur im Regelfall gebunden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Übernahme von Miet-, Nebenkosten- und Heizkkostenrückständen nach § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Der am 00.00.1954 geborene Kläger schloss am 03.12.2004 vor dem Amtsgericht M mit dem Vermieter seiner jetzigen Wohnung einen Vergleich, der ihn zur Zahlung eines Betrages von 1.000,00 EUR in monatlichen Raten von 250,00 EUR, beginnend im Monat Januar 2005, verpflichtete. Damit sollten alle Ansprüche seines Vermieters auf Nachzahlung von Mietzins und Heizkosten bis einschließlich des Jahres 2003 und alle Ansprüche seines Vermieters auf Nachzahlung von Nebenkosten bis einschließlich des Jahres 2004 erledigt sein. Der Kläger hatte diese im Rahmen einer Mietminderung einbehalten. Der Kläger verpflichtete sich ferner zur Zahlung des ungeminderten Mietzinses sowie der Heiz- und Nebenkosten ab dem Monat Januar 2005.
Ab dem 01.01.2005 bezog der Kläger von der Arbeitsgemeinschaft M Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (Arbeitslosengeld II) nach §§ 19 S. 1 Nr. 1, 20 ff. Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Bei Antragstellung hatte der Kläger angegeben, mit Frau C in seiner Wohnung in einer Wohngemeinschaft zu leben. Nachdem die Arbeitsgemeinschaft M ihm mit Bescheid vom 29.12.2004 Leistungen unter Zugrundelegung einer Bedarfsgemeinschaft bewilligt hatte, erhoben beide am 14.12.2004 Widerspruch. Ergänzend machte der Kläger geltend, er sei noch einer Forderung seines Vermieters in Höhe von 1.000,00 EUR ausgesetzt. Anlässlich einer Vorsprache am 14.02.2005 im Zusammenhang mit seinem Widerspruch verwies die Arbeitsgemeinschaft M den Kläger auf die Möglichkeit der vorbeugenden Obdachlosenhilfe bei Bestehen von Mietschulden. Im Rahmen eines unter dem Aktenzeichen S 37 AS 13/05 geführten Klageverfahrens gegen die Bescheide der Arbeitsgemeinschaft M begehrte der Kläger erneut deren Verurteilung zur Übernahme einer Mieterhöhung um einen Betrag von 1.000,00 EUR, da sich die Beklagte zwischenzeitlich als dafür nicht zuständig erklärt habe. Anlässlich eines Termins zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten am 30.01.2006 wies das Gericht darauf hin, dass ein Anspruch nach § 22 Abs. 5 SGB II nicht in Betracht komme, der Kläger vielmehr einen Anspruch nach § 34 SGB XII verfolgen und gegenüber der Beklagten auf der Erteilung eines Bescheides bestehen möge. Der Kläger nahm daraufhin die Klage zurück.
Der Kläger hatte unter dem 25.02.2005 gegenüber der Beklagten die Übernahme seiner Schulden nach § 34 SGB XII beantragt, die auf einer Mietminderung und nicht beglichenen Heiz- und Nebenkostennachforderungen beruhten. Er hatte erklärt, dass er durch die Zahlung der ersten beiden Raten in den Monaten Januar und Februar 2005 sein Konto stark überzogen habe. Er werde die Kündigung seines Vermieters erhalten, wenn er in den Monaten März und April 2005 keine Raten zahle. Nach einem Vermerk der Beklagten hatte der Kläger Möglichkeiten der Eigenregulierung und eine Kontaktaufnahme zu seinem Vermieter abgelehnt. Er sei jedoch um eine erneute Vorsprache und die Einreichung von Nachweisen gebeten worden, unter anderem über seine finanzielle Situation und die gezahlten Raten.
Aus der Verwaltungsakte der Beklagten geht hervor, dass der Kläger seinem Vermieter unter dem 23.02.2005 mitgeteilt hatte, dass sie nicht mehr in der Lage seien, Raten in Höhe von 250,00 EUR zu zahlen, und um die Möglichkeit gebeten hatte, den Restbetrag von 500,00 EUR ab dem Monat März 2005 in Raten von jeweils 50,00 EUR zu zahlen. Aus der Verwaltungsakte der Beklagten geht weiter hervor, dass der Vermieter diesem Anliegen unter dem 24.02.2005 zugestimmt hatte.
Mit Schreiben vom 15.03.2005 erinnerte der Kläger die Beklagte an die Erteilung eines Bescheides und bat um Rückgabe der überlassenen Unterlagen. Unter dem 18.03.2005 führte die Beklagte aus, aufgrund der mündlichen Erklärungen und der vorgelegten Unterlagen sei nicht deutlich geworden, dass ein Wohnungsverlust zu befürchten sei. Weder lägen eine fristlose Kündigung noch deren Androhung vor. Die Beklagte nahm Bezug auf die dem Kläger aufgezeigten und von ihm abgelehnten Selbsthilfemöglichkeiten und teilte mit, dass sie die Angelegenheit als erledigt betrachte.
Am 06.02.2006 erinnerte der Kläger an die Bescheidung seines Antrags. Die Beklagte erwiderte, sie habe die Angelegenheit als erledigt betrachtet, da er auf ihr Schreiben vom 18.03.2005 nicht reagiert habe. Eine Sachverhaltsklärung sei ihr mangels Mitwirkung nicht möglich. Der Kläger entgegnete, er begehre einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid, und teilte mit, dass er Untätigkeitsklage erhoben habe.
Diese wurde unter dem Akten S 23 SO 19/06 geführt. Die Beklagte beantragte zunächst Klageabweisung und erteilte am 08.05.2006 wegen fehlender Mitwirkung des Klägers gemäß § 66 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) einen ablehnenden Bescheid. Zur Begründung führte sie aus, aus den anlässlich der Vorsprache am 25.02.2005 von dem Kläger vorgelegten Unterlagen sei nicht erkennbar gewesen, dass ein Wohnungsverlust gedroht habe. Sie habe den Kläger um kurzfristige Einreichung entsprechender Nachweise gebeten und ihm empfohlen, mit seinem Vermieter Kontakt aufzunehmen. Beides habe der Kläger abgelehnt. Darüber hinaus habe er mit Schreiben vom 15.03.2005 die Rücksendung der überlassenen Unterlagen verlangt. Diesem Wunsch habe sie entsprochen. Die Möglichkeit einer erneuten Vorsprache habe er ungenutzt gelassen. Weiterhin seien weder eine Kündigung seines Vermieters noch eine Räumungsklage nachgewiesen.
Der Kläger erhob am 23.05.2006 Widerspruch und machte geltend, er habe der Beklagten einen kompletten Ordner mit den relevanten Unterlagen zur Verfügung gestellt.
Nachdem die Beklagte am 11.07.2006 einen Widerspruchsbescheid erteilt hatte, erklärte der Kläger die Untätigkeitsklage für erledigt.
Mit dem Widerspruchsbescheid wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, aus den von dem Kläger anlässlich seiner Vorsprache vorgelegten Unterlagen sei nicht erkennbar gewesen, dass er akut von Wohnungslosigkeit bedroht gewesen sei. Die mit seinem Vermieter vereinbarten Raten habe er in den Monaten Januar und Februar 2005 nach eigenen Angaben bereits bezahlt. Um prüfen zu können, ob Obdachlosigkeit drohe, falls er die weiteren Raten nicht zahle, habe sie ihn um Einreichung weiterer Unterlagen gebeten und eine Kontaktaufnahme zu seinem Vermieter angeregt. Beides habe der Kläger jedoch abgelehnt. Er habe vielmehr um Rückgabe der überlassenen Unterlagen gebeten. Ihr Angebot einer erneuten Vorsprache habe er nicht genutzt. Eine Sachverhaltsaufklärung sei ihr damit nicht möglich gewesen.
Am 18.07.2006 hat der Kläger Klage erhoben.
Der Kläger trägt vor, er habe sein Konto überzogen und Darlehen Dritter in Anspruch genommen, um die seinem Vermieter geschuldeten Raten zahlen zu können. Den entsprechenden Kontoauszug habe er der Beklagten vorgelegt. Ein weiteres Gespräch mit seinem Vermieter mit dem Ziel, die geschuldeten Raten weiter zu verringern, wäre nicht sinnvoll gewesen, denn die Raten seien bereits auf ein Minimum reduziert gewesen. Im Übrigen habe die Beklagte ihm mitgeteilt, dass er in keinem Fall Leistungen erhalten werde. Er hingegen habe die ihm mögliche Eigeninitiative gezeigt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 08.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine rückständige Miete sowie seine rückständigen Neben- und Heizkosten in Höhe von 1.000,00 EUR, wie sie sich aus dem Vergleich vom 03.12.2004 mit seinem Vermieter vor dem Amtsgericht M ergeben, zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Bescheide und ihr Vorbringen in dem Verfahren S 23 SO 19/06. Ergänzend trägt sie vor, der Kläger habe einen drohenden Wohnungsverlust bis heute nicht konkret dargelegt. Vielmehr sei es ihm gelungen, eine Ratenzahlungsvereinbarung mit seinem Vermieter zu treffen. Im Übrigen habe er bei der Minderung der Miete damit rechnen müssen, dass er für den Fall, dass diese unberechtigt gewesen sei, Nachzahlungen leisten müsse.
Das Gericht hat den Kläger um Einreichung von Belegen gebeten, aus denen sich ergebe, wann und in welchem Umfang er seiner Verpflichtung aus dem Vergleich vor dem Amtsgericht M zwischenzeitlich nachgekommen sei. Es hat den Kläger ferner um Mitteilung gebeten, ob gegenwärtig noch eine Forderung des Vermieters aus diesem Vergleich bestehe und gegebenenfalls in welcher Höhe.
Der Kläger hat Belege eingereicht, die die Zahlung von acht Raten von jeweils 50,00 EUR in den Monaten Mai bis Dezember 2005 ausweisen.
Das Gericht hat zu dem Verfahren die Akten der Verfahren S 37 AS 13/05 und S 23 SO 19/06 sowie die Verwaltungsakte der Arbeitsgemeinschaft M beigezogen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger ist durch den Bescheid der Beklagten vom 08.05.2006, mit dem diese die Übernahme seiner rückständigen Miete sowie seiner rückständigen Neben- und Heizkosten in Höhe von 1.000,00 EUR wegen fehlender Mitwirkung gemäß § 66 SGB I ablehnte, und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 11.07.2006, mit dem diese ihre Entscheidung bestätigte, nicht gemäß § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übernahme seiner rückständigen Miete sowie seiner rückständigen Neben- und Heizkosten nach § 34 Abs. 1 SGB XII.
Danach können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (S. 1). Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (S. 2).
Die Beklagte war berechtigt, den Antrag gemäß § 66 Abs. 1 SGB I abzulehnen.
Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich beschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind (S. 1).
Nach § 60 Abs. 1 S. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskunft durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1), Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen (Nr. 2) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3).
Diese Mitwirkungspflicht besteht gemäß § 65 Abs. 1 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht (Nr. 1), ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann (Nr. 2) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderliche Kenntnis selbst beschaffen kann (Nr. 3).
Der Kläger hat die behauptete Tatsache, dass ihm die Kündigung seines Vermieters drohe, wenn er ab dem Monat März 2005 die im Rahmen des Vergleichs vom 03.12.2004 vor dem Amtsgericht M vereinbarte Zahlung eines Betrages von 1.000,00 EUR in monatlichen Raten von 250,00 EUR, beginnend im Monat Januar 2005, nicht leiste, nicht durch Unterlagen nachgewiesen.
Dabei handelt es sich um die zentrale Anspruchsvoraussetzung. Denn die Übernahme von Schulden muss gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 SGB XII zur Sicherung der Unterkunft oder einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt sein. Dies wäre der Fall, wenn der Antragsteller vor Obdachlosigkeit bewahrt würde (Grube/Wahrendorf, SGB XII, Kommentar, § 34, Rdn. 5).
Die Einreichung einer Räumungsklage, eines Kündigungsschreibens seines Vermieters oder einer entsprechenden Ankündigung stellte im Übrigen das nächstliegende Beweismittel dar, so dass es aufgrund der entsprechenden Weigerung des Klägers zu einer erheblichen Erschwerung der Aufklärung des Sachverhalts im Sinne des § 66 Abs. 1 S. 1 SGB I gekommen ist.
Die für die Rechtfertigung der Schuldenübernahme maßgebenden Selbsthilfemöglichkeiten des Antragstellers, seine wirtschaftliche Situation und seine Vermögensverhältnisse (Grube/Wahrendorf, a. a. O., Rdn. 7) sind indes nachgewiesen. Der Kläger hat sowohl seine Bitte um Reduzierung der dem Vermieter geschuldeten Raten ab dem Monat März 2005 auf jeweils 50,00 EUR vom 23.02.2005 und die Zustimmung des Vermieters vom 24.02.2005 eingereicht. Darüber hinaus ist bekannt, dass der Kläger hilfebedürftig im Sinne des SGB II ist.
Auch hinsichtlich der Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 S. 2 SGB XII ist jedoch der Vorwurf fehlender Mitwirkung nach §§ 66 Abs. 1 S. 1, 60 Abs. 1 S. 1 SGB I zu erheben. Dieser knüpft die Übernahme von Schulden an den drohenden Eintritt von Wohnungslosigkeit, mit dem Unterschied, dass es sich lediglich um eine Sollvorschrift handelt und die Rechtsfolge nur im Regelfall gebunden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
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