L 4 KR 163/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 53/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 163/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 1. April 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Feststellung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Klägers bei dem Beigeladenen zu 1) vom 17. September 2001 bis 7. April 2002.

Der 1953 geborene Kläger, der einen Beruf nicht erlernt hatte, nach Abschluss der Schule in mehreren Berufen als Hilfsarbeiter (Lagerarbeiter, Bauhelfer, Dachdecker bzw. Müllwerker) gearbeitet hat, hat zuletzt von Juli 1998 bis Juni 1999 eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Reinigungsarbeiter und Kraftfahrer inne gehabt. Er ist schwerbehindert mit einem GdB von 60. Er war vom 2. März 1997 bis 14. November 1999 arbeitsunfähig erkrankt und ab November 1999 arbeitslos gemeldet.

Im August 2000 und April 2001 wurde er anlässlich eines Rentenstreitverfahrens gegen die LVA Niederbayern/Oberpfalz von dem Orthopäden Dr. S. und dem Internisten Prof. Dr. H. begutachtet; beide Ärzte stellten bei ihm ein eingeschränktes Leistungsvermögen für schwere Arbeiten fest.

Der Kläger nahm am 17. September 2001 bei dem Beigeladenen zu 1) eine Arbeit als Lagerist, Auslieferer und Bauhelfer auf. Im Arbeitsvertrag vom 15. September 2001 wurden als Tätigkeiten das Beliefern von Baustellen, Be- und Entladen von Fahrzeugen und die Instandhaltung des Maschinen- und Fuhrparks angegeben. Die Arbeitszeit sollte 45 Stunden wöchentlich betragen und der Stundenlohn 26,80 DM. Der Kläger hatte danach Anspruch auf 29 Arbeitstage Urlaub und fünf Tage Sonderurlaub. Das Arbeitsverhältnis war für unbestimmte Zeit abgeschlossen ohne Vereinbarung einer Probezeit. In der Arbeitsplatzbeschreibung des Arbeitgebers (Beigeladenen zu 1)) wurde angegeben, der Kläger sei mit mittelschweren bis schweren Arbeiten befasst, u.a. mit dem Tragen von 10 bzw. 20 bis 40 kg schweren Lasten in der Ebene; es handle sich um eine Arbeit ohne besondere Verantwortung und Eigeninitiative.

Nachdem der Kläger ab 17. September 2001 auf mehreren Baustellen gearbeitet hatte, erkrankte er ab 28. September 2001 arbeitsunfähig.

Im Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) vom 5. November 2001 führte der Gutachter aus, bei dem Kläger bestehe ein Impingement-Sydrom der rechten Schulter u.a. und ein Syndrom nach dreimaliger Bandscheibenoperation L5/S1 sowie ein versteiftes Handgelenk rechts mit Zeichen einer Handnervenschädigung; das Anforderungsprofil nach der vorgelegten Arbeitsplatzbescheinigung überschreite bei weitem die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des Klägers, er sei auf Dauer arbeitsunfähig.

Die Beklagte erstattete dem Beigeladenen zu 1) für die Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 15. Oktober 2001 bis 31. Oktober 2001 und 1. November 2001 bis 25. November 2001 das Arbeitsentgelt nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Sie erließ am 9. November 2001 gegenüber dem Beigeladenen zu 1) einen Bescheid, mit dem sie die Anmeldungen des Klägers stornierte.

Mit Bescheid vom gleichen Tage gegenüber dem Kläger teilte sie ihm die "Stornierung" des Versicherungshältnisses mit; der Kläger sei seit Arbeitsaufnahme gesundheitlich nicht in der Lage gewesen, die Tätigkeit ohne weitere Gefährdung der Gesundheit dauerhaft auszuüben.

Dagegen legte der Klägerbevollmächtigte am 14. November 2001 Widerspruch ein, die Beklagte erläuterte mit Schreiben vom 22. November 2001 die Rechtslage aus ihrer Sicht und gab als weitere Begründung an, bei dem Kläger liege seit August 2000 eine dauerhafte deutliche Reduktion des Leistungsvermögens vor, das Anforderungsprofil an die Tätigkeit überschreite bei weitem die deutlich eingeschränkte Leistungsfähigkeit. Der Kläger erhielt ab 8. Januar 2002 Sozialhilfe, nahm am 8. April 2002 die Tätigkeit wieder auf und beendete sie am 6. November 2002. Nach einer nochmaligen Aufnahme der Tätigkeit von März bis September 2003 war er aufgrund Arbeitgeberkündigung von Juli bis August 2003 arbeitslos.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 2002 den Widerspruch zurück. Schon bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages sei für den Kläger erkennbar gewesen, dass er zu dieser Tätigkeit gesundheitlich nicht in der Lage war; nach neun Arbeitstagen sei wegen der zu den Leistungseinschränkungen führenden Gesundheitsstörungen Arbeitsunfähigkeit eingetreten. Da der Kläger unmittelbar vor Arbeitsaufnahme Arbeitslosenhilfe erhielt, sei der Verdacht auf ein missbräuchliches Verhalten zum Zwecke der Erlangung höherer Sozialleistungen (Krankengeld statt Arbeitslosenhilfe) nicht ausgeschlossen. Dieser Verdacht erhärte sich durch den Umstand, dass im Arbeitsvertrag ein völlig von der Norm abweichendes Arbeitsentgelt vereinbart wurde. Der Tariflohn betrage für Helfer 14,77 DM, für Gesellen 22,16 DM und für Vorarbeiter 26,41 DM. Nach den Ermittlungen der Kasse würden für einen Helfer nicht mehr als 20,00 DM je Stunde gezahlt. Der behandelnde Arzt habe außerdem angegeben, dass der Kläger zur Vermeidung von Arbeitslosenhilfe einen für ihn ungeeigneten Arbeitsplatz angenommen hat. Der Kläger habe auch nichts unternommen, die Verdachtsmomente zu entkräften.

Der Kläger hat hiergegen am 25. März 2002 beim Sozialgericht Landshut (SG) Klage erhoben. Die Arbeitsaufnahme sei nach Rücksprache mit dem Arbeitsamt erfolgt; die LVA Niederbayern-Oberpfalz habe an den Beigeladenen zu 1) Eingliederungshilfe gezahlt. Der Arbeitgeber habe das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt. Das SG hat die Lohnunterlagen des Klägers für die Zeit von September 2001 bis November 2001, von April 2002 bis November 2002 und von April, Juli, September 2003 sowie die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 und 2002 beigezogen. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 4. Juni 2002 ein weiteres Mal auf die in der Rentenstreitsache eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten von Dr. S. und Prof. Dr. H. sowie die Stellungnahme des MDK Bezug genommen; eine Gesamtschau der medizinischen Umstände sowie der unüblich hohe Lohn würden auf einen Leistungsmissbrauch hindeuten.

Das SG hat in der mündlichen Verhandlung vom 1. April 2004 den Zeugen S. , einen früheren Mitarbeiter bei der Firma des Beigeladenen zu 1) einvernommen, sowie den Beigeladenen zu 1) gehört. Dieser hat angegeben, dass er in der zweiten Septemberhälfte des Jahres 2001 einen größeren Auftrag zur Schulrenovierung hatte, damals hatte seine Firma sechs Arbeitnehmer beschäftigt und dass ein höherer Lohn wegen der Bereitschaft des Klägers, 45 Stunden wöchentlich zu arbeiten, vereinbart wurde.

Es hat mit Urteil vom gleichen Tage die Klage zum Teil abgewiesen. Die Arbeitsaufnahme ab 17. September 2001 habe nicht zu einem versicherungpflichtigen Beschäftigungsverhältnis geführt. Zahlreiche Indizien sprächen dafür, dass die Beschäftigungsaufnahme nur erfolgt sei, um Leistungen der Krankenversicherung (Krankengeld) zu erlangen. Aufgrund der Arbeitsplatzbeschreibung und des durch ärztliche Sachverständigengutachten nachgewiesenen schlechten Gesundheitszustands sei der Kläger nicht in der Lage gewesen, schwere Arbeiten mit häufigem Heben und Tragen von bis zu 25 kg zu verrichten. Dieser Ansicht sei auch der Kläger gewesen, da er bis Januar 2002 vor dem SG ein Streitverfahren auf Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente und ein weiteres Verfahren zur Feststellung eines höheren GdB als 60 geführt hat. Der Kläger sei als ungelernter Arbeiter wie ein Vorarbeiter entlohnt worden; dies sei aus Sicht des Beigeladenen zu 1) nicht nachzuvollziehen, da dessen Firma wenige Monate später insolvent wurde. Es mache auch keinen Sinn, mit einem leistungsgeminderten Arbeitnehmer auf Dauer einen Spitzenlohn zu vereinbaren, nur weil der Arbeitgeber für einen befristeten Zeitraum einen Lohnzuschuss eines Sozialleistungsträgers erwarte. Insbesondere diese Umstände sowie die fehlende Einstellung eines Ersatzmannes nach Arbeitsunfähigkeit des Klägers ließen nur den Schluss zu, dass zwischen Kläger und Beigeladenem zu 1) nicht ein normales Arbeitsverhältnis bestanden habe. Es habe ein missbräuchliches Verhalten des Klägers zu Lasten der Beklagten vorgelegen. Dagegen habe nach der erneuten Beschäftigungsaufnahme am 8. April 2002 bis 6. November 2002 ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 26. Juli 2004. Bereits ab 17. September 2001 habe er bei dem Beigeladenen zu 1) in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gearbeitet. Er sei nicht der Auffassung gewesen, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, entsprechende Tätigkeiten beim Beigeladenen zu 1) zu verrichten. Die Streitverfahren seien lediglich mit dem Ziel durchgeführt worden, den Unterhalt der Familie zu sichern.

Der Klägerbevollmächtigte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 1. April 2004 aufzuheben, soweit darin die Klage abgewiesen worden ist. Er beantragt ferner, den Bescheid der Beklagten vom 9. November in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. März 2002 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger vom 19. September 2001 bis 7. April 2002 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei dem Beigeladenen zu 1) gestanden war.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 2) hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 S. S. 2, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung ist unbegründet; das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Kläger hat im Betrieb des Beigeladenen zu 1) vom 17. September 2001 bis 7. April 2002 nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Der Senat entscheidet allein über die Frage des Bestehens eines Beschäftigungsverhältnisses, da es sich hierbei um eine Vorfrage für die Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung handelt und die Beteiligten ein berechtigtes Interesse an der Klärung dieser Frage haben (§ 55 Abs. 1 SGG). Die Feststellungsklage muss nicht auf das Rechtsverhältnis im umfassenden Sinn zielen, es kann auch auf Feststellung einzelner Rechte und Pflichten geklagt werden, die auf dem Rechtsverhältnis im umfassenden Sinn basieren und vom Inhalt dieses Rechtsverhältnisses abhängen. Eine derartige Klage ist keine Elementen-Feststellungsklage, da mit der Entscheidung über das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses Klarheit über den Versicherungsstatus des Klägers generell Klarheit geschaffen wird. Der Senat entscheidet dagegen nicht über den Antrag auf Gewährung der "entsprechenden Leistungen". Denn ein solcher Antrag wäre nicht spezifiziert und es fehlt hier an einem Verwaltungsverfahren über etwaige Leistungsansprüche (z.B. Krankengeld).

Ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ist grundlegende Voraussetzung für die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung (§§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch V - SGB V, 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch XI - SGB XI, 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch VI - SGB VI, 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch III -SGB III). Es ist geprägt durch die Verrichtung nichtselbstständiger Arbeit gegen Entgelt (§ 7 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch IV - SGB IV). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Mit dieser Regelung hat das Gesetz die allgemeine Meinung aufgegriffen, dass die Kriterien der Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb maßgebend für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses sind (Kassler Kommentar-Seewald, § 7 SGB IV, Rdnr. 46 mit weiteren Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG)).

Entscheidendes Merkmal für die Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung ist also die Nichtselbständigkeit der verrichteten Arbeit. Sie besteht in der persönlichen Abhängigkeit vom Arbeitgeber und wird durch weitere Kriterien konkretisiert, die in eine Gesamtbewertung eingehen. Hierbei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, wobei es auch auf die Verkehrsanschauung ankommt. Zu den bestimmenden Merkmalen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gehören u.a. das Direktionsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Arbeit, kein bestimmender Einfluss des Arbeitenden auf die Willensbildung im Betrieb, keine im Wesentlichen frei gestaltete Arbeitstätigkeit, das Fehlen eines Unternehmerrisikos, die Vereinbarung einer festen Entlohnung und von Urlaub, die Fremdbestimmtheit der Tätigkeit sowie die Eingliederung in den Betrieb.

Von diesem Grundsatz gibt es jedoch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG Ausnahmen, etwa, wenn wie hier, eine Manipulation eines Beschäftigungsverhältnisses vorliegt. Während nach der früheren Rechtsprechung der Eintritt des Versicherungsfalls Krankheit mit oder kurz nach Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses als "missglückter Arbeitsversuch" gewertet wurde, mit der Folge, dass wegen Fehlens eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses eine Leistungspflicht der Krankenkasse verneint wurde, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung nach Aufgabe dieser Rechtsfigur jedoch daran festgehalten, dass derartige Fälle auch unter dem Gesichtspunkt eines Rechtsmissbrauchs geprüft werden müssen (BSG vom 4. Dezember 1997 BSGE 81, 231; BSG vom 29. September 1998 SozR 3-2500 § 5 Nr. 40 = USK 98100). Das BSG hat im erstgenannten Urteil eine versichungspflichtige Beschäftigung (neben dem Fall der familienhaften Mithilfe bzw. selbständigen Tätigkeit als Mitunternehmer oder Mitgesellschafter) verneint, wenn die Tätigkeit auf einem Scheingeschäft im Sinne des § 117 Bürgerliches Gesetzbuch beruht, mit dem ein Beschäftigungsverhältnis lediglich vorgetäuscht werden soll, um Leistungen der Krankenversicherung zu erlangen. Es hat ferner betont, dass an den Nachweis der Tatsachen, die Versicherungspflicht begründen, strenge Anforderungen zu stellen sind, wenn der Verdacht von Manipulationen zu Lasten der Krankenkasse besteht. Die Feststellungslast für die Tatsachen, die Versicherungspflicht begründen, trägt derjenige, der sich auf sie beruft.

Mit der weiteren Entscheidung vom 29.09.1998 (a.a.O) hat das BSG sich der erstgenannten Entscheidung angeschlossen. Eine Manipulation zum Nachteil der Krankenversicherung in der Form, dass eine versichungspflichtige Beschäftigung lediglich vorgetäuscht wird, um in den Genuss von Leistungen zu kommen, kann durch Prüfung der jeweiligen Sachverhaltsumstände aufgedeckt werden. Ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ist insbesondere dann zu verneinen, wenn ein Beschäftigungsverhältnis zum Erhalt von entsprechenden Leistungen vorgetäuscht werden soll. Legen die Umstände des Falles ein missbräuchliches Verhalten oder eine Manipulation zu Lasten der Krankenkassen nahe, ist im Einzelnen zu prüfen, ob etwa eine familiäre oder verwandtschaftliche Beziehung zwischen Arbeitsvertragsparteien besteht, oder das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrages, eine offensichtlich vom üblichen Rahmen abweichende Lohnhöhe, der Verlust eines anderweitigen Versicherungsschutzes oder eine rückwirkende Anmeldung bei der Krankenkasse nach zwischenzeitlichem Auftreten einer kostenaufwändigen Erkrankung. In diesem Fall kann von einer Versichungspflicht nur ausgegangen werden, wenn weitere Tatsachen diese Verdachtsmomente entkräften.

Wie das SG eingehend begründet hat, bestehen im vorliegenden Fall zahlreiche Umstände, die bei einer Gesamtschau und -bewertung gegen das Zustandekommen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses des Klägers beim Beigeladenen zu 1) sprechen. Der Kläger hat am 15. September 2001 mit dem Beigeladenen zu 1) einen unbefristeten Arbeitsvertrag über eine körperlich schwere Tätigkeit als Lagerist, Auslieferer und Bauhelfer mit einer erheblich längeren Wochenarbeitszeit als üblich geschlossen, obwohl er nach seiner eigenen Auffassung nicht in der Lage war, die entsprechenden Arbeiten zu verrichten. Anderenfalls hätte er nicht im März dieses Jahres beim SG Klage auf Erwerbsunfähigkeitsrente und im Mai 2000 Klage auf Feststellung eines höheren GdB als 60 sowie der gesundheitlichen Voraussetzung für das Merkzeichen "G" erhoben. Aus dem Gutachten des MDK und den vom SG im Rentenstreitverfahren eingeholten orthopädischen und internistischen Sachverständigengutachten ergeben sich seit August 2000 gesundheitliche Leistungseinschränkungen, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den in der Arbeitsplatzbeschreibung des Beigeladenen zu 1) gemachten Anforderungen an die ordnungsgemäße Arbeitsausführung stehen. Der MDK hat im Gutachten vom 5. November 2001 nach Auswertung der ärztlichen Befunde der LVA, des behandelnden Arztes und der Chirurgischen Klinik und Poliklinik der LMU M. sowie des vom SG im Rentenstreitverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. H. festgestellt, dass dem Kläger die früher ausgeübten Tätigkeiten als Müllwerker und Kraftfahrer, auch ein vermehrtes Heben und Tragen über 10 kg nicht mehr zumutbar waren. Im Vordergrund der Erkrankungen stehen ein Impingement-Sydrom der rechten Schulter und ein gemischt pseudoradikulär-radikuläres L5/S1-Syndrom nach dreimaliger Bandscheibenoperation L5/S1 links mehr als rechts mit erheblicher Spondylarthrose und Wurzelirritation sowie ein operativ versteiftes Handgelenk rechts. Aus dem deutlich reduzierten Leistungsniveau im Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme am 17. September 2001 hat der Gutachter des MDK den Schluss gezogen, dass das mit der Tätigkeit verbundene Anforderungsprofil der zuletzt ausgeübten Tätigkeit bei weitem die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des Klägers überschritten hat. Es muss auch davon ausgegangen werden, dass der Kläger aufgrund der Gesundheitsstörungen und den damit verbundenen Funktionseinbußen nicht in der Lage war, die im Arbeitsvertrag bezeichneten Tätigkeiten dauerhaft auszuführen. Auch das von dem Orthopäden Dr. S. im Rentenstreitverfahren erstellte Sachverständigengutachten belegt, dass der Kläger von Anfang an für die im Arbeitsvertrag vereinbarten Tätigkeiten aufgrund der erheblichen Reduktion des Leistungsvermögens nicht geeignet war. Denn die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand war bei der Greiffunktion eingeschränkt, überwiegend sitzende Tätigkeiten oder Tätigkeiten in vornübergebeugter Körperhaltung konnten nicht durchgeführt werden, ebenso nicht vermehrtes Heben und Tragen über 10 kg. Demgegenüber ist festzustellen, dass der Kläger laut Arbeitsplatzbeschreibung des Arbeitgebers verpflichtet war, auch Lasten von 20 bis 40 kg in der Ebene zu tragen und mittlere Lasten von 10 bis 15 kg zu heben. Diese Angaben hat der Beigeladene zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem SG bestätigt; danach wiegt ein Farbeimer mit 15 l ca. 18 kg und die schwersten Gerüstteile haben ca. 18 bis zu 25 kg Gewicht.

Weitere Umstände, die auf eine Vortäuschung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses hinweisen, sind die außergewöhnliche Lohnhöhe, die Berechnungsgrundlage für einen etwaigen Krankengeldanspruch ist, sowie die Tatsache, dass für den Kläger nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit (wenige Tage nach der Arbeitsaufnahme) eine Ersatzkraft nicht eingestellt wurde, obgleich nach den Angaben des Beigeladenen zu 1) zu diesem Zeitpunkt Arbeit vorhanden gewesen ist. Sowohl nach dem Lohntarifvertrag vom 27. Juli 2000 für das Maler- und Lackiererhandwerk in Bayern, als auch nach den Angaben des Beigeladenen zu 1) vor dem SG war mit dem Kläger ein Lohn vereinbart worden, der mit der zu verrichtenden Arbeit nicht übereinstimmt. Der vereinbarte Lohn entsprach in etwa dem Stundenlohn eines Vorarbeiters nach dem Tarifvertrag ab 1. Juli 2001. Dass damit die längere Wochenarbeitszeit von 45 Stunden abgegolten werden sollte, ist nicht nachzuvollziehen, da der Beigeladene zu 1) insofern unschlüssige Angaben gemacht hat. Maßgebend war offensichtlich die Zahlung des Eingliederungszuschusses. Schließlich ist noch zu berücksichtigen, dass der Kläger unmittelbar vor Vereinbarung des Arbeitsverhältnisses am 15.09.2001 Arbeitslosenhilfe erhalten hatte. Die Vortäuschung des Beschäftigungverhältnisses ab 17.09.2001 mit anschließender Krankmeldung begründet den Verdacht, dass der Kläger wegen der ungewöhnlichen Lohnhöhe ein hohes Krankengeld der Krankenkasse erwartete.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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