L 3 U 273/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 U 316/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 273/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 15.03.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob das erstinstanzliche Verfahren durch eine prozessuale Erklärung der Klagepartei beendet ist.

Der 1940 geborene Kläger, der von der Beklagten Verletztenrente wegen der Folgen eines Wegeunfalls vom 23.01.1991 im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg (SG) (S 5 U 141/02) begehrte, hat mit Schreiben vom 06.07.2004 durch seinen Bevollmächtigten die Klage vom 29.04.2002 zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 30.08.2004 hat der Kläger erklärt, dass er seinen Rechtsanwalt nicht beauftragt habe, die Klage zurückzuziehen und bat darum, persönlich in einem Termin vorsprechen zu können.

Das SG hat das Verfahren fortgeführt.

Mit Gerichtsbescheid vom 15.03.2005 hat das SG festgestellt, dass der Rechtsstreit durch Klagerücknahme am 07.07.2004 gemäß § 102 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Hauptsache erledigt ist, denn der Kläger habe durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 06.07.2004 die Klage wirksam zurückgenommen. Es liege eine ordnungsgemäße Vollmacht vor. Ein weisungswidriges Verhalten des Anwalts, soweit es denn vorgelegen habe, berühre die Wirksamkeit seiner Handlungen nach außen nicht, sondern betreffe nur das Innenverhältnis zwischen Mandant und Anwalt. Die Klagerücknahme sei eine Prozesshandlung und könne als solche grundsätzlich weder widerrufen noch angefochten werden. Wiederaufnahmegründe oder ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben seien nicht ersichtlich.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. Er hat weiterhin Ansprüche aufgrund seines Wegeunfalls vom 23.01.1991 geltend gemacht und auf seine schlechten Einkommensverhältnisse hingewiesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Augsburg vom 15.03.2005 und des Bescheides vom 07.04.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2002 zu verurteilen, ihm aufgrund des Wegeunfalls vom 23.01.1991 Verletztenrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 15.03.2005 zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 15.03.2005 ist nicht zu beanstanden, weil das SG zu Recht festgestellt hat, dass das Klageverfahren S 5 U 141/02 durch Klagerücknahme erledigt ist. Die vom Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 06.07.2004 abgegebene prozessbeendigende Erklärung wirkt unmittelbar für und gegen den Kläger, weil sie innerhalb der zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgegeben worden ist (§ 164 Abs.1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 85 Abs.1 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Die wirksam gewordene prozessbeendigende Erklärung konnte der Kläger weder anfechten noch widerrufen. Die Anfechtung einer Klagerücknahme auf der Grundlage der §§ 119, 123 BGB ist nicht möglich (BSG SozR Nr.3 § 119 BGB; BSG SozR 1500 § 102 Nr.2; BSG, Urteil vom 24.04.1980, 9 RV 16/79, RegNr. 8457; BSG, Urteil vom 19.03.2002, B 9 V 75/01 B, RegNr. 25707). Dies ergibt sich aus der Rechtsnatur von Prozesshandlungen. Eine Klagerücknahme kann allenfalls dann widerrufen werden, sofern ein gesetzlicher Restitutionsgrund (§ 179 Abs.1 SGG i.V.m. § 579 oder § 580 ZPO) gegeben wäre oder ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorläge. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Auch eine Nichtigkeit der Rücknahmeerklärung kann nicht angenommen werden.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im sozialgerichtlichen Urteil erster Instanz Bezug genommen (§ 153 Abs.2 SGG).

Da durch die Klagerücknahme der Bescheid der Beklagten vom 07.04.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2002 bindend geworden ist gemäß § 77 SGG, kann eine erneute Überprüfung, ob dem Kläger Verletztenrente aufgrund des Wegeunfalls vom 23.01.1991 zusteht, nur nach Durchführung eines erneuten Verwaltungsverfahrens unter den Voraussetzungen des § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) erfolgen.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 15.03.2005 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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