Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 20 J 131/97
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 6 RJ 90/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. September 2000 wird zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 6. Juli 2006 abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Erwerbsminderung vor dem 1. Oktober 2005, insbesondere bereits ab dem 1. Mai 1995 hat.
Der am XX.XXXXX 1943 in Italien geborene Kläger lebt seit seiner Auswanderung im Jahre 1967 in Kanada und besitzt die kanadische Staatsangehörigkeit. Ohne über eine abgeschlossene förmliche Berufsausbildung zu verfügen, war er von 1957 bis 1962 in Italien als Landarbeiter erwerbstätig, von 1962 bis 1967 in der Bundesrepublik Deutschland als Maschinenbediener, und anschließend bis 1994 in Kanada, dort zuletzt als Schweißer. Seit einem Herzinfarkt im April 1994 war er abgesehen von einem sechs Wochen umfassenden Arbeitsversuch im Herbst 1994 nicht mehr erwerbstätig. Er bezieht seit dem 1. August 1994 eine Invalidenrente aus der kanadischen Rentenversicherung.
Am 5. April 1995 beantragte der Kläger bei der Beklagten wegen der im Gefolge des Herzinfarkts bestehenden Beschwerden Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Der Internist Dr. B. vom medizinischen Dienst der Beklagten würdigte die von den behandelnden Ärzten des Klägers in Kanada im Jahre 1995 mitgeteilten Befunde in seiner Stellungnahme vom 12. Januar 1996 dahingehend, dass der Kläger mit den bei ihm festgestellten Gesundheitsstörungen – einer Angina pectoris bei Zustand nach Herzhinterwandinfarkt – leichte Arbeiten im Wechselrhythmus vorwiegend im Sitzen noch vollschichtig verrichten könne. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 23. Januar 1996 mit der Begründung ab, der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig. Der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 4. November 1996).
Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger zur Begründung seines Rentenbegehrens geltend gemacht, er sei sowohl nach kanadischem wie nach deutschem Recht zu 100 v. H. erwerbsunfähig, und darauf verwiesen, dass der kanadische Versicherungsträger ihm eine Invalidenrente ab dem Sommer 1994 zuerkannt habe.
Das Sozialgericht (SG) hat die für den Kläger von den Kardiologen M. und Dr. M1., dem Urologen O., von dem C. Hospital, dem Gesundheitszentrum der St. J.-Gemeinde sowie dem St. J. Hospital – alle in H. – und von seinem Hausarzt Dr. A. geführten Krankenunterlagen beigezogen und die Begutachtung der Erwerbsfähigkeit des Klägers durch den Internisten Dr. L., T./Kanada veranlasst. Dieser hat den Kläger am 14. September 1998 untersucht und ist in seinem schriftlichen Gutachten vom 23. September 1998 zum Ergebnis gekommen, der Kläger könne mit der bei ihm bestehenden ischämischen Herzerkrankung und der Hyperlipidämie auch leichte Arbeiten im Stehen oder Sitzen ohne häufiges Heben und Bücken sowie Zeitdruck und Schichtarbeit in geschlossenen Räumen und zu ebener Erde nur noch untervollschichtig verrichten. Zusätzliche Pausen seien wünschenswert. Der Internist Dr. W., Hamburg, hat in seinem vom SG veranlassten Gutachten vom 1. Dezember 1999 auf der Grundlage der vorliegenden Befunde die das Leistungsvermögen des Klägers einschränkenden Gesundheitsstörungen wie folgt beschrieben: Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Herzhinterwandinfarkt 1994, stabile belastungsabhängige Brustengebeschwerde. Die daneben bestehenden Rückenbeschwerden, eine Leistenhernie und urologische Beschwerden träten im Hinblick auf das Leistungsvermögen hinter den internistischen Diagnosen zurück. Der Kläger könne noch leichte Arbeiten, überwiegend im Sitzen, vollschichtig verrichten. Erhöhter Zeitdruck, Nacht- und Akkordarbeiten sowie Zwangshaltungen seien zu vermeiden. Die Wegefähigkeit sei erhalten.
Gestützt auf dieses Gutachten hat das SG die Klage durch das Urteil vom 27. September 2000 abgewiesen. Der Kläger sei weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig. Er könne mit den bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen leichte Arbeiten vorwiegend im Sitzen ohne zusätzliche Stressoren vollschichtig errichten. Die koronare Herzkrankheit des Klägers habe seit dem Herzinfarkt 1994 nicht noch einmal zu einem Zustand geführt, der vollschichtiges Arbeiten ausschließen würde. Typische Mangeldurchblutungserscheinungen seien nicht mehr nachgewiesen worden. Zeichen einer Herzleistungsschwäche seien nicht ersichtlich und auch von Dr. L. bei seiner Untersuchung nicht beschrieben worden. Ein objektives Korrelat für die vom Kläger angegebenen Brustengebeschwerden schon bei Wegen von 100 Metern liege nicht vor. Für weitergehende Einschränkungen des Leistungsvermögens auf Grund der anderen Erkrankungen gebe es keine Anhaltspunkte. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig, denn er genieße in dem vor dem Absinken seiner Erwerbsfähigkeit zuletzt versicherungspflichtig ausgeübten und deshalb für die Feststellung seiner Verweisbarkeit maßgebenden Beruf des Maschinenbedieners keinen Berufsschutz; vielmehr sei er zumutbar auf alle Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen.
Gegen dieses ihm am 20. Oktober 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. November 2000 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, die Verneinung einer wesentlichen Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit und damit eines Rentenanspruchs durch die Beklagte und das SG widerspreche der Bejahung durch den kanadischen Versicherungsträger und sei unverständlich, denn er habe mit dem Rentenantrag bei der Beklagten vom 5. April 1995 dieselben Gesundheitsstörungen geltend gemacht wie im kanadischen Rentenantrag. Im Übrigen hätten sich die genannten Leiden wesentlich verschlimmert. Für die Klärung des Sachverhalts sei auf die von ihm dem Gericht zur Verfügung gestellten Ablichtungen aus der Rentenakte des kanadischen Versicherungsträgers zu verweisen. Vermutlich seien die psychiatrischen Befunde nicht freigegeben worden.
Dr. A. hat dem Gericht im November 2001 insgesamt 120 Ablichtungen aus seiner für den Kläger geführten Krankenakte übersandt; darin enthalten ist u.a. sein zusammenfassender Bericht vom 7. September 1999.
Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 6. Juli 2006 auf entsprechenden Antrag Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. Oktober 2005 bewilligt. Grundlage war in medizinischer Hinsicht die Stellungnahme des Internisten und Sozialmediziners Dr. J1. vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten vom 21. Juni 2006. Dieser hatte dort aufgrund beigezogener Berichte der Ärzte Dr. A. und M., des Neurologen K. sowie des St. J. Community Health Centre und des St. J. Hospital aus dem Zeitraum September 1999 bis 15. Mai 2006 die Auffassung vertreten, das Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei aufgrund der bei ihm hauptsächlich bestehenden gesundheitlichen Probleme – eines Morbus Bechterew, einer koronaren Herzkrankheit und einer Thalassämie – spätestens seit dem Zeitpunkt des Rentenantrags im September 2005 aufgehoben. Eine Besserung sei unwahrscheinlich.
In seiner Stellungnahme vom 14. September 2006 führt er aus, ein früherer Leistungsfall könne vorliegen, sei nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen aber eher unwahrscheinlich. Durchgängiger Tenor der medizinischen Aussagen zwischen 2001 und 2005 für die verschiedenen Krankheitsbilder sei, dass es dem Versicherten relativ bis sehr gut gehe. Hintergrund seiner sozialmedizinischen Entscheidung vom 21. Juni 2006 sei die Anerkennung der vorliegenden Erkrankungen gewesen, die i. V. m. dem fortgeschrittenen Alter des Versicherten eine aufgehobene Leistungsfähigkeit nahelegten, sowie das Ziel, den seit sehr vielen Jahren laufenden Rechtsstreit zu beenden.
Auf Veranlassung des Senats hat der Arzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin Dr. S. nach Lage der Akten das Gutachten vom 1. März 2007 zur Erwerbsfähigkeit des Klägers während der noch strittigen Zeit erstattet. Er formuliert dort folgende Diagnosen: • koronare Herzkrankheit – Zustand nach Hinterwandinfarkt, Zustand nach Re-Infarkt • Fettstoffwechselstörung • Anämie (differenzialdiagnostisch Eisenmangelanämie) • Spondylosis ankylans (Morbus Bechterew) Er vertritt die Auffassung, der Kläger sei unter Berücksichtigung der vorliegenden Befundberichte während der strittigen Zeit noch in der Lage gewesen, leichte körperliche Tätigkeiten unter Witterungsschutz sowie frei von besonderen beruflichen Stressoren unter Vermeidung von Tätigkeiten mit überwiegendem Bücken sowie häufigem Überkopfarbeiten vollschichtig zu verrichten. Es finde sich kein Anhalt für das Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung, die einer regelmäßigen Erwerbsfähigkeit entgegenstehen würde. Gutachten weiterer Fachgebiete seien nicht erforderlich.
Der Kläger hält das Gutachten für den misslungenen Versuch einer Aktenanalyse. Der Sachverständige habe das Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung überhaupt nicht erkannt oder in Erwägung gezogen. Auch sei eine Würdigung der Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. August 1994 durch den kanadischen Versicherungsträger unterblieben. Er hält eine psychiatrische Nachuntersuchung für unerlässlich.
Der Kläger beantragt nach Aktenlage,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. September 2000 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Januar 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. November 1996 und entsprechender Änderung des Bescheides vom 6. Juli 2006 zu verurteilen, ihm ab dem 1. Mai 1995 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit bzw. ab dem 1. Januar 2001 Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. September 2000 zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 6. Juli 2006 abzuweisen.
Sie hält die Berufung für unbegründet.
Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Akten verwiesen, die Gegenstand der Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.
Strittig ist nach der Bewilligung der Rente ab dem 1. Oktober 2005 lediglich noch, ob der Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit, voller oder teilweiser Erwerbsminderung von einem früheren Zeitpunkt beanspruchen kann. Dies hat die Beklagte zu Recht verneint.
Der Rentenanspruch des Klägers richtet sich auch nach dem Inkrafttreten der Neuregelung des Rechts der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit am 1. Januar 2001 nach dem bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Recht (vgl. § 300 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI -). Dieses regelte den vom Kläger verfolgten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in § 44 SGB VI alter Fassung (a. F.). Seine Voraussetzungen sind im Falle des Klägers für die allein noch strittige Zeit schon deswegen nicht erfüllt, weil er seinerzeit (noch) nicht erwerbsunfähig bzw. mindestens teilweise erwerbsgemindert war.
Erwerbsunfähig im Sinne des Gesetzes sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a. F.). Eine so weitgehende Einschränkung der Erwerbsfähigkeit hat beim Kläger jedenfalls vor dem Beginn der Rente nicht vorgelegen. Der Senat folgt insofern den schlüssigen und nachvollziehbaren und mithin überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. S., der sich für sein Gutachten auf die vorliegenden Berichte aus Kanada stützt. Demnach bestehen beim Kläger eine koronare Herzkrankheit, ein Zustand nach Hinterwandinfarkt sowie ein Zustand nach Re-Infarkt, eine Fettstoffwechselstörung, eine Anämie (differenzialdiagnostisch Eisenmangelanämie) sowie eine Spondylosis ankylans (Morbus Bechterew - eine Wirbelsäulenerkrankung). Der Kläger war mit diesen Gesundheitsstörungen während der strittigen Zeit noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten unter Witterungsschutz sowie frei von besonderen beruflichen Stressoren unter Vermeidung von Tätigkeiten mit überwiegendem Bücken sowie häufigem Überkopfarbeiten vollschichtig auszuüben.
Zwar hat der vom SG herangezogene Sachverständige Dr. L. im September 1998 abweichend davon die Auffassung vertreten, der Kläger könne mit den bei ihm festgestellten Gesundheitsstörungen auch körperlich leichte Arbeiten nur noch untervollschichtig verrichten. Ein Rentenanspruch des Klägers lässt sich darauf jedoch nicht stützen. Die Bewertung, der Kläger sei nicht mehr vollschichtig einsetzbar, ist nicht nachvollziehbar und von Dr. L. auch nicht begründet worden. Im Vergleich mit Dr. S. – wie auch mit Dr. W. – hat er keine weitergehenden Gesundheitsstörungen festgestellt. Seine an den Kläger gerichtete Frage, ob dieser sich noch in der Lage sehe, eine Tätigkeit im Stehen oder Sitzen wie die eines Wachmanns oder dergleichen auszuführen, hat dieser grundsätzlich bejaht; er hat es lediglich aufgrund seiner Vorgeschichte für unmöglich gehalten, eine solche Stelle zu bekommen. Diese subjektive Einschätzung steht in Einklang mit den kardiologischen Befunden, die bis zur Untersuchung durch Dr. L. und darüber hinaus einen unverändert stabilen Zustand ohne wesentliche Beeinträchtigung der kardialen Pumpfunktion dokumentieren. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich eine leistungsmäßige Überforderung des Herzens oder der Herzdurchblutung nach wenigen Minuten leistungsbegrenzend auswirken würde. Eine Arbeitsschwere, die von Seiten des Herzens über vier Stunden toleriert würde, wäre auch über acht Stunden tolerabel.
Der Umstand, dass der kanadische Versicherungsträger dem Kläger eine Invaliditätsrente gewährt, ist für diesen Rechtsstreit unergiebig. Das Gericht hat über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund eigener Feststellungen zu entscheiden. Die Tatsache, dass der kanadische Versicherungsträger eine solche Rente gewährt und damit offenbar von einer Invalidität des Klägers ausgeht, macht solche Feststellungen nicht überflüssig. Selbstverständlich sind dabei die im Rahmen des kanadischen Rentenverfahrens erhobenen medizinischen Stellungnahmen zu berücksichtigen. Dies ist auch geschehen. Allerdings waren die vom Kläger übersandten Ablichtungen aus der Akte des kanadischen Versicherungsträgers zu den beim Kläger bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen wenig aussagekräftig. Die einzige ausführliche Zusammenstellung der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen war der Bericht des Kardiologen M. vom 20. Februar 1995, der schon dem SG vorlag.
Der Senat kann den vorliegenden Unterlagen keine Hinweise auf eine wesentliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Klägers durch eine psychische Erkrankung entnehmen, wie dieser sie nunmehr behauptet. Dies gilt insbesondere auch für die von ihm vorgelegten Unterlagen, die der kanadische Versicherungsträger für ihn führt. Anders als der Kläger meint, ist nicht davon auszugehen, dass der kanadische Versicherungsträger die eine psychische Erkrankung betreffenden Unterlagen nicht freigegeben hat. Von der Freigabe ausgenommen waren der den Unterlagen beigefügten Mitteilung des Versicherungsträgers zufolge lediglich einige Blätter mit Daten über dritte, unbeteiligte Personen. Weder das im Auftrag des SG aufgrund einer Untersuchung des Klägers von Dr. L. erstattete Gutachten noch die Berichte der kanadischen Ärzte, die den Kläger untersucht und behandelt haben, enthalten Hinweise auf eine psychische Erkrankung des Klägers. Da sie mehrfach seine Aussage wiedergeben, es gehe ihm relativ bis sehr gut, ist es nicht nachvollziehbar und auch unwahrscheinlich, dass seine Erwerbsfähigkeit durch eine Erkrankung auf psychiatrischem Gebiet während der strittigen Zeit wesentlich beeinträchtigt war. So hat der Kläger gegenüber Dr. H1. vom St. J. Hospital in H. bei seiner Vorsprache am 3. September 1999 dem darüber erstellten Bericht zufolge abgesehen von einem nicht weiter aufklärbaren Schwindel (lightheadedness) keine weiteren Beschwerden angegeben. Die Vorgeschichte (history) sei unauffällig. Dr. H1. beschrieb den Kläger dort als sehr angenehm und luzide, d. h. klar. Der Neurologe K., den der Kläger auf Veranlassung seines Hausarztes Dr. A. im August 2002 wegen einer Taubheit des rechten Beines aufgesucht hatte, beschrieb den Kläger als neurologisch unauffällig, intakt. Psychische Auffälligkeiten hat er nicht erwähnt, was – gerade als Äußerung eines Neurologen – dafür spricht, dass es auch keine gab. Im August 2005 äußerte der Kläger bei seiner Vorsprache wegen seines Morbus Bechterew (einer Wirbelsäulenerkrankung) in der rheumatologischen Klinik des St. J. Community Health Centre gegenüber dem Arzt S1., es gehe ihm derzeit bis auf eine gelegentlich auftretende morgendliche Steifigkeit von 20 Minuten Dauer sehr gut. Am 16. Dezember 2005 äußerte der Kläger in derselben Klinik gegenüber der Ärztin P. deren Bericht zufolge, er fühle sich ganz gut. Die morgens bestehende Steifigkeit und Bewegungseinschränkung im Nacken störten ihn nicht sehr. Weitere wesentliche Beschwerden bzw. Beeinträchtigungen hat der Kläger dort nicht erwähnt. Es besteht somit kein Anlass für die von Kläger begehrte psychiatrische Nachuntersuchung.
Mit dem beschriebenen Leistungsvermögen hatte der Kläger auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung im Sinne von § 43 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung. Ganz oder teilweise erwerbsgemindert in diesem Sinne sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich bzw. mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Diese Voraussetzungen liegen hier nach den wiedergegebenen Erkenntnissen nicht vor.
Der Kläger hatte während der noch strittigen Zeit auch keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Der Senat verweist hierzu auf die überzeugenden Ausführungen des SG, denen insofern nichts hinzuzufügen ist.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil hierfür eine Veranlassung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht bestanden hat.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Erwerbsminderung vor dem 1. Oktober 2005, insbesondere bereits ab dem 1. Mai 1995 hat.
Der am XX.XXXXX 1943 in Italien geborene Kläger lebt seit seiner Auswanderung im Jahre 1967 in Kanada und besitzt die kanadische Staatsangehörigkeit. Ohne über eine abgeschlossene förmliche Berufsausbildung zu verfügen, war er von 1957 bis 1962 in Italien als Landarbeiter erwerbstätig, von 1962 bis 1967 in der Bundesrepublik Deutschland als Maschinenbediener, und anschließend bis 1994 in Kanada, dort zuletzt als Schweißer. Seit einem Herzinfarkt im April 1994 war er abgesehen von einem sechs Wochen umfassenden Arbeitsversuch im Herbst 1994 nicht mehr erwerbstätig. Er bezieht seit dem 1. August 1994 eine Invalidenrente aus der kanadischen Rentenversicherung.
Am 5. April 1995 beantragte der Kläger bei der Beklagten wegen der im Gefolge des Herzinfarkts bestehenden Beschwerden Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Der Internist Dr. B. vom medizinischen Dienst der Beklagten würdigte die von den behandelnden Ärzten des Klägers in Kanada im Jahre 1995 mitgeteilten Befunde in seiner Stellungnahme vom 12. Januar 1996 dahingehend, dass der Kläger mit den bei ihm festgestellten Gesundheitsstörungen – einer Angina pectoris bei Zustand nach Herzhinterwandinfarkt – leichte Arbeiten im Wechselrhythmus vorwiegend im Sitzen noch vollschichtig verrichten könne. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 23. Januar 1996 mit der Begründung ab, der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig. Der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 4. November 1996).
Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger zur Begründung seines Rentenbegehrens geltend gemacht, er sei sowohl nach kanadischem wie nach deutschem Recht zu 100 v. H. erwerbsunfähig, und darauf verwiesen, dass der kanadische Versicherungsträger ihm eine Invalidenrente ab dem Sommer 1994 zuerkannt habe.
Das Sozialgericht (SG) hat die für den Kläger von den Kardiologen M. und Dr. M1., dem Urologen O., von dem C. Hospital, dem Gesundheitszentrum der St. J.-Gemeinde sowie dem St. J. Hospital – alle in H. – und von seinem Hausarzt Dr. A. geführten Krankenunterlagen beigezogen und die Begutachtung der Erwerbsfähigkeit des Klägers durch den Internisten Dr. L., T./Kanada veranlasst. Dieser hat den Kläger am 14. September 1998 untersucht und ist in seinem schriftlichen Gutachten vom 23. September 1998 zum Ergebnis gekommen, der Kläger könne mit der bei ihm bestehenden ischämischen Herzerkrankung und der Hyperlipidämie auch leichte Arbeiten im Stehen oder Sitzen ohne häufiges Heben und Bücken sowie Zeitdruck und Schichtarbeit in geschlossenen Räumen und zu ebener Erde nur noch untervollschichtig verrichten. Zusätzliche Pausen seien wünschenswert. Der Internist Dr. W., Hamburg, hat in seinem vom SG veranlassten Gutachten vom 1. Dezember 1999 auf der Grundlage der vorliegenden Befunde die das Leistungsvermögen des Klägers einschränkenden Gesundheitsstörungen wie folgt beschrieben: Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Herzhinterwandinfarkt 1994, stabile belastungsabhängige Brustengebeschwerde. Die daneben bestehenden Rückenbeschwerden, eine Leistenhernie und urologische Beschwerden träten im Hinblick auf das Leistungsvermögen hinter den internistischen Diagnosen zurück. Der Kläger könne noch leichte Arbeiten, überwiegend im Sitzen, vollschichtig verrichten. Erhöhter Zeitdruck, Nacht- und Akkordarbeiten sowie Zwangshaltungen seien zu vermeiden. Die Wegefähigkeit sei erhalten.
Gestützt auf dieses Gutachten hat das SG die Klage durch das Urteil vom 27. September 2000 abgewiesen. Der Kläger sei weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig. Er könne mit den bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen leichte Arbeiten vorwiegend im Sitzen ohne zusätzliche Stressoren vollschichtig errichten. Die koronare Herzkrankheit des Klägers habe seit dem Herzinfarkt 1994 nicht noch einmal zu einem Zustand geführt, der vollschichtiges Arbeiten ausschließen würde. Typische Mangeldurchblutungserscheinungen seien nicht mehr nachgewiesen worden. Zeichen einer Herzleistungsschwäche seien nicht ersichtlich und auch von Dr. L. bei seiner Untersuchung nicht beschrieben worden. Ein objektives Korrelat für die vom Kläger angegebenen Brustengebeschwerden schon bei Wegen von 100 Metern liege nicht vor. Für weitergehende Einschränkungen des Leistungsvermögens auf Grund der anderen Erkrankungen gebe es keine Anhaltspunkte. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig, denn er genieße in dem vor dem Absinken seiner Erwerbsfähigkeit zuletzt versicherungspflichtig ausgeübten und deshalb für die Feststellung seiner Verweisbarkeit maßgebenden Beruf des Maschinenbedieners keinen Berufsschutz; vielmehr sei er zumutbar auf alle Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen.
Gegen dieses ihm am 20. Oktober 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. November 2000 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, die Verneinung einer wesentlichen Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit und damit eines Rentenanspruchs durch die Beklagte und das SG widerspreche der Bejahung durch den kanadischen Versicherungsträger und sei unverständlich, denn er habe mit dem Rentenantrag bei der Beklagten vom 5. April 1995 dieselben Gesundheitsstörungen geltend gemacht wie im kanadischen Rentenantrag. Im Übrigen hätten sich die genannten Leiden wesentlich verschlimmert. Für die Klärung des Sachverhalts sei auf die von ihm dem Gericht zur Verfügung gestellten Ablichtungen aus der Rentenakte des kanadischen Versicherungsträgers zu verweisen. Vermutlich seien die psychiatrischen Befunde nicht freigegeben worden.
Dr. A. hat dem Gericht im November 2001 insgesamt 120 Ablichtungen aus seiner für den Kläger geführten Krankenakte übersandt; darin enthalten ist u.a. sein zusammenfassender Bericht vom 7. September 1999.
Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 6. Juli 2006 auf entsprechenden Antrag Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. Oktober 2005 bewilligt. Grundlage war in medizinischer Hinsicht die Stellungnahme des Internisten und Sozialmediziners Dr. J1. vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten vom 21. Juni 2006. Dieser hatte dort aufgrund beigezogener Berichte der Ärzte Dr. A. und M., des Neurologen K. sowie des St. J. Community Health Centre und des St. J. Hospital aus dem Zeitraum September 1999 bis 15. Mai 2006 die Auffassung vertreten, das Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei aufgrund der bei ihm hauptsächlich bestehenden gesundheitlichen Probleme – eines Morbus Bechterew, einer koronaren Herzkrankheit und einer Thalassämie – spätestens seit dem Zeitpunkt des Rentenantrags im September 2005 aufgehoben. Eine Besserung sei unwahrscheinlich.
In seiner Stellungnahme vom 14. September 2006 führt er aus, ein früherer Leistungsfall könne vorliegen, sei nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen aber eher unwahrscheinlich. Durchgängiger Tenor der medizinischen Aussagen zwischen 2001 und 2005 für die verschiedenen Krankheitsbilder sei, dass es dem Versicherten relativ bis sehr gut gehe. Hintergrund seiner sozialmedizinischen Entscheidung vom 21. Juni 2006 sei die Anerkennung der vorliegenden Erkrankungen gewesen, die i. V. m. dem fortgeschrittenen Alter des Versicherten eine aufgehobene Leistungsfähigkeit nahelegten, sowie das Ziel, den seit sehr vielen Jahren laufenden Rechtsstreit zu beenden.
Auf Veranlassung des Senats hat der Arzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin Dr. S. nach Lage der Akten das Gutachten vom 1. März 2007 zur Erwerbsfähigkeit des Klägers während der noch strittigen Zeit erstattet. Er formuliert dort folgende Diagnosen: • koronare Herzkrankheit – Zustand nach Hinterwandinfarkt, Zustand nach Re-Infarkt • Fettstoffwechselstörung • Anämie (differenzialdiagnostisch Eisenmangelanämie) • Spondylosis ankylans (Morbus Bechterew) Er vertritt die Auffassung, der Kläger sei unter Berücksichtigung der vorliegenden Befundberichte während der strittigen Zeit noch in der Lage gewesen, leichte körperliche Tätigkeiten unter Witterungsschutz sowie frei von besonderen beruflichen Stressoren unter Vermeidung von Tätigkeiten mit überwiegendem Bücken sowie häufigem Überkopfarbeiten vollschichtig zu verrichten. Es finde sich kein Anhalt für das Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung, die einer regelmäßigen Erwerbsfähigkeit entgegenstehen würde. Gutachten weiterer Fachgebiete seien nicht erforderlich.
Der Kläger hält das Gutachten für den misslungenen Versuch einer Aktenanalyse. Der Sachverständige habe das Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung überhaupt nicht erkannt oder in Erwägung gezogen. Auch sei eine Würdigung der Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. August 1994 durch den kanadischen Versicherungsträger unterblieben. Er hält eine psychiatrische Nachuntersuchung für unerlässlich.
Der Kläger beantragt nach Aktenlage,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. September 2000 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Januar 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. November 1996 und entsprechender Änderung des Bescheides vom 6. Juli 2006 zu verurteilen, ihm ab dem 1. Mai 1995 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit bzw. ab dem 1. Januar 2001 Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. September 2000 zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 6. Juli 2006 abzuweisen.
Sie hält die Berufung für unbegründet.
Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Akten verwiesen, die Gegenstand der Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.
Strittig ist nach der Bewilligung der Rente ab dem 1. Oktober 2005 lediglich noch, ob der Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit, voller oder teilweiser Erwerbsminderung von einem früheren Zeitpunkt beanspruchen kann. Dies hat die Beklagte zu Recht verneint.
Der Rentenanspruch des Klägers richtet sich auch nach dem Inkrafttreten der Neuregelung des Rechts der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit am 1. Januar 2001 nach dem bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Recht (vgl. § 300 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI -). Dieses regelte den vom Kläger verfolgten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in § 44 SGB VI alter Fassung (a. F.). Seine Voraussetzungen sind im Falle des Klägers für die allein noch strittige Zeit schon deswegen nicht erfüllt, weil er seinerzeit (noch) nicht erwerbsunfähig bzw. mindestens teilweise erwerbsgemindert war.
Erwerbsunfähig im Sinne des Gesetzes sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a. F.). Eine so weitgehende Einschränkung der Erwerbsfähigkeit hat beim Kläger jedenfalls vor dem Beginn der Rente nicht vorgelegen. Der Senat folgt insofern den schlüssigen und nachvollziehbaren und mithin überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. S., der sich für sein Gutachten auf die vorliegenden Berichte aus Kanada stützt. Demnach bestehen beim Kläger eine koronare Herzkrankheit, ein Zustand nach Hinterwandinfarkt sowie ein Zustand nach Re-Infarkt, eine Fettstoffwechselstörung, eine Anämie (differenzialdiagnostisch Eisenmangelanämie) sowie eine Spondylosis ankylans (Morbus Bechterew - eine Wirbelsäulenerkrankung). Der Kläger war mit diesen Gesundheitsstörungen während der strittigen Zeit noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten unter Witterungsschutz sowie frei von besonderen beruflichen Stressoren unter Vermeidung von Tätigkeiten mit überwiegendem Bücken sowie häufigem Überkopfarbeiten vollschichtig auszuüben.
Zwar hat der vom SG herangezogene Sachverständige Dr. L. im September 1998 abweichend davon die Auffassung vertreten, der Kläger könne mit den bei ihm festgestellten Gesundheitsstörungen auch körperlich leichte Arbeiten nur noch untervollschichtig verrichten. Ein Rentenanspruch des Klägers lässt sich darauf jedoch nicht stützen. Die Bewertung, der Kläger sei nicht mehr vollschichtig einsetzbar, ist nicht nachvollziehbar und von Dr. L. auch nicht begründet worden. Im Vergleich mit Dr. S. – wie auch mit Dr. W. – hat er keine weitergehenden Gesundheitsstörungen festgestellt. Seine an den Kläger gerichtete Frage, ob dieser sich noch in der Lage sehe, eine Tätigkeit im Stehen oder Sitzen wie die eines Wachmanns oder dergleichen auszuführen, hat dieser grundsätzlich bejaht; er hat es lediglich aufgrund seiner Vorgeschichte für unmöglich gehalten, eine solche Stelle zu bekommen. Diese subjektive Einschätzung steht in Einklang mit den kardiologischen Befunden, die bis zur Untersuchung durch Dr. L. und darüber hinaus einen unverändert stabilen Zustand ohne wesentliche Beeinträchtigung der kardialen Pumpfunktion dokumentieren. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich eine leistungsmäßige Überforderung des Herzens oder der Herzdurchblutung nach wenigen Minuten leistungsbegrenzend auswirken würde. Eine Arbeitsschwere, die von Seiten des Herzens über vier Stunden toleriert würde, wäre auch über acht Stunden tolerabel.
Der Umstand, dass der kanadische Versicherungsträger dem Kläger eine Invaliditätsrente gewährt, ist für diesen Rechtsstreit unergiebig. Das Gericht hat über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund eigener Feststellungen zu entscheiden. Die Tatsache, dass der kanadische Versicherungsträger eine solche Rente gewährt und damit offenbar von einer Invalidität des Klägers ausgeht, macht solche Feststellungen nicht überflüssig. Selbstverständlich sind dabei die im Rahmen des kanadischen Rentenverfahrens erhobenen medizinischen Stellungnahmen zu berücksichtigen. Dies ist auch geschehen. Allerdings waren die vom Kläger übersandten Ablichtungen aus der Akte des kanadischen Versicherungsträgers zu den beim Kläger bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen wenig aussagekräftig. Die einzige ausführliche Zusammenstellung der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen war der Bericht des Kardiologen M. vom 20. Februar 1995, der schon dem SG vorlag.
Der Senat kann den vorliegenden Unterlagen keine Hinweise auf eine wesentliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Klägers durch eine psychische Erkrankung entnehmen, wie dieser sie nunmehr behauptet. Dies gilt insbesondere auch für die von ihm vorgelegten Unterlagen, die der kanadische Versicherungsträger für ihn führt. Anders als der Kläger meint, ist nicht davon auszugehen, dass der kanadische Versicherungsträger die eine psychische Erkrankung betreffenden Unterlagen nicht freigegeben hat. Von der Freigabe ausgenommen waren der den Unterlagen beigefügten Mitteilung des Versicherungsträgers zufolge lediglich einige Blätter mit Daten über dritte, unbeteiligte Personen. Weder das im Auftrag des SG aufgrund einer Untersuchung des Klägers von Dr. L. erstattete Gutachten noch die Berichte der kanadischen Ärzte, die den Kläger untersucht und behandelt haben, enthalten Hinweise auf eine psychische Erkrankung des Klägers. Da sie mehrfach seine Aussage wiedergeben, es gehe ihm relativ bis sehr gut, ist es nicht nachvollziehbar und auch unwahrscheinlich, dass seine Erwerbsfähigkeit durch eine Erkrankung auf psychiatrischem Gebiet während der strittigen Zeit wesentlich beeinträchtigt war. So hat der Kläger gegenüber Dr. H1. vom St. J. Hospital in H. bei seiner Vorsprache am 3. September 1999 dem darüber erstellten Bericht zufolge abgesehen von einem nicht weiter aufklärbaren Schwindel (lightheadedness) keine weiteren Beschwerden angegeben. Die Vorgeschichte (history) sei unauffällig. Dr. H1. beschrieb den Kläger dort als sehr angenehm und luzide, d. h. klar. Der Neurologe K., den der Kläger auf Veranlassung seines Hausarztes Dr. A. im August 2002 wegen einer Taubheit des rechten Beines aufgesucht hatte, beschrieb den Kläger als neurologisch unauffällig, intakt. Psychische Auffälligkeiten hat er nicht erwähnt, was – gerade als Äußerung eines Neurologen – dafür spricht, dass es auch keine gab. Im August 2005 äußerte der Kläger bei seiner Vorsprache wegen seines Morbus Bechterew (einer Wirbelsäulenerkrankung) in der rheumatologischen Klinik des St. J. Community Health Centre gegenüber dem Arzt S1., es gehe ihm derzeit bis auf eine gelegentlich auftretende morgendliche Steifigkeit von 20 Minuten Dauer sehr gut. Am 16. Dezember 2005 äußerte der Kläger in derselben Klinik gegenüber der Ärztin P. deren Bericht zufolge, er fühle sich ganz gut. Die morgens bestehende Steifigkeit und Bewegungseinschränkung im Nacken störten ihn nicht sehr. Weitere wesentliche Beschwerden bzw. Beeinträchtigungen hat der Kläger dort nicht erwähnt. Es besteht somit kein Anlass für die von Kläger begehrte psychiatrische Nachuntersuchung.
Mit dem beschriebenen Leistungsvermögen hatte der Kläger auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung im Sinne von § 43 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung. Ganz oder teilweise erwerbsgemindert in diesem Sinne sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich bzw. mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Diese Voraussetzungen liegen hier nach den wiedergegebenen Erkenntnissen nicht vor.
Der Kläger hatte während der noch strittigen Zeit auch keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Der Senat verweist hierzu auf die überzeugenden Ausführungen des SG, denen insofern nichts hinzuzufügen ist.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil hierfür eine Veranlassung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht bestanden hat.
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