L 29 B 1428/07 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 107 AS 14631/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 B 1428/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Juli 2007 wird aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich aus den zur Verfügung stehenden Daten über Wohnlagen, ortsübliche Mieten in Berlin und zu den durchschnittlichen Betriebskosten hier jedenfalls ergibt, dass die von dem Antragsgegner mit Bescheid vom 25. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2007 anerkannten Wohnkosten von 360,00 EUR für die Antragstellerin - auch nach den eigenen Berechnungen des Senats - ausreichen, um ihren Bedarf für Aufwendungen für eine im Sinne des § 22 SGB II angemessene Unterkunft zu decken.

Zur Feststellung der Angemessenheit der Unterkunftskosten bedarf es zunächst der Feststellung der angemessenen Wohnungsgröße. Hier ist die für Wohnberechtigte im sozialen Wohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße zu Grunde zu legen (insbesondere die Werte nach dem Gesetz über die soziale Wohnraumförderung - WoFG – i.V.m. den landesrechtlichen Bestimmungen; vgl. BSG, Urteile vom 7. November 2006, B 7b AS 10/06 R – in juris und SozR 4-4200 § 22 Nr. 2 - und B 7b AS 18/06 R, in juris und NDV-RD 2007, 34). Danach ist in Berlin, mangels Richtlinien zu § 10 WoFG, zum einen an die Bestimmungen zur Vergabe von Wohnberechtigungsscheinen zur Belegung von nach dem WoFG belegungsgebundenen Wohnungen anzuknüpfen, wie sie sich aus der Mitteilung Nr. 8/2004 vom 15. Dezember 2004 der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ergeben. In Berlin wird die maßgebliche Wohnungsgröße für den Wohnberechtigungsschein in der Regel nach Raumzahl bestimmt (Ziff. 8 Abs.1 Mitt. 8/04). Angemessen ist danach grundsätzlich ein Raum für jeden Haushaltsangehörigen. Zum anderen ist zur Bestimmung des angemessenen Wohnflächenbedarfs an die Durchführungsregelungen im sozialen Wohnungsbau anzuknüpfen (§ 39 Abs. 1 II. WobauG, vgl. Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rn. 43). In Berlin sind insoweit mangels den Mietwohnungsbau betreffender Bestimmungen die Richtlinien über Förderungssätze für eigengenutztes Wohneigentum der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 25. Mai 1999 - Eigentumsförderungssätze 1999 - (ABl. 1999, S. 2918ff) heranzuziehen. Nach Ziffer 4 (3) der Eigentumsförderungssätze 1999 ist für eine Person eine Wohnfläche von maximal 50 m² förderungsfähig. Unter Anwendung dieser Maßstäbe wäre hier eine Wohnungsgröße von bis zu 50 m² mit einem Wohnraum für die Antragstellerin angemessen (vgl. im Übrigen auch die ehemals für den sozialen Wohnungsbau in Berlin geltenden Ziffer 8 Abs. 1 der zur Umsetzung von § 5 Wohnungsbindungsgesetz - WobindG - i. V. m. § 27 Abs. 1 bis 5 Wohnraumförderungsgesetz - WoFG - erlassenen Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004 - Mitteilung Nr. 8/2004 - und Abschnitt II Ziffer 1 Buchstabe a der Anlage 1 der Richtlinien für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau in Berlin - Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1990 [WFB 1990] vom 16. Juli 1990, ABl 1990, 1379 ff. i. V. m. Abschnitt I Nr. 13 a der Verwaltungsvorschriften zur Änderung der WFB 1990 vom 13. Dezember 1992 [VVÄndWFB 1990, ABl 1993, 98 f.]).

Für die weitere Feststellung des angemessenen Unterkunftsbedarfs sind die Kosten für eine Wohnung, "die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist" (BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 18/06 R, in juris und NDV-RD 2007, 34), zu ermitteln. Abzustellen ist dabei auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, welches sich in der Wohnungsmiete niederschlägt (Produkttheorie, BSG, a.a.O.). Nach der dem Senat im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen eingeschränkten Ermittlungen sind hier die sich aus der Berliner Mietspiegeltabelle 2007 ergebenden durchschnittlichen Mittelwerte für einfache Wohnlagen und Ausstattungen für Neu- und Altbauten (Abl. Nr. 30 vom 11. Juli 2007, S. 1797) zu Grunde zu legen. Für eine Wohnfläche von 40 m² bis unter 60 m² ergibt sich daraus eine Netto-Kaltmiete von gerundet 4,54 EUR/m² (3,42 EUR/m² + 4,35 EUR/m² + 3,30 EUR/m² + 4,77 EUR/m² + 4,43 EUR/m² + 4,41 EUR/m² + 4,56 EUR/m² + 4,96 EUR/m² + 6,70 EUR/m² = insgesamt 40,90 EUR/m² / 9 = durchschnittlich 4,54 EUR/m²) = 227,- EUR monatliche gesamte Netto-Kaltmiete.

Hierzu sind die durchschnittlichen "kalten" Betriebskosten, die regelmäßig mit dem Mietzins zu entrichten sind, zu ermitteln. Unter Zugrundelegung der vom Deutschen Mieterbund - DMB - mit dem Betriebskostenspiegel für Deutschland für das Jahr 2006 veröffentlichten Angaben (www.mieterbund.de), ergeben sich bei Nichtberücksichtigung der für Heizung und Warmwasser angegebenen Kosten durchschnittliche Betriebskosten in Höhe von 1,79 EUR/m² (inkl. Steuern und Abgaben). Daraus ergeben sich "kalte" Betriebskosten für eine Wohnung von 60 m² in Höhe von 89,50 EUR monatlich.

Des Weiteren sind die von dem Antragsgegner nach § 22 SGB II zu leistenden Heizkosten zu ermitteln. Nach dem Betriebskostenspiegel des DMB sind diese mit 0,76 EUR/m² anzusetzen, so dass sich für eine Wohnungsgröße von 50 m² ein Betrag von 38,00 EUR monatlich ergibt.

Dies ergibt eine Brutto-Warmmiete einschließlich der Kostenanteile für Warmwasser Wohnungsgröße von 60 m² in Höhe von insgesamt 354,50 EUR monatlich.

Da Kostenanteile für Warmwasser bereits im Regelsatz enthalten sind, sind im vorliegenden Fall nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorzunehmenden Prüfung die vom Antragsgegner gewährten 360,-EUR monatlich (Brutto-Warmmiete) ausreichend, um den angemessenen Wohnbedarf der Antragstellerinnen zu decken.

Daraus ergibt sich, dass die Miete für die von der Antragstellerin zurzeit bewohnte Wohnung in Höhe von 694,45 EUR nicht angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist.

Gründe des Einzelfalles, die dazu führen könnten, dass im Falle der Antragstellerin von den oben ermittelten angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung abgewichen werden könnte, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Die Antragstellerin müsste ihr näheres soziales Umfeld nicht verlassen. Bereits im unmittelbaren Umfeld der von der Antragstellerin bisher bewohnten Wohnung fanden sich bei einer Recherche am 17. Oktober 2007 angemessene Mietangebote, so zum Beispiel eine Einzimmerwohnung mit einer Wohnfläche von ca. 43 m² in der Cstraße mit einer Bruttowarmmiete von 333,71 EUR (zu finden unter www.immonet.de).

Schließlich weist der Senat auch noch darauf hin, dass auch ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich ist.

Es ist weder ersichtlich, dass konkret die Gefahr besteht, durch eine Veränderung des bestehenden Zustands könne die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden (§ 86 b Abs. 2 S. 1 SGG), noch erscheint eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile als nötig (§ 86 b Abs. 2 S. 2 SGG).

Von der Antragstellerin wurde nicht glaubhaft gemacht, dass konkret der Wohnungsverlust oder gar Wohnungslosigkeit droht. Wie sie zutreffend schreibt, kommt zwar bei wiederholter Säumigkeit der Mietzahlung eine Kündigung durch den Vermieter in Betracht. Eine solche Kündigung oder gar die Zwangsräumung der Wohnung steht jedoch derzeit noch nicht konkret bevor.

Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar; § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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