L 1 KR 92/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 3920/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 92/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

Die Klägerin arbeitete seit April 1976 bei der Beigeladenen zu 4), deren Gesellschafter ihre Eltern waren. Ihre Tätigkeit entsprach von Anfang an der einer Prokuristin. Sie war schon früh in den elterlichen Betrieb eingebunden, weil sich der Vater schon seit den 60er Jahren stark um Verbandsarbeiten kümmerte und die Mutter nicht Auto fahren konnte. Der Vater war von 1960 bis 1997 OBerlin bzw. Berlin-Brandenburg, Mitglied des Vorstandes des Bmit Sitz inD und seit 1975 Präsident dieses Verbandes. Im Betrieb war er nur noch mit der Betreuung von Trauerfeiern und Beerdigungen befasst. Vom kaufmännischen Bereich und von Bürotätigkeiten war er weitgehend ausgeschlossen. Die Klägerin hatte Bankvollmachten und traf eigenständig Investitionsentscheidungen, z. B. über neue Fahrzeuge. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag gab es nicht. Urlaubsansprüche und/oder Kündigungsfristen waren nicht vereinbart. Bei Arbeitsunfähigkeit wurde das Arbeitsentgelt mindestens 6 Wochen fortbezahlt. Die Klägerin war nicht am Betrieb beteiligt, auch nicht in Form von Darlehen, Bürgschaften oder Sicherheiten. Am 19. Mai 2000 übernahm sie das Unternehmen.

Die Beigeladene zu 5) (Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg) erließ (noch unter der Bezeichnung Landesversicherungsanstalt Berlin) am 5. 6. 2000 und am 10. 4. 2003 Prüfbescheide nach § 28 p Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV) gegenüber der Beigeladenen zu 4). Nachgefordert wurde u. a. Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge für die Klägerin für die Jahre 1996, 1997 und 1999 (Beiträge für Zuwendungen o.ä. und eine einmalige Sonderzuwendung).

Die Klägerin beantragte am 6. April 2004 die Überprüfung ihrer Sozialversicherungspflicht in der Zeit vom 1. 4. 1976 bis 18. 5. 2000. In einem "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen" gab sie an, als Prokuristin durchschnittlich 7 Arbeitstage/Woche 60 Stunden mit einer Arbeitszeit "nach Belieben" für ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt von 7.770 DM brutto gearbeitet zu haben. Sie sei wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert gewesen. Ein Weisungsrecht sei tatsächlich nicht ausgeübt worden. Die Tätigkeit habe frei bestimmt und gestaltet werden können. Sie habe bei der Führung des Betriebes mitgewirkt. Die Mitarbeit sei aufgrund familienhafter Rücksichtsnahme durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt gewesen. Die Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom 25. Mai 2004 darauf hin, dass das wesentliche Merkmal der Selbständigkeit, ein Unternehmer- bzw. Kapitalrisiko, fehle. Dem Umstand der Weisungsfreiheit komme keine besondere Bedeutung zu. Gerade bei Diensten höherer Art sei die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers oft stark eingeschränkt, zum Teil sogar gänzlich ausgeschlossen. Für Arbeitnehmereigenschaft spräche, dass die Klägerin wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert gewesen sei, sowie der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit.

Mit Bescheid vom 13. Juli 2004 teilte sie der Klägerin förmlich mit, von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung auszugehen.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. In diesem wies sie darauf hin, dass es beim Abweichen der arbeitsvertraglichen Regelungen zur gelebten Praxis auf letztere ankäme (VV Bl. 30 ff.). Sie hätte im Betrieb nicht durch irgendein anderen Arbeitnehmer ersetzt werden können. Sämtliche betriebliche Aufgaben seien von der Familie gleichberechtigt nebeneinander ausnahmslos arbeitsteilig erledigt worden. Ein Weisungsrecht sei vollständig entfallen bzw. überhaupt nicht gegeben gewesen. Die Familienzugehörigkeit habe im Vordergrund gestanden. Eine arbeitsvertragliche Regelung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall habe nicht bestanden. Ihr Einsatz für das Unternehmen sei arbeitnehmeruntypisch hoch gewesen, obwohl sie eine Mehrarbeitarbeitsvergütung nicht hätte beanspruchen können. Auch habe sie ihren Urlaubsanspruch nicht als solchen erhoben. Die betrieblichen Belange hätten für die Klägerin stets Vorrang vor allen anderen, auch privaten Dingen, gehabt.

Die Beklagte wies in Erwiderung im Schriftsatz vom 8. Oktober 2004 u. a. auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. 5. 2001 - B 12 KR 34/00 R hin. Auch sei das Arbeitsentgelt ausweislich der Angaben im Fragebogen (Stundenlohn in Höhe von 29,88 DM) nicht unangemessen hoch gewesen. Die Klägerin habe über ihr Nettoentgelt normal verfügen können.

Sie wies den Widerspruch mit Bescheid vom 23. November 2004 zurück. Zur Begründung führte sie u. a. aus, bei einer Beschäftigung eines Familienangehörigen könne ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis regelmäßig dann angenommen werden, wenn dieser auf die Verwertung seiner Arbeitskraft angewiesen sei, wie ein Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert und damit dem Weisungsrecht des Betriebsinhabers unterworfen sei und ein angemessenes Arbeitsentgelt erhalte (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 19. 2. 1987 - 12 RK 45/85 USK 8717). Die Klägerin sei danach wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb der Eltern integriert gewesen. Bei Diensten höherer Art - wie hier - verfeinere sich die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers zur funktionsgerechten Teilhabe am Arbeitsprozess. Schließlich sei die Klägerin an der OHG nicht beteiligt gewesen und habe auch kein eigenes Kapital oder eigene Betriebsmittel eingebracht und auch kein Unternehmerrisiko getragen.

Hiergegen hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Berlin (SG) geklagt. Sie hat zur Begründung ihr außergerichtliches Vorbringen wiederholt und hat sich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts berufen, insbesondere auf das Urteil vom 30. 1. 1990 (11 RAr 47/88 - NZA 1990 S. 950). Die theoretische Rechtsmacht zur Weisungserteilung sei aufgrund der familiären Verbundenheit überlagert gewesen (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 17. 5. 2001 - B 12 KR 34/00 R - NZS 2001 S. 644). Sie habe auch ein Rechtsschutzbedürfnis, die Verjährungsfrist beginne hinsichtlich der Rentenversicherungsbeiträge nach § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV erst ab der Beanstandung durch den Versicherungsträger. Nur für die Arbeitslosenversicherungsbeiträge beginne sie bereits nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden seien, § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV in Verbindung mit § 351 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III). Im Übrigen verjähre der Erstattungsanspruch nur nach Erhebung der entsprechenden Einrede. Der Versicherungsträger habe insoweit pflichtgemäßes Ermessen auszuüben.

Die Beklagte hat ergänzend darauf hingewiesen, dass für den streitgegenständlichen Zeitraum ein vergleichbarer fremder Arbeitnehmer mit gleicher Tätigkeitsbezeichnung als Bürofachkraft mit nahezu gleichen Jahresbruttoentgelten gemeldet gewesen sei. Das Jahresbruttoentgelt der Klägerin sei also offensichtlich betriebsüblich gewesen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28. Juli 2006 abgewiesen. Nachdem die Beigeladene zu 4), auch mit Zustimmung der Klägerin, sowohl gegenüber der Beklagten als auch gegenüber der Beigeladenen zu 5) immer den Anschein erweckt habe, abhängig beschäftigt zu sein, hätte die Klägerin nunmehr das Gegenteil darlegen und beweisen müssen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie sei, ebenso wie ihre Eltern, immer der Auffassung gewesen, für jeden Arbeitnehmer - egal, ob Fremdbeschäftigter oder Familienangehöriger, müssten ausnahmslos Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Juli 2006 sowie den Bescheid vom 13. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2004 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 4) in der Zeit vom 1. April 1976 bis zum 18. Mai 2000 nicht der Versicherungspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlegen hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet

Die Klage ist als Kombination von Anfechtungsklage und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) zulässig. Der Feststellungsklage fehlt nicht das Feststellungsinteresse, weil die Klägerin -in Fortsetzung des Begehrens im Verwaltungsverfahren- auch auf Verpflichtung zur Feststellung der Versicherungsfreiheit nach § 28 h Abs. 2 des 4. SGB hätte klagen können. Die Klärung der Versicherungspflicht nach § 28 h Abs. 2 SGB IV regelt jedoch nicht einen Status, sondern stellt das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen fest. Es würde deshalb keinen Sinn machen, die Beklagte nur zu verpflichten, die entsprechende Feststellung zu treffen (vgl. BSG, Urteil vom 15. 12. 1999 - B 9 VS 2/98 R - SozR 3 - 3200 § 81 Nr. 16). Die Einzugsstelle ist zuständig, auch wenn es nur um Versicherungszweige außerhalb der Krankenversicherung geht (BSG, Urt. v. 23.09.2003 -B 12 RA 3/02R- SozR 4-2400 § 28h Nr. 1).

Der Feststellungsklage kann auch nicht die Bestandskraft der Prüfbescheide der Beigeladenen zu 5) vom 5. 6. 2000 und vom 10.04.2003 entgegengehalten werden. Diese stellen nur die Beitrags(nach)zahlungspflichten fest. Gegenstand der Prüfung nach § 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist die Erfüllung der Arbeitgeberpflichten, insbesondere zur Meldung und Beitragszahlung. Die Kompetenz der Einzugsstellen, nach § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV über die Versicherungspflicht zu entscheiden, bleibt davon unberührt. Die Prüfbescheide stünden demnach auch im Falle eines Erfolges der hiesigen Klage nur einem Rückerstattungsanspruch der speziell festgestellten Beiträge entgegen. Nur insoweit wäre dann auch eine Aufhebung dieser Bescheide erforderlich.

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt schließlich nicht im Hinblick auf die Verjährung eines etwaigen Erstattungsanspruches nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV. Die Klägerin hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Verjährungsfrist für den Erstattungsanspruch nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV im Falle einer Beanstandung durch den Rentenversicherungsträger erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres nach dieser Beanstandung beginnt. Diese Beanstandung kann auch noch nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgen (vgl. Kreikebohm-Schmidt, SGB VI, 2. Auflage 2003, § 202 Randnummer 11 mit Nachweisen der BSG-Rechtsprechung).

Die Klage ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen: Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Angestelltenversicherungsgesetz; ab 01.01.1992 § 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, 6. Buch (SGB VI); § 168 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz, ab 01.01.1998 § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 3. Buch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV (seit 1. Januar 1999 § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, sowie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG-Urteile vom 8. 08. 1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 Seite 14 und vom 8.12.1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 Seite 45) (so insgesamt weitgehend wörtlich BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 – B 12 KR 0/04 R – Juris). Auf dieser Grundlage ist beispielsweise zu beurteilen, ob ein Vertreter einer juristischen Person zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht (so für GmbH-Geschäftsführer BSG, aaO).

Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, so ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23.06.1994 - 12 RK 72/92 - NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleistung das Gepräge geben (BSG, Beschluss vom 23.02.1995 - 12 BK 98/94 -).

Auch die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu ziehen. Es ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Angehörigen ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und in der Wirklichkeit auch vollzogen wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - USK 2002 - 42). Auch hier gilt, dass nicht die Vereinbarungen der Beteiligten, sondern die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben (BSG SozR 2200 § 1227 Nrn. 4 und 8). Nach der Rechtssprechung des BSG, der der Senat folgt, ist bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH regelmäßig eine abhängige Beschäftigung anzunehmen und nur in begrenzten Einzelfällen hiervon abzusehen. Ein solcher Ausnahmefall kann bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die zum Beispiel dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG U. v. 08.12.1987 -7 Rar 25/86 BB 1989,72; U. v. 14.12.1999 -B 2 U 48/98 R USK 9975 ).

Die von der Klägerin angeführten Entscheidungen des BSG stellen keine anderen Grundsätze auf. Im Urteil vom 30. Januar 1990 (11 RAr 47/88 - NZA 1990, 950, 951 f) hält das BSG (nur) einen Fall eines faktischen Alleininhabers ohne Kapitalbeteiligung an der GmbH für möglich, selbst wenn der Ehepartner trotz faktischer Leitung sogar in der Ebene unter der des Geschäftsführer angesiedelt ist. Auch im Urteil vom 17.05.2001 (- B 12 KR 34/00 RNZS 2001, 644, 645 f) fasst das Gericht die bekannten Grundsätze zusammen. Bei ihrer Anwendung auf den vorliegenden Fall ist hinsichtlich der Klägerin von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV auszugehen. Unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles überwiegen hier die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen:

Für abhängige Beschäftigung spricht hier, dass die Klägerin eine regelmäßige Bezahlung unabhängig von der Ertragslage des Betriebes erhalten hat. Diese entsprach auch - wie unstreitig ist - der üblichen Vergütung. Die Klägerin unterlag keinerlei Unternehmerrisiko. Auch hatte sie keine eigene Betriebsstätte und konnte nicht über die eigene Arbeitskraft frei verfügen. Es war auch nach ihrem Vortrag beziehungsweise und dem der Beigeladenen zu 4) nicht so, dass die Klägerin nach eigenem Gutdünken wie eine Alleingeschäftsführerin auftreten konnte. Sie hat zwar vielmehr – der eigenen Bezeichnung als Prokuristin entsprechend – große Teile des Unternehmens selbständig und mit Vollmacht nach außen geleitet. Im Innenverhältnis waren - mangels individualvertraglicher Regelungen - aber alleine die Eltern der Klägerin als Gesellschafter der OHG nach § 114 Handelsgesetzbuch (HGB) zur Führung der Geschäfte berechtigt und verpflichtet. Nur bei der Übertragung der Geschäftsführung auf einen Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag wäre der andere Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen gewesen (§ 114 Abs. 2 HGB). Dass die Klägerin und ihre Eltern über die Jahre hin alle Geschäftsangelegenheiten einvernehmlich regelten ist nach vorgenannten Grundsätzen nicht entscheidend. Ganz allgemein kann ein ständiges und bestehendes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht den Status als abhängig Beschäftigter aufheben. Auch rein faktisch kann zwischen der Tätigkeit der Klägerin als Prokuristin bzw. faktische Alleingeschäftsführerin und der Geschäftsführung im Sinne des § 114 HGB unterschieden werden. Weitere Indizien für eine abhängige Arbeitnehmereigenschaft sind schließlich die tatsächlich ausgeübte Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und der Umstand, dass die Klägerin einen ansonsten anzustellenden Arbeitnehmer ersetzt hat.

Da maßgeblich ist, dass die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung überwiegen, ist es im Ergebnis irrelevant, dass auch gewichtige Umstände für die Selbstständigkeit der Klägerin sprechen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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