Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Freiburg (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 3445/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der Verfügungssatz einer Sanktionsentscheidung nach § 31 Abs. 2 SGB II muss hinsichtlich der Höhe des Absenkungsbetrags hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar sein (§ 33 Abs. 1 SGB X). Dem Bestimmtheitsgebot wird nicht hinreichend Rechnung getragen, wenn unter bloßer Wiederholung des Gesetzestextes nur die theoretisch möglichen Maximalbeträge angegeben werden und/oder der Leistungsbezieher nur unter Heranziehung weiterer Leistungsbescheide errechnen könnte, um welchen Betrag seine Leistungen abgesenkt werden.
2. Die Heilung eines solchen Verstoßes gegen § 33 Abs. 1 SGB X im sozialgerichtlichen Verfahren nach § 41 SGB X ist nicht möglich, da es sich nicht um einen Verfahrens- oder Formfehler handelt, sondern um eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit der Sanktionsentscheidung.
2. Die Heilung eines solchen Verstoßes gegen § 33 Abs. 1 SGB X im sozialgerichtlichen Verfahren nach § 41 SGB X ist nicht möglich, da es sich nicht um einen Verfahrens- oder Formfehler handelt, sondern um eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit der Sanktionsentscheidung.
1. Der Bescheid der Beklagten vom 16.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2007 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Sanktionsbescheids nach § 31 Abs. 2 SGB II.
Der Kläger, geboren am ... und wohnhaft in S. (Landkreis Lörrach), bezieht seit dem 1.1.2005 von der Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Im Rahmen dieser Leistungsbeziehung übersendete die Beklagte dem Kläger am 23.5.2005 eine Meldeaufforderung nach § 59 SGB II, § 309 SGB III für einen Termin am 16.6.2005. Ob der Kläger diese Aufforderung erhalten hat, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Nachdem der Kläger zu dem Termin am 16.6.2005 nicht erschienen war, stellte die Beklagte mit Bescheid vom gleichen Tag nach § 31 Abs. 2, Abs. 6 SGB II eine Absenkung der dem Kläger zustehenden Leistungen um 10 vom Hundert der Regelleistung für den Zeitraum vom 1.7. - 30.9.2005 fest. Der Verfügungssatz des Bescheids vom 16.6.2005 hat folgenden Wortlaut:
"Der Ihnen zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes II wird für die Zeit vom 1.7.2005 bis 30.9.2005 um 10 vom Hundert der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des Ihnen zustehenden Auszahlungsbetrages, abgesenkt. Daraus ergibt sich eine maximale Absenkung in Höhe von 34,50 Euro. Im Einzelnen sind von der Absenkung betroffen: Arbeitslosengeld II."
Der Kläger legte am 21.6.2005 gegen diese Entscheidung Widerspruch ein, den er damit begründete, dass er die Einladung zum Meldetermin nicht erhalten habe. Er führe dies darauf zurück, dass es Probleme bei der Postzustellung gegeben habe. Früher habe es für das Haus, in dem er wohne, einen gemeinschaftlichen Briefkasten gegeben. Deswegen sei in der Vergangenheit öfters an ihn gerichtete Post verlorengegangen. Er habe daher mittlerweile einen separaten Briefkasten eingerichtet. Jedoch könne es vorkommen, dass der Zusteller Briefe für ihn noch in den Gemeinschaftsbriefkasten einwerfe, so dass er diese dann nicht erhalte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.7.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Beklagte gehe davon aus, dass der Kläger das Einladungsschreiben erhalten habe, da er auch andere Schreiben der Beklagten bisher problemlos erhalten habe und auch hinsichtlich des Schreibens vom 23.5.2005 kein Postrücklauf erfolgt sei.
Mit seiner am 17.8.2005 beim Sozialgericht Freiburg erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 16.6.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.7.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die mit der Klage angefochtenen Bescheide für rechtsfehlerfrei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und der Bundesagentur für Arbeit, die das Gericht zum Verfahren beigezogen hat, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte über die vorliegende Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG), da die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis damit erklärt haben (Schriftsatz des Klägers vom 3.2.2006, Bl. 9 der Gerichtsakte; Schriftsatz des Betreuers des Klägers vom 12.7.2006, Bl. 13 der Gerichtsakte; Schriftsatz der Beklagten vom 7.8.2006, Bl. 16 der Gerichtsakte).
Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben und statthaft als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG.
Die Klage ist auch begründet. Der Sanktionsbescheid der Beklagten vom 16.6.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.7.2005 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten.
Kommt ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich dort zu melden, nicht nach und weist er keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nach, wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 10 vom Hundert der für den Betroffenen maßgeblichen Regelleistung abgesenkt, § 31 Abs. 2 SGB II. Die Absenkung tritt mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsakts, der die Absenkung feststellt, folgt, § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II. Die Absenkung dauert drei Monate, § 31 Abs. 6 Satz 2 SGB II.
Die Beklagte hatte mit der angefochtenen Entscheidung beabsichtigt, das dem Kläger zustehende Arbeitslosengeld II für die Monate Juli, August und September 2005 um jeweils 34,50 EUR abzusenken, da er der Meldeaufforderung vom 23.5.2005 nicht nachgekommen war und nach Auffassung der Beklagten keinen wichtigen Grund dafür darlegen konnte, insbesondere nicht, dass er die Einladung nicht erhalten habe.
Der von der Beklagten zu diesem Zweck getroffenen Entscheidung fehlt es jedoch an einer hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X. Sie ist daher rechtswidrig.
Der Verfügungssatz des Bescheids vom 16.6.2005 lässt nicht erkennen, um welchen Betrag genau die Leistungen abgesenkt werden bzw. welcher Betrag dem Kläger nach der Absenkung noch zusteht. Angegeben sind nur die theoretisch möglichen Maximalbeträge. Der Inhalt des Verfügungssatzes ist auch nicht aus sich selbst heraus, d. h. anhand der darin angegebenen Informationen, bestimmbar, denn er enthält Eventualitäten "höchstens jedoch in Höhe des zustehenden Auszahlungsbetrages", ohne dass der zustehende Auszahlungsbetrag der Höhe nach benannt wären. Der Kläger konnte also weder aus dem Verfügungssatz unmittelbar erkennen, um welchen Betrag seine Leistungen abgesenkt wurden, noch konnte er dies aus den sonstigen darin enthaltenen Informationen ableiten oder errechnen. Der genaue Inhalt der von der Beklagten beabsichtigten Regelung erschließt sich also nicht aus dem Bescheid selbst. Dies ist aber im Rahmen einer Sanktion nach § 31 SGB II aber gerade erforderlich (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.10.2006, Az. L 8 AS 4922/06 ER-B - juris). Dem Betroffen muss ermöglicht werden, sich darauf einzustellen, dass er in naher Zukunft mit niedrigeren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts rechnen muss. Da mit den Leistungen nach dem SGB II der laufende Bedarf für das soziokulturelle Existenzminimum gedeckt werden soll, muss es ihm möglich sein, auf eine Absenkung zu reagieren und im vorhinein zu entscheiden, auf welche Weise er ggf. den fehlenden Betrag decken kann. Dazu muss ihm insbesondere von vornherein klar sein, in welcher Höhe er eine Absenkung hinzunehmen hat (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.6.2007, Az. L 26 B 907/07 AS ER, Beschluss vom 29.6.2007, Az. L 28 B 889/07 AS ER und Beschluss vom 12.7.2007, Az. L 28 B 1087/07 AS ER - alle veröffentlich in juris).
Wegen seiner mangelnden Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit handelt es sich bei dem von der Beklagten verwendeten Verfügungssatz also nicht um eine "Regelung eines Einzelfalles" im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X. Er wäre auch nicht vollziehbar. Vielmehr handelt es sich lediglich um eine Wiederholung des abstrakten Gesetzestextes des § 31 Abs. 2 SGB II, ohne dass dieser auf den konkreten Fall des Klägers gewendet worden wäre. Dies ist auch im Widerspruchsbescheid vom 27.7.2005 nicht nachgeholt worden. Die mit der Klage angefochtenen Bescheide der Beklagten ist daher mangels inhaltlicher Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit rechtswidrig und waren daher aufzuheben.
Die mangelnde Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit der angefochtenen Bescheide kann - anders als eine etwa fehlende Begründung - auch nicht im laufenden Klageverfahren nach § 41 SGB X durch die Beklagten geheilt werden, da es sich nicht um einen Formfehler handelt, sondern um einen inhaltlichen Mangel (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.6.2007, Az. L 26 B 907/07 AS ER und Beschluss vom 29.6.2007, Az. L 28 B 889/07 AS ER - beide veröffentlicht in juris).
Darauf, ob der Kläger die Meldeaufforderung vom 23.5.2005 überhaupt erhalten hat oder - wie er vorträgt - nicht, kommt es daher nicht an. Weitere Ausführungen zu dieser Frage erübrigen sich ebenso wie Ausführungen zu den weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2, Abs. 6 SGB II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Die Berufung war nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und bisher obergerichtlich nicht geklärt ist. Dem Gericht bekannt sind lediglich die oben zitierten Beschlüsse des LSG Baden-Württemberg und des LSG Berlin-Brandenburg, die allerdings sämtlich in Eilverfahren nach § 86b Abs. 1 SGG ergangen sind. Obergerichtliche Hauptsacheentscheidungen zu dieser Thematik sind dem erkennenden Gericht nicht bekannt. Daher war den Beteiligten die Möglichkeit zu eröffnen, eine obergerichtliche Klärung herbeizuführen.
2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Sanktionsbescheids nach § 31 Abs. 2 SGB II.
Der Kläger, geboren am ... und wohnhaft in S. (Landkreis Lörrach), bezieht seit dem 1.1.2005 von der Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Im Rahmen dieser Leistungsbeziehung übersendete die Beklagte dem Kläger am 23.5.2005 eine Meldeaufforderung nach § 59 SGB II, § 309 SGB III für einen Termin am 16.6.2005. Ob der Kläger diese Aufforderung erhalten hat, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Nachdem der Kläger zu dem Termin am 16.6.2005 nicht erschienen war, stellte die Beklagte mit Bescheid vom gleichen Tag nach § 31 Abs. 2, Abs. 6 SGB II eine Absenkung der dem Kläger zustehenden Leistungen um 10 vom Hundert der Regelleistung für den Zeitraum vom 1.7. - 30.9.2005 fest. Der Verfügungssatz des Bescheids vom 16.6.2005 hat folgenden Wortlaut:
"Der Ihnen zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes II wird für die Zeit vom 1.7.2005 bis 30.9.2005 um 10 vom Hundert der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des Ihnen zustehenden Auszahlungsbetrages, abgesenkt. Daraus ergibt sich eine maximale Absenkung in Höhe von 34,50 Euro. Im Einzelnen sind von der Absenkung betroffen: Arbeitslosengeld II."
Der Kläger legte am 21.6.2005 gegen diese Entscheidung Widerspruch ein, den er damit begründete, dass er die Einladung zum Meldetermin nicht erhalten habe. Er führe dies darauf zurück, dass es Probleme bei der Postzustellung gegeben habe. Früher habe es für das Haus, in dem er wohne, einen gemeinschaftlichen Briefkasten gegeben. Deswegen sei in der Vergangenheit öfters an ihn gerichtete Post verlorengegangen. Er habe daher mittlerweile einen separaten Briefkasten eingerichtet. Jedoch könne es vorkommen, dass der Zusteller Briefe für ihn noch in den Gemeinschaftsbriefkasten einwerfe, so dass er diese dann nicht erhalte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.7.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Beklagte gehe davon aus, dass der Kläger das Einladungsschreiben erhalten habe, da er auch andere Schreiben der Beklagten bisher problemlos erhalten habe und auch hinsichtlich des Schreibens vom 23.5.2005 kein Postrücklauf erfolgt sei.
Mit seiner am 17.8.2005 beim Sozialgericht Freiburg erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 16.6.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.7.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die mit der Klage angefochtenen Bescheide für rechtsfehlerfrei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und der Bundesagentur für Arbeit, die das Gericht zum Verfahren beigezogen hat, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte über die vorliegende Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG), da die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis damit erklärt haben (Schriftsatz des Klägers vom 3.2.2006, Bl. 9 der Gerichtsakte; Schriftsatz des Betreuers des Klägers vom 12.7.2006, Bl. 13 der Gerichtsakte; Schriftsatz der Beklagten vom 7.8.2006, Bl. 16 der Gerichtsakte).
Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben und statthaft als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG.
Die Klage ist auch begründet. Der Sanktionsbescheid der Beklagten vom 16.6.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.7.2005 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten.
Kommt ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich dort zu melden, nicht nach und weist er keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nach, wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 10 vom Hundert der für den Betroffenen maßgeblichen Regelleistung abgesenkt, § 31 Abs. 2 SGB II. Die Absenkung tritt mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsakts, der die Absenkung feststellt, folgt, § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II. Die Absenkung dauert drei Monate, § 31 Abs. 6 Satz 2 SGB II.
Die Beklagte hatte mit der angefochtenen Entscheidung beabsichtigt, das dem Kläger zustehende Arbeitslosengeld II für die Monate Juli, August und September 2005 um jeweils 34,50 EUR abzusenken, da er der Meldeaufforderung vom 23.5.2005 nicht nachgekommen war und nach Auffassung der Beklagten keinen wichtigen Grund dafür darlegen konnte, insbesondere nicht, dass er die Einladung nicht erhalten habe.
Der von der Beklagten zu diesem Zweck getroffenen Entscheidung fehlt es jedoch an einer hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X. Sie ist daher rechtswidrig.
Der Verfügungssatz des Bescheids vom 16.6.2005 lässt nicht erkennen, um welchen Betrag genau die Leistungen abgesenkt werden bzw. welcher Betrag dem Kläger nach der Absenkung noch zusteht. Angegeben sind nur die theoretisch möglichen Maximalbeträge. Der Inhalt des Verfügungssatzes ist auch nicht aus sich selbst heraus, d. h. anhand der darin angegebenen Informationen, bestimmbar, denn er enthält Eventualitäten "höchstens jedoch in Höhe des zustehenden Auszahlungsbetrages", ohne dass der zustehende Auszahlungsbetrag der Höhe nach benannt wären. Der Kläger konnte also weder aus dem Verfügungssatz unmittelbar erkennen, um welchen Betrag seine Leistungen abgesenkt wurden, noch konnte er dies aus den sonstigen darin enthaltenen Informationen ableiten oder errechnen. Der genaue Inhalt der von der Beklagten beabsichtigten Regelung erschließt sich also nicht aus dem Bescheid selbst. Dies ist aber im Rahmen einer Sanktion nach § 31 SGB II aber gerade erforderlich (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.10.2006, Az. L 8 AS 4922/06 ER-B - juris). Dem Betroffen muss ermöglicht werden, sich darauf einzustellen, dass er in naher Zukunft mit niedrigeren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts rechnen muss. Da mit den Leistungen nach dem SGB II der laufende Bedarf für das soziokulturelle Existenzminimum gedeckt werden soll, muss es ihm möglich sein, auf eine Absenkung zu reagieren und im vorhinein zu entscheiden, auf welche Weise er ggf. den fehlenden Betrag decken kann. Dazu muss ihm insbesondere von vornherein klar sein, in welcher Höhe er eine Absenkung hinzunehmen hat (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.6.2007, Az. L 26 B 907/07 AS ER, Beschluss vom 29.6.2007, Az. L 28 B 889/07 AS ER und Beschluss vom 12.7.2007, Az. L 28 B 1087/07 AS ER - alle veröffentlich in juris).
Wegen seiner mangelnden Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit handelt es sich bei dem von der Beklagten verwendeten Verfügungssatz also nicht um eine "Regelung eines Einzelfalles" im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X. Er wäre auch nicht vollziehbar. Vielmehr handelt es sich lediglich um eine Wiederholung des abstrakten Gesetzestextes des § 31 Abs. 2 SGB II, ohne dass dieser auf den konkreten Fall des Klägers gewendet worden wäre. Dies ist auch im Widerspruchsbescheid vom 27.7.2005 nicht nachgeholt worden. Die mit der Klage angefochtenen Bescheide der Beklagten ist daher mangels inhaltlicher Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit rechtswidrig und waren daher aufzuheben.
Die mangelnde Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit der angefochtenen Bescheide kann - anders als eine etwa fehlende Begründung - auch nicht im laufenden Klageverfahren nach § 41 SGB X durch die Beklagten geheilt werden, da es sich nicht um einen Formfehler handelt, sondern um einen inhaltlichen Mangel (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.6.2007, Az. L 26 B 907/07 AS ER und Beschluss vom 29.6.2007, Az. L 28 B 889/07 AS ER - beide veröffentlicht in juris).
Darauf, ob der Kläger die Meldeaufforderung vom 23.5.2005 überhaupt erhalten hat oder - wie er vorträgt - nicht, kommt es daher nicht an. Weitere Ausführungen zu dieser Frage erübrigen sich ebenso wie Ausführungen zu den weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2, Abs. 6 SGB II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Die Berufung war nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und bisher obergerichtlich nicht geklärt ist. Dem Gericht bekannt sind lediglich die oben zitierten Beschlüsse des LSG Baden-Württemberg und des LSG Berlin-Brandenburg, die allerdings sämtlich in Eilverfahren nach § 86b Abs. 1 SGG ergangen sind. Obergerichtliche Hauptsacheentscheidungen zu dieser Thematik sind dem erkennenden Gericht nicht bekannt. Daher war den Beteiligten die Möglichkeit zu eröffnen, eine obergerichtliche Klärung herbeizuführen.
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