Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Nürnberg (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 20 AS 805/07 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Beschluss
I. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin die Übernahme der Mietkaution für die Wohnung in der Dr.-x-Straße, EG links, Fürth zuzusichern.
II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
III. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten sind der Antragstellerin zu 1/2 zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung die Übernahme der Mietkaution für eine neue Wohnung.
Die Antragstellerin bildet mit Herrn A. Ö., geb. 1.2.1968, sowie den minderjährigen Kindern K. A., geb. 10.10.1997, O. A., geb. 30.1.2000, F. Ö., geb. 12.8.1997, S. Ö., geb. 7.5.1993 und Y. Ö., geb. 31.7.2001 eine Bedarfsgemeinschaft. Die Bedarfsgemeinschaft steht bislang bei der ARGE Fürth-Land im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie bewohnt eine 94qm-große 4- Zimmer-Wohnung in der H. Straße in C. Die Grundmiete beträgt 470.- Euro zzgl. 119,15 Euro an Nebenkosten und 130,85 Euro an Heizungskosten, von denen 109,04 Euro anerkannt werden.
Am 11.7.2007 stellte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin Antrag auf Übernahme der Mietkaution für eine Wohnung in der Dr.-x-Str. in Fürth. Sie trug vor, die bisherige Wohnung in C. sei für 7 Personen zu klein geworden. Der älteste Sohn brauche mittlerweile ein Zimmer für sich allein. Die neue Wohnung habe 5 Zimmer und sei 107,39 qm groß. Für die neue Wohnung hatte das Sozialamt der Stadt Fürth der Antragstellerin am 29.6.2007 einen Wohnberechtigungsschein gem. § 5 Wohnungsbindungsgesetz ausgestellt.
Mit Bescheid vom 13.8.2007 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerin ab. Gegen den Bescheid hat die Antragstellerin bislang keinen Widerspruch erhoben.
Bereits am 6.8.2007 hat die Antragstellerin bei Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie weist darauf hin, dass sie die Wohnung in Fürth bereits zum 1.9.2007 anmieten bzw. zum 15.8.2007 einrichten könnte. Die Kaution für die neue Wohnung betrage laut telefonischer Rücksprache mit der Vermieterin 1.600.- Euro. Sie legt einen unterschriftsreifen Mietvertrag mit Mietbeginn 1.9.2007 vor. Danach beträgt die monatliche Nettokaltmiete 563,80 Euro zzgl. 65,51 Euro Betriebskostenvorauszahlung und 149,27 Euro Heizkostenvorauszahlung. Nach § 9 des Mietvertrags ist eine Mietsicherheit in Höhe der ca. dreifachen Monatsmiete zu leisten; ein bestimmter Betrag wurde bislang in das Vertragsformular nicht eingesetzt. Des weiteren hat die Antragstellerin einen Bescheid der ARGE Fürth-Land vom 9.8.2007 übersandt, in dem diese eine Übernahme der Mietkaution für die neue Wohnung ablehnt, zugleich aber die Notwendigkeit des Umzugs bestätigt, da die derzeitige Wohnung der Antragstellerin mit einer Wohnfläche von unter 100 qm für die siebenköpfige Bedarfsgemeinschaft als zu klein angesehen werde. Zudem habe die Antragstellerin in Fürth eine selbständige Tätigkeit aufgenommen.
Die Antragstellerin beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, den beantragten Umzug umgehend zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie trägt vor, dass weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vorlägen. Es bestünde keine Eilbedürftigkeit, weil die bisherige Unterkunft von der Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerin weiterhin bewohnt werden könne. Die Antragstellerin habe auch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es bestünde aus Sicht der Antragsgegnerin keine konkrete Umzugsnotwendigkeit in die Wohnung in Fürth. Die Antragstellerin stünde seit 1.1.2005 im ALG II-Bezug und sei in diesem Zeitraum bereits dreimal umgezogen. Der Lebenspartner der Antragstellerin sei geringfügig beschäftigt. Seit 1.4.2007 betreibe die Antragstellerin in der S. Str. in Fürth ein Geschäft zum Verkauf von Obst, Gemüse und Getränken. Deshalb sei aber kein Umzug notwendig, da es der Antragstellerin zumutbar sei, die Entfernung von ca. 15 Kilometer täglich von dem bisherigen Wohnort C. aus zurückzulegen. Auch sei die neue Wohnung nur geringfügig größer als die alte und für sieben Personen immer noch zu klein. Schon beim Bezug der neuen Wohnung bestünde die neuerliche Notwendigkeit, in eine noch größere Wohnung umzuziehen. Zudem sei die ARGE Landkreis Fürth als aktueller Leistungsträger vorrangig verpflichtet, Wohnungsprobleme vor Ort innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs zu lösen. Es sei davon auszugehen, dass im Landkreis Fürth ausreichender Wohnraum in angemessener Zeit gefunden und bezogen werden könne. Im ländlichen Raum seien die Wohnungsgrößen im Durchschnitt auch größer als im städtischen Bereich. Die Übernahme der Mietkaution sei berechtigterweise abgelehnt worden, da das öffentliche Interesse daran, Steuergelder zu sparen, das private Interesse der Antragstellerin, in unmittelbarer Nähe ihrer Arbeitsstelle in einer minimal größeren Wohnung zu wohnen, eindeutig überwiege. Zudem müssten im Falle eines Umzugs mehrere Kinder die Schule wechseln. Der Mietvertrag für die neue Wohnung entspräche allerdings den Angemessenheitskriterien der ARGE Stadt Fürth hinsichtlich des monatlichen Mietpreises.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. Er kann insbesondere auch schon vor Klageerhebung gestellt werden (§ 86b (3) SGG (Sozialgerichtsgesetz)).
2. Er ist begründet, soweit er als Antragsziel die Zusicherung der Übernahme der Mietkaution für die Wohnung in der Dr.-x-Str. in Fürth durch die Antragsgegnerin beinhaltet.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b (2) S. 2 SGG), sog. Regelungsanordnung. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller sowohl den geltend gemachten Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch die für den Erlass einer solchen Anordnung im Gesetz vorgeschriebenen Gründe (Anordnungsgrund) ausreichend glaubhaft gemacht hat (Rohwer-Kahlmann, Sozialgerichtsbarkeit, § 86b Rn. 26). Es müssen überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen und Gründe vorliegen, weswegen dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner, der öffentlichen und den Interessen Dritter nicht zugemutet werden kann, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind dabei funktionell miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig. D.h. je schwerwiegender die Nachteile sind, die dem Antragsteller drohen, wenn eine einstweilige Regelung durch das Gericht nicht getroffen wird, desto geringere Anforderungen sind an die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu stellen (Rohwer- Kahlmann, Sozialgerichtsbarkeit, § 86b Rn. 19, 21).
a. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch auf Zusicherung der Antragsgegnerin, die Kaution für die Wohnung in der Dr.-x-Str. in Fürth zu übernehmen, glaubhaft gemacht.
Nach § 22 (3) S. 1 Hs. 2 SGB II kann eine Mietkaution bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Gem. § 22 (3) S. 2 SGB II soll die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Die Mietkaution soll als Darlehen erbracht werden (S. 3).
Ob ein Umzug erforderlich (bzw. notwendig) ist, bestimmt sich danach, ob für ihn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegt, von dem sich auch ein Nichthilfeempfänger leiten lassen würde (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn. 76 u. 98).
Dass die bisherige Wohnung der Antragstellerin für eine siebenköpfige Bedarfsgemeinschaft zu klein und daher ein Umzug notwendig ist, wird von der Antragsgegnerin nicht bestritten und vom bisher für die Antragstellerin zuständigen Leistungsträger sogar ausdrücklich festgestellt. Die neue Wohnung ist mit ca. 108 qm und 5 Räumen auch um knapp 15 qm bzw. einen Raum größer als die bisherige Wohnung, so dass man nicht mehr von einem nur marginalen Wohnraumgewinn sprechen kann. Zwar bleibt die Wohnungsgröße noch deutlich unter der für die Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerin zulässigen Wohnungsgröße von 135 qm (vgl. Nr. 6.7.1 der Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren vom 10. Dezember 2004 Nr. IIC4-4702-003/04). Allerdings ist zu beachten, dass es dem Hilfebedürftigen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. die Urteile v. 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R u. B 7b AS 18/06 R) im Rahmen der Wohnungswahl offen steht, eine Wohnung mit geringerer Wohnfläche als möglich und dafür mit höherem Quadratmetermietpreis, d.h. höherem Standard) anzumieten; entscheidend ist die Einhaltung des Produkts aus angemessener Wohnfläche und Standard (sog. Produkttheorie). Da die Antragstellerin zum 1.4.2007 eine selbständige Tätigkeit in unmittelbarer Nähe der neuen Wohnung - die Entfernung beträgt ca. 250 m - aufgenommen hat, ist es - gerade im Hinblick auf die 5 minderjährigen Kinder in ihrem Haushalt - nachvollziehbar, dass sie zugunsten der Arbeitsplatznähe auf eine u.U. größere Wohnung mit niedrigerem Quadratmetermietpreis, dafür aber mit größerer Entfernung zum Arbeitsplatz verzichtet. Das Vorbringen der Antragsgegnerin, die Hilfesuchende habe vorrangig nach Wohnungen im Zuständigkeitsbereich des bisherigen Leistungsträgers zu suchen, findet im Gesetz keine Stütze. Vielmehr zeigt die Regelung in § 22 (2) S. 2 Hs. 2 SGB II, wonach der bisherige Leistungsträger den für den Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit der neuen Unterkunft zu beteiligen hat, dass der Hilfebedürftige bei der Wohnraumsuche nicht an die Zuständigkeitsgrenzen des bisher für ihn verantwortlichen Leistungsträgers gebunden ist. I.Ü. kann, falls die bisherige Unterkunft in Nachbarschaft zum Zuständigkeitsbereich eines anderen Leistungsträgers liegt, der Umzug innerhalb des Bereichs des bisherigen Leistungsträgers sogar weiter und damit kostenaufwändiger sein als der Umzug in den benachbarten Zuständigkeitsbereich.
Die Antragstellerin hat somit glaubhaft gemacht, dass ein Umzug in die neue Wohnung in Fürth notwendig ist.
Zudem kann die Antragstellerin ohne die Zusicherung der Kautionsübernahme nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums eine Unterkunft finden (siehe dazu Kalhorn in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 Rn. 62). Die für die neue Wohnung in Fürth geforderte Mietkaution liegt im Rahmen des allgemein Üblichen. Es ist nicht ersichtlich, dass bei einem Umzug in eine andere, eventuell größere Wohnung eine geringere oder sogar keine Mietkaution anfallen würde. Aus diesen Grund geht auch das Argument der Antragsgegnerin, die Übernahme der Mietkaution sei aufgrund der Notwendigkeit eines sparsamen Umgangs mit Steuergeldern abzulehnen, fehl. Zudem ist die Mietkaution in der Regel nur als Darlehen und nicht als Zuschuss zu gewähren. Der Kautionsbetrag i.H.v. 1.600.- Euro ist auch nicht derart gering, dass ihn die Antragstellerin problemlos selbst aus der Regelleistung aufbringen könnte.
Gründe dafür, dass der Antragstellerin trotz Vorliegen der Voraussetzungen die Zusicherung ausnahmsweise versagt werden könnte, sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Zwar ist die Antragstellerin bereits mehrfach umgezogen. Es ist aber nicht erkennbar und auch von der Antragsgegnerin nicht dargelegt, dass dies willkürlich und ohne verständliches Motiv geschehen wäre. Der letzte Umzug erfolgte nach Aktenlage, um die Lebensgemeinschaft zwischen der Antragstellerin und ihrem Partner herzustellen, also aus einem nachvollziehbaren Beweggrund. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin (wiederholt) angemietete Wohnungen in einem Zustand hinterlassen hätte, der zur Einbehaltung einer nach dem SGB II darlehensweise gewährten Mietkaution geführt hätte. Ein solcher Sachverhalt wäre allerdings dem Grunde nach geeignet, die Zusicherung der Übernahme der Mietkaution trotz Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ausnahmsweise zu verweigern.
b. Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin hat einen Wohnungsberechtigungsschein der Stadt Fürth. Zwar ist dieser bis 29.6.2008 gültig. Da er sich allerdings nur auf die Wohnung Dr. x-Str. in Fürth bezieht und diese Wohnung zum 1.9.2007 vermietet werden soll, ist der Antragstellerin ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten. Ohne die Zusicherung der Kautionsübernahme durch die Antragsgegnerin bestünde offensichtlich die Gefahr, dass die Wohnung anderweitig vergeben wird.
3. Soweit die Antragstellerin mit ihrem Antrag unmittelbar die Übernahme der Mietkaution i.H.v. 1.600.- Euro durch die Antragsgegnerin begehrt, ist der Antrag unbegründet. Nach dem Antragsvortrag der Antragstellerin ist das Mietverhältnis für die Wohnung Dr.-x-Str. in Fürth noch nicht vertraglich begründet worden. In jedem Fall beginnt es aber nicht vor dem 1.9.2007, so dass ein vertraglicher Anspruch der Antragstellerin auf die Mietkaution und damit ein Anspruch auf Übernahme durch die Antragsgegnerin derzeit nicht besteht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
I. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin die Übernahme der Mietkaution für die Wohnung in der Dr.-x-Straße, EG links, Fürth zuzusichern.
II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
III. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten sind der Antragstellerin zu 1/2 zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung die Übernahme der Mietkaution für eine neue Wohnung.
Die Antragstellerin bildet mit Herrn A. Ö., geb. 1.2.1968, sowie den minderjährigen Kindern K. A., geb. 10.10.1997, O. A., geb. 30.1.2000, F. Ö., geb. 12.8.1997, S. Ö., geb. 7.5.1993 und Y. Ö., geb. 31.7.2001 eine Bedarfsgemeinschaft. Die Bedarfsgemeinschaft steht bislang bei der ARGE Fürth-Land im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie bewohnt eine 94qm-große 4- Zimmer-Wohnung in der H. Straße in C. Die Grundmiete beträgt 470.- Euro zzgl. 119,15 Euro an Nebenkosten und 130,85 Euro an Heizungskosten, von denen 109,04 Euro anerkannt werden.
Am 11.7.2007 stellte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin Antrag auf Übernahme der Mietkaution für eine Wohnung in der Dr.-x-Str. in Fürth. Sie trug vor, die bisherige Wohnung in C. sei für 7 Personen zu klein geworden. Der älteste Sohn brauche mittlerweile ein Zimmer für sich allein. Die neue Wohnung habe 5 Zimmer und sei 107,39 qm groß. Für die neue Wohnung hatte das Sozialamt der Stadt Fürth der Antragstellerin am 29.6.2007 einen Wohnberechtigungsschein gem. § 5 Wohnungsbindungsgesetz ausgestellt.
Mit Bescheid vom 13.8.2007 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerin ab. Gegen den Bescheid hat die Antragstellerin bislang keinen Widerspruch erhoben.
Bereits am 6.8.2007 hat die Antragstellerin bei Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie weist darauf hin, dass sie die Wohnung in Fürth bereits zum 1.9.2007 anmieten bzw. zum 15.8.2007 einrichten könnte. Die Kaution für die neue Wohnung betrage laut telefonischer Rücksprache mit der Vermieterin 1.600.- Euro. Sie legt einen unterschriftsreifen Mietvertrag mit Mietbeginn 1.9.2007 vor. Danach beträgt die monatliche Nettokaltmiete 563,80 Euro zzgl. 65,51 Euro Betriebskostenvorauszahlung und 149,27 Euro Heizkostenvorauszahlung. Nach § 9 des Mietvertrags ist eine Mietsicherheit in Höhe der ca. dreifachen Monatsmiete zu leisten; ein bestimmter Betrag wurde bislang in das Vertragsformular nicht eingesetzt. Des weiteren hat die Antragstellerin einen Bescheid der ARGE Fürth-Land vom 9.8.2007 übersandt, in dem diese eine Übernahme der Mietkaution für die neue Wohnung ablehnt, zugleich aber die Notwendigkeit des Umzugs bestätigt, da die derzeitige Wohnung der Antragstellerin mit einer Wohnfläche von unter 100 qm für die siebenköpfige Bedarfsgemeinschaft als zu klein angesehen werde. Zudem habe die Antragstellerin in Fürth eine selbständige Tätigkeit aufgenommen.
Die Antragstellerin beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, den beantragten Umzug umgehend zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie trägt vor, dass weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vorlägen. Es bestünde keine Eilbedürftigkeit, weil die bisherige Unterkunft von der Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerin weiterhin bewohnt werden könne. Die Antragstellerin habe auch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es bestünde aus Sicht der Antragsgegnerin keine konkrete Umzugsnotwendigkeit in die Wohnung in Fürth. Die Antragstellerin stünde seit 1.1.2005 im ALG II-Bezug und sei in diesem Zeitraum bereits dreimal umgezogen. Der Lebenspartner der Antragstellerin sei geringfügig beschäftigt. Seit 1.4.2007 betreibe die Antragstellerin in der S. Str. in Fürth ein Geschäft zum Verkauf von Obst, Gemüse und Getränken. Deshalb sei aber kein Umzug notwendig, da es der Antragstellerin zumutbar sei, die Entfernung von ca. 15 Kilometer täglich von dem bisherigen Wohnort C. aus zurückzulegen. Auch sei die neue Wohnung nur geringfügig größer als die alte und für sieben Personen immer noch zu klein. Schon beim Bezug der neuen Wohnung bestünde die neuerliche Notwendigkeit, in eine noch größere Wohnung umzuziehen. Zudem sei die ARGE Landkreis Fürth als aktueller Leistungsträger vorrangig verpflichtet, Wohnungsprobleme vor Ort innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs zu lösen. Es sei davon auszugehen, dass im Landkreis Fürth ausreichender Wohnraum in angemessener Zeit gefunden und bezogen werden könne. Im ländlichen Raum seien die Wohnungsgrößen im Durchschnitt auch größer als im städtischen Bereich. Die Übernahme der Mietkaution sei berechtigterweise abgelehnt worden, da das öffentliche Interesse daran, Steuergelder zu sparen, das private Interesse der Antragstellerin, in unmittelbarer Nähe ihrer Arbeitsstelle in einer minimal größeren Wohnung zu wohnen, eindeutig überwiege. Zudem müssten im Falle eines Umzugs mehrere Kinder die Schule wechseln. Der Mietvertrag für die neue Wohnung entspräche allerdings den Angemessenheitskriterien der ARGE Stadt Fürth hinsichtlich des monatlichen Mietpreises.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. Er kann insbesondere auch schon vor Klageerhebung gestellt werden (§ 86b (3) SGG (Sozialgerichtsgesetz)).
2. Er ist begründet, soweit er als Antragsziel die Zusicherung der Übernahme der Mietkaution für die Wohnung in der Dr.-x-Str. in Fürth durch die Antragsgegnerin beinhaltet.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b (2) S. 2 SGG), sog. Regelungsanordnung. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller sowohl den geltend gemachten Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch die für den Erlass einer solchen Anordnung im Gesetz vorgeschriebenen Gründe (Anordnungsgrund) ausreichend glaubhaft gemacht hat (Rohwer-Kahlmann, Sozialgerichtsbarkeit, § 86b Rn. 26). Es müssen überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen und Gründe vorliegen, weswegen dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner, der öffentlichen und den Interessen Dritter nicht zugemutet werden kann, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind dabei funktionell miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig. D.h. je schwerwiegender die Nachteile sind, die dem Antragsteller drohen, wenn eine einstweilige Regelung durch das Gericht nicht getroffen wird, desto geringere Anforderungen sind an die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu stellen (Rohwer- Kahlmann, Sozialgerichtsbarkeit, § 86b Rn. 19, 21).
a. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch auf Zusicherung der Antragsgegnerin, die Kaution für die Wohnung in der Dr.-x-Str. in Fürth zu übernehmen, glaubhaft gemacht.
Nach § 22 (3) S. 1 Hs. 2 SGB II kann eine Mietkaution bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Gem. § 22 (3) S. 2 SGB II soll die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Die Mietkaution soll als Darlehen erbracht werden (S. 3).
Ob ein Umzug erforderlich (bzw. notwendig) ist, bestimmt sich danach, ob für ihn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegt, von dem sich auch ein Nichthilfeempfänger leiten lassen würde (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn. 76 u. 98).
Dass die bisherige Wohnung der Antragstellerin für eine siebenköpfige Bedarfsgemeinschaft zu klein und daher ein Umzug notwendig ist, wird von der Antragsgegnerin nicht bestritten und vom bisher für die Antragstellerin zuständigen Leistungsträger sogar ausdrücklich festgestellt. Die neue Wohnung ist mit ca. 108 qm und 5 Räumen auch um knapp 15 qm bzw. einen Raum größer als die bisherige Wohnung, so dass man nicht mehr von einem nur marginalen Wohnraumgewinn sprechen kann. Zwar bleibt die Wohnungsgröße noch deutlich unter der für die Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerin zulässigen Wohnungsgröße von 135 qm (vgl. Nr. 6.7.1 der Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren vom 10. Dezember 2004 Nr. IIC4-4702-003/04). Allerdings ist zu beachten, dass es dem Hilfebedürftigen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. die Urteile v. 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R u. B 7b AS 18/06 R) im Rahmen der Wohnungswahl offen steht, eine Wohnung mit geringerer Wohnfläche als möglich und dafür mit höherem Quadratmetermietpreis, d.h. höherem Standard) anzumieten; entscheidend ist die Einhaltung des Produkts aus angemessener Wohnfläche und Standard (sog. Produkttheorie). Da die Antragstellerin zum 1.4.2007 eine selbständige Tätigkeit in unmittelbarer Nähe der neuen Wohnung - die Entfernung beträgt ca. 250 m - aufgenommen hat, ist es - gerade im Hinblick auf die 5 minderjährigen Kinder in ihrem Haushalt - nachvollziehbar, dass sie zugunsten der Arbeitsplatznähe auf eine u.U. größere Wohnung mit niedrigerem Quadratmetermietpreis, dafür aber mit größerer Entfernung zum Arbeitsplatz verzichtet. Das Vorbringen der Antragsgegnerin, die Hilfesuchende habe vorrangig nach Wohnungen im Zuständigkeitsbereich des bisherigen Leistungsträgers zu suchen, findet im Gesetz keine Stütze. Vielmehr zeigt die Regelung in § 22 (2) S. 2 Hs. 2 SGB II, wonach der bisherige Leistungsträger den für den Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit der neuen Unterkunft zu beteiligen hat, dass der Hilfebedürftige bei der Wohnraumsuche nicht an die Zuständigkeitsgrenzen des bisher für ihn verantwortlichen Leistungsträgers gebunden ist. I.Ü. kann, falls die bisherige Unterkunft in Nachbarschaft zum Zuständigkeitsbereich eines anderen Leistungsträgers liegt, der Umzug innerhalb des Bereichs des bisherigen Leistungsträgers sogar weiter und damit kostenaufwändiger sein als der Umzug in den benachbarten Zuständigkeitsbereich.
Die Antragstellerin hat somit glaubhaft gemacht, dass ein Umzug in die neue Wohnung in Fürth notwendig ist.
Zudem kann die Antragstellerin ohne die Zusicherung der Kautionsübernahme nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums eine Unterkunft finden (siehe dazu Kalhorn in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 Rn. 62). Die für die neue Wohnung in Fürth geforderte Mietkaution liegt im Rahmen des allgemein Üblichen. Es ist nicht ersichtlich, dass bei einem Umzug in eine andere, eventuell größere Wohnung eine geringere oder sogar keine Mietkaution anfallen würde. Aus diesen Grund geht auch das Argument der Antragsgegnerin, die Übernahme der Mietkaution sei aufgrund der Notwendigkeit eines sparsamen Umgangs mit Steuergeldern abzulehnen, fehl. Zudem ist die Mietkaution in der Regel nur als Darlehen und nicht als Zuschuss zu gewähren. Der Kautionsbetrag i.H.v. 1.600.- Euro ist auch nicht derart gering, dass ihn die Antragstellerin problemlos selbst aus der Regelleistung aufbringen könnte.
Gründe dafür, dass der Antragstellerin trotz Vorliegen der Voraussetzungen die Zusicherung ausnahmsweise versagt werden könnte, sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Zwar ist die Antragstellerin bereits mehrfach umgezogen. Es ist aber nicht erkennbar und auch von der Antragsgegnerin nicht dargelegt, dass dies willkürlich und ohne verständliches Motiv geschehen wäre. Der letzte Umzug erfolgte nach Aktenlage, um die Lebensgemeinschaft zwischen der Antragstellerin und ihrem Partner herzustellen, also aus einem nachvollziehbaren Beweggrund. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin (wiederholt) angemietete Wohnungen in einem Zustand hinterlassen hätte, der zur Einbehaltung einer nach dem SGB II darlehensweise gewährten Mietkaution geführt hätte. Ein solcher Sachverhalt wäre allerdings dem Grunde nach geeignet, die Zusicherung der Übernahme der Mietkaution trotz Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ausnahmsweise zu verweigern.
b. Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin hat einen Wohnungsberechtigungsschein der Stadt Fürth. Zwar ist dieser bis 29.6.2008 gültig. Da er sich allerdings nur auf die Wohnung Dr. x-Str. in Fürth bezieht und diese Wohnung zum 1.9.2007 vermietet werden soll, ist der Antragstellerin ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten. Ohne die Zusicherung der Kautionsübernahme durch die Antragsgegnerin bestünde offensichtlich die Gefahr, dass die Wohnung anderweitig vergeben wird.
3. Soweit die Antragstellerin mit ihrem Antrag unmittelbar die Übernahme der Mietkaution i.H.v. 1.600.- Euro durch die Antragsgegnerin begehrt, ist der Antrag unbegründet. Nach dem Antragsvortrag der Antragstellerin ist das Mietverhältnis für die Wohnung Dr.-x-Str. in Fürth noch nicht vertraglich begründet worden. In jedem Fall beginnt es aber nicht vor dem 1.9.2007, so dass ein vertraglicher Anspruch der Antragstellerin auf die Mietkaution und damit ein Anspruch auf Übernahme durch die Antragsgegnerin derzeit nicht besteht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved