Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 65 AS 20913/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 B 1757/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. September 2007 (S 65 AS 20913/07 ER) wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin, diese zu verpflichten, die dort über sie geführte Leistungsakte an ihren Prozessbevollmächtigten herauszugeben.
Der Antragsgegner hatte einen Antrag der Antragstellerin vom 27. November 2006 auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes wegen Einkommens und Vermögens abgelehnt (Bescheid vom 1. Februar 2007).
Am 26. Juli 2007 wandte sich der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin an die Antragsgegnerin und bat um Akteneinsicht unter Übersendung der Akte an sein Büro und beantragte vorsorglich die Überprüfung der Versagung von Leistungen.
Mit Schreiben vom 15. August 2007, beim Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin eingegangen am 20. August 2007, teilte der Antragsgegner mit, Akteneinsicht werde gewährt; Postversand sei nicht möglich.
Mit der am 04. September 2007 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Antragsschrift hat die Antragstellerin beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Leistungsakte der Antragstellerin an den Rechtsanwalt V G zum Verbleib für eine Woche in dessen Büro zum Zweck der Akteneinsicht herauszugeben.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, nach § 25 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Berliner Informationsfreiheitsgesetz IFG erfolge die Akteneinsicht bei der Behörde, die die Akten führe. Eine Aktenversendung an den Betroffenen sei somit nicht vorgesehen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 14. September 2007 den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es läge weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch vor. Weder sei der Antragsgegner verpflichtet, die Akten zu übersenden, noch sei das Vorliegen einer Notlage dergestalt, dass eine gerichtliche Eilentscheidung notwendig sei, ersichtlich.
Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 19. September 2007 zugestellten Beschluss richtet sich dessen Beschwerde vom 25. September 2007, mit der er die Auffassung vertritt, nach § 25 Abs. 4 Satz 2 letzter Halbsatz SGB X könne die Behörde, die die Akten führt, weitere Ausnahmen gestatten. Eine Ermessensentscheidung sei jedoch nicht ausgeübt worden. Er halte an dem erstinstanzlichen Begehren fest.
Daraus ergibt sich sinngemäß der Antrag der Antragstellerin,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. September 2007 zu ändern und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Leistungsakte der Antragstellerin an deren Verfahrensbevollmächtigten zum Verbleib für eine Woche in dessen Büro zwecks Akteneinsicht herauszugeben.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Nichtabhilfeentscheidung vom 27. September 2007).
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung.
Eine Anordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz SGG kann nicht ergehen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies ist der Fall, wenn das Bestehen eines Anordnungsanspruches und eines Anordnungsgrundes nach summarischer Prüfung wahrscheinlich ist (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Auflage, § 86 b Rdnr. 27).
Der Anordnungsgrund besteht in der Eilbedürftigkeit der einstweiligen Anordnung; der Anordnungsanspruch ist der materiell-rechtliche Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, wobei das Obsiegen nach den glaubhaft gemachten Tatsachen überwiegend wahrscheinlich sein muss.
Im vorliegenden Fall ist weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch gegeben. Bei der summarischen Beurteilung im Rahmen des Anordnungsverfahrens ergeben sich Zweifel daran, ob die Antragstellerin einen zwingenden Anspruch darauf hat, dass ihr Prozessbevollmächtigter die Akten von dem Antragsgegner in seine Kanzlei übersandt bekommt. Für zutreffend hält der Senat den Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, wonach der Antragsteller eine Ermessensentscheidung darüber zu treffen hat, ob er die Aktenübersendung in die Kanzlei des Prozessbevollmächtigten nach § 25 Abs. 4 Satz 2 letzter Halbsatz SGB X gewähren soll oder nicht. Der Verweis auf das IFG Berlin vermag diesen Anspruch auf Ausübung des Ermessens schon deshalb nicht zu beseitigen, da der Berliner Landesgesetzgeber, selbst wenn die Auffassung des Antragsgegners zu diesem Gesetz zutreffend wäre, nicht einen bundesgesetzlich geregelten Anspruch, wie den aus SGB X, abschaffen kann. Somit hat die Antragstellerin zwar einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens und kann diesen ggfls. wohl auch gerichtlich durchsetzen, wenn der Antragsgegner sich nach wie vor weigert, dem Rechnung zu tragen. Sie hat jedoch nicht unbedingt einen Anspruch, dass die Akte an ihren Prozessbevollmächtigten (per Post) übersandt wird, wie dies ausdrücklich beantragt wurde. Wie das ordnungsgemäße Ermessen des Antragsgegners letztlich ausgeübt wird, kann derzeit nicht beurteilt werden, so dass der Ausgang des Verfahrens insoweit völlig offen bleibt.
Auch ein Anordnungsgrund ist nicht ersichtlich. Es fehlen insoweit Darlegungen (und erst recht eine Glaubhaftmachung insoweit), welche wesentlichen Nachteile der Antragstellerin - nicht deren Bevollmächtigten – entstünden, wenn die Akten nicht sofort übersandt werden. Der Ablehnungsbescheid über Hilfe zum Lebensunterhalt datiert vom 01. Februar 2007, der Überprüfungsantrag vom 26. Juli 2007. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat dann nicht etwa, um eine Notlage bei der Antragstellerin zu vermeiden, die eine Stunde, die er nach seinen Angaben benötigt, um die Akten bei der Antragsgegnerin abzuholen, aufgewandt, sondern einstweiligen Rechtsschutz beantragt und nunmehr das Beschwerdeverfahren durchgeführt, so dass sich die Angelegenheit erneut Monate hinzieht, was dem Prozessbevollmächtigten bekannt sein musste. Für die Beurteilung der wesentlichen Nachteile der Antragstellerin ist nicht auf die Bürosituation ihres Bevollmächtigten abzustellen, sondern darauf, ob ihr in dem Abwarten auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren wesentliche Nachteile drohen. Dazu ist nichts vorgetragen; es ist nicht ersichtlich, in welcher Lebenssituation sich die Antragstellerin befindet, wovon sie lebt und wie ihr Lebensunterhalt gesichert ist oder nicht.
Der Antrag war daher insgesamt mit der Kostenfolge aus § 193 Abs. 1 SGG zurückzuweisen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin, diese zu verpflichten, die dort über sie geführte Leistungsakte an ihren Prozessbevollmächtigten herauszugeben.
Der Antragsgegner hatte einen Antrag der Antragstellerin vom 27. November 2006 auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes wegen Einkommens und Vermögens abgelehnt (Bescheid vom 1. Februar 2007).
Am 26. Juli 2007 wandte sich der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin an die Antragsgegnerin und bat um Akteneinsicht unter Übersendung der Akte an sein Büro und beantragte vorsorglich die Überprüfung der Versagung von Leistungen.
Mit Schreiben vom 15. August 2007, beim Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin eingegangen am 20. August 2007, teilte der Antragsgegner mit, Akteneinsicht werde gewährt; Postversand sei nicht möglich.
Mit der am 04. September 2007 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Antragsschrift hat die Antragstellerin beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Leistungsakte der Antragstellerin an den Rechtsanwalt V G zum Verbleib für eine Woche in dessen Büro zum Zweck der Akteneinsicht herauszugeben.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, nach § 25 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Berliner Informationsfreiheitsgesetz IFG erfolge die Akteneinsicht bei der Behörde, die die Akten führe. Eine Aktenversendung an den Betroffenen sei somit nicht vorgesehen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 14. September 2007 den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es läge weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch vor. Weder sei der Antragsgegner verpflichtet, die Akten zu übersenden, noch sei das Vorliegen einer Notlage dergestalt, dass eine gerichtliche Eilentscheidung notwendig sei, ersichtlich.
Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 19. September 2007 zugestellten Beschluss richtet sich dessen Beschwerde vom 25. September 2007, mit der er die Auffassung vertritt, nach § 25 Abs. 4 Satz 2 letzter Halbsatz SGB X könne die Behörde, die die Akten führt, weitere Ausnahmen gestatten. Eine Ermessensentscheidung sei jedoch nicht ausgeübt worden. Er halte an dem erstinstanzlichen Begehren fest.
Daraus ergibt sich sinngemäß der Antrag der Antragstellerin,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. September 2007 zu ändern und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Leistungsakte der Antragstellerin an deren Verfahrensbevollmächtigten zum Verbleib für eine Woche in dessen Büro zwecks Akteneinsicht herauszugeben.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Nichtabhilfeentscheidung vom 27. September 2007).
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung.
Eine Anordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz SGG kann nicht ergehen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies ist der Fall, wenn das Bestehen eines Anordnungsanspruches und eines Anordnungsgrundes nach summarischer Prüfung wahrscheinlich ist (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Auflage, § 86 b Rdnr. 27).
Der Anordnungsgrund besteht in der Eilbedürftigkeit der einstweiligen Anordnung; der Anordnungsanspruch ist der materiell-rechtliche Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, wobei das Obsiegen nach den glaubhaft gemachten Tatsachen überwiegend wahrscheinlich sein muss.
Im vorliegenden Fall ist weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch gegeben. Bei der summarischen Beurteilung im Rahmen des Anordnungsverfahrens ergeben sich Zweifel daran, ob die Antragstellerin einen zwingenden Anspruch darauf hat, dass ihr Prozessbevollmächtigter die Akten von dem Antragsgegner in seine Kanzlei übersandt bekommt. Für zutreffend hält der Senat den Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, wonach der Antragsteller eine Ermessensentscheidung darüber zu treffen hat, ob er die Aktenübersendung in die Kanzlei des Prozessbevollmächtigten nach § 25 Abs. 4 Satz 2 letzter Halbsatz SGB X gewähren soll oder nicht. Der Verweis auf das IFG Berlin vermag diesen Anspruch auf Ausübung des Ermessens schon deshalb nicht zu beseitigen, da der Berliner Landesgesetzgeber, selbst wenn die Auffassung des Antragsgegners zu diesem Gesetz zutreffend wäre, nicht einen bundesgesetzlich geregelten Anspruch, wie den aus SGB X, abschaffen kann. Somit hat die Antragstellerin zwar einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens und kann diesen ggfls. wohl auch gerichtlich durchsetzen, wenn der Antragsgegner sich nach wie vor weigert, dem Rechnung zu tragen. Sie hat jedoch nicht unbedingt einen Anspruch, dass die Akte an ihren Prozessbevollmächtigten (per Post) übersandt wird, wie dies ausdrücklich beantragt wurde. Wie das ordnungsgemäße Ermessen des Antragsgegners letztlich ausgeübt wird, kann derzeit nicht beurteilt werden, so dass der Ausgang des Verfahrens insoweit völlig offen bleibt.
Auch ein Anordnungsgrund ist nicht ersichtlich. Es fehlen insoweit Darlegungen (und erst recht eine Glaubhaftmachung insoweit), welche wesentlichen Nachteile der Antragstellerin - nicht deren Bevollmächtigten – entstünden, wenn die Akten nicht sofort übersandt werden. Der Ablehnungsbescheid über Hilfe zum Lebensunterhalt datiert vom 01. Februar 2007, der Überprüfungsantrag vom 26. Juli 2007. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat dann nicht etwa, um eine Notlage bei der Antragstellerin zu vermeiden, die eine Stunde, die er nach seinen Angaben benötigt, um die Akten bei der Antragsgegnerin abzuholen, aufgewandt, sondern einstweiligen Rechtsschutz beantragt und nunmehr das Beschwerdeverfahren durchgeführt, so dass sich die Angelegenheit erneut Monate hinzieht, was dem Prozessbevollmächtigten bekannt sein musste. Für die Beurteilung der wesentlichen Nachteile der Antragstellerin ist nicht auf die Bürosituation ihres Bevollmächtigten abzustellen, sondern darauf, ob ihr in dem Abwarten auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren wesentliche Nachteile drohen. Dazu ist nichts vorgetragen; es ist nicht ersichtlich, in welcher Lebenssituation sich die Antragstellerin befindet, wovon sie lebt und wie ihr Lebensunterhalt gesichert ist oder nicht.
Der Antrag war daher insgesamt mit der Kostenfolge aus § 193 Abs. 1 SGG zurückzuweisen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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