S 10 AS 178/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 10 AS 178/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 59/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob und ggf. in welcher Höhe dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zustehen und insbesondere ob sein Vermögen in Gestalt des Eigenheims der Gewährung von Leistungen entgegensteht.

Der geschiedene Kläger wurde 1950 geboren. Er ist 57 Jahre alt und Eigentümer eines Flachdachbungalows in T ... Das Grundstück hat eine eine Fläche von 921 m², das Haus eine Wohnfläche von 128 m². Der Kläger bewohnte es im hier streitigen Zeitraum, d.h. vom 01.01.2005 an, zunächst allein, seit April 2007 hat er zwei Zimmer untervermietet zu einem Warmmietzins inklusive aller Nebenkosten in Höhe von 200,- EUR im Monat.

Vom 06.07.2002 bis zum 16.09.2004 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Im Anschluss erhielt er Arbeitslosenhilfe in Höhe von 187,32 EUR/Woche.

Am 07.10.2004 beantragte er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24.01.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen ab. Das Hausgrundstück des Klägers stelle Vermögen dar, das einer Leistungsgewährung entgegenstehe. Es sei insbesondere nicht vor einer Verwertung gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II geschützt.

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und stellte beim Sozialgericht Detmold am 24.02.2005 den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Beklagte vorläufig, d.h. bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, zur Leistungserbringung zu verpflichten. In diesem Verfahren mit dem Aktenzeichen S 10 AS 8/05 ER schlossen im Erörterungstermin vom 16.03.2005 die Beteiligten einen Vergleich dahingehend, dass sich die Beklagte nach § 42 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verpflichtet, dem Kläger monatlich 500,- EUR Vorschuss bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch zu zahlen. Diese Leistungen werden seither von der Beklagten fortlaufend erbracht.

Auf Antrag des Klägers vom 27.01.2005 hin gewährte ihm die Deutsche Rentenversicherung Westfalen (ehemals LVA Westfalen) mit Bescheid vom 08.04.2005 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in Höhe von monatlich 427,15 EUR. Die Rentenzahlung begann am 01.02.2005 und wurde Ende Mai 2005 erstmals ausgezahlt. In Erfüllung des Vergleichs vom 16.03.2005 leistete die Beklagte weiterhin und trotz der Rentengewährung monatliche Vorschüsse in Höhe von 500,- EUR. Den Rentennachzahlungsbetrag in Höhe von 1.281,45 EUR vereinnahmte sie jedoch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.05.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung vertiefte sie ihre Argumentation aus dem angefochtenen Bescheid, nämlich dass das (Immobilien-) Vermögen des Klägers einer Leistungsgewährung entgegenstehe.

Mit der hiergegen gerichteten Klage verfolgt der Kläger sein Ziel fort, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu erhalten. Als angemessene Wohnfläche im Sinne des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II sei eine Wohnfläche bis zu 130 m² anzusehen. Sein Haus verfüge über etwas weniger, nämlich 128 m² Wohnfläche. Die Grundstücksfläche von 921 m² stelle ebenfalls keinen unangemessenen Vermögenswert im Sinne dieser Vorschrift dar. Zu berücksichtigen seien insofern die besonderen örtlichen Gegebenheiten. Kleinere Grundstücke seien untypisch für die Wohngegend. Im Übrigen seien allenfalls die überschießenden, d.h. die nicht mehr angemessenen Flächen, zu verwerten. Bei dem strittigen Grundstück seien dies allenfalls 121 m², da die Beklagte in ländlichen Gebieten grundsätzlich als angemessen noch 800 m² ansehe. Die Verwertung von lediglich 121 m² des Grundstücks sei jedoch aufgrund der Form und örtlichen Gegebenheiten nicht möglich. Die von der Beklagten vorgeschlagene teilweise Vermietung komme aufgrund baulicher Gegebenheiten (Flachdachbungalow) nicht in Betracht. Aus demselben Grund sie die Bildung mehrerer Eigentumswohnungen nicht möglich. Zudem fehle es ihm hierfür an den notwendigen finanziellen Mitteln. Im Übrigen würde die Verwertung der Immobilie eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 S.1 Nr. 6 SGB II darstellen. Aufgrund seiner nun bereits Jahre andauernden Arbeitslosigkeit und des Bezugs von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II sei eine erhebliche Rentenlücken eingetreten. Bezüglich der Höhe der ihm zustehenden Leistungen sei ein Zuschlag nach § 24 SGB II zu berücksichtigen. Bis September 2004 habe er nämlich noch Arbeitslosengeld erhalten. Im Übrigen seien Darlehenszinsen in Höhe von 411,- EUR, Grundbesitzabgaben in Höhe von 39,32 EUR, Trinkwasserkosten in Höhe von 9,- EUR, Gebäudeversicherungskosten in Höhe von 13,55 EUR und Heizölkosten in Höhe von monatlich 108,09 EUR zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2005 zu verurteilen, an ihn Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie im Wesentlichen Bezug auf ihre Ausführungen und Argumentationen im Verwaltungsverfahren. Das Hausgrundstück sei insgesamt zu verwerten, wenn eine teilweise Verwertung -wie vom Kläger vorgetragen- nicht möglich sei. Hierdurch würde die Lebenssituation des Klägers auch nicht verschlechtert, sondern seine Einkommenssituation eher verbessert. Ob verkauft werden müsse, vermietet oder das Grundstück belastet werden könne, stehe dem Kläger grundsätzlich frei. Auch eine teilweise Verwertung komme in Betracht. Allerdings müsste hierdurch seine Hilfebedürftigkeit so weit wie möglich gesenkt werden. Die Teilangemessenheit des Hauses und/oder des Grundstückes komme entgegen der Auffassung des Klägers nicht in Betracht. Man könne ja gar nicht festlegen, an welcher Grenze nun der überschießende, d. h. unangemessene Grundstücksteil abgetrennt und veräußert bzw. verwertet werden könne und müsse. Das unangemessene Hausgrundstück sei daher insgesamt zu verwerten.

Das Gericht hat ein Gutachten bezüglich des Grundstückswertes bei der Kommunalen Bewertungsstelle für Grundstückswerte des Kreises Gütersloh eingeholt. Dieses weist einen Verkehrswert von 230.000,- EUR für das nach Angaben des Klägers noch mit rund 90.000,- EUR belasteten Hausgrundstücks aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten betreffend den Kläger mit dem Aktenzeichen 31722 BG 0009566 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger wird durch den angefochtenen Bescheid vom 24.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2005 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Er hat keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II nämlich nur Leute, die hilfebedürftig sind. Gem. § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt und seine Eingliederung in Arbeit nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allen Dingen nicht aus dem zu berücksichtigenden Vermögen (Nr. 2) sichern kann. Das ist beim Kläger nicht der Fall. Denn zum Vermögen regelt § 12 Abs. 1 SGB II, dass grundsätzlich alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen sind, d. h. auch der Flachdachbungalow. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist zwar ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe nicht zu berücksichtigen. Das vom Kläger selbst genutzte Hausgrundstück ist allerdings nicht privilegiert im Sinne dieser Vorschrift, denn es ist nicht "von angemessener Größe" im Sinne dieser Vorschrift.

Nach der Rechtsprechung des 7b Senats des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 2/05 R, der sich der 11 b Senat des BSG im Urteil vom 16.05.2007, B 11b AS 37/06 R, angeschlossen hat, ist bei der Konkretisierung des Rechtsbegriffs der angemessenen Größe im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II im Grundsatz bundeseinheitlich auf die Vorgaben des außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (WoBauG) vom 19.08.1994 (Bundesgesetzblatt (BGBl) I 2137) abzustellen, wobei eine Differenzierung nach der Bewohnerzahl notwendig ist. Danach ist ein von vier Personen einer Bedarfsgemeinschaft bewohntes Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von mehr als 130 m² (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. WoBauG, "Familienheime mit nur einer Wohnung-130 m²") nicht mehr als Hausgrundstück von angemessener Größe im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II anzusehen. Bei weniger Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind für jede Person weniger 20 m² abzuziehen. Bei ein oder zwei Eigenheimbewohnern ist von einer Wohnfläche von 90 m² als noch angemessen auszugehen (Urteil des BSG vom 16.05.2007, B 11b AS 37/06 R, mit Verweis auf das BSG Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 2/05 R). Der vom Kläger (zunächst) allein bewohnte Flachdachbungalow hat 128 m² und ist damit deutlich zu groß. An der Unangemessenheit seiner Größe ändert sich auch nichts dadurch, dass seit April diesen Jahres zwei Zimmer untervermietet werden. Der Kläger ist dennoch weiterhin Alleineigentümer des gesamten, unangemessen großen Hauses und einziges Mitglied der aus ihm bestehenden Bedarfsgemeinschaft. Da bereits die Wohnfläche des Hauses die zulässige Höchstgrenze von 90 m² überschreitet, bedarf es keinerlei Erörterung, ob und inwieweit auch die Grundstücksgröße von über 900 m² in der Angemessenheitsprüfung mit einzubeziehen und als unangemessen groß zu bewerten ist.

Ebenso wenig bedarf es einer Erörterung, ob neben der Wohnfläche der Immobilie, auf die der Gesetzeswortlaut des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II allein abstellt, auch andere Faktoren zu berücksichtigen sind. Denn selbst wenn trotz der Unterschiede in den gesetzlichen Zielsetzungen zwischen Sozialhilferecht einerseits und SGB II andererseits die Vorgaben des 2. WoBauG nicht als absolut starre Grenze für die Bestimmungen des Rahmens des Angemessenen im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II zu verstehen sind, bestehen im Fall des Klägers keine Besonderheiten, die eine andere (Wohn-) Flächengrenze nahelegen könnten. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Baujahrs des Hauses -1978-, des Zuschnitts der Wohnung und des ermittelten Verkehrswertes von 230.000,- EUR abzüglich der darauf lastenden Verbindlichkeiten von anfangs rund 100.000,- EUR und derzeit rund 90.000,- EUR.

Das Hausgrundstück des Klägers ist auch ein verwertbarer Vermögensgegenstand im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen (Urteil des BSG vom 16.05.2007, B 11b AS 37/06 R, Juris-Rn. 26 unter Verweis auf das BSG-Urteil vom 30.05.1990, B 11 RAr 33/88 zur Arbeitslosenhilfe und auf die Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung 106, 105, 107 zum Sozialhilfegesetz (BSHG)). Tatsächlich unverwertbar sind dabei Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, sei es, das Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind, oder sei es, dass sie infolge sinkender Immobilienpreise über ihren Marktwert hinaus belastet sind.

Zwischen den Beteiligten unstreitig und gerichtsbekannt sind Hausgrundstücke auch in Schloß Holte-Stukenbrock nach wie vor marktgängig. Trotz unterschiedlicher Auffassungen über den derzeit zu erzielenden Verkaufswert besteht zwischen den Beteiligten auch Einigkeit, dass die Belastungen des Hauses von derzeit 90.000,- EUR durch den zu erzielenden Verkaufswert um zig 10.000,- EUR überschritten würde. Der Kläger selbst hat bei seiner Antragstellung im Oktober 2004 den Wert des Hauses mit zumindest 140.000 EUR angegeben. Das Haus ist damit tatsächlich verwertbar.

Rechtlich verwertbar ist es ebenfalls, da keine Verfügungsbeschränkungen o.ä. der Veräußerung oder andersartigen Verwertung entgegenstehen.

Zu beachten ist, dass die Verwertung eines Hausgrundstücks in mehrfacher Form möglich ist, etwa durch Veräußerung, aber auch durch Belastung (Hänlein in Gagel, SGB III Kommentar, § 12 Rn. 28; Mecke im Eicher/Spellbrink, SGB II Kommentar, § 12 Rn. 31). Insoweit gelten dieselben Überlegungen, die bereits die Rechtsprechung des BSG zum Recht der Arbeitslosenhilfe zur Verwertbarkeit und zur Verwertung eines Hausgrundstücks durch Verkauf oder Beleihung oder Vermietung entwickelt hat (Urteil des BSG vom 30.05.1990, 11 RAr 33/88, vom 17.10.1990, 11 RAr 133/88 und vom 25.04.2002, B 11 AL 69/01 R). Danach ist es dem Hilfebedürftigen grundsätzlich selbst überlassen, wie ein Vermögensgegenstand zu verwerten ist. Allerdings folgt aus dem Grundsatz der Subsidiarität der Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende, § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II, dass er nur zwischen den Verwertungsarten wählen kann, die den Hilfebedarf in etwa gleicher Weise decken. Anderenfalls hat er regelmäßig die Verwertungsart zu wählen, die den höchsten Deckungsbeitrag erbringt (Urteil des BSG vom 16.05.2007, B 11b AS 37/06, Juris-Rn. 28 mit Verweis auf Mecke, a.a.O. Rn. 31).

Vorliegend kommt die Beleihung des Grundstücks in der Art und Weise, dass Zins- und Tilgungsleistungen für einen Zeitraum ausgesetzt werden, in dem noch mit keiner Besserung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse gerechnet werden kann, offenbar nicht in Betracht. Der Kläger war Anfang 2005 bereits 54 Jahre alt und als gelernter Maurer aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage, im erlernten Beruf oder anderen körperlich mittelschweren bis schweren Berufen zu arbeiten. Konkrete Chancen, in den für ihn danach noch verbleibenden Arbeitsmarkt nach Jahren (seit Juni 2002) der Arbeitslosigkeit wieder eingegliedert zu werden, waren und sind nicht erkennbar. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse werden sich daher voraussichtlich in absehbarer Zeit nicht (derart) bessern, dass dadurch Zins- und Tilgungsleistungen ggf. erbracht werden können.

In Betracht kommt hier aber zumindest der Verkauf des Hauses, wodurch zur Überzeugung der Kammer ein Verkaufserlös von 230.000,- EUR erzielt werden könnte. Unter Berücksichtigung der Belastungen von rund 90.000,- EUR ergäbe sich danach ein zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehendes Vermögen von 140.000,- EUR. Dieser Betrag übersteigt den allgemeinen Vermögensfreibetrag des Klägers nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II sowohl in der alten Fassung (200,- EUR pro Lebensjahr) als auch in der seit dem 01.08.2006 gültigen Fassung (150,- EUR pro Lebensjahr) bei weitem. Der Kläger ist danach nicht bedürftig. Die Überzeugung der Kammer beruht auf dem eingeholten Gutachten des Kreises Gütersloh vom 10.05.2007. Inhaltliche Fehler des Gutachtens bei der Ermittlung des Verkehrswertes werden vom Kläger nicht geltend gemacht und sind auch nicht zu erkennen. Das Gutachten basiert auf den aktuellen Zahlen der kommunalen Bewertungsstelle über den Verkauf von Grundstücken im Bereich des Kreises Gütersloh, so dass diese Zahlen die tatsächlich erzielten Verkaufserlöse und damit auch den vom Kläger erzielbaren Verkaufserlös realistisch wiederspiegeln. Selbst wenn man jedoch mit dem Kläger der Auffassung wäre, dass der Verkehrswert derzeit nicht zu erzielen ist, so macht nicht einmal der Kläger geltend, dass unter Berücksichtigung der Verbindlichkeiten von derzeit 90.000,- EUR und eines allgemeinen Vermögensfreibetrages von derzeit (57 Jahre x 150 EUR) 8550 EUR nach Verwertung des Hausgrundstücks kein Vermögen oder nur ein geringer Vermögensbetrag übrig bliebe. Legt man den vom Kläger bei der Beantragung der Leistungen nach dem SGB II angegebenen Wert des Hausgrundstücks von 140.000 EUR zugrunde, so verblieben ihm nach einer Verwertung noch über 50.000 EUR.

Die Verwertung des Hausgrundstücks durch Verkauf ist dem Kläger auch zuzumuten. Das wäre nur dann nicht der Fall, wenn diese Verwertungsart gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II offensichtlich unwirtschaftlich oder für den Kläger eine besondere Härte darstellen würde. Bei der Feststellung, ob der Verkauf des Hausgrundstücks eine besonderen Härte im Sinne des Gesetztes darstellt, sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Dabei ist ein strengerer Maßstab als im (alten) Recht der Sozialhilfe anzulegen, in dem die Leistungsbewilligung bereits dann nicht vom Einsatz und der Verwertung des Vermögens abhängig gemacht werden durfte, wenn dies für den Anspruchsteller oder den Angehörigen eine "Härte" bedeutete, § 88 Abs. 3 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG)). Für die Anwendung des § 12 Abs. 3 Satz Nr. 6 SGB II müssen daher außergewöhnliche Umstände (etwa betreuungspflegebedürftige Personen) vorhanden sein, die den Betroffenen deutlich größere Opfer abverlangten, als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Diese Rechtsauffassung wird durch die Gesetzesmaterialien gestützt. Nach ihnen liegt ein Fall "besonderer Härte" im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alternative 2 SGB II z.B. dann vor, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen müsste, obwohl sein Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung Lücken wegen selbständiger Tätigkeit aufweist (Bundestagsdrucksache 15/1749, Seite 32; BSG Urteil vom 16.05.2007, B 11b AS 37/06 R, Juris-Rn. 32). Diesem Beispiel kann entnommen werden, dass nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht allein der Verlust der Altersvorsorge und dessen Zeitpunkt, sondern beides zusammen und auch nur dann, wenn zusätzlich noch eine Versorgungslücke vorliegt, eine besondere Härte darstellt. Es sind also nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen (Urteil des BSG vom 16.05.2007 a.a.O.). Insoweit ist vorliegend nicht zu berücksichtigen, dass das Hausgrundstück des Klägers bereits vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit vorhanden war. Das ist der Regelfall. Gleiches gilt für den Umstand, dass das Hausgrundstück des Klägers seinen einzigen bedeutenden Vermögenswert darstellt. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger das Hausgrundstück im Wesentlichen selbst errichtet hat und dort seit rund 30 Jahren wohnt, lässt die Verwertung nicht als besondere Härte erscheinen. Diese Umstände stellen zur Überzeugung der Kammer keinen Sonderfall vor, sondern kommen in ähnlicher Form, wenn auch nicht stets, so doch relativ häufig vor. Zudem treten keine weiteren Umstände hinzu, die im Zusammenspiel mit den Umständen der Selbsterrichtung und des langen Wohnens im Eigenheim, eine besondere Härte rechtfertigen könnten. Insbesondere sind selbst nach Angaben des Klägers keine Rentenversicherungslücken vorhanden. Vielmehr hat er durchgängig gearbeitet. Rentenversicherungsbeiträge wurden entgegen seiner Auffassung auch während des Bezugszeitraums des Arbeitslosengeldes und der Arbeitslosenhilfe geleistet. Der danach liegende Zeitraum, kann nicht berücksichtigt werden, er ist gerade strittig. Es handelt sich um die Zeit ab 01.01.2005. Bei den vom Kläger begehrten Leistungen nach dem SGB II handelt es sich auch nicht lediglich um solche für einen kurzen, vorübergehenden Zeitraum, so dass die Verwertung des Eigenheims unter diesem Gesichtspunkt unzumutbar erschiene. Strittig sind Leistungen bereits seit Anfang 2005, d. h. für mehr als zwei Jahre. Auch derzeit ist noch nicht absehbar, dass und ggfs. wann der Kläger seinen Bedarf aus eigenen Einkünften decken kann.

Auch eine "offensichtliche Unwirtschaftlichkeit" des Hausverkaufs im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II liegt nicht vor. Das Hausgrundstück hat einen Verkehrswert von 230.000,- EUR. Selbst wenn man hiervon einen erheblichen Abschlag machen würde, so läge der zu erzielende Verkaufserlös deutlich über den finanziellen Aufwendungen, die der Kläger für das Haus getätigt hat. Nach seinen eigenen Angaben hat er das Grundstück für rund 26.000,- DM in den 70er Jahren gekauft und durch Eigenleistungen und mit Materialien mit einem Wert von rund 80.000,- DM, errichtet. Danach ergeben sich finanzielle Aufwendungen des Klägers für die Herstellung des Hauses von (26.000,- DM + 80.000,- DM = 106.000,- DM) 54.196,93 EUR. Diesem Betrag steht ein um ein Vielfaches höherer Verkehrswert gegenüber. Im Übrigen ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger während nun bereits rund 30 Jahren im Haus mietfrei gewohnt hat, also seine Aufwendungen zumindest in erheblichem Umfange -auch unter Berücksichtigung der Finanzierungskosten- abgewohnt hat. Die insofern auf dem Haus noch ruhenden Belastungen stammen im Übrigen im Wesentlichen nicht aus der Hausfinanzierung, sondern sind Folge neuer Kredite, die im Zusammenhang mit der Scheidung des Klägers und einer weiteren Trennung stehen. Die Arbeitsleistung des Klägers, die er in das Haus gesteckt hat, ist zur Überzeugung der Kammer bei der Frage nach der (Un-) Wirtschaftlichkeit des Hausverkaufs nicht zu berücksichtigen. Denn nach den zutreffenden Ausführungen des BSG zur Frage der Zumutbarkeit eines Hausverkaufs sind mit diesem verbundene Gewinnerwartungen nicht geschützt. Gerade darum würde es sich aber handeln, wenn man die Eigenleistungen der Betroffenen bei der Frage der Wirtschaftlichkeit des Hausverkaufs berücksichtigen würde. Zudem würde im konkreten Fall die Berücksichtigung der Arbeitskraft des Klägers beim Hausbau selbst bei Ansatz mit demselben Wert wie demjenigen für die Materialien, d. h. mit 80.000,- DM, nichts an dem Ergebnis ändern, dass der Verkauf zumutbar ist. Der zu erzielende Verkaufserlös von 230.000,- EUR wäre immer noch um ein Vielfaches höher als die Aufwendungen von (26.000,- DM + 2 x 80.000,- DM) 95.100,- EUR.

Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf darlehnsweise Gewährung von Leistungen nach § 9 Abs. 4 SGB II alte Fassung zu. Nach dieser Vorschrift ist hilfebedürftig auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde. Zum einen schließt der Kläger nämlich eine Verwertung des Hausgrundstücks kategorisch aus. Die Darlehnsgewährung bis zur endgültigen Verwertung des Hauses ist daher nicht nötig und möglich. Im Übrigen wäre für die Vergangenheit eine Darlehnsgewährung nicht möglich. In der Vergangenheit ist durch die Rente des Klägers in Höhe von monatlich über 420,- EUR und die vorschussweise Gewährung von Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 500,- EUR/Monat ein möglicher Hilfebedarf mehr als gedeckt. Seit April kommen noch Warmmieteinnahmen in Höhe von 200,- EUR hinzu.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 182, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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