Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 60 AL 4056/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 AL 437/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Mai 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Überbrückungsgeld (Übg) ab 01. November 2006.
Der 1961 geborene Kläger war zuletzt vom 01. April 2001 bis 31. Oktober 2005 als Bankangestellter versicherungspflichtig beschäftigt. Mit – bestandskräftigem – Bescheid vom 29. September 2005 bewilligte ihm die Beklagte ab 01. November 2005 Arbeitslosengeld (Alg) für eine Anspruchsdauer von 360 Tagen. Am 21. Juli 2006 beantragte der Kläger die Gewährung eines Gründungszuschusses (GZ) für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmensberater ab 01. August 2006. Die Beklagte bewilligte für die Zeit vom 01. August 2006 bis 30. April 2007 einen GZ in Höhe von monatlich 1.857,- EUR (Bescheid vom 21. September 2006). Mit weiteren – bestandskräftigen - Bescheiden vom 21. September 2006 hob die Beklagte die Alg-Bewilligung ab 01. August 2006 "ganz" auf wegen der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im zeitlichen Umfang von mindestens 15 Wochenstunden und forderte die Erstattung des für August 2006 gezahlten Alg (= 1.557,00 EUR) sowie der für diesen Monat gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (= 453,15 EUR). Mit seinem Widerspruch gegen die Bewilligung des GZ machte der Kläger die Gewährung von Übg anstelle des GZ bis 31. Oktober 2006 geltend; dieser Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2006).
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Gewährung von Übg ab 01. November 2006 anstelle des ab 01. August 2006 gewährten GZ gerichtete Klage mit Urteil vom 16. Mai 2007 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Übg ab 01. November 2006 anstelle eines GZ ab 01. August 2006. Die Beklagte habe dem Kläger gemäß § 57 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) in der ab 01. August 2006 geltenden und vorliegend anwendbaren Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert) zutreffend einen GZ ab 01. August 2006 gewährt. Die Übergangsregelung des § 434o SGB III, wonach für Personen, die ausschließlich aufgrund der Voraussetzung in § 57 Abs. 2 Nr. 2 SGB III keinen Anspruch auf einen GZ haben, § 57 SGB III in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung (im Folgenden: alter Fassung – a. F. -) bis zum 01. November 2006 anzuwenden ist, sei auf den Kläger nicht anzuwenden, weil dieser bei Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit am 01. August 2006 noch über einen Anspruch auf Alg von mindestens 90 Tagen verfügt habe. Der Kläger könne auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches so gestellt werden, als ob er die selbstständige Tätigkeit erst am 01. November 2006 aufgenommen und bis dahin Alg bezogen hätte. Denn die Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung und andere tatsächliche Umstände, etwa der persönliche Umstand der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 01. August 2006, könnten durch den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht fingiert bzw. hinweggedacht werden. Es könne daher insoweit nicht der vom Kläger gewünschte Zustand hergestellt werden, dass dieser Alg bis 31. Oktober 2006 aufgrund Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung bezogen und seine selbstständige hauptberufliche Tätigkeit erst am 01. November 2006 statt am 01. August 2006 aufgenommen habe.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter; auf seine Schriftsätze vom 01. September 2007 und 19. Oktober 2007 wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 21. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2006 zu verurteilen, ihm für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ab 01. August 2006 Überbrückungsgeld ab 01. November 2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung des Klägers durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Klage ist zwar als unechte Leistungsklage iS des § 54 Abs. 1, 4 SGG zulässig. Denn der von dem Kläger am 21. Juli 2006 gestellte Antrag ist in Anwendung des sog. Meistbegünstigungsprinzips (siehe dazu z. B. BSG SozR 4-4300 § 324 Nr 3) dahin auszulegen, dass der Kläger damit jedenfalls die für ihn günstigste Leistung erstrebte. Demzufolge ist in dem Bescheid vom 21. September 2006 auch eine die Gewährung von Übg ablehnende Verwaltungsentscheidung enthalten, gegen die sich der Widerspruch des Klägers richtete, der mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2006 zurückgewiesen wurde.
Die Klage ist indes nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Übg nach Maßgabe von § 57 SGB III a. F. in Verbindung mit § 434o SGB III ab 01. November 2006. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vielmehr zutreffend einen GZ gemäß § 57 SGB bewilligt.
Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, haben zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen GZ (§ 57 Abs. 1 SGB III). Der GZ wird nach § 57 Abs. 2 SGB III u. a. geleistet, wenn der Arbeitnehmer bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf Alg von mindestens 90 Tagen verfügt (vgl. § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III). Letzteres war, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, zum Zeitpunkt der Aufnahme der selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit des Klägers am 01. August 2006 der Fall. Denn die Beklagte hatte dem Kläger mit bestandskräftigem Bescheid vom 29. September 2005 ab 01. November 2005 Alg für die Dauer von 360 Tagen bewilligt; der Kläger verfügte somit am 01. August 2006 noch über einen Anspruch von genau 90 Tagen. Die Übergangsregelung des § 434o SGB III findet auf ihn keine Anwendung, weil er nicht ausschließlich aufgrund der Voraussetzung in § 57 Abs. 2 Nr. 2 SGB III keinen Anspruch auf einen GZ hatte. § 57 SGB III a. F. ist somit auf ihn nicht anwendbar.
Soweit der Kläger im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches begehrt, so gestellt zu werden, als ob er bis 31. Oktober 2006 Alg bezogen und die selbstständige Tätigkeit erst am 01. November 2006 aufgenommen hätte – mit der Folge der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 434o SGB III –, ergibt sich keine andere Beurteilung. Das Fortbestehen von Arbeitslosigkeit über den 01. August 2006 hinaus bis 31. Oktober 2006 und die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit erst am 01. November 2006 lassen sich auf der Grundlage des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht fingieren, und zwar auch dann nicht, wenn die von dem Kläger behauptete fehlerhafte Beratung durch die Beklagte zu seinen Gunsten unterstellt wird. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Beklagten eine allein auf die Sicherung von Leistungsansprüchen gerichtete Beratung, die vorrangige Ziele der Arbeitsförderung, wie beispielsweise die Verkürzung der Arbeitslosigkeit durch Förderung einer Existenzgründung, außer Acht lässt, grundsätzlich nicht abverlangt werden kann (vgl. BSG SozR 3-4100 § 125 Nr. 1; BSG, Urteil vom 31. Januar 2006 – B 11a AL 15/05 R – veröffentlicht in juris). Es bestehen Zweifel, ob überhaupt eine Nebenpflicht der Beklagten anzuerkennen ist, einen existenzgründungswilligen Arbeitslosen, der seine Eingliederungsmöglichkeiten durch die staatlich geförderte Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit verbessern möchte, auf einen etwaigen Anspruchsverlust hinzuweisen und den Arbeitslosen dadurch möglicherweise von Erfolg versprechenden Existenzgründungsversuchen abzuhalten (vgl. BSG aaO). Selbst wenn dessen ungeachtet eine Fehlberatung der Beklagten vorliegen würde, kommt eine Korrektur im Wege des Herstellungsanspruchs aber jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil eine Ersetzung von tatsächlichen Umständen, denen gestaltende Entscheidungen des Antragstellers zugrunde liegen, im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht möglich ist und auf ein gesetzwidriges Handeln des Leistungsträgers hinauslaufen würde (vgl. BSG SozR 3-4100 § 249e Nr. 4; BSG SozR 4-4300 § 137 Nr. 1; BSG, Urteil vom 31. Januar 2006 – B 11a AL 15/05 R –). Der Kläger war mit Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit am 01. August 2006 nicht mehr beschäftigungslos und nicht mehr bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (vgl. §§ 119 Abs. 1 Nr. 1, 122 Abs. 1 SGB III) und damit auch nicht mehr arbeitslos. Er hat – nach seinen glaubhaften Angaben im Antrag auf Gewährung eines GZ – am 01. August 2006 eine selbstständige Tätigkeit im Umfang von ca. 45 Wochenstunden aufgenommen. Dieser tatsächliche Umstand kann nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches dahingehend ersetzt werden, als habe er sich erst am 01. November 2006 ereignet. Vielmehr können tatsächliche Gegebenheiten nicht mit Hilfe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aus der Welt geschafft werden (vgl. auch BSG SozR 3-4100 § 125 Nr. 1 mit weiteren Nachweisen).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Überbrückungsgeld (Übg) ab 01. November 2006.
Der 1961 geborene Kläger war zuletzt vom 01. April 2001 bis 31. Oktober 2005 als Bankangestellter versicherungspflichtig beschäftigt. Mit – bestandskräftigem – Bescheid vom 29. September 2005 bewilligte ihm die Beklagte ab 01. November 2005 Arbeitslosengeld (Alg) für eine Anspruchsdauer von 360 Tagen. Am 21. Juli 2006 beantragte der Kläger die Gewährung eines Gründungszuschusses (GZ) für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmensberater ab 01. August 2006. Die Beklagte bewilligte für die Zeit vom 01. August 2006 bis 30. April 2007 einen GZ in Höhe von monatlich 1.857,- EUR (Bescheid vom 21. September 2006). Mit weiteren – bestandskräftigen - Bescheiden vom 21. September 2006 hob die Beklagte die Alg-Bewilligung ab 01. August 2006 "ganz" auf wegen der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im zeitlichen Umfang von mindestens 15 Wochenstunden und forderte die Erstattung des für August 2006 gezahlten Alg (= 1.557,00 EUR) sowie der für diesen Monat gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (= 453,15 EUR). Mit seinem Widerspruch gegen die Bewilligung des GZ machte der Kläger die Gewährung von Übg anstelle des GZ bis 31. Oktober 2006 geltend; dieser Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2006).
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Gewährung von Übg ab 01. November 2006 anstelle des ab 01. August 2006 gewährten GZ gerichtete Klage mit Urteil vom 16. Mai 2007 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Übg ab 01. November 2006 anstelle eines GZ ab 01. August 2006. Die Beklagte habe dem Kläger gemäß § 57 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) in der ab 01. August 2006 geltenden und vorliegend anwendbaren Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert) zutreffend einen GZ ab 01. August 2006 gewährt. Die Übergangsregelung des § 434o SGB III, wonach für Personen, die ausschließlich aufgrund der Voraussetzung in § 57 Abs. 2 Nr. 2 SGB III keinen Anspruch auf einen GZ haben, § 57 SGB III in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung (im Folgenden: alter Fassung – a. F. -) bis zum 01. November 2006 anzuwenden ist, sei auf den Kläger nicht anzuwenden, weil dieser bei Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit am 01. August 2006 noch über einen Anspruch auf Alg von mindestens 90 Tagen verfügt habe. Der Kläger könne auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches so gestellt werden, als ob er die selbstständige Tätigkeit erst am 01. November 2006 aufgenommen und bis dahin Alg bezogen hätte. Denn die Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung und andere tatsächliche Umstände, etwa der persönliche Umstand der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 01. August 2006, könnten durch den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht fingiert bzw. hinweggedacht werden. Es könne daher insoweit nicht der vom Kläger gewünschte Zustand hergestellt werden, dass dieser Alg bis 31. Oktober 2006 aufgrund Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung bezogen und seine selbstständige hauptberufliche Tätigkeit erst am 01. November 2006 statt am 01. August 2006 aufgenommen habe.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter; auf seine Schriftsätze vom 01. September 2007 und 19. Oktober 2007 wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 21. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2006 zu verurteilen, ihm für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ab 01. August 2006 Überbrückungsgeld ab 01. November 2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung des Klägers durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Klage ist zwar als unechte Leistungsklage iS des § 54 Abs. 1, 4 SGG zulässig. Denn der von dem Kläger am 21. Juli 2006 gestellte Antrag ist in Anwendung des sog. Meistbegünstigungsprinzips (siehe dazu z. B. BSG SozR 4-4300 § 324 Nr 3) dahin auszulegen, dass der Kläger damit jedenfalls die für ihn günstigste Leistung erstrebte. Demzufolge ist in dem Bescheid vom 21. September 2006 auch eine die Gewährung von Übg ablehnende Verwaltungsentscheidung enthalten, gegen die sich der Widerspruch des Klägers richtete, der mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2006 zurückgewiesen wurde.
Die Klage ist indes nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Übg nach Maßgabe von § 57 SGB III a. F. in Verbindung mit § 434o SGB III ab 01. November 2006. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vielmehr zutreffend einen GZ gemäß § 57 SGB bewilligt.
Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, haben zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen GZ (§ 57 Abs. 1 SGB III). Der GZ wird nach § 57 Abs. 2 SGB III u. a. geleistet, wenn der Arbeitnehmer bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf Alg von mindestens 90 Tagen verfügt (vgl. § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III). Letzteres war, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, zum Zeitpunkt der Aufnahme der selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit des Klägers am 01. August 2006 der Fall. Denn die Beklagte hatte dem Kläger mit bestandskräftigem Bescheid vom 29. September 2005 ab 01. November 2005 Alg für die Dauer von 360 Tagen bewilligt; der Kläger verfügte somit am 01. August 2006 noch über einen Anspruch von genau 90 Tagen. Die Übergangsregelung des § 434o SGB III findet auf ihn keine Anwendung, weil er nicht ausschließlich aufgrund der Voraussetzung in § 57 Abs. 2 Nr. 2 SGB III keinen Anspruch auf einen GZ hatte. § 57 SGB III a. F. ist somit auf ihn nicht anwendbar.
Soweit der Kläger im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches begehrt, so gestellt zu werden, als ob er bis 31. Oktober 2006 Alg bezogen und die selbstständige Tätigkeit erst am 01. November 2006 aufgenommen hätte – mit der Folge der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 434o SGB III –, ergibt sich keine andere Beurteilung. Das Fortbestehen von Arbeitslosigkeit über den 01. August 2006 hinaus bis 31. Oktober 2006 und die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit erst am 01. November 2006 lassen sich auf der Grundlage des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht fingieren, und zwar auch dann nicht, wenn die von dem Kläger behauptete fehlerhafte Beratung durch die Beklagte zu seinen Gunsten unterstellt wird. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Beklagten eine allein auf die Sicherung von Leistungsansprüchen gerichtete Beratung, die vorrangige Ziele der Arbeitsförderung, wie beispielsweise die Verkürzung der Arbeitslosigkeit durch Förderung einer Existenzgründung, außer Acht lässt, grundsätzlich nicht abverlangt werden kann (vgl. BSG SozR 3-4100 § 125 Nr. 1; BSG, Urteil vom 31. Januar 2006 – B 11a AL 15/05 R – veröffentlicht in juris). Es bestehen Zweifel, ob überhaupt eine Nebenpflicht der Beklagten anzuerkennen ist, einen existenzgründungswilligen Arbeitslosen, der seine Eingliederungsmöglichkeiten durch die staatlich geförderte Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit verbessern möchte, auf einen etwaigen Anspruchsverlust hinzuweisen und den Arbeitslosen dadurch möglicherweise von Erfolg versprechenden Existenzgründungsversuchen abzuhalten (vgl. BSG aaO). Selbst wenn dessen ungeachtet eine Fehlberatung der Beklagten vorliegen würde, kommt eine Korrektur im Wege des Herstellungsanspruchs aber jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil eine Ersetzung von tatsächlichen Umständen, denen gestaltende Entscheidungen des Antragstellers zugrunde liegen, im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht möglich ist und auf ein gesetzwidriges Handeln des Leistungsträgers hinauslaufen würde (vgl. BSG SozR 3-4100 § 249e Nr. 4; BSG SozR 4-4300 § 137 Nr. 1; BSG, Urteil vom 31. Januar 2006 – B 11a AL 15/05 R –). Der Kläger war mit Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit am 01. August 2006 nicht mehr beschäftigungslos und nicht mehr bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (vgl. §§ 119 Abs. 1 Nr. 1, 122 Abs. 1 SGB III) und damit auch nicht mehr arbeitslos. Er hat – nach seinen glaubhaften Angaben im Antrag auf Gewährung eines GZ – am 01. August 2006 eine selbstständige Tätigkeit im Umfang von ca. 45 Wochenstunden aufgenommen. Dieser tatsächliche Umstand kann nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches dahingehend ersetzt werden, als habe er sich erst am 01. November 2006 ereignet. Vielmehr können tatsächliche Gegebenheiten nicht mit Hilfe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aus der Welt geschafft werden (vgl. auch BSG SozR 3-4100 § 125 Nr. 1 mit weiteren Nachweisen).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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