L 28 B 1101/07 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 100 AS 7060/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 1101/07 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Nach einem Umzug in eine kostenaufwändigere Unterkunft während des laufenden Leistungsbezuges besteht jedenfalls dann kein Rechtsschutzbedürfnis wegen der Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 2 SGB II mehr, wenn die folgenden Leistungsbeschwerden bestandskräfig werden.
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die nach § 172 Abs. 1 und § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2007, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist nicht begründet. Zutreffend hat das SG entscheiden, dass der Klägerin für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht zu gewähren ist, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Prozesskostenhilfe erhält nach den genannten Bestimmungen auf Antrag eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im Hinblick auf die Kostenfreiheit des Verfahrens vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in Fällen wie dem Vorliegenden (§ 183 SGG) kommen hier als von der Klägerin zu tragende Kosten allein die Kosten eines gegebenenfalls beizuordnenden Rechtsanwaltes in Betracht. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit liegen aber nicht vor.

Es ist schon nicht erkennbar, dass die Klage im Zeitpunkt der Bewilligungsreife (Einreichung der Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen am 16. August 2006) zulässig war. Es fehlte ihr nach vorläufiger Einschätzung des Senats an einem Rechtsschutzbedürfnis.

Die Klage ist gerichtet auf Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Der Mietvertrag über die Wohnräume in der AStr. datiert vom 28. März 2006; die Klägerin hat die Wohnung ausweislich der Meldebestätigung am 29. März 2006 bezogen. Unklar ist bislang, ob die Klägerin das Wohnungsangebot vom 27. März 2006 bereits an diesem Tag oder erst am 30. März 2006 bei dem Beklagten vorgelegt hat. Jedenfalls hat der Beklagte Kosten der Unterkunft in der Folge (wohl für Zeiträume vom 1. April 2006 an; jedenfalls vom 1. Juni 2006 an) lediglich in Höhe von 351,- Euro anerkannt. Diese Bescheide über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind nach Auskunft des Beklagten bestandskräftig. In dieser Konstellation besteht damit an der Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft kein schützenswertes Rechtsschutzinteresse. Nach der Rechtsprechung des BSG ist mit Erlass eines abschließenden Verwaltungsakts kein Raum mehr für eine Zusicherung als ihm vorgreifliche Teilregelung. In solchen Fällen kann das Ziel, das mit der Zusicherung verfolgt worden ist, nur noch durch eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den endgültigen Bescheid (§ 54 Abs. 4 SGG) verfolgt werden. Mit Wirksamwerden dieses Bescheides wird die auf Zusicherung eines bestimmten Verwaltungshandelns gerichtete Klage unzulässig (vgl. zum Verhältnis der Zusicherung, Rente ab einem früheren Zeitpunkt zu erhalten, zu einem Rentenbescheid, mit dem die Rente für frühere Zeiträume abgelehnt wird, nur BSG Urteil vom 31. August 1994, SozR 3-6485 Art 12 Nr. 6). Es ist nicht ersichtlich, weshalb im Falle einer Zusicherung nach § 22 Abs. 2 SGB II anderes gelten soll. Denn auch diese Zusicherung ist (anders als die Zusicherung, die nach § 22 Abs. 2 a SGB II eingeholt werden muss) keine Voraussetzung für einen Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung. Sie hat lediglich den Zweck, über die Angemessenheit der Unterkunftskosten vor deren Entstehung eine Entscheidung herbeizuführen und so für den Hilfebedürftigen das Entstehen einer erneuten Notlage infolge der nur teilweisen Übernahme von Kosten zu vermeiden (vgl. Kalhorn in Hauck/Noftz § 22 SGB II RdNr. 43; Lang in Eicher/Spellbrink SGB II § 22 RdNr. 65ff; Berlit in LPK-SGBII 2. Auflage 2007 § 22 RdNr. 71). Eine weitergehende Bindungswirkung als in § 34 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) allgemein für Zusicherungen vorgesehen (dazu nur Engelmann in von Wulffen SGB X 5. Auflage 2005, § 34 RdNr. 15), kommt ihr damit nicht zu. Ihre Aufklärungs- und Warnfunktion entfällt, wenn bereits ein Umzug stattgefunden hat. Der Hilfebedürftige kann in dieser Situation ohne weiteres einen Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung als zugebilligt im Widerspruchs- und Klageverfahren geltend machen. Jedenfalls wenn er sich gegen die folgenden Bescheide nicht wendet und diese bestandskräftig werden, besteht aber auch kein Bedürfnis mehr für die Erteilung einer Zusicherung. Für künftige Bezugszeiträume kann die Klägerin unabhängig von dem Vorliegen einer Zusicherung höhere Kosten der Unterkunft und Heizung geltend machen. Dies gilt umso mehr, als Änderungen der maßgeblichen Verhältnisse zu Gunsten der Klägerin (insbesondere die Prüfung der Angemessenheit unter Berücksichtigung der allgemein steigenden Verbrauchskosten) im Verfahren über Erteilung einer Zusicherung nicht berücksichtigt werden könnten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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