L 7 AY 2756/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AY 5256/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AY 2756/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. April 2006 abgeändert und der Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 9. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember 2005 verurteilt, den Klägern unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen für die Zeit vom 3. September bis 13. Dezember 2005 Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in Verbindung mit dem SGB XII zu erbringen.

Der Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren höhere Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) entsprechend dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Der 1970 geborene Kläger zu 1 und die 1976 geborene Klägerin zu 2 sind verheiratet und Eltern der 1993, 1995, 1996 und 2000 geborenen Kläger zu 3 bis 6. Die Kläger sind serbisch-montenegrinische Staatsangehörige und stammen aus dem Kosovo. Sie gehören zur Minderheitengruppe der Ashkali. Die Kläger zu 1 bis 5 reisten im Februar 1999 in die Bundesrepublik Deutschland ein, der Kläger zu 6 wurde im Bundesgebiet geboren. Die Asylanträge der Kläger zu 1 bis 5 sind unanfechtbar abgelehnt seit dem 26. September 2001. Der Asylfolgeantrag des Klägers zu 4 vom 28. November 2005 blieb ebenso erfolglos (Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 6. Dezember 2005) wie ein im April 2005 für den Kläger zu 6 eingeleitetes Asylverfahren (Bescheid vom 19. Mai 2005). Sämtliche Kläger sind vollziehbar ausreisepflichtig. Die Kläger waren zunächst in einer Sammelunterkunft für Asylbewerber untergebracht, seit dem 14. November 2002 bewohnen sie eine eigene Wohnung. Sie sind im Besitz von Duldungen der Ausländerbehörde und beziehen seit Februar 1999, der Kläger zu 6 seit Geburt, Leistungen nach den §§ 3 ff. AsylbLG.

Laufende Leistungen wurden den Klägern u.a. mit Bescheid vom 8. Februar 2005 für Februar 2005 bewilligt. Mit Bescheid vom 22. August 2005 bewilligte der Beklagte die Vorstellung der Klägerin zu 2 und des Klägers zu 6 bei einem Augenarzt. Mit Schreiben vom 31. August 2005, eingegangen beim Beklagten am 3. September 2005, erhob der Bevollmächtigte für die Kläger Widerspruch und wandte sich gegen die Erbringung der Leistungen nach Maßgabe der §§ 3 bis 7 AsylbLG; die Kläger hätten gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG Anspruch auf Leistungen in entsprechender Anwendung des SGB XII. Sofern der Widerspruch nicht fristgerecht sei, solle er als Antrag auf Gewährung höherer Leistungen behandelt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2005 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Kläger seien nicht nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in Verbindung mit dem SGB XII leistungsberechtigt, da sie die Dauer ihres Aufenthalts rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hätten. Sie seien ihrer Ausreisepflicht aus § 50 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht nachgekommen, obwohl weder Ausreisehindernisse noch Abschiebungsverbote gegeben seien. Insbesondere habe das Innenministerium Baden-Württemberg mit Erlass vom 23. Mai 2005 den Ausländerbehörden mitgeteilt, dass die freiwillige Ausreise von Angehörigen der Minderheit der Ashkali in den Kosovo möglich und zumutbar sei, auch Abschiebungen seien wieder möglich. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe festgestellt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nicht vorlägen. Wenn die Kläger dennoch nicht die Bundesrepublik Deutschland verließen, handelten sie rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 2 Abs. 1 AsylbLG.

Hiergegen richtet sich die am 27. Dezember 2005 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage, mit welcher die Kläger für den Zeitraum vom 3. September 2005 bis 15. Dezember 2005 Leistungen in analoger Anwendung des SGB XII unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen begehren. Zur Begründung verweisen sie auf die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 15. November 2005 (L 7 AY 4413/05 ER-B - (juris)), in welcher für ethnische Minderheiten aus dem Kosovo Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne des § 2 AsylbLG verneint worden sei. Insbesondere sei unerheblich, ob möglicherweise eine freiwillige Ausreise möglich sei.

Mit Urteil vom 7. April 2006 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, § 2 Abs. 1 AsylbLG sei so zu verstehen, dass die Berechtigten während der gesamten 36-Monats-Frist ihren Aufenthalt nicht rechtsmissbräuchlich selbst verlängert haben dürften. Vorliegend seien die Kläger zwar von März 2004 bis Mai 2005 nicht rechtsmissbräuchlich ihrer Ausreisepflicht nicht nachgekommen, damit seien jedoch lediglich 15 Monate auf die 36-Monats-Frist anzurechnen. Bereits in der "bloßen Nichtausreise" liege ein Verstoß gegen das gesetzliche Gebot aus § 50 Abs. 2 AufenthG, so dass in dem Unterlassen der Ausreise ein Rechtsverstoß liege, der jedenfalls auch als rechtsmissbräuchlich anzusehen sei, wenn einer freiwilligen Ausreise keine nachvollziehbaren und/oder gewichtigen Gründe entgegen stünden. Nach dem Bericht des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 19. Januar 2006 habe die Volksgruppe der Ashkali ab Mai 2005 und vor März 2004 keine nachvollziehbaren und/oder gewichtigen Gründe dafür gehabt, ihrer Ausreisepflicht nicht nachzukommen. Nach Auffassung des UNHCR bestehe, abgesehen von den Gruppen der Roma und der Serben, keine Gefährdung von Angehörigen ethnischer Minderheiten mehr.

Gegen das ihnen am 2. Mai 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 17. Mai 2006 eingelegte Berufung der Kläger. Zur Begründung weisen sie darauf hin, dass die Situation der Ashkali im Kosovo als schwierig zu beurteilen sei. Zwar könnten im Moment Ashkali in den Kosovo zurückgeführt werden, dies gelte jedoch nur mit der Maßgabe, dass die Behörden der internationalen Zivilverwaltung (UNMIK) über die beabsichtigte Rückführung vor dem geplanten Rückführungstermin zu informieren seien und innerhalb einer bestimmten Frist keine Bedenken gegen die Rückführung einer Person anmeldeten. Darüber hinaus hielten sich die Kläger seit 1999 ununterbrochen im Bundesgebiet auf. Sämtliche Familienmitglieder, insbesondere die Kinder, beherrschten perfekt die deutsche Sprache. Die Kinder könnten nur rudimentär albanisch sprechen. Die Schulpflicht werde erfüllt. Der Kläger zu 5 spiele Fußball im Fußballverein K ... Eines der Kinder besuche den katholischen Religionsunterricht, zwei Kinder den evangelischen Religionsunterricht. Die Familienmitglieder, insbesondere die Kinder, hätten keinerlei Bezug (mehr) zum Kosovo. Für sie würde eine Ausreise in den Kosovo eine Verbringung in ein für sie völlig fremdes Land, eine fremde Kulturlandschaft bedeuten. Der Kläger zu 4 leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung, welche auf Erlebnissen im Rahmen der Vertreibung aus dem Bürgerkriegsgebiet im Kosovo beruhe. Hierzu hat der Bevollmächtigte der Kläger ärztliche Bescheinigungen aus dem Jahr 2005 vorgelegt. Im Kosovo gebe es weder Haus, noch Wohnung, noch nähere Familienangehörige, die die Kläger in irgend einer Weise unterstützen könnten.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. April 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 22. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2005 zu verurteilen, Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in Verbindung mit dem SGB XII unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen vom 3. September bis 13. Dezember 2005 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nach § 2 Abs. 1 AsylbLG lägen im Falle der Kläger nicht vor, da diese ihre Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet rechtsmissbräuchlich im Sinne der Vorschrift beeinflusst hätten. Sie seien ihrer Ausreisepflicht entgegen § 50 AufenthG nicht nachgekommen, obwohl in ihrem Fall weder Ausreisehindernisse noch Abschiebungsverbote vorlägen. Mit Erlass vom 23. Mai 2005 habe das Innenministerium Baden-Württemberg den unteren Ausländerbehörden mitgeteilt, dass die freiwillige Ausreise von Angehörigen der Minderheit der Ashkali in den Kosovo möglich und zumutbar sei. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen zähle in seinem aktuellen Positionsbericht zum Kosovo vom Juni 2006 die Minderheiten der Ashkali und Ägypter nicht mehr zur Gruppe der Personen mit einem fortbestehenden Bedürfnis nach internationalem Schutz. Dass alle ausreisepflichtigen Personen nicht auf einmal abgeschoben würden, liege an dem am 31. März 2003 zwischen der UNMIK-Verwaltung im Kosovo und der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Memorandum of Understanding (MoU), aufgrund dessen die Abschiebung von Minderheiten nur behutsam und nach einem vorgehenden Einzelprüfverfahren (Screeningverfahren) der UNMIK erfolgen könne. Eine Anmeldung zum Screeningverfahren sei unter Berücksichtigung der Rückführungsprioritäten (Straftäter – Einzelpersonen - Familien) im Falle der Kläger noch nicht erfolgt. Mit dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. Februar 2007 (B 9 b AY 1/06 - (juris)) werde die Rechtsauffassung des Beklagten bestätigt, wonach geduldete Ausländer die Dauer ihres Aufenthalts schon dann rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 2 Abs. 1 AsylbLG selbst beeinflusst hätten, wenn ihnen eine freiwillige Ausreise möglich und zumutbar sei.

Nach dem Urteil des BSG könne allerdings auch eine jahrelange Integration betreffender Ausländer in die deutschen Lebensverhältnisse eine Ausreise ins Heimatland unzumutbar machen. Bei der Beurteilung dieser Integrationsleistungen lege das BSG aber einen strengen Maßstab an. Danach müsse es sich im Einzelfall um eine "besondere Situation" handeln, bei der sich die Ausreisemöglichkeit erst nach "jahrelangem Aufenthalt in Deutschland" eröffnet habe. Die betreffenden Ausländer müssten sich "derart in die deutsche Gesellschaft und die hiesigen Lebensverhältnisse integriert haben, dass ihre Ausreise in das Herkunftsland etwa einer Auswanderung nahe käme". Gemessen daran könne im Falle der Kläger nicht von einer derartigen Integration ausgegangen werden. Hierzu gehörten neben deutschen Sprachkenntnissen, Schulbesuch und sozialer Eingebundenheit insbesondere auch der Wille zur Bestreitung des Lebensunterhalts durch die eigene Erwerbstätigkeit sowie das Nichtbegehen von Straftaten. Erst Ende 2006 habe der Kläger zu 1 - wohl um die Erfolgschancen für ein Bleiberecht zu erhöhen - die Erteilung einer Arbeitsgenehmigung letztlich erfolgreich beantragt und sei derzeit in Vollzeit beschäftigt. Ferner habe der Kläger zu 1 Straftaten begangen, die seine Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland rechtfertigen könnten. Er sei mit Urteil des Amtsgerichts Maulbronn vom 20. Juni 2006 und 31. August 2006 in kurzem Abstand wegen gemeinschaftlichen Diebstahls geringwertiger Sachen zu 10 Tagessätzen bzw. wegen gemeinschaftlich versuchten Diebstahls geringwertiger Sachen zu 40 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt worden. Zwar habe die Ausländerbehörde nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bislang von einer Ausweisung des Klägers zu 1 abgesehen, einen Ausweisungsgrund habe er aber aufgrund der weder vereinzelten noch geringfügigen Taten dennoch verwirklicht (§ 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG, Ziffern 55.2.2.2, 55.2.2.3 der vorläufigen Anwendungshinweise zum AufenthG). Hinzu komme, dass die gleichartigen Taten in sehr kurzem Abstand zu einander begangen worden seien und die erste gerichtliche Verurteilung den Kläger zu 1 offensichtlich kaum beeindruckt habe. Von einer gelungen Integration könne daher nicht die Rede sein. Letztlich könnten nach dem Urteil des BSG nur Fälle betroffen sein, die die Eigenschaft einer "besonderen Situation" erfüllten; es müsse sich somit um Einzelfälle handeln, die sich beim Merkmal Integration von anderen Fällen abhöben oder zumindest einer herausragenden Gruppe von Fällen zugehörten. Ansonsten führte nahezu jede langjährige Ausreisepflichtverweigerung zur Annahme einer unzumutbaren Ausreise und ließe damit den Grundtenor der bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung ins Leere laufen. Ergänzend hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass weitere Ermittlungen ergeben hätten, dass bei dem Kläger zu 4 bezüglich einer posttraumatischen Belastungsstörung keine Anzeichen zu erkennen seien. Hierzu hat er einen Aktenvermerk vom 5. Oktober 2007 vorgelegt über ein Telefongespräch der zuständigen Sachbearbeiterin des Beklagten mit dem Klassenlehrer des Klägers zu 4, wonach letzterer mitgeteilt habe, dass sich der Kläger zu 4 in seinem Verhalten nicht von dem Verhalten seiner anderen Mitschüler abhebe; besondere Auffälligkeiten in seinem Verhalten habe der Klassenlehrer in den knapp dreieinhalb Wochen Unterrichtszeit nicht feststellen können.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten, die beigezogenen Akten des Ausländeramts, die Klageakte des SG sowie die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger hat Erfolg.

Streitgegenstand ist die Gewährung höherer Leistungen für den Zeitraum vom 3. September bis 13. Dezember 2005 (Erlass des Widerspruchsbescheids). Der ursprünglich auf die Zeit vom 3. September bis 15. Dezember 2005 beschränkte, in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ohne Einschränkung gestellte Klageantrag wurde in der mündlichen Verhandlung am 22. November 2007 vor dem Senat beschränkt auf die Zeit vom 3. September bis 13. Dezember 2005. Damit steht allein dieser Zeitraum der gerichtlichen Überprüfung durch den Senat offen. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einen Verfahrensvergleich dahin gehend geschlossen, dass der Beklagte sich bereit erklärt hat, ein rechtskräftiges Urteil des Senats für die Kläger auch für Folgezeiträume anzuerkennen. Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Senat auch ohne die ausdrückliche Begrenzung des gestellten Antrags als Endzeitpunkt der hier streitigen Leistungen auf den Erlass des Widerspruchsbescheids abzustellen hätte. Sozialhilfeleistungen sind nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung keine rentenähnlichen Dauerleistungen, sondern Hilfe in einer besonderen Notsituation, die deshalb grundsätzlich nicht über längere, sondern nur für die nächstliegende Zeit bewilligt werden. Die Behörde kann deshalb ihre Entscheidung über ein Hilfebegehren auf einen kurzen Zeitraum beschränken, sie ist aber auch nicht gehindert, den Sozialhilfefall für einen längeren Zeitraum zu regeln (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), BVerwGE 39, 261, 265; 89, 81). Maßgebend ist der erkennbare Regelungswille der Behörde (vgl. zur Annahme eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung im Bereich des Asylbewerberleistungsrechts: BSG, Urteil vom 8. Februar 2007, a.a.O.; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteile vom 19. Juni 2007 - L 11 AY 59/06 - und 18. September 2007 - L 11 AY 77/06 - (beide juris)). Vorliegend sind die Leistungen im Bescheid vom 8. Februar 2005 ausdrücklich bis zum 28. Februar 2005 befristet bewilligt worden. In der Folgezeit erhielten die Kläger Leistungen ohne weiteren Bescheid ausgezahlt. Der Beklagte hat insoweit klar gestellt, dass es sich bei den in der Verwaltungsakte befindlichen "Anlagen zum Bescheid" vom 3. Juni, 28. Oktober bzw. 1. Dezember 2005 lediglich um Berechnungen zur internen Bearbeitung handelt. Der Bescheid vom 22. August 2005 regelt allein die Gewährung von Krankenhilfe gemäß § 4 AsylbLG für die Kläger zu 2 und 6, betrifft jedoch nicht die Höhe der laufenden Bewilligung an alle Kläger. Aus dem Widerspruchsbescheid ist zu entnehmen, dass der Beklagte allein die erfolgte Leistungsgewährung überprüft hat ("Eine erneute Prüfung der Sach- und Rechtslage hat ergeben, dass die Leistungsgewährung des Landratsamts Enzkreis an Ihre Mandanten rechtmäßig ist ..."). Es sind keinerlei Anhaltspunkte vorhanden, dass insoweit eine grundlegende Entscheidung über die Berechtigung der Kläger zum Bezug von Leistungen nach Maßgabe des § 2 AsylbLG auch für die Zukunft getroffen werden sollte. Damit kann der Leistungsanspruch jedoch nur im zeitlichen Umfang bis zur letzten behördlichen Entscheidung, hier des Widerspruchsbescheids, zum Gegenstand gerichtlicher Kontrolle gemacht werden (vgl. BVerwGE 92, 220, 221; BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1998 – 5 C 2/97FEVS 48, 535). Auf die späteren Entwicklungen kommt es daher hier nicht an.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstands 500,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist auch begründet. Die Kläger haben im hier streitigen Zeitraum vom 3. September bis 13. Dezember 2005 dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG unter Anrechnung der bereits gewährten Leistungen.

Die Kläger gehören als Besitzer von Duldungen nach § 60a AufenthG zum Kreis der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG genannten Leistungsberechtigten. Nach § 2 Abs. 1 und Abs. 3 AsylbLG (in der Fassung des Art. 8 Nr. 3 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 - BGBl. I S. 1950) hat Anspruch auf Leistungen entsprechend dem SGB XII, wer insgesamt 36 Monate Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und die Dauer seines Aufenthalts in Deutschland nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hat. Die ab 28. August 2007 geltende Neufassung der Vorschrift (Art. 6 Abs. 2 Nr. 2 Gesetz vom 19. August 2007 - BGBl. I S. 1970), welche einen Vorbezug von Leistungen über 48 Monate fordert, findet mangels Übergangsvorschrift Anwendung ab ihrem Inkrafttreten. Dies gilt jedoch nicht rückwirkend für bereits abgeschlossene Sachverhalte, das heißt für Fälle, bei denen die Leistungsberechtigten zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes am 28. August 2007 - wie hier - bereits 36 Monate des Vorbezugs von Grundleistungen erfüllt hatten. Minderjährige Kinder, wie die Kläger zu 3 bis 6, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Abs. 1 nur, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Abs. 1 erhält. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Sämtliche Kläger haben über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten. Sie sind auch hilfebedürftig, wie sich schon aus dem Bezug der Leistungen nach § 3 AsylbLG ergibt. Entgegen der Auffassung des Beklagten haben die Kläger die Dauer ihres Aufenthalts auch nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst.

Zwar ist unter rechtsmissbräuchlicher Selbstbeeinflussung der Aufenthaltsdauer nach der Rechtsprechung des BSG auch eine von der Rechtsordnung missbilligte, subjektiv vorwerfbare und zur Aufenthaltsverlängerung führende Nutzung der Rechtsposition, die ein Ausländer durch vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) erlangt hat, zu verstehen. Hierzu zählt der Verbleib eines Ausländers in Deutschland, dem es möglich und zumutbar wäre, auszureisen (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007, a.a.O.). Wer, wie die Kläger, als Ausländer für den Aufenthalt im Bundesgebiet nicht über einen Aufenthaltstitel (§ 4 Abs. 1 AufenthG) verfügt, ist unverzüglich oder bis zum Ablauf einer ihm gesetzten Frist zur Ausreise verpflichtet (§ 50 Abs. 1 und 2 AufenthG). Kommt er dem nicht nach, ist die Ausreise zwangsweise durchzusetzen; der Ausländer wird abgeschoben (§ 58 Abs. 1 AufenthG). Wenn dies aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist, wird die Abschiebung vorübergehend ausgesetzt (§ 60a Abs. 2 AufenthG). Die Ausreisepflicht bleibt durch die Duldung jedoch unberührt (§ 60a Abs. 3 AufenthG). Der weitere Verbleib im Bundesgebiet stellt somit nicht nur die Nutzung einer durch die Duldung eingeräumten Rechtsposition dar, sondern diese "Nutzung" ist untrennbar mit einem Verstoß gegen die fortbestehende Ausreisepflicht verbunden, berücksichtigt man den vollstreckungsrechtlichen Charakter einer Duldung (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007, a.a.O.).

Allerdings handelten die Kläger vorliegend gleichwohl nicht rechtsmissbräuchlich, da es ihnen nicht zumutbar war, auszureisen. Diese negative Anspruchsvoraussetzung ist dann offensichtlich erfüllt, wenn den Leistungsberechtigten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt worden ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. September 2007 - L 15 B 12/07 AY ER - (juris)). Denn dies darf gemäß § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG nur erfolgen, wenn Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert sind. Ein Verschulden liegt nach Satz 4 vor, wenn die Ausländer falsche Angaben gemacht, über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt haben. Vorliegend wurde den Klägern im streitigen Zeitraum eine Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt, nach Mitteilung des Prozessbevollmächtigten der Kläger wurde die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG inzwischen beantragt. Der Vertreter des Beklagten, der nach eigenen Angaben für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zuständig ist, hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt, dass für die Erteilung lediglich noch die Vorlage eines Passes für den Kläger zu 6 erforderlich ist. Zwar liegen Gefahren im Sinne von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 7 AufenthG bei einer Rückkehr in den Kosovo für Angehörige der Ashkali jedenfalls ab Ende Mai 2005 und damit im hier streitigen Zeitraum nicht (mehr) vor (vgl. Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Urteil vom 30. November 2006 – A 6 S 674/05 - (juris)). Denn insgesamt hat sich die allgemeine Sicherheitslage im Kosovo seit März 2005 verbessert (UNHCR-Position von Juni 2006), nachdem aufgrund der pogromartigen Ausschreitungen der albanischen Bevölkerungsmehrheit gegen die Roma im März 2004 die Lage vorübergehend deutlich ungünstiger war (vgl. UNHCR-Position vom 30. März 2004; Senatsbeschluss vom 15. November 2005, a.a.O.). Nach Einschätzung des UNHCR waren die Ashkali und Ägypter schon im März 2005 nicht mehr zur Gruppe mit fortbestehendem generellen Bedürfnis nach internationalem Schutz zu zählen (UNHCR-Position von März 2005).

Unzumutbar ist die Ausreise indes nicht erst bei zielstaatsbezogenen Gefahren für Freiheit, Leib oder Leben, also bei Abschiebungsverboten im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG, sondern auch bei weniger gewichtigen Gründen (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007, a.a.O.). Aktuell wird die Rückkehr für Angehörige der Minderheiten vom UNHCR nach wie vor nur auf strikt freiwilliger Basis befürwortet. Nach dem zwischen der UNMIK und der Bundesrepublik Deutschland vereinbarten MoU ist die zwangsweise Rückführung von Minderheiten in sehr behutsamer Weise mit einem aufwändigen Verfahren regelt, welches ein individuelles Screeningverfahren der UNMIK beinhaltet (vgl. Kosovo-Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 15. Februar 2007 - Gz. 508-516.80/3 SRB - S. 25 f.). Im Jahr 2006 wurden zwangsweise 3.598 Personen, davon 1.458 Personen aus Deutschland in den Kosovo zurückgeführt (Kosovo-Lagebericht vom 15. Februar 2007, a.a.O., S. 17). Freiwillig kehrten in diesem Zeitraum laut UNHCR 1.562 Minderheitenangehörige in den Kosovo zurück, davon 456 Ashkali/Ägypter. Insgesamt ist der Rückkehrprozess nahezu zum Stillstand gekommen (vgl. Kosovo-Lagebericht vom 15. Februar 2007, a.a.O., S. 17). Auch wenn vorliegend einiges dafür spricht, dass für die Kläger als Angehörige der Ashkali angesichts der derzeitigen Lage im Kosovo ein Verbleiben im Bundesgebiet als rechtsmissbräuchlich zu betrachten wäre, kann dies letztlich dahingestellt bleiben, denn den Klägern war die Ausreise aus anderen Gründen nicht zumutbar.

Zunächst benötigte der Kläger zu 4 über längere Zeit der ärztlichen Behandlung wegen einer tuberkulösen Schädigung der Wirbelsäule mit Gibbusbildung im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS), von der eine BWS-Skoliose und eine Verkürzung des Rumpfes verblieben ist. Am 2. Mai 2001 erfolgte insoweit eine dorso-ventrale Spondylodese LWK 2-4, der Kläger zu 4 musste für drei Monate einen Rumpfgips tragen. Schon aufgrund dieser aufwendigen Behandlung, die mit engmaschigen Kontrollen verbunden war, war dem Kläger zu 4 und dem folgend auch seinen Eltern, den Klägern zu 1 und 2 sowie den von diesen ebenfalls zu betreuenden Klägern zu 3, 5 und 6 die Ausreise zunächst nicht zumutbar. Wegen der Situation im Kosovo, insbesondere im Hinblick auf die Märzunruhen im Jahr 2004 war den Klägern anschließend die Ausreise ebenfalls nicht zumutbar. Ob die im Attest der Klinik für Kinderneurologie und Sozialpädiatrie Kinderzentrum Maulbronn vom 8. Juni 2005 erwähnte posttraumatische Belastungssituation bei dem Kläger zu 4 tatsächlich vorliegt, ist daher nicht entscheidend. Zweifel hieran bestehen insoweit, als der Kläger zu 4 ausweislich der Leistungsakten seither nicht ärztlich behandelt und deswegen auch nicht mehr vorgestellt wurde. Ebenso sind die in dem genannten Attest für erforderlich gehaltenen Untersuchungen zur Klärung des Verdachts auf eine Absencenepilepsie nicht erfolgt. Nachdem der Kläger zu 4 somit seit mehr als zwei Jahren keine entsprechende ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen musste, ist nicht nachgewiesen, dass eine derart gravierende Erkrankung auf nervenärztlichem Gebiet vorliegt, dass eine fachärztliche Behandlung erforderlich ist. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob im Kosovo entsprechende medizinische Behandlungsmöglichkeiten überhaupt bestehen (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30. November 2006, a.a.O.). Für die Zeit ab Frühjahr 2005, nachdem die Lage im Kosovo jedenfalls für Angehörige der Ashkali nicht mehr bedrohlich war, steht der Zumutbarkeit der Ausreise jedoch die Integration der Kläger zu 3 bis 6 in die hiesige Gesellschaft entgegen (dazu im Folgenden).

Als weiterer Grund für eine Unzumutbarkeit der Ausreise ist auch eine Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse nach jahrelangem Aufenthalt in Deutschland zu sehen. Liegt eine derartige Integration vor, dass die Ausreise in das Herkunftsland etwa einer Auswanderung nahekäme, mag zwar das Aufenthaltsrecht darauf keine Rücksicht nehmen, falls es gelingt, diese Ausländer eines Tages doch noch abzuschieben. Bis dahin wird dem Ausländer seine Nichtausreise leistungsrechtlich aber nicht vorwerfbar und der weitere - geduldete - Aufenthalt in Deutschland deshalb nicht rechtsmissbräuchlich sein (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007, a.a.O.). Welche Kriterien für die Frage einer ausreichenden Inlandsintegration in Bezug auf die leistungsrechtliche Privilegierung erfüllt sein müssen, ist bislang in Rechtsprechung und Literatur noch nicht geklärt. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird in Bezug auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG diskutiert, inwieweit Ausländern, die sich bereits seit längerer Zeit im Bundesgebiet aufhalten, unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Rückkehr in ihr Heimatland zugemutet werden kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Januar 2006 - 13 S 2220/05 - ZAR 2006, 142; Hessischer VGH, Beschluss vom 15. Februar 2006 - 7 TG 106/06 - NVwZ-RR 2006, 826; Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24. Februar 2006 - 7 B 10020/06 - InfAuslR 2006, 274; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 1. September 2006 - 8 LA 101/06 - (juris)). Dabei wird unter Rückgriff auf Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. II 1952, 683, 953/ II 1954, 14 (EMRK)) ausgeführt, dass nach dieser Vorschrift ein Recht auf Achtung des Privatlebens besteht, welches dem Individuum eine Sphäre sichern soll, in der es die Entwicklung und Erfüllung seiner Persönlichkeit anstreben kann. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Urteil vom 16. Juni 2005 - 60654/00 (Sisojeva) - InfAuslR 2005, 349) stellt auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts jedenfalls dann einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in das Privatleben dar, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Dies kommt für Ausländer in Betracht, die aufgrund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsort verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind, somit faktisch die Bundesrepublik Deutschland das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit dem Heimatland nur das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Juni 2006, a.a.O.; vgl. auch VG Stuttgart, Urteil vom 11. Oktober 2005 – 11 K 5363/03InfAuslR 2006, 14). Die mit einem mehrjährigen Aufenthalt regelmäßig einhergehende Gewöhnung an die Verhältnisse im Aufenthaltsstaat kann für sich genommen nicht ausreichen, für erforderlich gehalten werden vielmehr neben einer mehrjährigen Aufenthaltsdauer auch gute deutsche Sprachkenntnisse und eine soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, die etwa durch Innehabung eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes, einen festen Wohnsitz, ausreichende Mittel, um den Lebensunterhalt einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten zu können, in sozialen Kontakten und fehlender Straffälligkeit zum Ausdruck kommt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24. Februar 2006, a.a.O.).

Nach Auffassung des Senats können diese Kriterien, die für die Frage eines Aufenthaltsrechts maßgeblich sind, für die hier allein zu entscheidende Frage, ob Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen besteht, nur eingeschränkt übernommen werden. Insbesondere kann eine wirtschaftliche Integration (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Juni 2006, a.a.O.) nicht verlangt werden, denn dann liefe der Anwendungsbereich des § 2 AsylbLG weitgehend leer.

Im vorliegenden Fall kam der Kläger zu 5 als Zweijähriger, der Kläger zu 4 als Dreijähriger und der Kläger zu 3 als Fünfjähriger ins Bundesgebiet, der Kläger zu 6 wurde hier geboren. Den Klägern zu 5 und 6 sind somit die Verhältnisse im Heimatland gänzlich und den Klägern zu 3 und 4 weitgehend unbekannt, die Kläger zu 3 bis 6 sind im wesentlichen durch die Lebensverhältnisse im Bundesgebiet sozialisiert. An das Heimatland noch bestehende Bindungen sind bei den Kindern nicht ersichtlich. Sie verfügen nach den Angaben der Kläger nur über rudimentäre Kenntnisse der albanischen Sprache. Im hier streitigen Zeitraum besuchte der Kläger zu 3 die Pestalozzischule Bretten (Förderschule), die Kläger zu 4 und 5 die Grundschule. Der Kläger zu 5 spielt zudem Fußball im Fußballverein K ... Der Kläger zu 6 war in diesem Zeitraum aufgrund seines Alters noch nicht eingeschult. Bezüglich der Kläger Ziff. 3 bis 6 ist der Senat davon überzeugt, dass diese aufgrund ihres langjährigen Aufenthalts in Deutschland hier sprachlich, sozial und schulisch so stark deutsch geprägt worden sind, dass sie bei Übersiedlung in den Kosovo einer ihnen völlig entfremdeten bzw. fremdartigen Umgebung ausgesetzt wären. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Kinder untereinander deutsch sprechen, sich folglich in dieser Sprache besser ausdrücken können als auf albanisch, wovon sich der Senat in der mündlichen Verhandlung am 22. November 2007 überzeugen konnte.

Im Gegensatz dazu erscheint dem Senat eine vergleichbare Inlandsintegration der Kläger zu 1 und 2 nicht vorzuliegen. Gleichwohl ist auch ihnen die Ausreise unzumutbar, da sie ansonsten entweder ihre minderjährigen Kinder in Deutschland zurücklassen oder zum unzumutbaren Wechsel in das Kosovo zwingen müssten. Zwar folgt nach der Konzeption des Ausländerrechts das Aufenthaltsrecht der Kinder bis zum 16. Lebensjahr dem der Eltern (vgl. §§ 35 Abs. 1 und 80 Abs. 1 AufenthG), womit auch die Integrationsfähigkeit der Kinder in andere Lebensverhältnisse generell unterstellt wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Juni 2006, a.a.O.; Hessischer VGH, Urteil vom 21. September 1994 - 10 UE 548/94 - NVwZ-RR 1995, 163). Auch insoweit weichen jedoch die Maßstäbe für die hier entscheidende leistungsrechtliche Fragestellung von der ausländerrechtlichen Beurteilung ab. Nach der Rechtsprechung des BSG führt schon die Integration der Kinder zu einer Unzumutbarkeit der Ausreise für die Eltern (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 8. Februar 2007, a.a.O.). Wie sich die Begehung von Straftaten durch den Kläger zu 1, welche gegen eine Integration in die hiesige Gesellschaft spricht, im Verhältnis zur von der Integration der Kinder abgeleiteten Leistungsprivilegierung auswirkt, ob insoweit ein Anspruch des Klägers zu 1 auf Gewährung von Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG nicht besteht, bedarf für den hier nur streitigen Zeitraum im Jahr 2005 keiner Entscheidung.

Die Kläger haben nach alledem dem Grunde nach Anspruch auf die höheren Leistungen nach § 2 AsylbLG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved