Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 1589/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 5328/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Verletztenrente wegen einer von der Beklagten mittlerweile anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV-Lärmschwerhörigkeit).
Der 1947 geborene Kläger arbeitete von 1970 an im holzverarbeitenden Gewerbe. Zunächst war er bei der Firma R. bis 1986 im Maschinensaal und danach bis 1988 in der Oberflächenbearbeitung tätig. Anschließend arbeitete er bei der Firma E., Sägewerk im Maschinenraum. Seit 1991 ist er bei der Firma G. mit Schreinerarbeiten im Maschinenraum betraut. Letzter Arbeitstag war der 18. Juni 2004.
Unter dem 22. Mai 2002 zeigte Betriebsarzt Dr. K. das Vorliegen einer Lärmschwerhörigkeit an. Die Schwerhörigkeit und beidseitiger Tinnitus bestehe seit ca. 1994. Des weiteren bestehe ein Diabetes mellitus seit ca. 7 Jahren und eine arterielle Hypertonie. Die Beklagte veranlasste die Einholung von Auskünften der Firma R., G. und E., holte Auskünfte der AOK und IKK F.t ein und veranlasste eine Arbeitsplatz-Lärmanalyse. Dr. Schm ...om Technischen Aufsichtsdienst der Beklagten gelangte in seiner Stellungnahme vom 30. Juli 2002 zum Ergebnis, dass eine gefährdende Tätigkeit vorgelegen habe. Die Exposition im Zeitraum von September 1970 bis 1986 habe 90 dB (A), von 1986 bis 1988 weniger als 85 dB (A) und von 1991 an 87 dB (A) betragen. Ferner wies er darauf hin, dass der Kläger am Arbeitsplatz keinen Gehörschutz trage. In einer Ergänzung stellte die Beklagte unter dem 13. September 2002 fest, dass die Lärmbelastung von Januar 1988 bis Dezember 1990 bei der Firma E. ebenfalls lärmgefährdet gewesen sei (Beurteilungspegel 90 dB (A)). Die Beklagte holte Auskünfte des behandelnden Arztes Dr. M. vom 10. August und 5. Oktober 2002 ein und veranlasste aufgrund der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. R. vom 23. September 2002 eine Begutachtung durch Dr. M ... Unter dem 17. Dezember 2002 führte der Gutachter aus, eine exakte Differenzierung in einen lärmabhängigen und lärmunabhängigen Anteil der Hörstörung sei nicht möglich, weshalb nach den Empfehlungen des Königsteiner Merkblattes die gesamte Hörstörung mit Ohrgeräuschen beidseits als im wesentlichen lärmunabhängig anzusehen sei. Dieser Einschätzung stimmte der Beratungsarzt Dr. R. unter dem 16. Januar 2003 ebenso zu wie die Gewerbeärztin Dr. E. unter dem 29. Januar 2003. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Februar 2003 die Anerkennung der Gehörerkrankung als BK Nr. 2301 der Anlage zur BKV ab. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger unter anderem geltend, er habe entgegen der Äußerung von Dr. M. höchstens Watte in die Ohrgänge gestopft, diese jedoch bei weitem auch nicht regelmäßig. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2003 zurück.
Am 10. Juni 2003 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Das SG hat von Dr. M. die ergänzende gutachtliche Stellungnahme vom 8. September 2003 eingeholt, nach der die Frage des Tragens von Gehörschutz auf die gutachtliche Entscheidung keinen Einfluss nehme. Der Kläger hat einen Bericht des Marienhospitals Stuttgart vom 10. Juli 2003 vorgelegt, nach dem ein Verdacht auf eine chronische berufsbedingte Lärmschwerhörigkeit beidseits mit chronischem Tinnitus bestehe. Das SG hat des weiteren Beweis erhoben durch Einholung der Gutachten von Prof. Dr. D. sowie - gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - von Prof. Dr. St ... Prof. Dr. D. hat unter dem 21. November 2003 ausgeführt, die wesentliche Ursache für die beim Kläger vorhandene Innenohrschwerhörigkeit liege nicht in der beruflichen Lärmexposition. Unter Hinweis auf das Tonaudiogramm vom 4. Juli 1995 schlage er vor, eine Lärmschwerhörigkeit mit Innenohrhörverlusten vorwiegend im hohen Frequenzbereich formal anzuerkennen; eine prozentual messbare Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) liege nicht vor. Der vom Kläger angegebene Tinnitus sei insbesondere vor dem Hintergrund der zeitlichen Entwicklung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich auf die berufliche Lärmexposition zurückzuführen. Unter dem 25. November 2003 hat er ergänzend Stellung genommen und ausgeführt, aus dem nachgereichten Bericht des Marienhospitals könne entnommen werden, dass sich dort in erster Linie Hochtonhörverluste dargestellt hätten, was ein weiteres Indiz dafür sei, dass die jetzt angegebenen Hörverluste im tiefen und mittleren Frequenzbereich entweder nicht der Realität entsprächen oder lärmunabhängig innerhalb weniger Monate hinzugetreten seien. Prof. Dr. St. ist im Gutachten vom 2. September 2004 zu dem Ergebnis gelangt, dass eine durch Berufslärmeinwirkungen verursachte Innenohrschwerhörigkeit vorliege, die unter integrierender Bewertung des Tinnitus mit 20 v.H. einzuschätzen sei. Prof. Dr. D. hat hierzu in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 3. Januar 2005 entgegnet, selbst wenn der Hörverlust mit 20 % rechts und 30 % links angenommen werde, ergebe sich hieraus eine MdE allenfalls um 15 v.H. Demgegenüber hat Prof. Dr. St. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. April 2005 darauf hingewiesen, dass nach der in das Königsteiner Merkblatt aufgenommenen Tabelle bei einem Hörverlust von 20 % auf der einen und 30 % auf der anderen Seite ein Ermessensspielraum bestehe, ob man den Wert 20 % der Gruppe "20 % und darunter" zuordnet, was mit einer MdE von 10 % bewertet würde, oder der Gruppe "20% und darüber", was zu einer MdE von 15 % führe. Den Wert "10 bis 15 %" gäbe es in diesen Tabellen nicht. Da beim Kläger der Hörverlust rechts sprachaudiometrisch 20 % betragen habe, unter Zugrundelegung des Tonaudiogrammes aber 30 %, erscheine es logisch, ihn in die Gruppe "20 % und darüber" einzuordnen, was eine MdE von 15 % rechtfertige und unter integrierender Einbeziehung des Tinnitus zu einer MdE von 20 % führe.
Bereits mit Schriftsatz vom 22. Februar 2005 hat die Beklagte sich bereit erklärt eine BK Nr. 2301 der Anlage 1 zur BKV sowie als deren Folge eine beidseitige Innenohrschwerhörigkeit und einen Tinnitus beidseits anzuerkennen. Die Beklagte hat des weiteren die beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. Reich vom 12. Oktober 2004 und 23. Mai 2005 vorgelegt.
In der mündlichen Verhandlung am 24. Oktober 2005 hat die Beklagte das bereits schriftsätzlich erklärte Anerkenntnis wiederholt, das der Kläger als Teilanerkenntnis angenommen hat. Mit Urteil vom 24. Oktober 2005 hat das SG die Klage auf Gewährung einer Verletztenrente abgewiesen, da sich die MdE nur mit 15 v.H. einschätzen lasse. Hierbei hat es sich auf den Sachverständigen Prof. Dr. D. und den Beratungsarzt der Beklagten Dr. R. gestützt.
Gegen das dem Kläger am 14. November 2005 zugestellte Urteil hat er am 13. Dezember 2005 Berufung eingelegt und geltend gemacht, dass die Hörstörung eine MdE von 15 v.H. bedinge und die Gesamt MdE unter Berücksichtigung des Tinnitus 20 v.H. betrage. Zu dem sei der Kläger beruflich besonders betroffen, weshalb an der MdE von 20 v.H. kein vernünftiger Zweifel mehr bestehe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. Oktober 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2003 aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H. zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Eine besondere berufliche Betroffenheit scheitere bereits daran, dass es sich bei der beruflichen Tätigkeit des Klägers in Bezug auf die Berufskrankheit nicht um einen Spezialberuf im Sinne der von der Rechtssprechung entwickelten Grundsätze handele. Somit könne dahingestellt bleiben, ob die berufliche Tätigkeit bereits aufgegeben worden und ob hierfür die hier streitbefangene Berufskrankheit ausschlaggebend gewesen sei.
Der Senat Prof. Dr. B. zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt, der unter dem 7. August 2006 angeregt hat, das vom Marienhospital erstellte Tonaudiogramm beizuziehen. Unter dem 27. Oktober 2006 hat das Marienhospital S. die Original-Behandlungsunterlagen vorgelegt (s. Anlage zu Bl. 65 d. LSG-Akten). Der Kläger hat noch einen Bericht des Dr. M. vom 31. Oktober 2006 samt Tonschwellenaudiogramm vom 31. Oktober 2006 vorgelegt, was dem gerichtlichen Sachverständigen zur Kenntnis gegeben worden ist. Aufgrund einer Untersuchung am 12. Dezember 2006 ist Prof. Dr. B. im am 29. Januar 2007 vorgelegten Gutachten zur Auffassung gelangt, dass die beiderseits knapp geringgradige Innenohrschwerhörigkeit mit belästigenden lärmbedingten Ohrgeräuschen als Folge beruflicher Lärmeinwirkung vorliege und eine MdE um 15 v.H. rechtfertige. Auf den Beweisantrag des Klägers hat der Senat von Amts wegen noch das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Prof. Dr. Bi. vom 21. Mai 2007 eingeholt. Hiernach seien psycho-reaktive Folgekrankheiten lärmbedingter Genese definitiv auszuschließen; die MdE auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet betrage zu jedem Zeitpunkt 0 v.H. Der Kläger hat hierauf entgegnet, Prof. Dr. Bi. könne nicht gefolgt werden, da eine depressive Verstimmung zumindest naheliege, wenn doch Schmerzen anerkannt worden seien. Auch über das Ausmaß einer Polyneuropathie hätte er weitere Untersuchungen vornehmen müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) sowie frist- und formgerecht (§ 151) eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Er hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente wegen der geltend gemachten Lärmschwerhörigkeit und Tinnitus.
Wegen der Rechtsgrundlagen des geltend gemachten Anspruchs wird auf das angefochtene Urteil des SG verwiesen. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist wegen der Folgen der zwischenzeitlich anerkannten BK nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert. Der Senat stützt sich auf die Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. B. und Prof. Dr. Bi ...
Prof. Dr. B. hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass die beiderseits knapp geringgradige Innenohrschwerhörigkeit mit belästigenden lärmbedingten Ohrgeräuschen allenfalls eine MdE um 15 v.H. rechtfertigt. Prof. Dr. B. hat bei der Untersuchung des Klägers das Hörvermögen so befundet, dass sich bei der tonaudiometrischen Untersuchung im Bereich der tiefen und mittleren Frequenzen nur leichte Hörverluste gezeigt haben. Oberhalb 1000 Hz bzw. 1500 Hz hat sich ein Hochtonschrägabfall bis auf 105 bzw. 110 dB bei 6000 Hz gezeigt. Bei der sprachaudiometrischen Untersuchung betrug der mittlere Hörverlust für Zahlwörter rechts 29 dB und links 29 dB, das ungewichtete Gesamtwortverstehen beiderseits 255 und das gewichtete Gesamtwortverstehen rechts 235 und links 237,5. Prof. Dr. B. hat danach nachvollziehbar ausgeführt, dass sich aus dem Sprachaudiogramm - auf die gleichen Werte kommt man auch, wenn man das gewichtete Gesamtwortverstehen nach Feldmann zugrunde legt - beiderseits ein prozentualer Hörverlust von unter 30 v.H. (20 v.H.) ergibt, was nach der MdE-Tabelle nach Feldmann (s. hierzu Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2301 Anmerkung 4.3.2 Tabelle 3) eine MdE von 10 v.H. ergibt. Prof. Dr. B. hat auch für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass sich die Berurteilung nicht nach dem Tonaudiogramm richten dürfe, aber selbst dies nicht zu einer höheren MdE Einschätzung führen würde. Nach dem Königsteiner Merkblatt ist das Tonaudiogramm nur dann zur Beurteilung heranzuziehen, wenn aus dem Sprachaudiogramm unter Berücksichtigung des gewichteten Gesamtwortverstehens ein Wert von weniger als 20 % vorliegt oder wenn kein Sprachaudiogramm zu erstellen ist, was beides nicht vorliegt. Im übrigen ist nach dem Königsteiner Merkblatt von einem prozentualen Hörverlust von 20 % und nicht von mehr auszugehen, selbst wenn sich aus dem Tonaudiogramm ein höherer Hörverlust ergeben hat. Auch dies würde zu einer MdE um 10 % führen. Auch die daraus unter Berücksichtigung des Tinnitus vom Gutachter gebildete Gesamt-MdE von 15 v.H. überzeugt den Senat. Zwar bestehen aufgrund des Gutachtens des Prof. Dr. Bi. Zweifel an stark belästigenden Ohrgeräuschen, nachdem der Gutachter gravierende Schwankungen hinsichtlich der Frequenz der Ohrgeräusche festgestellt hat. Prof. Dr. Bi. hat jedenfalls überzeugend psychoreaktive Folgekrankheiten lärmbedingter Genese ausgeschlossen. Beim Kläger liegt auf neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet lediglich ein leicht ausgeprägtes Wirbelsäulen-Syndrom ohne daraus resultierende sensible beziehungsweise motorische neurologische Defizite und eine distal-symmetrische (diabetische) Polyneuropathie vor, die als lärmunabhängig einzuordnen sind. Insbesondere ein depressives Syndrom mit einer objektivierbaren depressiven Verstimmung, einer psychomotorischen Hemmung sowie einer Hemmung des Denkens und des Antriebs und in seiner Biografie nachweisbaren sozialen Rückzugstendenzen, einem Verlust seines allgemeinen Interessenspektrums und einem Verlust seiner Tagesstrukturierung sowie weiteren depressiven Symptomen konnte Prof. Dr. Bi. nicht feststellen. Prof. Dr. Bi. hat auch darauf hingewiesen, dass die mehrfach in den Akten auf Simulationstendenzen als Ausdruck einer entsprechenden bewußtseinsnahen Zweckreaktion befindlichen Hinweise diametral einer Diagnose eines depressiven Syndroms jedweder Genese bzw. unüberwindbarer psychischer Hemmungen widerspricht, da ein depressives Syndrom bzw. unüberwindbare psychische Hemmungen einen Rückzug in eine subjektive Innenwelt meinen, wohingegen simulative Tendenzen aktive, nach außen gerichtete Handlungselemente beinhalten. Ob Prof. Dr. B. deshalb für die beiderseitigen belästigenden Ohrgeräusche zutreffend eine MdE von 10 v.H. angenommen hat, kann der Senat dahingestellt lassen. Denn er hat zutreffend keine addierende, sondern integrierende Beurteilung vorgenommen, so dass eine Gesamt-MdE von allenfalls 15 v.H. vorliegt und damit selbst dann keine rentenbegründende MdE besteht.
Nicht gefolgt werden konnte dem Gutachten des Dr. M., da dieser das Ausmaß der Hörstörung sowie das audiometrische Bild mit den erheblichen Hörverlusten im Tieftonbereich und den pantonalen Verlaufskurven - gezeigt wurde eine hochgradige an Taubheit grenzende pantonale Perzeptionsstörung mit Hochtonohrgeräuschen - nicht zutreffend ermittelt hat. Auch die vom Marienhospital Stuttgart erhobenen Befunde sind nicht zutreffend. Diese zeigten beiderseits eine kombinierte Schwerhörigkeit, d.h. eine Schwerhörigkeit von Mittel- und Innenohr. Außerdem hat der Untersuchte im Tieftonbereich zu große Hörverluste angegeben, weshalb das Ausmaß der Hörstörung nicht zutreffend dargestellt worden ist. Dem Gutachten des Prof. Dr. D. kann nicht gefolgt werden, da die Hörverluste dort sowohl bei der tonaudiometrischen als auch bei der sprachaudiometrischen Untersuchung deutlich höher ausgefallen sind, als bei Prof. Dr. B., was nicht erklärbar ist. Dem Gutachten des Prof. Dr. St. kann der Senat nicht folgen, da dieser zwar annähernd deckungsgleich tonaudiometrische und sprachaudiometrische Befunde erhoben, diese aber nicht korrekt bewertet hat. Aus einem Hörverlust von 20 % des einen und 30 % des anderen Ohres hat er eine MdE von 15 v.H. abgeleitet, was unzutreffend ist. Es besteht kein Ermessenspielraum, ob man den Wert 20 v.H. der Gruppe 20 v.H. und darunter oder der Gruppe 20 v.H. und darüber zuordnet, sondern die MdE beträgt 10 v.H. wie Prof. Dr. D. unter dem 3. Januar 2005 und Prof. Dr. B. auf Seite 54 seines Gutachtens nachvollziehbar dargelegt haben. Wenn die Beurteilung des Prof. Dr. St. richtig wäre und es einen Ermessensspielraum gäbe, so wäre im übrigen der Spielraum nicht zwischen 10 v.H. und 15 v.H., sondern zwischen 0 und 15 v.H.; denn die Kombination 20 v.H. und darunter mit 30 v.H. ergibt eine MdE von 0 (s. Berechnung der MdE aus den Schwerhörigkeitsgraden beider Ohren (Feldmann) a.a.O.). Ein derartiger Ermessenspielraum wäre nicht nachvollziehbar und von Prof. Dr. St. auch nicht mit Ermessensgründen nachvollziehbar ausgeübt worden. Prof. Dr. B. hat demgegenüber überzeugend dargelegt, dass die Tabelle das bessere Ohr mit dem geringeren Hörverlust stärker bewertet, als das schlechtere Ohr, weshalb eine Gleichstellung mit einem beidseitigen Hörverlust von 30 v.H., was eine MdE von 15 v.H. bedingt, nicht gerechtfertigt ist.
Für eine besondere berufliche Betroffenheit würde es nicht ausreichen, dass die vom Kläger geltend gemachte Beeinträchtigung im Lehrberuf - der Kläger gibt an, in seinem Heimatland den Beruf des Schreiners erlernt zu haben - vorliegt (vgl. BSGE 23, 253, 39, 31). Zudem ist hier nicht feststellbar, dass die knapp geringgradige Innenohrschwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen - jedenfalls bei Tragen von Lärmschutz - einen Einfluss auf die Tätigkeit hatte. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der Sankt R. Klinik vom 27. Juli 2004 hat der Kläger nicht über eine Unvereinbarkeit der Tätigkeit als Schreiner mit seiner Schwerhörigkeit geklagt und dies die behandelnden Ärzte auch nicht festgestellt.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Verletztenrente wegen einer von der Beklagten mittlerweile anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV-Lärmschwerhörigkeit).
Der 1947 geborene Kläger arbeitete von 1970 an im holzverarbeitenden Gewerbe. Zunächst war er bei der Firma R. bis 1986 im Maschinensaal und danach bis 1988 in der Oberflächenbearbeitung tätig. Anschließend arbeitete er bei der Firma E., Sägewerk im Maschinenraum. Seit 1991 ist er bei der Firma G. mit Schreinerarbeiten im Maschinenraum betraut. Letzter Arbeitstag war der 18. Juni 2004.
Unter dem 22. Mai 2002 zeigte Betriebsarzt Dr. K. das Vorliegen einer Lärmschwerhörigkeit an. Die Schwerhörigkeit und beidseitiger Tinnitus bestehe seit ca. 1994. Des weiteren bestehe ein Diabetes mellitus seit ca. 7 Jahren und eine arterielle Hypertonie. Die Beklagte veranlasste die Einholung von Auskünften der Firma R., G. und E., holte Auskünfte der AOK und IKK F.t ein und veranlasste eine Arbeitsplatz-Lärmanalyse. Dr. Schm ...om Technischen Aufsichtsdienst der Beklagten gelangte in seiner Stellungnahme vom 30. Juli 2002 zum Ergebnis, dass eine gefährdende Tätigkeit vorgelegen habe. Die Exposition im Zeitraum von September 1970 bis 1986 habe 90 dB (A), von 1986 bis 1988 weniger als 85 dB (A) und von 1991 an 87 dB (A) betragen. Ferner wies er darauf hin, dass der Kläger am Arbeitsplatz keinen Gehörschutz trage. In einer Ergänzung stellte die Beklagte unter dem 13. September 2002 fest, dass die Lärmbelastung von Januar 1988 bis Dezember 1990 bei der Firma E. ebenfalls lärmgefährdet gewesen sei (Beurteilungspegel 90 dB (A)). Die Beklagte holte Auskünfte des behandelnden Arztes Dr. M. vom 10. August und 5. Oktober 2002 ein und veranlasste aufgrund der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. R. vom 23. September 2002 eine Begutachtung durch Dr. M ... Unter dem 17. Dezember 2002 führte der Gutachter aus, eine exakte Differenzierung in einen lärmabhängigen und lärmunabhängigen Anteil der Hörstörung sei nicht möglich, weshalb nach den Empfehlungen des Königsteiner Merkblattes die gesamte Hörstörung mit Ohrgeräuschen beidseits als im wesentlichen lärmunabhängig anzusehen sei. Dieser Einschätzung stimmte der Beratungsarzt Dr. R. unter dem 16. Januar 2003 ebenso zu wie die Gewerbeärztin Dr. E. unter dem 29. Januar 2003. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Februar 2003 die Anerkennung der Gehörerkrankung als BK Nr. 2301 der Anlage zur BKV ab. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger unter anderem geltend, er habe entgegen der Äußerung von Dr. M. höchstens Watte in die Ohrgänge gestopft, diese jedoch bei weitem auch nicht regelmäßig. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2003 zurück.
Am 10. Juni 2003 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Das SG hat von Dr. M. die ergänzende gutachtliche Stellungnahme vom 8. September 2003 eingeholt, nach der die Frage des Tragens von Gehörschutz auf die gutachtliche Entscheidung keinen Einfluss nehme. Der Kläger hat einen Bericht des Marienhospitals Stuttgart vom 10. Juli 2003 vorgelegt, nach dem ein Verdacht auf eine chronische berufsbedingte Lärmschwerhörigkeit beidseits mit chronischem Tinnitus bestehe. Das SG hat des weiteren Beweis erhoben durch Einholung der Gutachten von Prof. Dr. D. sowie - gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - von Prof. Dr. St ... Prof. Dr. D. hat unter dem 21. November 2003 ausgeführt, die wesentliche Ursache für die beim Kläger vorhandene Innenohrschwerhörigkeit liege nicht in der beruflichen Lärmexposition. Unter Hinweis auf das Tonaudiogramm vom 4. Juli 1995 schlage er vor, eine Lärmschwerhörigkeit mit Innenohrhörverlusten vorwiegend im hohen Frequenzbereich formal anzuerkennen; eine prozentual messbare Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) liege nicht vor. Der vom Kläger angegebene Tinnitus sei insbesondere vor dem Hintergrund der zeitlichen Entwicklung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich auf die berufliche Lärmexposition zurückzuführen. Unter dem 25. November 2003 hat er ergänzend Stellung genommen und ausgeführt, aus dem nachgereichten Bericht des Marienhospitals könne entnommen werden, dass sich dort in erster Linie Hochtonhörverluste dargestellt hätten, was ein weiteres Indiz dafür sei, dass die jetzt angegebenen Hörverluste im tiefen und mittleren Frequenzbereich entweder nicht der Realität entsprächen oder lärmunabhängig innerhalb weniger Monate hinzugetreten seien. Prof. Dr. St. ist im Gutachten vom 2. September 2004 zu dem Ergebnis gelangt, dass eine durch Berufslärmeinwirkungen verursachte Innenohrschwerhörigkeit vorliege, die unter integrierender Bewertung des Tinnitus mit 20 v.H. einzuschätzen sei. Prof. Dr. D. hat hierzu in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 3. Januar 2005 entgegnet, selbst wenn der Hörverlust mit 20 % rechts und 30 % links angenommen werde, ergebe sich hieraus eine MdE allenfalls um 15 v.H. Demgegenüber hat Prof. Dr. St. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. April 2005 darauf hingewiesen, dass nach der in das Königsteiner Merkblatt aufgenommenen Tabelle bei einem Hörverlust von 20 % auf der einen und 30 % auf der anderen Seite ein Ermessensspielraum bestehe, ob man den Wert 20 % der Gruppe "20 % und darunter" zuordnet, was mit einer MdE von 10 % bewertet würde, oder der Gruppe "20% und darüber", was zu einer MdE von 15 % führe. Den Wert "10 bis 15 %" gäbe es in diesen Tabellen nicht. Da beim Kläger der Hörverlust rechts sprachaudiometrisch 20 % betragen habe, unter Zugrundelegung des Tonaudiogrammes aber 30 %, erscheine es logisch, ihn in die Gruppe "20 % und darüber" einzuordnen, was eine MdE von 15 % rechtfertige und unter integrierender Einbeziehung des Tinnitus zu einer MdE von 20 % führe.
Bereits mit Schriftsatz vom 22. Februar 2005 hat die Beklagte sich bereit erklärt eine BK Nr. 2301 der Anlage 1 zur BKV sowie als deren Folge eine beidseitige Innenohrschwerhörigkeit und einen Tinnitus beidseits anzuerkennen. Die Beklagte hat des weiteren die beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. Reich vom 12. Oktober 2004 und 23. Mai 2005 vorgelegt.
In der mündlichen Verhandlung am 24. Oktober 2005 hat die Beklagte das bereits schriftsätzlich erklärte Anerkenntnis wiederholt, das der Kläger als Teilanerkenntnis angenommen hat. Mit Urteil vom 24. Oktober 2005 hat das SG die Klage auf Gewährung einer Verletztenrente abgewiesen, da sich die MdE nur mit 15 v.H. einschätzen lasse. Hierbei hat es sich auf den Sachverständigen Prof. Dr. D. und den Beratungsarzt der Beklagten Dr. R. gestützt.
Gegen das dem Kläger am 14. November 2005 zugestellte Urteil hat er am 13. Dezember 2005 Berufung eingelegt und geltend gemacht, dass die Hörstörung eine MdE von 15 v.H. bedinge und die Gesamt MdE unter Berücksichtigung des Tinnitus 20 v.H. betrage. Zu dem sei der Kläger beruflich besonders betroffen, weshalb an der MdE von 20 v.H. kein vernünftiger Zweifel mehr bestehe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. Oktober 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2003 aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H. zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Eine besondere berufliche Betroffenheit scheitere bereits daran, dass es sich bei der beruflichen Tätigkeit des Klägers in Bezug auf die Berufskrankheit nicht um einen Spezialberuf im Sinne der von der Rechtssprechung entwickelten Grundsätze handele. Somit könne dahingestellt bleiben, ob die berufliche Tätigkeit bereits aufgegeben worden und ob hierfür die hier streitbefangene Berufskrankheit ausschlaggebend gewesen sei.
Der Senat Prof. Dr. B. zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt, der unter dem 7. August 2006 angeregt hat, das vom Marienhospital erstellte Tonaudiogramm beizuziehen. Unter dem 27. Oktober 2006 hat das Marienhospital S. die Original-Behandlungsunterlagen vorgelegt (s. Anlage zu Bl. 65 d. LSG-Akten). Der Kläger hat noch einen Bericht des Dr. M. vom 31. Oktober 2006 samt Tonschwellenaudiogramm vom 31. Oktober 2006 vorgelegt, was dem gerichtlichen Sachverständigen zur Kenntnis gegeben worden ist. Aufgrund einer Untersuchung am 12. Dezember 2006 ist Prof. Dr. B. im am 29. Januar 2007 vorgelegten Gutachten zur Auffassung gelangt, dass die beiderseits knapp geringgradige Innenohrschwerhörigkeit mit belästigenden lärmbedingten Ohrgeräuschen als Folge beruflicher Lärmeinwirkung vorliege und eine MdE um 15 v.H. rechtfertige. Auf den Beweisantrag des Klägers hat der Senat von Amts wegen noch das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Prof. Dr. Bi. vom 21. Mai 2007 eingeholt. Hiernach seien psycho-reaktive Folgekrankheiten lärmbedingter Genese definitiv auszuschließen; die MdE auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet betrage zu jedem Zeitpunkt 0 v.H. Der Kläger hat hierauf entgegnet, Prof. Dr. Bi. könne nicht gefolgt werden, da eine depressive Verstimmung zumindest naheliege, wenn doch Schmerzen anerkannt worden seien. Auch über das Ausmaß einer Polyneuropathie hätte er weitere Untersuchungen vornehmen müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) sowie frist- und formgerecht (§ 151) eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Er hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente wegen der geltend gemachten Lärmschwerhörigkeit und Tinnitus.
Wegen der Rechtsgrundlagen des geltend gemachten Anspruchs wird auf das angefochtene Urteil des SG verwiesen. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist wegen der Folgen der zwischenzeitlich anerkannten BK nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert. Der Senat stützt sich auf die Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. B. und Prof. Dr. Bi ...
Prof. Dr. B. hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass die beiderseits knapp geringgradige Innenohrschwerhörigkeit mit belästigenden lärmbedingten Ohrgeräuschen allenfalls eine MdE um 15 v.H. rechtfertigt. Prof. Dr. B. hat bei der Untersuchung des Klägers das Hörvermögen so befundet, dass sich bei der tonaudiometrischen Untersuchung im Bereich der tiefen und mittleren Frequenzen nur leichte Hörverluste gezeigt haben. Oberhalb 1000 Hz bzw. 1500 Hz hat sich ein Hochtonschrägabfall bis auf 105 bzw. 110 dB bei 6000 Hz gezeigt. Bei der sprachaudiometrischen Untersuchung betrug der mittlere Hörverlust für Zahlwörter rechts 29 dB und links 29 dB, das ungewichtete Gesamtwortverstehen beiderseits 255 und das gewichtete Gesamtwortverstehen rechts 235 und links 237,5. Prof. Dr. B. hat danach nachvollziehbar ausgeführt, dass sich aus dem Sprachaudiogramm - auf die gleichen Werte kommt man auch, wenn man das gewichtete Gesamtwortverstehen nach Feldmann zugrunde legt - beiderseits ein prozentualer Hörverlust von unter 30 v.H. (20 v.H.) ergibt, was nach der MdE-Tabelle nach Feldmann (s. hierzu Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2301 Anmerkung 4.3.2 Tabelle 3) eine MdE von 10 v.H. ergibt. Prof. Dr. B. hat auch für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass sich die Berurteilung nicht nach dem Tonaudiogramm richten dürfe, aber selbst dies nicht zu einer höheren MdE Einschätzung führen würde. Nach dem Königsteiner Merkblatt ist das Tonaudiogramm nur dann zur Beurteilung heranzuziehen, wenn aus dem Sprachaudiogramm unter Berücksichtigung des gewichteten Gesamtwortverstehens ein Wert von weniger als 20 % vorliegt oder wenn kein Sprachaudiogramm zu erstellen ist, was beides nicht vorliegt. Im übrigen ist nach dem Königsteiner Merkblatt von einem prozentualen Hörverlust von 20 % und nicht von mehr auszugehen, selbst wenn sich aus dem Tonaudiogramm ein höherer Hörverlust ergeben hat. Auch dies würde zu einer MdE um 10 % führen. Auch die daraus unter Berücksichtigung des Tinnitus vom Gutachter gebildete Gesamt-MdE von 15 v.H. überzeugt den Senat. Zwar bestehen aufgrund des Gutachtens des Prof. Dr. Bi. Zweifel an stark belästigenden Ohrgeräuschen, nachdem der Gutachter gravierende Schwankungen hinsichtlich der Frequenz der Ohrgeräusche festgestellt hat. Prof. Dr. Bi. hat jedenfalls überzeugend psychoreaktive Folgekrankheiten lärmbedingter Genese ausgeschlossen. Beim Kläger liegt auf neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet lediglich ein leicht ausgeprägtes Wirbelsäulen-Syndrom ohne daraus resultierende sensible beziehungsweise motorische neurologische Defizite und eine distal-symmetrische (diabetische) Polyneuropathie vor, die als lärmunabhängig einzuordnen sind. Insbesondere ein depressives Syndrom mit einer objektivierbaren depressiven Verstimmung, einer psychomotorischen Hemmung sowie einer Hemmung des Denkens und des Antriebs und in seiner Biografie nachweisbaren sozialen Rückzugstendenzen, einem Verlust seines allgemeinen Interessenspektrums und einem Verlust seiner Tagesstrukturierung sowie weiteren depressiven Symptomen konnte Prof. Dr. Bi. nicht feststellen. Prof. Dr. Bi. hat auch darauf hingewiesen, dass die mehrfach in den Akten auf Simulationstendenzen als Ausdruck einer entsprechenden bewußtseinsnahen Zweckreaktion befindlichen Hinweise diametral einer Diagnose eines depressiven Syndroms jedweder Genese bzw. unüberwindbarer psychischer Hemmungen widerspricht, da ein depressives Syndrom bzw. unüberwindbare psychische Hemmungen einen Rückzug in eine subjektive Innenwelt meinen, wohingegen simulative Tendenzen aktive, nach außen gerichtete Handlungselemente beinhalten. Ob Prof. Dr. B. deshalb für die beiderseitigen belästigenden Ohrgeräusche zutreffend eine MdE von 10 v.H. angenommen hat, kann der Senat dahingestellt lassen. Denn er hat zutreffend keine addierende, sondern integrierende Beurteilung vorgenommen, so dass eine Gesamt-MdE von allenfalls 15 v.H. vorliegt und damit selbst dann keine rentenbegründende MdE besteht.
Nicht gefolgt werden konnte dem Gutachten des Dr. M., da dieser das Ausmaß der Hörstörung sowie das audiometrische Bild mit den erheblichen Hörverlusten im Tieftonbereich und den pantonalen Verlaufskurven - gezeigt wurde eine hochgradige an Taubheit grenzende pantonale Perzeptionsstörung mit Hochtonohrgeräuschen - nicht zutreffend ermittelt hat. Auch die vom Marienhospital Stuttgart erhobenen Befunde sind nicht zutreffend. Diese zeigten beiderseits eine kombinierte Schwerhörigkeit, d.h. eine Schwerhörigkeit von Mittel- und Innenohr. Außerdem hat der Untersuchte im Tieftonbereich zu große Hörverluste angegeben, weshalb das Ausmaß der Hörstörung nicht zutreffend dargestellt worden ist. Dem Gutachten des Prof. Dr. D. kann nicht gefolgt werden, da die Hörverluste dort sowohl bei der tonaudiometrischen als auch bei der sprachaudiometrischen Untersuchung deutlich höher ausgefallen sind, als bei Prof. Dr. B., was nicht erklärbar ist. Dem Gutachten des Prof. Dr. St. kann der Senat nicht folgen, da dieser zwar annähernd deckungsgleich tonaudiometrische und sprachaudiometrische Befunde erhoben, diese aber nicht korrekt bewertet hat. Aus einem Hörverlust von 20 % des einen und 30 % des anderen Ohres hat er eine MdE von 15 v.H. abgeleitet, was unzutreffend ist. Es besteht kein Ermessenspielraum, ob man den Wert 20 v.H. der Gruppe 20 v.H. und darunter oder der Gruppe 20 v.H. und darüber zuordnet, sondern die MdE beträgt 10 v.H. wie Prof. Dr. D. unter dem 3. Januar 2005 und Prof. Dr. B. auf Seite 54 seines Gutachtens nachvollziehbar dargelegt haben. Wenn die Beurteilung des Prof. Dr. St. richtig wäre und es einen Ermessensspielraum gäbe, so wäre im übrigen der Spielraum nicht zwischen 10 v.H. und 15 v.H., sondern zwischen 0 und 15 v.H.; denn die Kombination 20 v.H. und darunter mit 30 v.H. ergibt eine MdE von 0 (s. Berechnung der MdE aus den Schwerhörigkeitsgraden beider Ohren (Feldmann) a.a.O.). Ein derartiger Ermessenspielraum wäre nicht nachvollziehbar und von Prof. Dr. St. auch nicht mit Ermessensgründen nachvollziehbar ausgeübt worden. Prof. Dr. B. hat demgegenüber überzeugend dargelegt, dass die Tabelle das bessere Ohr mit dem geringeren Hörverlust stärker bewertet, als das schlechtere Ohr, weshalb eine Gleichstellung mit einem beidseitigen Hörverlust von 30 v.H., was eine MdE von 15 v.H. bedingt, nicht gerechtfertigt ist.
Für eine besondere berufliche Betroffenheit würde es nicht ausreichen, dass die vom Kläger geltend gemachte Beeinträchtigung im Lehrberuf - der Kläger gibt an, in seinem Heimatland den Beruf des Schreiners erlernt zu haben - vorliegt (vgl. BSGE 23, 253, 39, 31). Zudem ist hier nicht feststellbar, dass die knapp geringgradige Innenohrschwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen - jedenfalls bei Tragen von Lärmschutz - einen Einfluss auf die Tätigkeit hatte. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der Sankt R. Klinik vom 27. Juli 2004 hat der Kläger nicht über eine Unvereinbarkeit der Tätigkeit als Schreiner mit seiner Schwerhörigkeit geklagt und dies die behandelnden Ärzte auch nicht festgestellt.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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