Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 457/07 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Es wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 06.11.2007 gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen vom 01.11.2007 bis zur Zustellung einer Entscheidung des Antragsgegners über den Widerspruch der Antragstellerin angeordnet.
2. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen.
3. Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin und die Gerichtskosten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
4. Der Streitwert wird auf 25.339,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Zulassungsentziehung.
Die 1962 geborene und jetzt 45-jährige Antragstellerin ist als Fachärztin für Kinderheilkunde seit 01. Februar 1995 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Unter Datum vom 10.08.2007 stellte die Beigeladene zu 1 beim Zulassungsausschuss für Ärzte den Antrag, der Antragstellerin die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Zur Begründung ihres Antrags führte sie aus, die Praxis der Antragstellerin sei als Einzelpraxis genehmigt worden. Eine Gemeinschaftspraxis sei nicht genehmigt worden. Dessen ungeachtet habe die Antragstellerin in ihrer Praxis auch ihren Ehemann, Herrn A., als Arzt beschäftigt. Herr A. verfüge weder über eine Approbation noch über eine andere behördliche Erlaubnis zur Ausübung des Arztberufes. Lediglich für die Zeit vom 11.02.1998 bis zum 15.02.2000 habe eine befristete, widerrufliche Erlaubnis des Regierungspräsidiums GD. zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufes im Land Hessen vorgelegen. Herr A. sei nicht in das Arztregister eingetragen und verfüge über keine Zulassung als Vertragsarzt. Das Praxisschild weise die Antragstellerin als auch Herrn A. aus. Ebenfalls wiesen die Antragstellerin und Herr A. die Praxis unter der Arztnummer der Antragstellerin als "Gemeinschaftspraxis und G. A., FÄ f. Kdr.- u. Jugendmedizin, A-Str., A-Stadt" aus. Ein mit diesem Aufdruck versehener Notfall-/Vertretungsschein sei ihr von der Landesärztekammer übersandt worden. Am 08.08.2007 habe auf Bitten der Antragstellerin ein Gespräch zwischen ihr sowie Herrn JF., ihr juristischer Geschäftsführer, und Frau C, Mitarbeiterin der juristischen Geschäftsführung in ihren Räumen stattgefunden. Die Antragstellerin habe die Beschäftigung ihres Ehemannes seit dem 08.01.2007 in ihrer Praxis sowie die Abrechnung der von Herrn A. erbrachten Leistungen zugegeben und weitere Aufklärung zugesagt. Am 05.07.2007 habe Herr A. bei der Bezirksstelle PK. eine Urkunde der Landesärztekammer Hessen vom 20.07.2006 über die Anerkennung als Facharzt für Kinder- und Jungendmedizin eingereicht, um einen Antrag auf Eintrag in das Arztregister des Landes Hessen zu stellen. Die vorgelegte Anerkennungsurkunde sei eine Fälschung. Das auf der Urkunde abgebildete Wappen sei nicht das des Landes Hessen, sondern das des Landes Thüringen. Die Antragstellerin habe ihre Facharztanerkennung in Thüringen erhalten, sodass der Verdacht nahe liege, dass aus ihrer Urkunde die Anerkennungsurkunde Herrn A. erstellt worden sei. Zwischenzeitlich habe Frau A. zugegeben, ihre Urkunde als Vorlage genutzt und hieraus die Anerkennungsurkunde ihres Ehemannes hergestellt zu haben. Aus dem dargestellten Sachverhalt ergebe sich, dass Frau A. nicht mehr zur vertragsärztlichen Tätigkeit geeignet sei und die Zulassung daher zu entziehen sei.
Die Beigeladene zu 1 stellte ferner unter gleichem Datum eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft FA. wegen des Verdachts des Abrechnungsbetruges und der Urkundenfälschung.
Der Zulassungsausschuss führte am 01.11.2007 mit der Antragstellerin und ihres Prozessbevollmächtigten eine mündliche Verhandlung durch und teilte der Antragstellerin seine Entscheidung anschließend mündlich mit.
Gegen den Entziehungsbescheid legte die Antragstellerin mit Datum vom 06.11.2007, eingegangen am 07.11.2007, Widerspruch ein.
Den Beschluss vom 01.11.2007 fertigte der Zulassungsausschuss am 08.11.2007 aus. Er wurde am 08.11.2007 mit Einschreiben zur Post gegeben.
Der Zulassungsausschuss entzog mit Beschluss vom 01.11.2007 der Antragstellerin die Zulassung für den Vertragsarztsitz A-Stadt, A-Str., VJ.Kreis, gemäß § 95 Abs. 6 SGB V in Verbindung mit § 27 Ärzte-ZV. Ferner ordnete er den Sofortvollzug der Entscheidung gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG an. Zur Begründung führte er aus, bei einer gröblichen Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten sei die Zulassung zu entziehen. Die Pflichtverletzung sei gröblich, wenn ihretwegen die Entziehung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sei. Die peinlich genaue Leistungsabrechnung gehöre zu den Grundpflichten des Vertragsarztes. Die Gröblichkeit der Pflichtverletzung folge aus der nicht nur gelegentlichen Verletzung besonders wichtiger vertragsärztlicher Pflichten und der sich daraus ergebenden Schwere der Rechtsverletzung. Sie setze kein individuelles Verschulden im Sinne persönlicher Vorwerfbarkeit voraus, weil es sich nicht um eine Sanktion strafwürdigen Verhaltens, sondern um eine Maßnahme der Verwaltung handele, die allein dazu diene, das System der vertragsärztlichen Versorgung von dauernden größeren Störungen zu bewahren, damit es funktionsfähig bleibe. Wenn die Pflichtverletzung gröblich sei, d. h. wenn die Entziehung zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung notwendig und dafür das einzige Mittel sei, dann reichten Disziplinarmaßnahmen nicht mehr aus und die Zulassung sei zu entziehen. Ob Disziplinarmaßnahmen ergangen seien oder ergehen könnten, sei unerheblich. Durch die Antragstellerin sei die gesetzliche Ordnung der vertragsärztlichen Versorgung schwer gestört worden. Dadurch sei die Vertrauensgrundlage für eine weitere Zusammenarbeit mit ihr fortgefallen, weshalb eine weitere Zusammenarbeit mit ihr nicht mehr möglich erscheine. Sie habe ihre Pflicht als Vertragsärztin so schwer verletzt, dass die Entziehung als einziges Mittel zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sei. Sie habe ihre vertragsärztlichen Pflichten dadurch gravierend verletzt, dass sie ihren Ehemann in ihre Vertragsarztpraxis als Arzt beschäftigt habe, obwohl er weder über eine Approbation noch eine andere behördliche Erlaubnis zur Ausübung des Arztberufes verfügt habe. Auch habe sie die von ihrem Ehemann erbrachten Leistungen als ihre eigenen bei der Beigeladenen zu 1 abgerechnet. Diese Pflichtverletzungen seien als gröblich anzusehen und dazu geeignet, die Zulassungsentziehung zu begründen. Es habe sich auch nicht nur um eine kurzfristige Auffälligkeit gehandelt, sondern um den Zeitraum von ca. sechs Monaten. Außerdem sei auch die Höhe des entstandenen Schadens nicht unerheblich. Die Antragstellerin habe sich als ungeeignet für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung erwiesen. Die Grundpflicht zur peinlich genauen Abrechnung, auf deren Einhaltung sich KVen und Krankenkassen unbedingt verlassen können müssten, sei in erheblichem Umfang verletzt und damit das Vertrauensverhältnis schwer gestört worden. Die Pflichtverletzung wiege so schwer, dass die Entziehung geboten sei. Die Durchführung eines Disziplinarverfahrens stünde in keinem Verhältnis zur Schwere der begangenen Pflichtwidrigkeiten und komme daher als milderes Mittel nicht in Betracht. Es würde hier das vertragsärztliche System auch nicht ausreichend schützen. Es lägen auch nicht mehr die Zulassungsvoraussetzungen vor. Es seien Umstände eingetreten, aus denen sich die Ungeeignetheit der Ärztin ergebe. In der Person der Antragstellerin seien schwerwiegende Mängel erkennbar, nachdem sie nach Muster ihrer eigenen Facharztanerkennung die Anerkennungsurkunde ihres Ehemannes gefertigt habe. Als schwerwiegende Mängel in der Person eines Arztes müssten u. a. solche Mängel bezeichnet werden, die geeignet seien, das erforderliche Vertrauen in die Redlichkeit der Berufsausübung zu erschüttern, zu zerstören oder mit starken begründeten Zweifeln zu belegen. Nachdem der Vertragsarzt in vielfältiger Weise in die Rechtsvorschriften des Zivilrechts und des Kassenarztrechts eingebunden sei, müsse von ihm erwartet werden, dass er neben seinen medizinischen Fähigkeiten und seinem ärztlichen Können auch die erforderliche Bereitschaft zur Wahrung der erforderlichen Rechtstreue erkennen lasse. Der Vorwurf der Fälschung der Facharztanerkennungsurkunde des Ehemannes sei durch das Eingeständnis der Antragstellerin unstreitig. Es sei auf den Zweck der Entziehung, nämlich den Schutz des vertragsärztlichen Versorgungssystems abzustellen. Sie setze kein individuelles Verschulden im Sinne persönlicher Vorwerfbarkeit voraus, weil es sich nicht um eine Sanktion strafwürdigen Verhaltens, sondern um eine Maßnahme der Verwaltung handele, die allein dazu diene, das System der vertragsärztlichen Versorgung vor dauernden größeren Störungen zu bewahren, damit es funktionsfähig bleibe. Die Grundpflicht zur ordnungsgemäßen Behandlung der Patienten könne im vorliegenden Fall nicht mit Sicherheit gewährleistet werden, nachdem die Antragstellerin es zugelassen habe, dass ihr Ehemann Patienten in ihrer Praxis behandele, wissend, dass er weder eine Approbation als Arzt noch eine Facharztanerkennung besitze. Hieraus ergebe sich auch die Notwendigkeit für die Anordnung des Sofortvollzugs der Entscheidung gemäß § 86a Abs. 2 SGG, weil dies im dringenden Interesse der vertragsärztlichen Versicherten liege, um diese vor Gefährdungen zu schützen, nachdem der Zulassungsausschuss aufgrund der durch die Antragstellerin begangenen Urkundenfälschung das Vertrauen in deren Redlichkeit und Glaubwürdigkeit verloren habe.
Am 06.11.2007 hat die Antragstellerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sie trägt vor, es sei nach der mündlichen Verhandlung zunächst ein mündlicher Bescheid ergangen und der sofortige Vollzug angeordnet worden. Ihrem Prozessbevollmächtigten sei aufgegeben worden, ihr mitzuteilen, dass sie ab einschließlich dem 02.11.2007 ("ab morgen") nicht mehr als zugelassene Vertragsärztin tätig sein dürfe. Ihr Prozessbevollmächtigter habe ihr dies am selben Tag telefonisch mitgeteilt. Es fehle an einer schriftlichen Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Bescheids zum 01.11.2007. Darüber hinaus sei auch ein berechtigtes Interesse ihrerseits sowie der von ihr zu behandelnden Patienten und damit ein öffentliches Interesse an der Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben. Allein für die 45. Kalenderwoche seien 172 Patienten einbestellt worden, hinzu käme eine Vielzahl von Akutfällen. Im VJ.Kreis seien neben ihr lediglich drei weitere Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin vorhanden. Für die Sicherstellung der Versorgung bedürfe es ihrer Praxis. Die Patienten suchten sie weiter auf, auch suchten sie sie in ihrem Wohnhaus auf. Besonders kritisch sei die Situation in Akutfällen. In einem Fall wegen akuter Atemnot habe sie medizinisch eingreifen müssen, um sich nicht wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar zu machen. Die Anordnung des sofortigen Vollzuges habe für sie auch eine die wirtschaftliche Existenz gefährdende Auswirkung. Sie sei für sich und ihre 15-jährige Tochter auf die Einnahmen angewiesen. In ihrer Praxis beschäftige sie acht Mitarbeiter, manche bereits seit einer Vielzahl von Jahren, die längste Kündigungsfrist betrage sechs Monate zum Monatsende. Ihren Ehemann habe sie auf dessen Drängen hin beschäftigt, beschränkt im Wesentlichen auf privatärztliche Leistungen, die sie gegenüber den Patienten nicht liquidiert habe. Auch vertragsärztliche Leistungen habe sie nicht immer abgerechnet. Ihr Ehemann habe sich auch von Ende April bis zum 12.05.2007 in Syrien aufgehalten. Seine Leistungen hätten sich insgesamt in einem äußerst geringen Umfang bewegt. Ihr Ehemann habe auch gedroht, mit ihrer gemeinsamen Tochter nach Syrien auszureisen. Sie habe sich zwischenzeitlich von ihm getrennt und im November eine Rechtsanwältin zur Scheidungsberatung aufgesucht. Sämtliche Praxisschlüssel befänden sich wieder in ihrem Besitz. Sie werde ihm auch zukünftig das Betreten der Praxisräume verwehren. Eine Gefährdung der Patienten habe zu keiner Zeit bestanden, da ihr Mann über eine ausreichende ärztliche und fachärztliche Qualifikation verfüge. Das Praxisschild mit dem Ehemann sei lediglich im Haus selbst angebracht gewesen. Eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Mitarbeit des Ehemannes könne ausgeschlossen werden. Die Urkunde habe sie lediglich für ihren Ehemann angefertigt, da sie sich um dessen Facharztanerkennung habe bemühen sollen. Sie sei nie für Dritte bestimmt gewesen und hätte in ihrem Besitz bleiben sollen. Deshalb sei die Urkunde auch in dilettantischer Weise angefertigt worden. Ihr Ehemann habe sie sich dann ohne ihr Wissen beschafft, um sie der Bezirksstelle PK. vorzulegen. Er habe nur wegen einer Arztstelle dort vorgesprochen und habe sich eine Kopie der Urkunde beglaubigen lassen wollen. Als die Sachbearbeiterin festgestellt habe, dass er nicht in das Arztregister eingetragen sei, habe sie die Anfrage eigenständig als Antrag auf Eintragung in das Arztregister aufgenommen. So habe ihr Ehemann den Verlauf geschildert. An der Richtigkeit zu zweifeln bestehe für sie kein Anlass. Als sie, die Antragstellerin, davon erfahren habe, habe sie die Urkunde wieder an sich genommen. Eine Täuschung im Rechtsverkehr sei von ihr nie beabsichtigt gewesen. Sie hat eine eidesstattliche Versicherung zur Gerichtsakte gereicht. Der "Gemeinschaftspraxisstempel" sei, was die Bezirksstelle bestätigt habe, in der Abrechnung II/06 nicht verwandt worden. Die Angabe des Schadens mit 67.000 Euro sei rein spekulativ. Die Entziehung sei ultima ratio und habe auch einen auf die Zukunft gerichteten Aspekt. Ihr Ehemann halte sich jetzt in Syrien auf. Sein Drohmittel, die Tochter mitzunehmen, sei damit entfallen. Sie betreibe aktiv die Scheidung.
Die Antragstellerin beantragt,
die Aufhebung der sofortigen Vollziehung des Bescheids der Antragsgegnerin vom 01.11.2007 anzuordnen,
hilfsweise
die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 06.11.2007 gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 01.11.2007 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er trägt unter Verweis auf die Verwaltungsakten und den Bescheid des Zulassungsausschusses im Übrigen vor, unstreitig sei, dass die Antragstellerin ihren Ehemann, der weder über eine Approbation noch über eine andere behördliche Erlaubnis zur Ausübung des Arztberufes verfüge, beschäftigt habe. Das Praxisschild weise beide als tätige Ärzte auf. Die Antragstellerin habe auch unter ihrer Arztnummer als Gemeinschaftspraxis firmiert. Herr A. habe am 05.07.2007 bei der Bezirksstelle PK. eine Urkunde über seine Anerkennung als Facharzt vorgelegt. Diese Urkunde sei auf Wunsch ihres Ehemannes von der Antragstellerin selbst angefertigt worden. Sie habe ferner in der mündlichen Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss eingeräumt, ihr Ehemann habe vom 08.01.2007 bis Ende Juni 2007 täglich ein bis zwei Stunden in ihrer Praxis gearbeitet. Sie habe für diese Leistungen 67.000,00 EUR abgerechnet. Ihr Ehemann soll nach ihren Angaben im Juli 2007 nach Syrien ausgereist sein. Als Pflichtverletzungen seien die Beschäftigung ihres Ehemannes und die Abrechnung der von diesen erbrachten Leistungen zu betrachten. Es handele sich um keine einmaligen Verfehlungen, sie hätten mindestens ein halbes Jahr angedauert. Es sei auch ein erheblicher Schaden entstanden, den die Beigeladene zu 1) vorläufig mit ca. 67.000,00 EUR beziffere. Auch wenn sie nach ihrem Vortrag auf Druck ihres Ehemannes gehandelt habe, werde hierdurch der objektiv festgestellte Tatbestand nicht verändert. Es reiche die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes aus. Ein individueller Schuldvorwurf sei nicht erforderlich. Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig. Eine Disziplinarmaßnahme sei nicht ausreichend. Die Entziehung sei rechtmäßig. In diesem Sinne habe auch bereits das Sozialgericht Stuttgart einen gleich gelagerten Fall im zahnärztlichen Bereich beurteilt. Nicht zu beanstanden sei auch die weitere Feststellung des Zulassungsausschusses, dass die Antragstellerin ungeeignet sei. Die Tatsache, dass die Antragstellerin den Gebrauch der gefälschten Approbationsurkunde möglicherweise nicht beabsichtigt habe, spiele keine Rolle, da sie diese Konsequenz zumindest billigend in Kauf genommen habe. Sie habe zunächst den Straftatbestand einer Urkundenfälschung verwirklicht. Sie habe unter Beweis gestellt, dass sie zur Erreichung eigennütziger Ziele bewusst und gewollt den Zugang nicht qualifizierten Personals in ärztlichen Funktionen zu ermöglichen in der Lage sei. Der Zulassungsausschuss sei auch zur Anordnung des Sofortvollzugs seiner Entscheidung berechtigt. Die Anordnung habe er gesondert und hinreichend begründet. Angesichts der Schwere der Vorwürfe erscheine die Begründung als ausreichend. Im Planungsbereich VJ.Kreis bestehe mit einem Versorgungsgrad von 118,17 % Überversorgung. Das rechnerische Soll liege bei 6,77 Vertragsärzten, das Ist liege bei 8 Vertragsärzten. Die Patienten der Antragstellerin könnten von anderen Fachärzten versorgt werden. Aufgrund ihres bewussten und gewollten Handelns könne die Antragstellerin nicht wegen der gravierenden Auswirkungen der Zulassungsentziehung eine mildere Behandlung verlangen. Auf einen Antrag auf Anordnung des Sofortvollzugs komme es nicht an. In der Anordnung des Sofortvollzugs während der mündlichen Verhandlung sei lediglich eine Ankündigung der Anordnung zu sehen. Inzwischen sei auch der Bescheid ausgefertigt worden. Maßgeblich sei die Zustellung des schriftlich abgesetzten Beschlusses. Jedenfalls sei eine Heilung eingetreten oder aber der Sofortvollzug erneut angeordnet worden. Insgesamt versuche die Antragstellerin, die Sache zu verharmlosen. Die Konsequenzen einer Praxisschließung seien für die Entziehung unbeachtlich. Auch komme es auf den Umfang der Tätigkeit des Ehemannes und die inneren Beweggründe der Antragstellerin nicht an.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie schließt sich den Ausführungen des Antragsgegners an und verweist auf ihre Antragsschrift im Verwaltungsverfahren. Weiter trägt sie vor, die Antragstellerin habe die Mitarbeit ihres Ehemannes eingeräumt. Der Ehemann habe auf dem Praxisschild und Stempel gestanden. Die Fälschung habe die Antragstellerin eingeräumt.
Die übrigen Beteiligten haben sich zum Verfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und im Hilfsantrag begründet. Im Übrigen war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung daher abzuweisen.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 und 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Es kann hier zunächst dahinstehen, ob der Zulassungsausschuss nach der mündlichen Verhandlung am 01.11.2007 mündlich die Anordnung der sofortigen Vollziehung seines Beschlusses über die Entziehung der Zulassung angeordnet hat und, falls dies geschehen ist, ob dies trotz Verstoßes gegen die Formvorschrift nach § 8 a Abs. 2 Nr. 5 SGG, wonach eine Anordnung nur mit schriftlicher Begründung erfolgen kann, Geltung erlangt hat. Jedenfalls ist zwischenzeitlich der Beschluss vom 01.11.2007 ausgefertigt und der Antragstellerin zugestellt worden. Diese schriftliche Fassung ist nunmehr allein maßgeblich und Gegenstand dieses Verfahrens.
Es war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 06.11.2007 gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen vom 01.11.2007 bis zur Zustellung einer Entscheidung des Antragsgegners über den Widerspruch der Antragstellerin anzuordnen. Dem Hilfsantrag war daher stattzugeben.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist rechtswidrig, weil sie nicht ausreichend begründet ist.
Die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs entfällt in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet (§ 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG).
Der Zulassungsausschuss war befugt, die sofortige Vollziehung anzuordnen.
Der Zulassungsausschuss kann nach der Novellierung des einstweiligen Rechtsschutzes im SGG selbst eine sofortige Vollziehung seiner Entscheidung anordnen (§ 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG). Er oder nach seiner Anrufung der Berufungsausschuss können sie wieder aussetzen (§ 86a Abs. 3 Satz 1 SGG). Diese Ermächtigungsnorm ist die speziellere und jüngere Regelung zu § 96 und 97 SGB V. Nach § 96 Abs. 4 Satz 2 SGB V hat die Anrufung des Berufungsausschusses gegen eine Entscheidung des Zulassungsausschusses aufschiebende Wirkung. Nach § 97 Abs. 4 SGB V kann der Berufungsausschuss die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung im öffentlichen Interesse anordnen. Diese Regelungen sind durch die spätere Änderung des SGG durch Einfügen der §§ 86a und 86b SGG, mit der erstmals ein einstweiliger Rechtschutz im sozialgerichtlichen Verfahren umfassend und weitgehend gleichlautend wie in der Verwaltungsgerichtsordnung geregelt wurde, überholt. Der Gesetzgeber hat offensichtlich die Konsequenzen der Novellierung bei der Novellierung des SGG und auch bei weiteren Änderungen des SGB V übersehen. Einer Anpassung der Regelungen in §§ 96, 97 SGB V bedurfte es allerdings aber insofern auch nicht, als die spezielleren Regelungen des sozialgerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens diesen vorgehen.
Entgegen der Auffassung des LSG Niedersachsen (Beschluss vom 07.09.2006 – L 3 KA 117/06 ER -) ist eine Beschränkung auf die Kompetenz des Antragsgegners auch sachlich nicht mehr gerechtfertigt. Es trifft nicht zu, dass die Entscheidung des Antragsgegners auf Anordnung der sofortigen Vollziehung häufig in Zusammenhang mit Entziehung einer Zulassung wegen gröblicher Pflichtverletzung relevant wird. Durch die Novellierung des SGG ist erstmals auch in Zulassungssachen umfassender Rechtsschutz eingeräumt worden. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehen weiter Möglichkeiten zur Erhebung von Konkurrentenklagen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.08.2004 – 1 BvR 378/00 – SozR 4-1500 § 54 Nr. 4, juris Rn. 15 ff.; zur Kritik s. Hänlein, jurisPR-SozR 45/2004 Anm. 1 (unter E); Nix, SGb 2005, 63 f.). Gerade im Ausgleich der Interessen verschiedener Zulassungsbewerber ist es oftmals geboten, die sofortige Vollziehung anzuordnen, da den Beteiligten nicht zugemutet werden kann, eine oft nach Jahren eintretende Bestandskraft abzuwarten. Der Typus der Konkurrentenklage nimmt vor den Sozialgerichten zu. Die Verlagerung der Zuständigkeitsbefugnis zum Berufungsausschuss würde lediglich dazu führen, dass die Gerichte in noch größerem Umfang mit einstweiligen Rechtschutzverfahren angegangen werden müssten (vgl. bereits Beschluss der Kammer v. 19.07.2007 S 12 KA 287/07 ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de (Beschwerde anhängig); s. a. Pawlita in: jurisPK-SGB V, Online-Ausgabe, Stand: 01.08.2007, § 97, Rn. 41).
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist aber wegen mangelnder Begründung rechtswidrig.
Öffentliches Interesse zur Anordnung einer sofortigen Vollziehung verlangt mehr als das für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Interesse. Notwendig ist ein zusätzliches öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung, so dass die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsaktes nicht zur Begründung der Anordnung der Vollziehung ausreichen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen v. 20.01.2004 – L 10 B 19/03 KA ER – juris Rn. 38). Für die behördliche Entscheidung reicht es, anders als bei gerichtlichen Entscheidungen, nicht aus, dass auf die offensichtliche Rechtmäßigkeit verwiesen wird, weil die Rechtmäßigkeit der Verfügung allein ihre Dringlichkeit nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfG v. 11.02.1982 - 2 BvR 77/82 - NVwZ 1982, 241; BVerfG v. 16.07.1974 - 1 BvR 75/74 - BVerfGE 38, 52, 58 = NJW 1974, 1809). Es ist darzulegen, weshalb eine Vollziehung bereits vor einer möglichen gerichtlichen Überprüfung der Entscheidung geboten ist; auch hierauf, also auf die Frage, ob überhaupt ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung vorliegt, hat sich die gerichtliche Überprüfung zu beziehen (vgl. BVerfG v. 12.09.1995 - 2 BvR 1179/95 - NVwZ 1996, 58, juris Rn. 42 u. 47). Im Ausnahmefall kann das Vollziehungsinteresse mit dem Interesse an einer sofortigen Vollziehung identisch sein (vgl. Pawlita, aaO., § 95 SGB V, Rn. 496). Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht bereits dann genügt, wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird. Es bedarf vielmehr einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus der Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse des Bürgers am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86a, Rn. 21 b). Eine fehlende oder unzureichende Begründung (vgl. zu den Begründungsanforderungen LSG Niedersachsen-Bremen v. 30.09.2002 - L 4 KR 122/02 ER - NZS 2003, 333, juris Rn. 29; LSG Hessen v. 23.12.2005 - L 7 AL 228/05 ER – juris) führt zur Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung.
Bei einer Zulassungsentziehung ist in besonderem Maße die Grundrechtsgewährleistung nach Art. 12 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Eingriffe in die Freiheit der Berufswahl sind schon vor dem rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens als Präventivmaßnahme nur zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter zulässig; die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Hauptverfahren zum gleichen Ergebnis führen wird, reicht allein nicht aus. Überwiegende öffentliche Belange können es nur ausnahmsweise rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Wegen der gesteigerten Eingriffsintensität sind hierfür jedoch nur solche Gründe ausreichend, die in angemessenem Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen und ein Zuwarten bis zur Rechtskraft des Hauptverfahrens ausschließen. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere davon ab, ob eine weitere Berufstätigkeit konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt (vgl. BVerfG v. 28.03.1985 - 1 BvR 1245/84, 1 BvR 1254/84 - BVerfGE 69, 233 = SozR 2200 § 368a Nr. 12; BVerfG v. 25.05.2001 - 1 BvR 848/01 - juris; LSG Bayern v. 09.09.2002 – L 12 B 87/02 KA ER –; zum Ruhen der ärztlichen Approbation s. BVerfG v. 29.12.2004 – 1 BvR 2820/04 u. 2851/04 – www.bverfg.de; BVerfG v. 12.03.2004 – 1 BvR 540/04 – GesR 2004, 333; BVerfG v. 04.10.2006– 1 BvR 2403/06 – juris; OVG Niedersachsen v. 19.01.2005 – 8 ME 181/04 –; s. a. BVerfG v. 24.10.2003 – 1 BvR 1594/03 – NJW 2003, 3618; zur grundsätzlichen Zulässigkeit einer Entziehung der Kassenarztzulassung s. BVerfG v. 05.09.1980 - 1 BvR 727/80 - SozR 2200 § 368a Nr. 6; zur Verhängung eines vorläufigen Berufsverbots s. BVerfG v. 15.12.2005 – 2 BvR 673/05 – MedR 2007, 43).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Beschluss vom 01.11.2007 rechtswidrig. Zwar ist dem Zulassungsausschuss zuzugestehen, dass der von der Antragstellerin zugegebene Umstand der Beschäftigung ihres Ehemannes ohne Approbation wenigstens für den Zeitraum eines halben Jahres sowie die damit einhergehende Verwendung eines entsprechenden Stempels und Praxisschildes bereits für sich eine gröbliche Pflichtverletzung begründen können, ebenso wie nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Anfertigung der Fälschung einer Facharzturkunde für den Ehemann die Ungeeignetheit der Antragstellerin belegen. Dabei hat allerdings der Zulassungsausschuss die Ermittlungsmöglichkeiten bisher nicht ausgeschöpft, die auch wesentlich über die Schwere der Pflichtverletzung Auskunft geben könnten. So sind weder die Unterlagen oder Ergebnisse des von der Landesärztekammer Hessen eingeleiteten Verfahrens noch der staatsanwaltschaftlichen Ermittlung vollständig herangezogen und ausgewertet worden. Auch ist, soweit ersichtlich, jedenfalls weder von der Beigeladenen zu 1) noch vom Zulassungsausschuss die Arzthelferin der Antragstellerin, worauf der Kreisausschuss des VJ.Kreises in seinem Schreiben vom 17.07.2007 (Bl. 70 der Verwaltungsakte) hinweist, Frau G. AAF., vernommen worden. Gleiches gilt für die weiteren Beschäftigten der Antragstellerin. Dies kann aber hier dahinstehen, da die Anordnung der sofortigen Vollziehung insbesondere dann in Betracht kommt, wenn die Gefahr zu besorgen ist, dass die Antragstellerin weiterhin ihren Ehemann in der Praxis beschäftigt, oder aus ihrem bisherigen Verhalten zu schließen ist, dass mit anderen Vertragsverstößen von einigem Gewicht zu rechnen ist. Die Kammer geht dabei davon aus, dass die Angaben der Antragstellerin zutreffen, dass ihr Ehemann sich gegenwärtig nicht mehr bei ihr aufhält, was auch von den übrigen Beteiligten nicht bestritten wird, und dass sie ihm zukünftig ein Betreten der Praxisräume verbieten wird. Damit kann ausgeschlossen werden, dass der Ehemann weiterhin als Arzt in der Praxis der Antragstellerin auftreten kann. Ein anderes vertragswidriges Verhalten der Antragstellerin liegt bisher nicht vor und wird auch von den Beteiligten nicht angeführt. Von daher ist der Kammer kein Grund ersichtlich, in dessen öffentlichem Interesse einer Gefahr zu begegnen wäre, die die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu rechtfertigen vermag. Die Gründe für die Entziehung allein vermögen noch nicht ohne weiteres die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu rechtfertigen. Der Hinweis auf die Urkundenfälschung wäre nur dann maßgeblich, wenn zu besorgen wäre, dass die Antragstellerin weitere oder ähnliche Handlungen unternehmen würde. Die Urkundenfälschung steht aber offensichtlich ganz im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Ehemannes und von daher sieht die Kammer eine Prognose nicht begründet, dass die Antragstellerin gegenwärtig ähnliche Handlungen vornehmen wird. Jedenfalls hat der Zulassungsausschuss dies nicht im Einzelnen dargelegt, was aber im Hinblick auf die grundgesetzliche Gewährleistung notwendig gewesen wäre.
Der Hauptantrag war abzulehnen, da die Kammer im Einstweiligen Anordnungsverfahren nicht unmittelbar die Anordnung der sofortigen Vollziehung anordnen kann. Hierbei handelt es sich auch nicht um eine Vollziehung, sondern allenfalls um eine Voraussetzung hierfür. Allerdings wird mit der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels durch das Gericht konkludent auch die behördliche Vollziehbarkeitsanordnung aufgehoben (vgl. MT./Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 14. Aufl. 2005, § 80, Rn. 123). Im Übrigen war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Verfahrenskosten. Der Hauptantrag war im Wesentlichen aus formalen Gründen abgelehnt worden und nicht wesentlich unterschiedlich zum Hilfsantrag. Von daher sah die Kammer von einer Kostenquotelung ab.
Der Streitwert war auf der Maßgabe eines dreifachen Jahresumsatzes abzüglich der Unkosten der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren festzusetzen. Die Antragstellerin erzielt, geschätzt nach den Angaben für das 1. Halbjahr 2007 in dem von ihr vorgelegten wirtschaftlichen Kurzbericht, nach Abzug der Unkosten einen Jahresumsatz in Höhe von 152.036,00 EUR. Für drei Jahre betragen die Einnahmen 456.108,00 EUR. Ferner war zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner angekündigt hat, für den 19.12.2007 eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Maßgeblich ist daher auf einen Zeitraum von ca. zwei Monaten abzustellen. Im Hinblick auf den Drei-Jahreszeitraum ergibt sich hieraus 1/18 des Streitwertes im Hauptsacheverfahren. Dies ergab den festgesetzten Wert.
2. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen.
3. Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin und die Gerichtskosten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
4. Der Streitwert wird auf 25.339,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Zulassungsentziehung.
Die 1962 geborene und jetzt 45-jährige Antragstellerin ist als Fachärztin für Kinderheilkunde seit 01. Februar 1995 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Unter Datum vom 10.08.2007 stellte die Beigeladene zu 1 beim Zulassungsausschuss für Ärzte den Antrag, der Antragstellerin die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Zur Begründung ihres Antrags führte sie aus, die Praxis der Antragstellerin sei als Einzelpraxis genehmigt worden. Eine Gemeinschaftspraxis sei nicht genehmigt worden. Dessen ungeachtet habe die Antragstellerin in ihrer Praxis auch ihren Ehemann, Herrn A., als Arzt beschäftigt. Herr A. verfüge weder über eine Approbation noch über eine andere behördliche Erlaubnis zur Ausübung des Arztberufes. Lediglich für die Zeit vom 11.02.1998 bis zum 15.02.2000 habe eine befristete, widerrufliche Erlaubnis des Regierungspräsidiums GD. zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufes im Land Hessen vorgelegen. Herr A. sei nicht in das Arztregister eingetragen und verfüge über keine Zulassung als Vertragsarzt. Das Praxisschild weise die Antragstellerin als auch Herrn A. aus. Ebenfalls wiesen die Antragstellerin und Herr A. die Praxis unter der Arztnummer der Antragstellerin als "Gemeinschaftspraxis und G. A., FÄ f. Kdr.- u. Jugendmedizin, A-Str., A-Stadt" aus. Ein mit diesem Aufdruck versehener Notfall-/Vertretungsschein sei ihr von der Landesärztekammer übersandt worden. Am 08.08.2007 habe auf Bitten der Antragstellerin ein Gespräch zwischen ihr sowie Herrn JF., ihr juristischer Geschäftsführer, und Frau C, Mitarbeiterin der juristischen Geschäftsführung in ihren Räumen stattgefunden. Die Antragstellerin habe die Beschäftigung ihres Ehemannes seit dem 08.01.2007 in ihrer Praxis sowie die Abrechnung der von Herrn A. erbrachten Leistungen zugegeben und weitere Aufklärung zugesagt. Am 05.07.2007 habe Herr A. bei der Bezirksstelle PK. eine Urkunde der Landesärztekammer Hessen vom 20.07.2006 über die Anerkennung als Facharzt für Kinder- und Jungendmedizin eingereicht, um einen Antrag auf Eintrag in das Arztregister des Landes Hessen zu stellen. Die vorgelegte Anerkennungsurkunde sei eine Fälschung. Das auf der Urkunde abgebildete Wappen sei nicht das des Landes Hessen, sondern das des Landes Thüringen. Die Antragstellerin habe ihre Facharztanerkennung in Thüringen erhalten, sodass der Verdacht nahe liege, dass aus ihrer Urkunde die Anerkennungsurkunde Herrn A. erstellt worden sei. Zwischenzeitlich habe Frau A. zugegeben, ihre Urkunde als Vorlage genutzt und hieraus die Anerkennungsurkunde ihres Ehemannes hergestellt zu haben. Aus dem dargestellten Sachverhalt ergebe sich, dass Frau A. nicht mehr zur vertragsärztlichen Tätigkeit geeignet sei und die Zulassung daher zu entziehen sei.
Die Beigeladene zu 1 stellte ferner unter gleichem Datum eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft FA. wegen des Verdachts des Abrechnungsbetruges und der Urkundenfälschung.
Der Zulassungsausschuss führte am 01.11.2007 mit der Antragstellerin und ihres Prozessbevollmächtigten eine mündliche Verhandlung durch und teilte der Antragstellerin seine Entscheidung anschließend mündlich mit.
Gegen den Entziehungsbescheid legte die Antragstellerin mit Datum vom 06.11.2007, eingegangen am 07.11.2007, Widerspruch ein.
Den Beschluss vom 01.11.2007 fertigte der Zulassungsausschuss am 08.11.2007 aus. Er wurde am 08.11.2007 mit Einschreiben zur Post gegeben.
Der Zulassungsausschuss entzog mit Beschluss vom 01.11.2007 der Antragstellerin die Zulassung für den Vertragsarztsitz A-Stadt, A-Str., VJ.Kreis, gemäß § 95 Abs. 6 SGB V in Verbindung mit § 27 Ärzte-ZV. Ferner ordnete er den Sofortvollzug der Entscheidung gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG an. Zur Begründung führte er aus, bei einer gröblichen Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten sei die Zulassung zu entziehen. Die Pflichtverletzung sei gröblich, wenn ihretwegen die Entziehung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sei. Die peinlich genaue Leistungsabrechnung gehöre zu den Grundpflichten des Vertragsarztes. Die Gröblichkeit der Pflichtverletzung folge aus der nicht nur gelegentlichen Verletzung besonders wichtiger vertragsärztlicher Pflichten und der sich daraus ergebenden Schwere der Rechtsverletzung. Sie setze kein individuelles Verschulden im Sinne persönlicher Vorwerfbarkeit voraus, weil es sich nicht um eine Sanktion strafwürdigen Verhaltens, sondern um eine Maßnahme der Verwaltung handele, die allein dazu diene, das System der vertragsärztlichen Versorgung von dauernden größeren Störungen zu bewahren, damit es funktionsfähig bleibe. Wenn die Pflichtverletzung gröblich sei, d. h. wenn die Entziehung zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung notwendig und dafür das einzige Mittel sei, dann reichten Disziplinarmaßnahmen nicht mehr aus und die Zulassung sei zu entziehen. Ob Disziplinarmaßnahmen ergangen seien oder ergehen könnten, sei unerheblich. Durch die Antragstellerin sei die gesetzliche Ordnung der vertragsärztlichen Versorgung schwer gestört worden. Dadurch sei die Vertrauensgrundlage für eine weitere Zusammenarbeit mit ihr fortgefallen, weshalb eine weitere Zusammenarbeit mit ihr nicht mehr möglich erscheine. Sie habe ihre Pflicht als Vertragsärztin so schwer verletzt, dass die Entziehung als einziges Mittel zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sei. Sie habe ihre vertragsärztlichen Pflichten dadurch gravierend verletzt, dass sie ihren Ehemann in ihre Vertragsarztpraxis als Arzt beschäftigt habe, obwohl er weder über eine Approbation noch eine andere behördliche Erlaubnis zur Ausübung des Arztberufes verfügt habe. Auch habe sie die von ihrem Ehemann erbrachten Leistungen als ihre eigenen bei der Beigeladenen zu 1 abgerechnet. Diese Pflichtverletzungen seien als gröblich anzusehen und dazu geeignet, die Zulassungsentziehung zu begründen. Es habe sich auch nicht nur um eine kurzfristige Auffälligkeit gehandelt, sondern um den Zeitraum von ca. sechs Monaten. Außerdem sei auch die Höhe des entstandenen Schadens nicht unerheblich. Die Antragstellerin habe sich als ungeeignet für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung erwiesen. Die Grundpflicht zur peinlich genauen Abrechnung, auf deren Einhaltung sich KVen und Krankenkassen unbedingt verlassen können müssten, sei in erheblichem Umfang verletzt und damit das Vertrauensverhältnis schwer gestört worden. Die Pflichtverletzung wiege so schwer, dass die Entziehung geboten sei. Die Durchführung eines Disziplinarverfahrens stünde in keinem Verhältnis zur Schwere der begangenen Pflichtwidrigkeiten und komme daher als milderes Mittel nicht in Betracht. Es würde hier das vertragsärztliche System auch nicht ausreichend schützen. Es lägen auch nicht mehr die Zulassungsvoraussetzungen vor. Es seien Umstände eingetreten, aus denen sich die Ungeeignetheit der Ärztin ergebe. In der Person der Antragstellerin seien schwerwiegende Mängel erkennbar, nachdem sie nach Muster ihrer eigenen Facharztanerkennung die Anerkennungsurkunde ihres Ehemannes gefertigt habe. Als schwerwiegende Mängel in der Person eines Arztes müssten u. a. solche Mängel bezeichnet werden, die geeignet seien, das erforderliche Vertrauen in die Redlichkeit der Berufsausübung zu erschüttern, zu zerstören oder mit starken begründeten Zweifeln zu belegen. Nachdem der Vertragsarzt in vielfältiger Weise in die Rechtsvorschriften des Zivilrechts und des Kassenarztrechts eingebunden sei, müsse von ihm erwartet werden, dass er neben seinen medizinischen Fähigkeiten und seinem ärztlichen Können auch die erforderliche Bereitschaft zur Wahrung der erforderlichen Rechtstreue erkennen lasse. Der Vorwurf der Fälschung der Facharztanerkennungsurkunde des Ehemannes sei durch das Eingeständnis der Antragstellerin unstreitig. Es sei auf den Zweck der Entziehung, nämlich den Schutz des vertragsärztlichen Versorgungssystems abzustellen. Sie setze kein individuelles Verschulden im Sinne persönlicher Vorwerfbarkeit voraus, weil es sich nicht um eine Sanktion strafwürdigen Verhaltens, sondern um eine Maßnahme der Verwaltung handele, die allein dazu diene, das System der vertragsärztlichen Versorgung vor dauernden größeren Störungen zu bewahren, damit es funktionsfähig bleibe. Die Grundpflicht zur ordnungsgemäßen Behandlung der Patienten könne im vorliegenden Fall nicht mit Sicherheit gewährleistet werden, nachdem die Antragstellerin es zugelassen habe, dass ihr Ehemann Patienten in ihrer Praxis behandele, wissend, dass er weder eine Approbation als Arzt noch eine Facharztanerkennung besitze. Hieraus ergebe sich auch die Notwendigkeit für die Anordnung des Sofortvollzugs der Entscheidung gemäß § 86a Abs. 2 SGG, weil dies im dringenden Interesse der vertragsärztlichen Versicherten liege, um diese vor Gefährdungen zu schützen, nachdem der Zulassungsausschuss aufgrund der durch die Antragstellerin begangenen Urkundenfälschung das Vertrauen in deren Redlichkeit und Glaubwürdigkeit verloren habe.
Am 06.11.2007 hat die Antragstellerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sie trägt vor, es sei nach der mündlichen Verhandlung zunächst ein mündlicher Bescheid ergangen und der sofortige Vollzug angeordnet worden. Ihrem Prozessbevollmächtigten sei aufgegeben worden, ihr mitzuteilen, dass sie ab einschließlich dem 02.11.2007 ("ab morgen") nicht mehr als zugelassene Vertragsärztin tätig sein dürfe. Ihr Prozessbevollmächtigter habe ihr dies am selben Tag telefonisch mitgeteilt. Es fehle an einer schriftlichen Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Bescheids zum 01.11.2007. Darüber hinaus sei auch ein berechtigtes Interesse ihrerseits sowie der von ihr zu behandelnden Patienten und damit ein öffentliches Interesse an der Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben. Allein für die 45. Kalenderwoche seien 172 Patienten einbestellt worden, hinzu käme eine Vielzahl von Akutfällen. Im VJ.Kreis seien neben ihr lediglich drei weitere Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin vorhanden. Für die Sicherstellung der Versorgung bedürfe es ihrer Praxis. Die Patienten suchten sie weiter auf, auch suchten sie sie in ihrem Wohnhaus auf. Besonders kritisch sei die Situation in Akutfällen. In einem Fall wegen akuter Atemnot habe sie medizinisch eingreifen müssen, um sich nicht wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar zu machen. Die Anordnung des sofortigen Vollzuges habe für sie auch eine die wirtschaftliche Existenz gefährdende Auswirkung. Sie sei für sich und ihre 15-jährige Tochter auf die Einnahmen angewiesen. In ihrer Praxis beschäftige sie acht Mitarbeiter, manche bereits seit einer Vielzahl von Jahren, die längste Kündigungsfrist betrage sechs Monate zum Monatsende. Ihren Ehemann habe sie auf dessen Drängen hin beschäftigt, beschränkt im Wesentlichen auf privatärztliche Leistungen, die sie gegenüber den Patienten nicht liquidiert habe. Auch vertragsärztliche Leistungen habe sie nicht immer abgerechnet. Ihr Ehemann habe sich auch von Ende April bis zum 12.05.2007 in Syrien aufgehalten. Seine Leistungen hätten sich insgesamt in einem äußerst geringen Umfang bewegt. Ihr Ehemann habe auch gedroht, mit ihrer gemeinsamen Tochter nach Syrien auszureisen. Sie habe sich zwischenzeitlich von ihm getrennt und im November eine Rechtsanwältin zur Scheidungsberatung aufgesucht. Sämtliche Praxisschlüssel befänden sich wieder in ihrem Besitz. Sie werde ihm auch zukünftig das Betreten der Praxisräume verwehren. Eine Gefährdung der Patienten habe zu keiner Zeit bestanden, da ihr Mann über eine ausreichende ärztliche und fachärztliche Qualifikation verfüge. Das Praxisschild mit dem Ehemann sei lediglich im Haus selbst angebracht gewesen. Eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Mitarbeit des Ehemannes könne ausgeschlossen werden. Die Urkunde habe sie lediglich für ihren Ehemann angefertigt, da sie sich um dessen Facharztanerkennung habe bemühen sollen. Sie sei nie für Dritte bestimmt gewesen und hätte in ihrem Besitz bleiben sollen. Deshalb sei die Urkunde auch in dilettantischer Weise angefertigt worden. Ihr Ehemann habe sie sich dann ohne ihr Wissen beschafft, um sie der Bezirksstelle PK. vorzulegen. Er habe nur wegen einer Arztstelle dort vorgesprochen und habe sich eine Kopie der Urkunde beglaubigen lassen wollen. Als die Sachbearbeiterin festgestellt habe, dass er nicht in das Arztregister eingetragen sei, habe sie die Anfrage eigenständig als Antrag auf Eintragung in das Arztregister aufgenommen. So habe ihr Ehemann den Verlauf geschildert. An der Richtigkeit zu zweifeln bestehe für sie kein Anlass. Als sie, die Antragstellerin, davon erfahren habe, habe sie die Urkunde wieder an sich genommen. Eine Täuschung im Rechtsverkehr sei von ihr nie beabsichtigt gewesen. Sie hat eine eidesstattliche Versicherung zur Gerichtsakte gereicht. Der "Gemeinschaftspraxisstempel" sei, was die Bezirksstelle bestätigt habe, in der Abrechnung II/06 nicht verwandt worden. Die Angabe des Schadens mit 67.000 Euro sei rein spekulativ. Die Entziehung sei ultima ratio und habe auch einen auf die Zukunft gerichteten Aspekt. Ihr Ehemann halte sich jetzt in Syrien auf. Sein Drohmittel, die Tochter mitzunehmen, sei damit entfallen. Sie betreibe aktiv die Scheidung.
Die Antragstellerin beantragt,
die Aufhebung der sofortigen Vollziehung des Bescheids der Antragsgegnerin vom 01.11.2007 anzuordnen,
hilfsweise
die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 06.11.2007 gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 01.11.2007 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er trägt unter Verweis auf die Verwaltungsakten und den Bescheid des Zulassungsausschusses im Übrigen vor, unstreitig sei, dass die Antragstellerin ihren Ehemann, der weder über eine Approbation noch über eine andere behördliche Erlaubnis zur Ausübung des Arztberufes verfüge, beschäftigt habe. Das Praxisschild weise beide als tätige Ärzte auf. Die Antragstellerin habe auch unter ihrer Arztnummer als Gemeinschaftspraxis firmiert. Herr A. habe am 05.07.2007 bei der Bezirksstelle PK. eine Urkunde über seine Anerkennung als Facharzt vorgelegt. Diese Urkunde sei auf Wunsch ihres Ehemannes von der Antragstellerin selbst angefertigt worden. Sie habe ferner in der mündlichen Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss eingeräumt, ihr Ehemann habe vom 08.01.2007 bis Ende Juni 2007 täglich ein bis zwei Stunden in ihrer Praxis gearbeitet. Sie habe für diese Leistungen 67.000,00 EUR abgerechnet. Ihr Ehemann soll nach ihren Angaben im Juli 2007 nach Syrien ausgereist sein. Als Pflichtverletzungen seien die Beschäftigung ihres Ehemannes und die Abrechnung der von diesen erbrachten Leistungen zu betrachten. Es handele sich um keine einmaligen Verfehlungen, sie hätten mindestens ein halbes Jahr angedauert. Es sei auch ein erheblicher Schaden entstanden, den die Beigeladene zu 1) vorläufig mit ca. 67.000,00 EUR beziffere. Auch wenn sie nach ihrem Vortrag auf Druck ihres Ehemannes gehandelt habe, werde hierdurch der objektiv festgestellte Tatbestand nicht verändert. Es reiche die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes aus. Ein individueller Schuldvorwurf sei nicht erforderlich. Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig. Eine Disziplinarmaßnahme sei nicht ausreichend. Die Entziehung sei rechtmäßig. In diesem Sinne habe auch bereits das Sozialgericht Stuttgart einen gleich gelagerten Fall im zahnärztlichen Bereich beurteilt. Nicht zu beanstanden sei auch die weitere Feststellung des Zulassungsausschusses, dass die Antragstellerin ungeeignet sei. Die Tatsache, dass die Antragstellerin den Gebrauch der gefälschten Approbationsurkunde möglicherweise nicht beabsichtigt habe, spiele keine Rolle, da sie diese Konsequenz zumindest billigend in Kauf genommen habe. Sie habe zunächst den Straftatbestand einer Urkundenfälschung verwirklicht. Sie habe unter Beweis gestellt, dass sie zur Erreichung eigennütziger Ziele bewusst und gewollt den Zugang nicht qualifizierten Personals in ärztlichen Funktionen zu ermöglichen in der Lage sei. Der Zulassungsausschuss sei auch zur Anordnung des Sofortvollzugs seiner Entscheidung berechtigt. Die Anordnung habe er gesondert und hinreichend begründet. Angesichts der Schwere der Vorwürfe erscheine die Begründung als ausreichend. Im Planungsbereich VJ.Kreis bestehe mit einem Versorgungsgrad von 118,17 % Überversorgung. Das rechnerische Soll liege bei 6,77 Vertragsärzten, das Ist liege bei 8 Vertragsärzten. Die Patienten der Antragstellerin könnten von anderen Fachärzten versorgt werden. Aufgrund ihres bewussten und gewollten Handelns könne die Antragstellerin nicht wegen der gravierenden Auswirkungen der Zulassungsentziehung eine mildere Behandlung verlangen. Auf einen Antrag auf Anordnung des Sofortvollzugs komme es nicht an. In der Anordnung des Sofortvollzugs während der mündlichen Verhandlung sei lediglich eine Ankündigung der Anordnung zu sehen. Inzwischen sei auch der Bescheid ausgefertigt worden. Maßgeblich sei die Zustellung des schriftlich abgesetzten Beschlusses. Jedenfalls sei eine Heilung eingetreten oder aber der Sofortvollzug erneut angeordnet worden. Insgesamt versuche die Antragstellerin, die Sache zu verharmlosen. Die Konsequenzen einer Praxisschließung seien für die Entziehung unbeachtlich. Auch komme es auf den Umfang der Tätigkeit des Ehemannes und die inneren Beweggründe der Antragstellerin nicht an.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie schließt sich den Ausführungen des Antragsgegners an und verweist auf ihre Antragsschrift im Verwaltungsverfahren. Weiter trägt sie vor, die Antragstellerin habe die Mitarbeit ihres Ehemannes eingeräumt. Der Ehemann habe auf dem Praxisschild und Stempel gestanden. Die Fälschung habe die Antragstellerin eingeräumt.
Die übrigen Beteiligten haben sich zum Verfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und im Hilfsantrag begründet. Im Übrigen war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung daher abzuweisen.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 und 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Es kann hier zunächst dahinstehen, ob der Zulassungsausschuss nach der mündlichen Verhandlung am 01.11.2007 mündlich die Anordnung der sofortigen Vollziehung seines Beschlusses über die Entziehung der Zulassung angeordnet hat und, falls dies geschehen ist, ob dies trotz Verstoßes gegen die Formvorschrift nach § 8 a Abs. 2 Nr. 5 SGG, wonach eine Anordnung nur mit schriftlicher Begründung erfolgen kann, Geltung erlangt hat. Jedenfalls ist zwischenzeitlich der Beschluss vom 01.11.2007 ausgefertigt und der Antragstellerin zugestellt worden. Diese schriftliche Fassung ist nunmehr allein maßgeblich und Gegenstand dieses Verfahrens.
Es war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 06.11.2007 gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen vom 01.11.2007 bis zur Zustellung einer Entscheidung des Antragsgegners über den Widerspruch der Antragstellerin anzuordnen. Dem Hilfsantrag war daher stattzugeben.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist rechtswidrig, weil sie nicht ausreichend begründet ist.
Die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs entfällt in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet (§ 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG).
Der Zulassungsausschuss war befugt, die sofortige Vollziehung anzuordnen.
Der Zulassungsausschuss kann nach der Novellierung des einstweiligen Rechtsschutzes im SGG selbst eine sofortige Vollziehung seiner Entscheidung anordnen (§ 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG). Er oder nach seiner Anrufung der Berufungsausschuss können sie wieder aussetzen (§ 86a Abs. 3 Satz 1 SGG). Diese Ermächtigungsnorm ist die speziellere und jüngere Regelung zu § 96 und 97 SGB V. Nach § 96 Abs. 4 Satz 2 SGB V hat die Anrufung des Berufungsausschusses gegen eine Entscheidung des Zulassungsausschusses aufschiebende Wirkung. Nach § 97 Abs. 4 SGB V kann der Berufungsausschuss die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung im öffentlichen Interesse anordnen. Diese Regelungen sind durch die spätere Änderung des SGG durch Einfügen der §§ 86a und 86b SGG, mit der erstmals ein einstweiliger Rechtschutz im sozialgerichtlichen Verfahren umfassend und weitgehend gleichlautend wie in der Verwaltungsgerichtsordnung geregelt wurde, überholt. Der Gesetzgeber hat offensichtlich die Konsequenzen der Novellierung bei der Novellierung des SGG und auch bei weiteren Änderungen des SGB V übersehen. Einer Anpassung der Regelungen in §§ 96, 97 SGB V bedurfte es allerdings aber insofern auch nicht, als die spezielleren Regelungen des sozialgerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens diesen vorgehen.
Entgegen der Auffassung des LSG Niedersachsen (Beschluss vom 07.09.2006 – L 3 KA 117/06 ER -) ist eine Beschränkung auf die Kompetenz des Antragsgegners auch sachlich nicht mehr gerechtfertigt. Es trifft nicht zu, dass die Entscheidung des Antragsgegners auf Anordnung der sofortigen Vollziehung häufig in Zusammenhang mit Entziehung einer Zulassung wegen gröblicher Pflichtverletzung relevant wird. Durch die Novellierung des SGG ist erstmals auch in Zulassungssachen umfassender Rechtsschutz eingeräumt worden. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehen weiter Möglichkeiten zur Erhebung von Konkurrentenklagen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.08.2004 – 1 BvR 378/00 – SozR 4-1500 § 54 Nr. 4, juris Rn. 15 ff.; zur Kritik s. Hänlein, jurisPR-SozR 45/2004 Anm. 1 (unter E); Nix, SGb 2005, 63 f.). Gerade im Ausgleich der Interessen verschiedener Zulassungsbewerber ist es oftmals geboten, die sofortige Vollziehung anzuordnen, da den Beteiligten nicht zugemutet werden kann, eine oft nach Jahren eintretende Bestandskraft abzuwarten. Der Typus der Konkurrentenklage nimmt vor den Sozialgerichten zu. Die Verlagerung der Zuständigkeitsbefugnis zum Berufungsausschuss würde lediglich dazu führen, dass die Gerichte in noch größerem Umfang mit einstweiligen Rechtschutzverfahren angegangen werden müssten (vgl. bereits Beschluss der Kammer v. 19.07.2007 S 12 KA 287/07 ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de (Beschwerde anhängig); s. a. Pawlita in: jurisPK-SGB V, Online-Ausgabe, Stand: 01.08.2007, § 97, Rn. 41).
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist aber wegen mangelnder Begründung rechtswidrig.
Öffentliches Interesse zur Anordnung einer sofortigen Vollziehung verlangt mehr als das für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Interesse. Notwendig ist ein zusätzliches öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung, so dass die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsaktes nicht zur Begründung der Anordnung der Vollziehung ausreichen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen v. 20.01.2004 – L 10 B 19/03 KA ER – juris Rn. 38). Für die behördliche Entscheidung reicht es, anders als bei gerichtlichen Entscheidungen, nicht aus, dass auf die offensichtliche Rechtmäßigkeit verwiesen wird, weil die Rechtmäßigkeit der Verfügung allein ihre Dringlichkeit nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfG v. 11.02.1982 - 2 BvR 77/82 - NVwZ 1982, 241; BVerfG v. 16.07.1974 - 1 BvR 75/74 - BVerfGE 38, 52, 58 = NJW 1974, 1809). Es ist darzulegen, weshalb eine Vollziehung bereits vor einer möglichen gerichtlichen Überprüfung der Entscheidung geboten ist; auch hierauf, also auf die Frage, ob überhaupt ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung vorliegt, hat sich die gerichtliche Überprüfung zu beziehen (vgl. BVerfG v. 12.09.1995 - 2 BvR 1179/95 - NVwZ 1996, 58, juris Rn. 42 u. 47). Im Ausnahmefall kann das Vollziehungsinteresse mit dem Interesse an einer sofortigen Vollziehung identisch sein (vgl. Pawlita, aaO., § 95 SGB V, Rn. 496). Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht bereits dann genügt, wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird. Es bedarf vielmehr einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus der Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse des Bürgers am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86a, Rn. 21 b). Eine fehlende oder unzureichende Begründung (vgl. zu den Begründungsanforderungen LSG Niedersachsen-Bremen v. 30.09.2002 - L 4 KR 122/02 ER - NZS 2003, 333, juris Rn. 29; LSG Hessen v. 23.12.2005 - L 7 AL 228/05 ER – juris) führt zur Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung.
Bei einer Zulassungsentziehung ist in besonderem Maße die Grundrechtsgewährleistung nach Art. 12 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Eingriffe in die Freiheit der Berufswahl sind schon vor dem rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens als Präventivmaßnahme nur zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter zulässig; die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Hauptverfahren zum gleichen Ergebnis führen wird, reicht allein nicht aus. Überwiegende öffentliche Belange können es nur ausnahmsweise rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Wegen der gesteigerten Eingriffsintensität sind hierfür jedoch nur solche Gründe ausreichend, die in angemessenem Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen und ein Zuwarten bis zur Rechtskraft des Hauptverfahrens ausschließen. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere davon ab, ob eine weitere Berufstätigkeit konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt (vgl. BVerfG v. 28.03.1985 - 1 BvR 1245/84, 1 BvR 1254/84 - BVerfGE 69, 233 = SozR 2200 § 368a Nr. 12; BVerfG v. 25.05.2001 - 1 BvR 848/01 - juris; LSG Bayern v. 09.09.2002 – L 12 B 87/02 KA ER –; zum Ruhen der ärztlichen Approbation s. BVerfG v. 29.12.2004 – 1 BvR 2820/04 u. 2851/04 – www.bverfg.de; BVerfG v. 12.03.2004 – 1 BvR 540/04 – GesR 2004, 333; BVerfG v. 04.10.2006– 1 BvR 2403/06 – juris; OVG Niedersachsen v. 19.01.2005 – 8 ME 181/04 –; s. a. BVerfG v. 24.10.2003 – 1 BvR 1594/03 – NJW 2003, 3618; zur grundsätzlichen Zulässigkeit einer Entziehung der Kassenarztzulassung s. BVerfG v. 05.09.1980 - 1 BvR 727/80 - SozR 2200 § 368a Nr. 6; zur Verhängung eines vorläufigen Berufsverbots s. BVerfG v. 15.12.2005 – 2 BvR 673/05 – MedR 2007, 43).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Beschluss vom 01.11.2007 rechtswidrig. Zwar ist dem Zulassungsausschuss zuzugestehen, dass der von der Antragstellerin zugegebene Umstand der Beschäftigung ihres Ehemannes ohne Approbation wenigstens für den Zeitraum eines halben Jahres sowie die damit einhergehende Verwendung eines entsprechenden Stempels und Praxisschildes bereits für sich eine gröbliche Pflichtverletzung begründen können, ebenso wie nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Anfertigung der Fälschung einer Facharzturkunde für den Ehemann die Ungeeignetheit der Antragstellerin belegen. Dabei hat allerdings der Zulassungsausschuss die Ermittlungsmöglichkeiten bisher nicht ausgeschöpft, die auch wesentlich über die Schwere der Pflichtverletzung Auskunft geben könnten. So sind weder die Unterlagen oder Ergebnisse des von der Landesärztekammer Hessen eingeleiteten Verfahrens noch der staatsanwaltschaftlichen Ermittlung vollständig herangezogen und ausgewertet worden. Auch ist, soweit ersichtlich, jedenfalls weder von der Beigeladenen zu 1) noch vom Zulassungsausschuss die Arzthelferin der Antragstellerin, worauf der Kreisausschuss des VJ.Kreises in seinem Schreiben vom 17.07.2007 (Bl. 70 der Verwaltungsakte) hinweist, Frau G. AAF., vernommen worden. Gleiches gilt für die weiteren Beschäftigten der Antragstellerin. Dies kann aber hier dahinstehen, da die Anordnung der sofortigen Vollziehung insbesondere dann in Betracht kommt, wenn die Gefahr zu besorgen ist, dass die Antragstellerin weiterhin ihren Ehemann in der Praxis beschäftigt, oder aus ihrem bisherigen Verhalten zu schließen ist, dass mit anderen Vertragsverstößen von einigem Gewicht zu rechnen ist. Die Kammer geht dabei davon aus, dass die Angaben der Antragstellerin zutreffen, dass ihr Ehemann sich gegenwärtig nicht mehr bei ihr aufhält, was auch von den übrigen Beteiligten nicht bestritten wird, und dass sie ihm zukünftig ein Betreten der Praxisräume verbieten wird. Damit kann ausgeschlossen werden, dass der Ehemann weiterhin als Arzt in der Praxis der Antragstellerin auftreten kann. Ein anderes vertragswidriges Verhalten der Antragstellerin liegt bisher nicht vor und wird auch von den Beteiligten nicht angeführt. Von daher ist der Kammer kein Grund ersichtlich, in dessen öffentlichem Interesse einer Gefahr zu begegnen wäre, die die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu rechtfertigen vermag. Die Gründe für die Entziehung allein vermögen noch nicht ohne weiteres die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu rechtfertigen. Der Hinweis auf die Urkundenfälschung wäre nur dann maßgeblich, wenn zu besorgen wäre, dass die Antragstellerin weitere oder ähnliche Handlungen unternehmen würde. Die Urkundenfälschung steht aber offensichtlich ganz im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Ehemannes und von daher sieht die Kammer eine Prognose nicht begründet, dass die Antragstellerin gegenwärtig ähnliche Handlungen vornehmen wird. Jedenfalls hat der Zulassungsausschuss dies nicht im Einzelnen dargelegt, was aber im Hinblick auf die grundgesetzliche Gewährleistung notwendig gewesen wäre.
Der Hauptantrag war abzulehnen, da die Kammer im Einstweiligen Anordnungsverfahren nicht unmittelbar die Anordnung der sofortigen Vollziehung anordnen kann. Hierbei handelt es sich auch nicht um eine Vollziehung, sondern allenfalls um eine Voraussetzung hierfür. Allerdings wird mit der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels durch das Gericht konkludent auch die behördliche Vollziehbarkeitsanordnung aufgehoben (vgl. MT./Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 14. Aufl. 2005, § 80, Rn. 123). Im Übrigen war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Verfahrenskosten. Der Hauptantrag war im Wesentlichen aus formalen Gründen abgelehnt worden und nicht wesentlich unterschiedlich zum Hilfsantrag. Von daher sah die Kammer von einer Kostenquotelung ab.
Der Streitwert war auf der Maßgabe eines dreifachen Jahresumsatzes abzüglich der Unkosten der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren festzusetzen. Die Antragstellerin erzielt, geschätzt nach den Angaben für das 1. Halbjahr 2007 in dem von ihr vorgelegten wirtschaftlichen Kurzbericht, nach Abzug der Unkosten einen Jahresumsatz in Höhe von 152.036,00 EUR. Für drei Jahre betragen die Einnahmen 456.108,00 EUR. Ferner war zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner angekündigt hat, für den 19.12.2007 eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Maßgeblich ist daher auf einen Zeitraum von ca. zwei Monaten abzustellen. Im Hinblick auf den Drei-Jahreszeitraum ergibt sich hieraus 1/18 des Streitwertes im Hauptsacheverfahren. Dies ergab den festgesetzten Wert.
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