S 11 R 80/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 11 R 80/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 287/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Regelaltersrente nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG). Vorrangig geht es hierbei um die Anerkennung einer Beitragszeit von Oktober 1941 bis Oktober 1942.

Der am 00.00.1930 in Q/Polen geborene Kläger ist jüdischer Abstammung. Er war nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt und ist Verfolgter im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG), weshalb er auch Leistungen nach diesem Gesetz erhielt (Feststellungsbescheid C vom 19.12.1957). Nach der Befreiung im Januar 1945 reiste der Kläger später im Jahr 1945 nach Israel aus, wo er auch heute lebt. Der Kläger besitzt die israelische Staatsangehörigkeit.

Am 20.06.2003 beantragte er bei der Beklagten unter Hinweis auf das ZRBG die Gewährung einer Regelaltersrente. Er machte dabei Beschäftigungszeiten im Ghetto Piotrkow von Oktober 1941 bis Oktober 1942 geltend. Er habe dort Straßenreinigungs- und sonstige Reinigungsarbeiten wie Autos waschen usw. verrichtet. Entlohnt worden sei er durch Essen, Lebensmittel und Unterkunft. Die Arbeitsaufnahme sei durch eigene Bemühungen erfolgt.

Die Beklagte zog daraufhin die Entschädigungsakten des Klägers vom Amt für Wiedergutmachung in Saarburg bei. Dort hatte der Kläger in einer eidesstattlichen Versicherung vom 08.11.1964 folgendes angegeben: "Im Ghetto Piotkrow musste ich ... Zwangsarbeiten verrichten und zwar Straßen reinigen, Wagen waschen und anderes ..." Bereits in einer Erklärung vom 13.09.1955 hatte der Kläger ebenfalls im Entschädigungsverfahren angegeben, dass er trotz seiner Jugend im Ghetto Säuberungen an Wagen und Straßen besorgen musste. Dieses Vorbringen wurde im Entschädigungsverfahren des Klägers bestätigt durch die Zeugin C und durch den Zeugen H in ihren Erklärungen vom 06.09. und 18.07.1955.

Mit Bescheid vom 17.04.2004 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach Maßgabe des ZRBG ab. Sie führte zur Begründung aus, dass es sich bei dem vom Kläger im Ghetto verrichteten Tätigkeiten um eine nicht vom ZRBG erfasste Zwangsarbeit handele. Mangels eines konkreten Arbeitgebers, der Art der Beschäftigung sowie wegen der fehlenden Entgeltzahlung müsste davon ausgegangen werden, dass ein dem Grunde nach rentenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorgelegen haben könnte. Der Kläger erhob dagegen unter dem 20.04.2004 Widerspruch und trug zur Begründung vor, dass er für die frei gewählten Arbeiten durch Essen und zusätzliche Lebensmittel und eine bessere Unterkunft entlohnt worden sei. Da Essen und Lebensmittel damals wertvoller als Barlohn gewesen seien, liege eine ausreichende Entlohnung vor. Dem Widerspruch des Klägers gab die Beklagte nicht statt, sondern wies ihn mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2005 zurück. Wegen der Gründe wird auf den Inhalt des Bescheides (Bl. 50 - Bl. 52 der Verwaltungsakten) Bezug genommen.

Der Kläger hat dagegen am 02.03.2005 Klage erhoben und nun über seinen Bevollmächtigten vortragen lassen, dass er für die Tätigkeit im Ghetto Piotrkow einen Lohn in Form von Sachbezügen (wöchentlich Lebensmittel für zu Hause, Kleidung, bessere Unterkunft und Heizmaterial) erhalten habe. Es könnten auch zusätzlich Lebensmittelcoupons und Bargeld gewesen sein. Die Sachbezüge habe er zur beliebigen Verfügung erhalten.

Der Bevollmächtigte des Klägers ist ausweislich des Empfangsbekenntnisses vom 27.08.2007 ordnungsgemäß vom Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.10.2007 benachrichtigt worden.

Der im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht anwesende und nicht vertretene Kläger beantragt schriftsätzlich,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2005 zu verurteilen, die Tätigkeiten von Oktober 1941 - Oktober 1942 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten nach dem ZRBG anzuerkennen und Regelaltersrente ab dem 01.07.1997 unter Berücksichtigung der weiteren Verfolgungszeit als Ersatzzeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen des ZRBG nicht erfüllt sind und verweist insoweit auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten des Klägers bei der Beklagten sowie auf den Inhalt der beigezogenen Entschädigungsakten vom Amt für Wiedergutmachung in Saarburg (Az.: 25154) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte verhandeln und entscheiden, obwohl weder der Kläger noch sein Bevollmächtigter am Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.10.2007 teilgenommen haben. Der Bevollmächtigte des Klägers ist in der ihm ordnungsgemäß zugestellten Terminsbenachrichtigung auf diese verfahrensrechtliche Möglichkeit hingewiesen worden (vgl. §§ 124 Abs. 1, 126 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 17.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2005 nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Denn diese Bescheide sind rechtmäßig.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Altersruhegeld gegenüber der Beklagten nach den §§ 35, 300 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch (SGB VI) ab dem 01.07.1997. Die für einen Rentenanspruch erforderliche Wartezeit von 60 Kalendermonaten (§§ 35 Nr. 2, 50 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) ist nicht erfüllt, weil auf die Wartezeit anrechenbare Versicherungszeiten nicht vorliegen. Die von dem Kläger behaupteten Beschäftigungszeiten im Ghetto Piotrkow von Oktober 1941 - Oktober 1942 sind nicht als Beitragszeiten zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für die Berücksichtigung dieser Zeiten als sogenannte "Ghettobeitragszeiten" nach den Vorschriften des ZRBG liegen nicht vor.

Nach § 2 Abs. 1 ZRBG gelten für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto Beiträge als gezahlt und werden als "Ghettobeitragszeiten" bei der Anrechnung auf die Wartezeit als Beitragszeiten berücksichtigt. Für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, gilt nach § 1 Abs. 1 des ZRBG, wenn die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist, gegen Entgelt ausgeübt wurde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) und das Ghetto sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2).

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens handelt es sich bei der von dem Kläger behaupteten Beschäftigung im Ghetto Piotrkow nicht um eine Beschäftigung in einem Ghetto im Sinne von §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 ZRBG.

Das für eine (fiktive) Beitragszeit nach dem ZRBG erforderliche Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in einem Ghetto ist nicht nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG), der auch im Rahmen der Vorschriften des ZRBG herangezogen werden kann, und nach dem eine Tatsache dann glaubhaft gemacht worden ist, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist, d.h. wenn nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände mehr Faktoren für eine Tatsache als gegen diese sprechen.

Nach der insoweit erforderlichen Gesamtwürdigung aller Umstände hält die Kammer es zwar für überwiegend wahrscheinlich, dass sich der Kläger in dem streitgegenständlichen Zeitraum von Oktober 1941 - Oktober 1942 im Ghetto Piotrkow aufgehalten hat. Denn dieses hat der Kläger durchgängig im Renten- und Klageverfahren behauptet. Ebenso hat er dieses im Entschädigungsverfahren vorgetragen, und es ist dort auch von den Zeugen C und H bestätigt worden.

Ebenso sieht die Kammer es als glaubhaft gemacht an, dass der Kläger in diesem Zeitraum Arbeiten verrichtet hat. Auch dieses ergibt sich insoweit aus seinem einheitlichen Vorbringen im Klage- und Rentenverfahren sowie im Entschädigungsverfahren und den dort gemachten, bereits oben genannten Zeugenerklärungen. Übereinstimmend haben der Kläger und die Zeugen angegeben, dass der Kläger Reinigungsarbeiten wie Auto waschen usw. im Ghetto Piotrkow verrichtet hat.

Hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraumes hat der Kläger jedoch nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht glaubhaft gemacht, dass die von ihm ausgeübte Beschäftigung im Ghetto den in § 1 Abs. 1 ZRBG aufgestellten Kriterien entsprach.

Es ist bereits nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er entgeltlich i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b) ZRBG im Ghetto Piotrkow beschäftigt war. Entgeltlichkeit der Beschäftigung liegt nur dann vor, wenn dem Betroffenen für die Tätigkeit eine Gegenleistung gewährt wurde, die zum Umfang und der Art der geleisteten Arbeit noch in einem "angemessenen" Verhältnis steht. Dies ist bei allzu geringfügigen Leistungen außerhalb eines jeden Verhältnisses zur erbrachten Arbeit nicht mehr der Fall, da es dann an dem notwendigen Bezug zur Versichertengemeinschaft fehlt. Das Entgelt, welches sowohl aus Geld als auch aus Sachbezügen besteht kann, muss somit einen Mindestumfang erreichen, um von einer entgeltlichen versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgehen zu können. Eine wirtschaftliche Äquivalenz der beiden Leistungen muss indes nicht bestehen. Bei der diesbezüglich zu treffenden Bewertung können etwa Dauer und Schwere der täglich verrichteten Arbeit eine maßgebliche Rolle spielen. Das Entgelt darf insbesondere nicht nur in der reinen Gewährung von freiem Unterhalt bestehen, da ansonsten Versicherungsfreiheit für diese Beschäftigung vorliegt (vgl. dem Grundgedanken nach § 1228 Abs. 1 Nr. 2 Reichsversicherungsordnung - RVO - a.F.). An einem versicherungspflichtigen Entgelt im vorgenannten Sinne fehlt es daher, wenn allein freie Verpflegung zur unmittelbaren Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse gewährt wurde. Ebenso zählen Sachbezüge in geringem Umfang zur Befriedigung kleinerer Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten noch zum freien Unterhalt. Im Übrigen ist bei der Gewährung von Lebensmitteln stets zu prüfen, ob sie nach Umfang und Art des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch und Gebrauch oder nach vorbestimmten Maße zu beliebigen Verfügung gegeben wurden (vgl. ausf. und std. Rspr. BSG, Urt. v. 07.10.2004 - B 13 RJ 59/03 R; BSG, Urt. v. 03.05.2005 - B 13 RJ 34/04 R, Urt. v. 20.07.2005 - B 13 RJ 37/04 R; BSG, Urt. v. 18.06.1997 - B 13 RJ 61/98 R; BSG, Beschl. vom 08.02.2007 - B 5 R 182/06 B und BSG, Beschl. v. 14.08.2006 - B 5 RJ 246/05 B; vgl. auch LSG NRW, Urt. v. 17.06.2005 - L 13 RJ 31/02).

Insoweit schließt sich die Kammer der vorzitierten Rechtsprechung des 13. und 5. Senates des Bundessozialgerichtes an. Nicht überzeugen kann die entgegenstehende Rechtsprechung des 4. Senates des Bundessozialgerichtes, die den Entgeltbegriff insoweit von jeglicher Höhe oder Angemessenheit der Vergütung lösen will (so BSG, Urt. v. 14.12.2006 - B 4 R 29/06 R, E-abdr. Ziff. 104).

Diesem Verständnis folgt die Kammer nicht. Wollte man den Entgeltbegriff völlig von der Angemessenheit des für die geleistete Arbeit Erlangten lösen und jegliche Form von freiem Unterhalt, wenn er nur als kausale Zuwendung für die Arbeit erfolgte, wegen der besonderen Bedingungen im Ghetto als Entgelt im Sinne einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gelten lassen, wäre für eine Differenzierung der Ghetto-Arbeiten nach dem Typus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung einerseits und einer nichtversicherten Zwangsarbeit andererseits kaum noch Raum. Als versicherungspflichtige Beschäftigung müsste dann jede Art von Arbeit angesehen werden, die unter den damals herrschenden Verhältnissen aus der Not "freiwillig" aufgenommen wurde, nur um durch zum Teil dürftigste "Gegenleistungen" in Form von geringwertiger Kost, menschenunwürdiger Unterbringung o.ä. das Überleben irgendwie zu sichern. Der Gesetzgeber hat jedoch davon abgesehen, jegliche durch (Zwangs-) Arbeit erlittene Schäden (auch) in der Rentenversicherung zu kompensieren. Es würde insoweit zu weit gehen, diejenigen Arbeitstätigkeiten in den Typus der versicherungspflichtigen Beschäftigung einzubeziehen, bei denen ein wesentliches Merkmal - nämlich das des Entgelts, das nicht nur aus Gewährung von (teilweise) freiem Unterhalt besteht - fehlt. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 b) ZRBG eine entgeltliche Ausübung einer Beschäftigung auch dann bereits vorliegen und zu einem Rentenanspruch führen soll, wenn überhaupt ein irgendwie geartetes und sei es noch so geringes Entgelt gezahlt worden ist. Wie im Zusammenhang mit § 1 Abs. 3 ZRBG zu lesen ist, müssen die Zeiten der Beschäftigung zu rentenrechtlichen Zeiten führen, was wiederum nur möglich ist, wenn das Entgelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 b) ZRBG als ein die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung begründetes Entgelt anzusehen ist. Damit muss das Entgelt nicht nur eine Mindesthöhe erreichen, um überhaupt als solches Versicherungspflicht begründen zu können, sondern es darf auch nicht nur in der bloßen Gewährung von freiem Unterhalt (vgl. den Grundgedanken des § 1228 RVO a.F.) bestehen, weil ansonsten Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes für die Beschäftigung vorliegt (vgl. BSG, Urt. v. 07.10.2004 - B 13 RJ 59/03 R, BSGE 93, 214 ff. unter Klarstellung, dass das ZRBG an den schon vor seiner Geltung bestehenden Grundsätzen zur Entgeltlichkeit einer Beschäftigung nichts geändert hat).

Dieses Auslegungsergebnis des Entgeltbegriffs findet seine Bestätigung in den ergänzend heranzuziehenden Gesetzesmaterialien. Denn in der Gesetzesbegründung (und nur auf diese kommt es bei der historischen Auslegung maßgeblich an) findet sich nicht nur kein Hinweis darauf, dass das ZRBG von seinem Charakter her keine Leistung der sozialen Sicherheit, sondern eine entschädigungsrechtliche Regelung sein sollte, es fehlt auch jeder Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber mit dem Erlass des ZRBG "Neuland" in dem Sinne betreten wollte, dass er von einem rentenrechtlichen Begriffsverständnis der Entgeltlichkeit abweichen wollte. Vielmehr war es vom Gesetzgeber lediglich ausweislich der Gesetzesbegründung beabsichtigt, im bestehenden Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung insoweit "Neuland" zu betreten, als dass es für die Rentengewährung unerheblich ist, in welchem vom seinerzeitigen Deutschen Reich beherrschten Gebiet die Beitragszeiten zurückgelegt worden sind und in welchem Staat sich der Berechtigte grundsätzlich aufhält (vgl. BT-Drs. 14/8583, S. 5, linke Spalte a.E., S.6).

Im Übrigen sollten die herkömmlichen Grundlagen über das Bestehen von versicherungspflichtigen Beschäftigungen konsequent auf Beschäftigungen im Ghetto angewandt werden. Gerade in bewusster Anknüpfung und Anerkennung an die rentenrechtliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vor allem der zitierten Urteile des 5. und 13. Senates vom 18. Juni 1997 und vom 23. August 2001) hat der Gesetzgeber das ZRBG geschaffen (vgl. BT-Drs. 14/8583, S. 5, linke Spalte). Insoweit ist nach wie vor kein Raum für eine von den bisherigen rentenrechtlichen Vorschriften abweichende Interpretation des ZRBG.

Die vorgenannten Darlegungen berücksichtigend konnte im Falle des Klägers nicht glaubhaft gemacht werden, dass er gegen Entgelt tätig geworden ist. Er will nach seinen eigenen Angaben für die Tätigkeit Essen, Lebensmittel und Unterkunft bekommen haben. Diese Entlohnung begründet kein versicherungspflichtiges Entgelt. Der Erhalt von Essen und Lebensmitteln für die geleistete Arbeit unterfällt nicht dem Entgeltbegriff des Rentenversicherungsrechts. Die "Bezüge" dienten insoweit nicht der Erbringung einer Gegenleistung für die individuelle Arbeitsleistung, sondern vornehmlich als "Mittel zur Erhaltung der Arbeitskraft", wie es gerade typisch für Zwangsarbeitsverhältnisse ist. Darüber hinaus bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger neben der reinen Verpflegung im Ghetto noch wöchentlich Lebensmittel für zu Hause, Kleidung und Heizmaterial (so der Klägerbevollmächtigte in einer auch aus anderen Verfahren bekannten gleichlautenden Erklärung im Klageverfahren) in einer solchen Menge und Regelmäßigkeit gewährt wurden, dass sie zu dem Umfang der geleisteten Arbeit (ca. 8 Stunden täglich) noch in einem "angemessenen" Verhältnis gestanden hätten. Barlohn wurde ebenfalls keiner gezahlt. Es fehlt damit an der überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer rechtserheblichen Entlohnung i.S.d. ZRBG.

Da somit Beitragszeiten nach dem ZRBG nicht anerkannt werden können, können Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI ebenfalls keine Berücksichtigung finden, da diese nur "Versicherten" zustehen.

Das Gericht verkennt nicht, dass dem Kläger durch die nationalsozialistische Verfolgung unermessliches Leid zugefügt worden ist. Es gibt jedoch keine gesetzliche Regelung, nach der der Kläger im Rahmen der Deutschen Rentenversicherung für das erlittene Unrecht finanziell entschädigt werden könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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