L 1 R 172/06

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 42 R 2623/05
Datum
-
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 R 172/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten. 4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist die Feststellung, dass der Beigeladene zu 1) vom 1. Januar 2003 bis 30. September 2004 als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat.

Der 1967 geborene Beigeladene zu 1), von Beruf Diplom-Ingenieur, und die C. GmbH, an der der Beigeladene zu 1) keine Geschäftsanteile hielt, waren alleinige Gesellschafter der Firma P. mbH. Der Beigeladene zu 1) hielt 12.250 EUR (49 %), die C. GmbH 12.750 EUR (51 %) des Stammkapitals. Am 29. November 2002 beschlossen die Gesellschafter der P. mbH, den Firmennamen in C1. mbH (Klägerin) zu ändern. Sitz der (neuen) Gesellschaft blieb Hamburg. Das Stammkapital wurde um 15.000 EUR erhöht. Der Beigeladene zu 1) übernahm 7.350 EUR, die C. GmbH 7.650 des erhöhten Stammkapitals. Die Mehrheitsverhältnisse blieben unverändert (49 % zu 51 %). Der bisherige Geschäftsführer (der P. mbH), C2. E., wurde abberufen. An seiner Stelle wurden der Beigeladene zu 1), Bernhard G. G1. und T. O., alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreiter Geschäftsführer der C. GmbH, zu jeweils alleinvertretungsberechtigten und von den einschränkenden Bestimmungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführern bestellt (notarielle Urkunde vom 29. November 2002 ( Bl. 19-23 VA ); notarieller Gesellschaftsvertrag ( GV ) vom 02. Dezember 2002 ( Bl. 24-32 VA ); Geschäftsführervertrag ( GFV ) zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) vom 19. Dezember 2002 ( Bl. 8-15 VA ); Vergütungsregelung zum Geschäftsführervertrag zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) vom 19. Dezember 2002 ( Bl. 16-18 VA ); Definition der vier Leistungsziele in 2003 ( Bl. 18 VA )).

Der Beigeladene zu 1) erhielt ein Jahresgehalt von 84.000 EUR, fällig in gleichen monatlichen Teilbeträgen (7.000 EUR). Die Vergütungsregelung, die von einem "Arbeitsverhältnis" des Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer mit der Klägerin spricht, enthält außerdem Bestimmungen über die Gewährung einer Jahressondervergütung nach Maßgabe einer Zielvorgabe (Leistungsziele) bzw. über mögliche vier Tantiemen von jeweils 10.000 EUR, die nach sachlichen und umsatz-/gewinnbezogenen Zielsetzungen verdient werden konnten. Dem Beigeladenen zu 1) wurde von der Klägerin ein PKW auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt. Er hatte Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. Ihm wurden Reisekosten und sonstige Aufwendungen, soweit diese im Interesse des Unternehmens notwendig waren, gegen Einzelnachweis erstattet. Tages- und Übernachtungsgelder konnten nach Wahl des Beigeladenen zu 1) im Rahmen der jeweils steuerlich höchstzulässigen Sätze abgerechnet werden (§ 6 Ziff. 1 GFV). Für den Fall der Arbeitsunfähigkeit (Krankheit) wurde das Gehaltszahlung für sechs Wochen weiter gezahlt (§ 5 Nr. 2 GFV). Die Kündigungsfrist betrug neun Monate. Der Geschäftsführervertrag war jederzeit aus wichtigem Grund fristlos kündbar und hätte im Übrigen mit Erreichen des 65. Lebensjahres des Beigeladenen zu 1) geendet.

Der Beigeladene zu 1), der von Mai 1995 bis Ende 2002 als "Sachbearbeiter Systemanalyse", als "Specialist Communication Engineering", als "Systemberater und Projektleiter" und als "Senior-Berater" unselbständig gearbeitet und am 1. Januar 2003 seine Geschäftsführertätigkeit bei der Klägerin angetreten hatte, beantragte im Zusammenwirken mit der Klägerin am 4. Februar 2003 bei der Beklagten, seinen sozialversicherungsrechtlichen Status festzustellen. Er, dessen Wohnsitz ... K. war, gab an, dass er zurzeit bei der Barmer Ersatzkasse krankenversichert sei und weder am Betriebssitz der Klägerin arbeite noch regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten habe. Weisungen hinsichtlich der Ausführung seiner Tätigkeiten würden ihm von der Klägerin nicht erteilt. Weder könne diese sein Einsatzgebiet ohne seine Zustimmung verändern noch sei er von ihrer Zustimmung abhängig, wenn er Vertreter bzw. Hilfskräfte einstelle.

Die am Verfahren beteiligte Klägerin bestätigte unter dem 27. Februar 2003 - im Zusammenwirken mit dem Beigeladenen zu 1) -, dass sie nach außen von diesem als 1. Geschäftsführer, von T. O. (Controlling) sowie von Bernhard G. G1. als 2. Geschäftsführer vertreten werde. Der Beigeladene zu 1) verfüge nicht als einziger Geschäftsführer über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse. Er sei nicht ausschließlich nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages zur Mitarbeit, die in einem besonderen Arbeitsvertrag/Dienstvertrag geregelt sei, verpflichtet. Die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 40 Stunden. Die tatsächliche durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 60 Stunden. Von der Vergütung, die als Lohn/Gehalt verbucht werde, werde Lohnsteuer entrichtet. Der Beigeladene zu 1) unterliege nicht wie ein fremder Arbeitnehmer dem Direktionsrecht (Weisungsrecht) bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung. Er könne - gegebenenfalls von bestimmten wichtigen Geschäften abgesehen - seine Tätigkeit in der klägerischen Gesellschaft frei bestimmen und gestalten. Die Gestaltung seiner Tätigkeiten sei von den betrieblichen Erfordernissen, insbesondere von dem eigenen wirtschaftlichen Interesse zum Wohle und Gedeihen des Unternehmens, abhängig. Außerdem könne er selbstständig Personal einstellen und/oder entlassen. Seinen Jahresurlaub müsse er nicht genehmigen lassen. Der Beigeladene zu 1) sei zu 50% an den Erlöszielen und zu 50% an den Sachzielen beteiligt.

Die Beklagte hörte die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) unter dem 26. November 2003 an. Sie beabsichtige, für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Gesellschafter-Geschäftsführer das Vorliegen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses (§ 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV -) festzustellen. Hiergegen nahm der Beigeladene zu 1) mit Schreiben vom 8. Dezember 2003 Stellung.

Die Beklagte erteilte dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin unter dem 14. Januar 2004 jeweils einen Bescheid. Der Beigeladene zu 1) übe seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses aus. Er habe, weil er nur 49 % am Stammkapital halte, was seinem Stimmanteil entspreche, keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Klägerin. Er besitze keine Sperrminorität, um gegen ihn gerichtete unliebsame Entscheidungen der übrigen Gesellschafter, insbesondere Beschlüsse zu Ungunsten seines Mitarbeiterverhältnisses, abzuwehren. Seine Arbeitsleistung sei fremdbestimmt, da er in eine von den Gesellschaftern vorgegebene Ordnung des Betriebes eingegliedert sei. Seine Weisungsgebundenheit habe sich, wie bei Diensten höherer Art üblich, zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage er kein unternehmerisches Risiko. Bei einer Gesamtwürdigung aller für die Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.

Der Beigeladene zu 1) erhob Widerspruch. Er übe eine selbstständige Tätigkeit aus, weil deren Merkmale überwögen. Insbesondere sei er nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden, da er keinen festen Arbeitsplatz an ihrem Sitz habe. Er sei nicht persönlich abhängig, sondern trage ein unternehmerisches Risiko, habe maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft und nehme gerade nicht funktionsgerecht dienend an deren Arbeitsprozess teil.

Nachdem der Beigeladene zu 1) zum 30. September 2004 als Geschäftsführer aus der Klägerin ausgeschieden war, seine Stammeinlage aber behalten hatte, wies die Beklagte, welche die Klägerin am Vorverfahren beteiligt hatte, den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2005 zurück. Der Beigeladene zu 1) habe funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der Klägerin teilgehabt, für seine Beschäftigung ein entsprechendes Arbeitsentgelt erhalten und keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Klägerin kraft seines Anteils am Stammkapital geltend machen können. Dass er in der Gesellschafterversammlung vom 29. November 2002 zum alleinvertretungsberechtigten und von den einschränkenden Bestimmungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer bestellt worden sei, rechtfertige keine andere Entscheidung. Denn das Alleinvertretungsrecht gehe ins Leere, weil die Klägerin über mehr als einen Geschäftsführer verfüge (§ 9 GV).

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2005, den die Beklagte der Klägerin zur Kenntnis brachte, hat diese am 9. August 2005 beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben, das den Rechtsstreit durch Beschluss vom 29. September 2005 an das Sozialgericht Hamburg verwiesen hat.

Die Klägerin hat ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Vorverfahren wiederholt. Der Beigeladene zu 1) habe sie primär in der Außendarstellung zum Kunden hin vertreten und in der Zeit seiner Geschäftsführung sämtliche Kundenverträge verhandelt und unterzeichnet. Diese Tätigkeiten habe er ohne Rücksprache mit den anderen Geschäftsführern tätigen können. Gegenüber diesen habe es eine klare Aufgabentrennung gegeben. Controlling sowie Buch- und Lohnbuchhaltung seien von dem Geschäftsführer T. O. verantwortet worden. Sämtliche Verträge mit Kunden, die Steuerung und Einstellung der Mitarbeiter, ihre - der Klägerin - Repräsentation nach außen und die Kundenaquise hätten seiner Verantwortung oblegen. Als Geschäftsführer habe er sie in der Außenwirkung zu 100% und ohne Rücksprache vertreten. Damit habe er maßgeblichen Einfluss auf ihre Geschicke genommen. Auf Grund seiner Beteiligung von 49 % am Stammkapital habe für ihn ein erhebliches eigenes unternehmerisches Risiko bestanden.

Der Beigeladene zu 1) hat sich den Ausführungen und der Argumentation der Klägerin angeschlossen.

Im Termin des Sozialgerichts am 4. August 2006 hat T. O., mittlerweile alleinvertretungsberechtigter und einziger Geschäftsführer der Klägerin, vorgetragen, diese stelle im Grunde nur noch eine leere Hülse dar, habe keine weiteren Mitarbeiter mehr und sei in Abwicklung begriffen. Da die Klägerin nach dem Weggang des Beigeladenen zu 1), der noch ihr Mitgesellschafter sei, kein wesentliches Geschäft mehr habe generieren können, habe sie Ende 2005, als alle werthaltigen Gesellschaften der Unternehmensgruppe veräußert worden seien, nicht veräußert werden können. Der Beigeladene zu 1) sei Mitarbeiter bei einem anderen Unternehmen - einer anderen Tochter - der Gruppe gewesen, als der Kontakt mit ihm zustande gekommen sei. Weil der Beigeladene zu 1) wahrscheinlich aus dem Unternehmen ausgeschieden und zur Konkurrenz gegangen wäre, habe man das - von ihm angenommene - Angebot unterbreitet, eine eigene Gesellschaft unter der Holding zu gründen. Die anderen Gesellschafter der Holding seien Herr G1. (zuständig für die Vertriebsorganisation) und Herr S. (Firmengründer und im operativen Geschäft tätig). Die Holding liefere Dienstleistungen für die Töchter, also auch für die Klägerin, die sich auf das operative Geschäft konzentriere. Die Holding werde niemals jemand anderen mit 50% oder 51 % beteiligen. Das begründe sich schon aus bilanzrechtlichen Erfordernissen. Bei einer Beteiligung von 50 % gebe es eine Pattsituation. Irgendwo müsse jemand im Zweifelsfall das Zünglein an der Waage und gewährleistet sein, dass auch Interessen übergeordneter Art durchgesetzt werden könnten.

Dem Beigeladenen zu 1) habe die Mitarbeiter- und Kundenbetreuung oblegen. Er habe vertiefte Kenntnisse und spezielle Fähigkeiten im Bereich der Microsoft-Anwendungssystematik besessen, über die weder Herr G1. (der über eher breit angelegte allgemeine IT-Kenntnisse verfüge) noch er, T. O. (der die IT-Technik nur zu nutzen vermöge), verfügt hätten. Die Fähigkeiten und Kenntnisse des Beigeladenen zu 1) seien über das allgemeine Maß hinausgegangen, er habe viel selbstständig gemacht und maßgeblichen Einfluss auf die Klägerin gehabt.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 4. August 2006 abgewiesen und den Streitwert auf 5.000 EUR festgesetzt. Die Klage sei, obwohl nur der Beigeladene zu 1) Widerspruch erhoben habe, zulässig, weil die Klägerin als Dritte durch die Widerspruchsentscheidung beschwert sei. Sie sei aber unbegründet, weil der Beigeladene zu 1) auch als Gesellschafter-Geschäftsführer abhängig beschäftigt gewesen sei.

Gegen das ihr am 6. September 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 6. Oktober 2006 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ausführt, der Beigeladene zu 1) habe in großem Ausmaß Einfluss auf ihr Geschick nehmen können. Allenfalls formal sei er einem Direktionsrecht der Gesellschafterversammlung unterworfen gewesen. Faktisch habe er aber weder in organisatorischer oder finanzieller noch in administrativer Hinsicht einem Weisungsrecht unterlegen. Das Sozialgericht habe die Ausführungen des Geschäftsführers O. nicht genügend berücksichtigt. Zu keinem Zeitpunkt sei der Beigeladene zu 1) in ihrer - der Klägerin - Gesellschafterversammlung überstimmt worden. Alle Beschlüsse seien einstimmig gefasst worden. Zwar hätte rein theoretisch gegen seinen Willen eine Entscheidung herbeigeführt werden können. Tatsächlich habe diese Gefahr aber nicht bestanden, weil allen Gesellschaftern und Geschäftsführern klar gewesen sei, dass der Beigeladene zu 1) faktisch durch seine beherrschende Stellung über das Schicksal der Gesellschaft entscheiden könnte. Dies werde dadurch belegt, dass sie, die Klägerin, nach seinem Ausscheiden kaum noch Umsätze habe generieren können. Die beherrschende Stellung habe sich auch daran gezeigt, dass der Beigeladene zu 1) als einziger der Geschäftsführer über das notwendige Fachwissen verfügt habe. Auch sprächen die Einzelregelungen des Geschäftsführervertrages nicht für eine abhängige Beschäftigung. Gegen diese spreche der hohe erfolgsabhängige Vergütungsanteil.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 4. August 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer der Klägerin vom 1. Januar 2003 bis 30. September 2004 nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, dass die Klägerin mit der Berufung keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen vorgetragen habe.

Der Beigeladene zu 1) stellt weder einen Antrag noch hat er sich geäußert.

Die Beigeladene zu 2) stellt ebenfalls keinen Antrag. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat die Barmer Ersatzkasse nicht beigeladen, weil der Beigeladene zu 1) mit seinen Einkünften jenseits der Krankenversicherungspflichtgrenze lag und sich die vorliegende Entscheidung nicht auf die Beitragshöhe seiner freiwilligen Versicherung auswirkt. Zwar sind versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung auch freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 20 Abs. 3 Elftes Buch Sozialgesetzbuch). Insoweit hat das Gericht aber von einer - im Rahmen des § 7a SGB IV ohnehin nicht notwendigen - Beiladung der Pflegekasse der Barmer Ersatzkasse abgesehen.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )).

Das Rechtsmittel ist indes unbegründet. Das Sozialgericht hat die - zulässige - Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2005 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat auf den im Januar 2004 gestellten Antrag - mittlerweile ist durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) u. a. für Gesellschafter einer GmbH in § 7 a Abs. 1 Satz 2 SGB IV zum 1. Januar 2005 ein obligatorisches Anfrageverfahren eingeführt worden - zu Recht entschieden, dass der Beigeladene zu 1) bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles (§ 7 a Abs. 2 SGB IV) als geschäftsführender Gesellschafter der Klägerin vom 1. Januar 2003 bis 30. September 2004 eine dem Grunde nach sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat.

Ob ein Versicherungspflichtverhältnis vorliegt, beurteilt sich nach den Grundsätzen, die Lehre und Rechtsprechung zum Begriff des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses entwickelt haben. Arbeitnehmer ist hiernach, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Persönliche Abhängigkeit erfordert Eingliederung in einen Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Selbstständige Tätigkeit beinhaltet vornehmlich eigenes Unternehmerrisiko, Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und im Wesentlichen eine frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Die Beurteilung der (abhängigen) Beschäftigung eines Geschäftsführers einer GmbH hat nach den gesamten Umständen des Einzelfalles zu erfolgen. Entscheidend ist, welche Merkmale überwiegen. Sie geben hier für die Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses den Ausschlag.

Auch ein Geschäftsführer, der zugleich Gesellschafter ist, kann Arbeitnehmer sein. Das gilt lediglich nicht für Gesellschafter, die auf Grund ihrer Mehrheitsstellung ihnen nicht genehme Einzelentscheidungen im Bedarfsfall jederzeit verhindern können (vgl. zum Mehrheitsgesellschafter Bundessozialgericht ( BSG ) 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R, HVBG-INFO 2006, Nr. 5, S. 547). Zu diesen Gesellschaftern gehörte der geschäftsführende Beigeladene zu 1) jedoch nicht. Er hatte weder eine Mehrheit am Stammkapital noch verfügte er über eine Sperrminorität. Nach dem GV vom 2. Dezember 2002 wurde die Gesellschaft, weil mehrere Geschäftsführer bestellt waren, durch jeweils zwei von ihnen (oder einen von ihnen in Gemeinschaft mit einem Prokuristen) vertreten (§ 9 Ziff. 1 GV). Durch Gesellschafterbeschluss konnte - wie hier - allen (oder einzelnen) Gesellschaftern Alleinvertretungsbefugnis und Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden (§ 9 Ziff. 2 GV). Gesellschafterbeschlüsse wurden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst; abgestimmt wurde nach Geschäftsanteilen (§ 11 Ziff. 1, 2 GV). Der Beigeladene zu 1) verfügte nicht über die Mehrheit der Geschäftsanteile. Er konnte weder allein einen Gesellschafterbeschluss durchsetzen noch sich z. B. dagegen wehren, wenn die Mehrheitsgesellschafterin eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführer beschloss (§ 9 Ziff. 3 Satz 2 GV). Seine Rechten und Pflichten ergaben sich aus dem Anstellungsvertrag (GFV) und den von den Gesellschaftern gegebenen Weisungen. Die Mehrheitsgesellschafterin konnte ihm eine verbindliche Weisung erteilen, weil dafür nur die einfache Mehrheit (der abgegebenen Stimmen) erforderlich war. Besonders wichtige Geschäfte bedurften nach § 9 Ziff. 5 GV bzw. § 3 GFV der vorherigen Zustimmung durch die Gesellschafter(versammlung). Durch Mehrheitsbeschluss konnte der Katalog der dort aufgeführten zustimmungspflichtigen Geschäfte, auf den Bezug genommen wird, erweitert werden. Der Beigeladene zu 1) hätte sich einer Kündigung nicht widersetzen können (§ 11 GV). Seine Stellung hätte mit Erreichen des 65. Lebensjahres geendet.

Zwar war die Vertretungsbefugnis des Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer im Außenverhältnis unbeschränkt. Geschäftsführungsmaßnahmen, die über den gewöhnlichen Geschäftsverkehr hinausgehen, und solche, die die Geschäftsordnung bestimmt, bedurften jedoch im Innenverhältnis der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Hier hatte die Holding - die C. GmbH - die einfache, für Beschlussfassungen aber ausreichende Mehrheit. Dass der Beigeladene zu 1) im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit alleinvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot befreit war, ist bei einer kleinen GmbH nicht untypisch und spricht deshalb nicht zwingend für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit (BSG 06. März 2003 - B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 1; 04. Juli 2007 - B 11a AL 5/06 R, juris). Da zudem die anderen beiden Geschäftsführer, die nicht zugleich Gesellschafter der Klägerin waren, insoweit die gleiche Rechtsposition innehatten, abhängig beschäftigt waren, spricht wenig dafür, dass dies hinsichtlich des Beigeladenen zu 1) anders war.

Der vorliegende Sachverhalt gibt keinen Anlass vom Regelfall abzuweichen, dass ein Geschäftsführer, der Minderheitsgesellschafter ist und keine Sperrminorität hat, abhängig beschäftigt ist. Der Beigeladene zu 1) hatte insbesondere keine beherrschende Stellung in der klägerischen GmbH inne. Es liegen keine Umstände vor, die die Annahme rechtfertigen, es habe keine Weisungsgebundenheit vorgelegen. Die hierfür erforderliche Atypik weist der Sachverhalt nicht auf. Vielmehr sollte der Beigeladene zu 1) eine beherrschende Stellung gerade nicht einnehmen. Dies ergibt sich aus den Ausführungen des Geschäftsführers der Klägerin O. im Termin am 4. August 2006. Man wollte sich in der geänderten Firma zwar die Dienste und das Knowhow des Beigeladenen zu 1) sichern, ihm aber letztlich eine für das Unternehmen der Klägerin maßgebende Stellung nicht einräumen. Das Sozialgericht hat zutreffend erkannt, dass dem Beigeladenen zu 1) mit Bedacht nur die Position eines Minderheitsgesellschafters eingeräumt wurde, damit im Konfliktfall die Holding - als Mehrheitsgesellschafterin - die Überhand behielt. Auch die Ausführungen des Geschäftsführers O. sprechen daher im Ergebnis für eine abhängige Beschäftigung.

Maßgeblichen Einfluss konnte der Beigeladene zu 1) auf das Unternehmen nicht allein, sondern nur mit der weiteren Gesellschafterin - der Holding - ausüben. Dass der Beigeladene zu 1) in fachlicher Hinsicht wegen seiner besonderen Kenntnisse maßgebliche Bedeutung für das Unternehmen hatte, kann mit den eher formal zu betrachtenden rechtlichen Einflussmöglichkeiten des Gesellschaftsrechts nicht gleichgesetzt werden. Dass er der "Kopf" der Klägerin war, hat selbst diese nicht vorgetragen. Immerhin war der zweite Geschäftsführer G1. auf dem Gebiet der Vertriebsorganisation tätig und dürfte als allgemeine IT-Kenntnisse besitzender Mitgesellschafter der C. GmbH (Holding) auch über genügend Branchenkenntnisse verfügt haben. Der dritte Geschäftsführer O., gleichzeitig alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der Holding, war für das Controlling und die Buch- und Lohnbuchhaltung verantwortlich. Zwar mögen diese beiden anderen Geschäftsführer - G1. und O. - nicht über spezielle Fachkenntnisse, wie der Beigeladene zu 1) als Diplom-Ingenieur, verfügt haben. Das rechtfertigt aber nicht den Schluss, dass der Beigeladene zu 1) maßgeblichen Einfluss auf die Klägerin hatte. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist.

Soweit die Klägerin und der Beigeladene zu 1) meinen, letzterer habe ein Unternehmerrisiko getragen, trifft auch dies im Ergebnis nicht zu. Die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung - wobei der ausgeschüttete Gewinn nach § 8 Ziff. GV den Gesellschaftern entsprechend der Höhe ihrer Stammeinlagen zusteht - ist nicht Ausdruck eines Unternehmerrisikos. Gewinnbeteiligungen sind auch bei Arbeitnehmern verbreitet. Jahressonderprämien neben den zustehenden festen Vergütungsbestandteilen sind nicht einem Wagniskapital gleichzusetzen (BSG 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 20). Im Übrigen war dem Beigeladenen zu 1) ein Festgehalt garantiert. Dass er dieses für sechs Wochen auch im Falle der Erkrankung (Arbeitsunfähigkeit) erhielt und dass ihm ein Anspruch auf (bezahlten) Jahresurlaub und auf Spesen zustand, sind typische Merkmale einer abhängigen Beschäftigung. Dies gilt auch für den Umstand, dass die Zahlungen an den Beigeladenen zu 1) als Lohn/Gehalt und nicht als Betriebsausgaben verbucht wurden.

Dass der Beigeladene zu 1) nicht am Firmensitz der Klägerin (sondern beratend im gesamten Bundesgebiet tätig war), spricht nicht per se für eine selbständige Tätigkeit, sondern belegt nur, dass der Schwerpunkt seines Aufgabengebiets im "Außendienst" lag. Seine Tätigkeit - u. a. die "Repräsentation nach außen" und die "Kundenaquise" - machte das Verbleiben am Firmensitz nicht notwendig. Auch als der Beigeladene zu 1) noch als Arbeitnehmer bis Ende 2002 bei einer anderen Tochter der Holding beschäftigt war, war er schon nicht an deren Sitz tätig, sondern bereits in K. wohnhaft. Insbesondere in der IT-Branche ist der tägliche räumliche Bezug zum Firmensitz kein entscheidendes Abgrenzungsmerkmal für die Beurteilung einer selbständigen Tätigkeit oder abhängigen Beschäftigung.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind vorliegend nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs. 3 VwGO). Sie waren aus Billigkeit schon deshalb weder der Klägerin noch der Staatskasse aufzuerlegen, weil die Beigeladenen keinen eigenen Antrag gestellt haben.

Die durch Beschluss gesondert getroffene Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) und ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür fehlen.
Rechtskraft
Aus
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