L 12 AS 4938/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 1717/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 4938/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Konstanz vom 11.09.2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragstellerin (Ast.) Ziff. 1 und den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kindern, den Antragstellern Ziff. 2 und Ziff. 3, wurden mit Bescheid vom 14.09.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01.10.2006 bis zum 28.02.2007 bewilligt.

Am 12.10.2006 veranlasste die Antragsgegnerin (Ag.) einen Hausbesuch bei den Antragstellern, um zu überprüfen, inwieweit die Ast. Ziff. 1 und ihr Ehemann tatsächlich - wie von dieser angegeben - in der gleichen Wohnung getrennt leben. Das Betreten der Wohnung wurde jedoch von der Ast. Ziff. 1 verweigert. Bei der Überprüfung stellte sich heraus, dass die Mutter des Ehemannes seit dem 01.04.2001 gleichfalls in der Wohnung gemeldet ist.

Mit Bescheid vom 19.10.2006 hob die Ag. daraufhin den ursprünglichen Bewilligungsbescheid mit Wirkung ab dem 01.11.2006 auf, da Hilfebedürftigkeit nicht mehr vorliegen würde.

Gegen den Aufhebungsbescheid wurde Widerspruch eingelegt.

In der Folgezeit unternahm die Ag. weitere erfolglose Versuche, bei den Antragstellern einen Hausbesuch durchzuführen, um zu überprüfen, inwieweit die Ast. Ziff. 1 und ihr Ehemann tatsächlich getrennt in der gemeinsamen Wohnung leben würden.

Am 20.03.2007 wurde ein Weitergewährungsantrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gestellt. Dieser wurde mit Bescheid vom 06.06.2007 mit der Begründung abgelehnt, dass davon auszugehen sei, dass die Ast. Ziff. 1 weiterhin mit ihrem Ehemann eine Bedarfsgemeinschaft bilde und wegen dessen Einkünften aus seiner Pizzeria sowie der vorliegenden Vermögensverhältnisse keine Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II bestehen würde.

Mit Bescheid vom 06.06.2007 wurden die Bewilligungsbescheide für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.10.2006 nach erfolgter Anhörung teilweise in Höhe von insgesamt 2.384,60 EUR zurückgenommen.

Mit Schriftsatz vom 15.06.2007 wurde beim Sozialgericht K. (SG) Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, dass Gründe für das Getrenntleben der Ehepartner in der gemeinsamen Wohnung bereits mehrfach glaubhaft geschildert worden sein sollen. Der Ehemann komme nur 1-2 Mal wöchentlich in die Wohnung um die gemeinsamen Kinder zu besuchen.

Die Ag. ist dem Antrag entgegengetreten und erklärte unter anderem, dass bislang nicht glaubhaft dargelegt und nachgewiesen worden wäre, dass die Eheleute dauernd getrennt leben würden. vielmehr spreche die Gesamtbetrachtung erheblich dagegen, so verbleibe die Ast. in der ehelichen Wohnung und eine Scheidung sei auch nicht beabsichtigt.

Mit Beschluss vom 11.09.2007 lehnte das SG den beantragten vorläufigen Rechtsschutz ab. Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) könne das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheine. Voraussetzung sei hierbei, dass vom Antragsteller die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs, d. h. eines materiellen Rechtsanspruchs, und eines Anordnungsgrundes, also der besonderen Dringlichkeit der erstrebten Regelung, glaubhaft gemacht werden.

Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sind für das Gericht die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht erkennbar.

Soweit seitens der Antragsteller ausweislich des am 19.06.2007 bei Gericht eingereichten Eilantrages Leistungen nach dem SGB II rückwirkend seit Leistungseinstellung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt werden, ist für das Gericht nicht ersichtlich, inwieweit diesbezüglich ein Anordnungsgrund bestehen könnte.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde am 19.06.2007 bei Gericht eingereicht. Für Zeiträume vor Antragstellung können Leistungen im Grundsatz allerdings nicht anerkannt werden. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und der Sozialhilfe (SGB XII) wird nämlich von dem Rechtsgedanken der Abwendung gegenwärtiger Notlagen bestimmt. Hieraus folge, dass einstweilige Regelungen über die Bewilligung laufender Leistungen grundsätzlich nur für die Gegenwart und Zukunft, nicht jedoch für im Zeitpunkt des Antragseingangs bereits vergangene Zeiträume getroffen werden können, weil in der Regel davon ausgegangen werden könne, dass in der Vergangenheit liegende Notsituationen von den Betroffenen selbst bewältigt worden seien. Von einer Bewältigung der Notlage in diesem Sinne könne höchstens dann nicht ohne weiteres ausgegangen werden, wenn durch die Versagung der Leistungen in der Vergangenheit ein Tatbestand ausgelöst worden sei, der noch eine aktuelle Notlage verursache. Da der Antrag am 19.06.2007 bei Gericht eingegangen sei, komme eine Verpflichtung der Ag. im Wege der einstweiligen Anordnung für die Zeit bis einschließlich zum 18.06.2007 grundsätzlich nicht in Betracht. Eine nachwirkende existentielle Notlage sei nicht glaubhaft gemacht worden.

Soweit die Ag. für die Zeit ab Antragstellung bei Gericht verpflichtet werden solle, sei das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht worden. Nach § 9 Abs. 1 SGB II sei hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II und damit dem Grunde nach leistungsberechtigt, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern könne und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhalte. In Ergänzung hierzu bestimme § 9 Abs. 2 SGB II, dass bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft lebten, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen seien. Ebenso seien bei minderjährigen unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft lebten, auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils zu berücksichtigen. Zur Bedarfsgemeinschaft gehörten nach § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II der als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte. Soweit seitens der Antragsteller pauschal behauptet werde, dass die Ast. Ziff. 1 und ihr Ehemann in der gemeinsamen Wohnung getrennt leben würden, fehle es diesbezüglich an jeglicher nachvollziehbarer Konkretisierung. Die bloße Behauptung jedoch, seit nunmehr fast drei Jahren in der gleichen Wohnung getrennt zu leben, genüge nach Auffassung des Gerichts keinesfalls, um es als glaubhaft gemacht anzusehen, dass der Ehepartner der Ast. Ziff. 1 nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehöre. Insbesondere sei es für das Gericht auch nicht plausibel, dass zwar seit annähernd drei Jahren ein ernsthafter Trennungswille bestehe, ein Scheidungsantrag bei Gericht aber offensichtlich noch nicht gestellt worden sei. Mit Schreiben vom 10.09.2007 sei zwar mitgeteilt worden, dass der Ehemann nur noch ein- bis zweimal wöchentlich in die Wohnung komme - hierbei sei jedoch völlig unklar, wo der Ehemann während der restlichen Zeit wohne, zumal ihm ein unentgeltliches Wohnrecht bezüglich der Wohnung der Ast. Ziff. 1 eingeräumt worden sei. Soweit der Ehemann der Ast. Ziff. 1 als der Bedarfsgemeinschaft zugehörig anzusehen sei, seien auch dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu berücksichtigen. Hierbei genüge die - ohne jegliche Beifügung von Belegen und Unterlagen - vorgelegte betriebswirtschaftliche Auswertung für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.03.2007 nach Auffassung des Gerichts keineswegs, um für die Zeit ab Stellung des vorliegenden Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz am 19.06.2007 die erforderliche Hilfebedürftigkeit als glaubhaft gemacht zu erachten. Auch insoweit sei trotz ausdrücklichem gerichtlichen Hinweis mit Schreiben vom 05.07.2007 auf die bestehende Beweislast diesbezüglich ein weiterer ergänzender Vortrag ausgeblieben. Insbesondere sei in diesem Zusammenhang auch zu betonen, dass die behauptete Hilfebedürftigkeit, welche auch zugleich die Eilbedürftigkeit des vorliegenden Verfahrens begründen solle, schon dadurch ausgesprochen zweifelhaft erscheine, dass sich die Antragsteller im Rahmen eines Eilverfahrens trotz gerichtlicher Aufforderung zunächst über zwei Monaten nicht mehr veranlasst gesehen hätten, in irgendeiner Weise zu ihrem Verfahren Stellung zu nehmen.

Gegen diesen Beschluss haben die Ast. Beschwerde eingelegt, welch nach Entscheidung über die Nichtabhilfe dem LSG Baden-Württemberg zur Entscheidung vorgelegt wurde. Es wurde vorgetragen, bisher sei kein weiterer Versuch unternommen worden rechtmäßig einen Hausbesuch durchzuführen. Die Ast. Ziff. 1 lebe von ihrem Ehemann getrennt, ein Scheidungsantrag sei zur Untermauerung dieses Sachverhalts nicht erforderlich.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat die tatsächlichen und rechtlichen Vorraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zutreffend ausgeführt und den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnungen zu Recht abgelehnt. Der Senat nimmt insoweit darauf Bezug und weist die Beschwerde auch in Kenntnis des Vorbringens im Beschwerdeverfahren aus den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung zurück ( § 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved