Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 2511/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 723/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 3. November 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob nach einem in der DDR erreichten Abschluss als Diplomlehrer ein zweisemestriges Studium der Klägerin zur Erlangung der Lehrbefähigung in der Bundesrepublik Deutschland als Anrechnungszeit vorzumerken ist.
Der 1957 geborenen Klägerin wurde am 11. Juli 1980 von der F.-Sch.-Universität J. der akademische Grad Diplomlehrer verliehen. Ab dem 1. August 1980 war die Klägerin in der DDR als Diplomlehrerin tätig. Wegen ihrer Kontakte zu einem Westbürger wurde ihr am 17. August 1982 gekündigt und ein Berufsverbot gegen sie ausgesprochen. Am 14. April 1984 wurde sie ausgebürgert und kam in die Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin ist als politisch Verfolgte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 berufliches Rehabilitierungsgesetz anerkannt (Rehabilitierungsbescheinigung des Regierungspräsidiums H. vom 29. September 1998). In der Folgezeit war die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt bzw. vorübergehend arbeitslos. Nach dem sie vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst auf Anfrage die Nachricht erhielt, dass ihre in der ehemaligen DDR erworbene Ausbildung einer Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Hauptschulen gleich gewertet werden könne, sofern sie ein Kolloquium im Fach Deutsch sowie ein mindestens zweisemestriges Ergänzungsstudium der Didaktiken einer Fächergruppe der Hauptschule einschließlich der fachwissenschaftlichen Grundlagen erfolgreich absolviere, schrieb sich die Klägerin am 6. April 1993 an der Universität A. ein. Am 27. Juni 1994 legte sie in A. die Nachqualifikation zu ihrer Ersten Staatsprüfung in J. erfolgreich ab. Diese Prüfung wurde ihr als erste Staatsprüfung für das Lehramt an Hauptschule anerkannt. Am 19. Juli 1994 wurde die Klägerin exmatrikuliert. Seit dem 11. September 1995 ist sie als Lehrerin tätig.
Am 19. August 2004 stellte die Klägerin einen Antrag auf Kontenklärung. Mit Vormerkungsbescheid vom 3. Januar 2005 lehnte die Beklagte u.a. die Vormerkung der Zeit vom 1. April 1993 bis 19. Juli 1994 als Anrechnungszeit wegen Ausbildung ab, weil die Ausbildung keine Lehrzeit, Schul-, Fachschul-, Fachhochschul- oder Hochschulausbildung sei.
Hiergegen erhob die Klägerin am 6. Januar 2005 Widerspruch und wies darauf hin, dass es sich um ein zweisemestriges Ergänzungsstudium gehandelt habe, weil ihre in der DDR erworbene Ausbildung nicht vollständig anerkannt worden sei. In dieser Zeit habe sie sogar Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2005 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, das Ende der Hochschulausbildung sei die Abschlussprüfung, welche die Klägerin bereits am 11. Juli 1980 abgelegt habe. Die Zweite Staatsprüfung stellte keine Anrechnungszeittatbestand dar (unter Hinweis auf Urteile des Bundessozialgerichts (BSG): B 4/1 RA 65/90 und B 11a RA 44/84).
Hiergegen richtet sich die am 12. August 2005 zum Sozialgericht Ulm (SG) erhobene Klage. Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, dass sie das Erste Staatsexamen habe nachholen müssen. Für die Zulassung zur Prüfung sei eine Mindeststudiendauer von zwei Semestern veranschlagt gewesen. Ohne dieses Examen wäre sie nicht zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt und zum Zweiten Staatsexamen zugelassen worden. Die von der Beklagten genannten BSG-Urteile träfen auf ihren Fall nicht zu, denn anders als bei Diplom-Juristen sei ihre in der damaligen DDR abgelegte Erste Staatsprüfung nicht der Ersten Staatsprüfung in der BRD gleichgestellt worden. Sie habe mit ihrem Berufsabschluss in der DDR keine Möglichkeit gehabt, ihren Beruf auszuüben; die Gründe für die Wiederholung ihrer Berufsausbildung seien politischer Art.
Mit Urteil vom 3. November 2006 hat das SG die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Zeit vom 1. April 1993 bis 19. Juli 1994 als Anrechnungszeit anzuerkennen. Als Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) seien nur solche Zeiten berücksichtigungsfähig, die der Ausbildung dienten; das Ende der (Hochschul-)Ausbildung sei demnach grundsätzlich die Abschlussprüfung, welche die Klägerin am 11. Juli 1980 abgelegt habe. Grundsätzlich stelle die Diplomlehrer-Prüfung den ersten berufsqualifizierenden Abschluss dar, auf den die Anrechnungszeit wegen Hochschulbesuchs begrenzt sei. Im Fall der Klägerin stelle jedoch die Nichtberücksichtigung der Studienzeit an der Universität A. eine ganz besondere Härte oder eine grobe Unbilligkeit dar. Zwar sei der Besuch einer Hochschule, welcher der Vertiefung, Erweiterung oder Spezialisierung der Fähigkeiten und Kenntnisse nach abgeschlossener Ausbildung und bereits ausgeübter Berufstätigkeit diene, nicht als Anrechnungszeit anzuerkennen. Es sei der Klägerin jedoch verwehrt gewesen, ohne dieses Zusatzstudium eine Lehrertätigkeit im Westen aufzunehmen. Hierin liege der wesentliche Unterschied zur Rechtsprechung des BSG (unter Hinweis auf Urteil vom 27. November 1991 - 4/1 RA 65/90 - SozR 3-2200 § 1259 Nr. 9). In dem dort entschiedenen Fall zum Diplom-Juristen sei nur eine Empfehlung für ein drei- bis viersemestriges Studium ausgesprochen, zugleich aber eine Gleichwertigkeitsbescheinigung ausgestellt worden. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin anders als in den vom BSG entschiedenen Fällen mit Auslandsbezug sich gerade nicht freiwillig dafür entschieden habe, in der DDR ein Studium aufzunehmen.
Gegen das ihr am 19. Januar 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 9. Februar 2007 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung der Beklagen. Sie ist der Auffassung, das SG habe nicht ausreichend die Rechtsprechung des BSG berücksichtigt, wonach die Zeit einer Hochschulausbildung lediglich bis zu ihrem ersten Abschluss Anrechnungszeit sei. Maßgeblich sei, ab welchem Zeitpunkt dem Versicherten der Weg ins Berufsleben erstmals rechtlich eröffnet sei. Auf das Vorliegen persönlicher oder individueller Gegebenheiten für das zu absolvierende Ergänzungsstudium zwecks Ausübung des Lehrerberufs in der Bundesrepublik Deutschland komme es für die Beurteilung der Frage, ob und in welchem zeitlichen Umfang eine Zeit der Hochschulausbildung als Anrechnungszeit vorgemerkt werden könne, nicht an. Mit dem Ergänzungsstudium 1993 bis 1994 sei der Klägerin jedenfalls nicht erstmals der Weg ins Berufsleben eröffnet worden. Darüber hinaus handele es sich bei dem Ergänzungsstudium nicht um einen komplexen, wissenschaftlich orientierten Ausbildungsgang, der zu einer neuen - eigenen - akademischen Qualifikation geführt habe. Die Klägerin habe nicht die für den Studiengang "Lehramt an Hauptschulen" vorgesehene eigentliche Mindeststudienzeit von sechs Semestern absolviert und auch keinen regulären akademischen Abschluss im Rahmen dieses Ergänzungsstudiums abgelegt. Ihr sei aufgrund der am 27. Juni 1994 abgelegten "Nachqualifikationsprüfung" zu der in J. abgelegten Diplomlehrer-Prüfung diese Prüfung lediglich als Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Hauptschulen anerkannt worden. Nach der zu beachtenden BSG-Rechtsprechung bestimme sich der Endzeitpunkt der als Anrechnungszeit berücksichtungsfähigen Ausbildungszeiten nicht nach den besonderen persönlichen Verhältnissen im konkreten Einzelfall. Insoweit lasse sich der vorliegende Fall auch mit der Rechtssprechung des BSG vom 15. Oktober 1985 (B 11a RA 44/84 - SozR 2200 § 1259 Nr. 92) vergleichen, bei der es um die Berücksichtigung einer erforderlichen weiteren Studienzeit zur Erlangung der Lehrbefähigung in einem anderen Bundesland gegangen sei, obwohl bereits die Erste Staatsprüfung für ein Lehramt abgelegt worden war.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 3. November 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die form- und fristgerecht (151 Abs. 1 und 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft (§ 143 SGG), insbesondere liegen Gründe, welche die Zulässigkeit der Berufung beschränken, nicht vor (vgl. § 144 Abs. 1 SGG).
Die Berufung ist auch begründet. Das SG bewertet die Sach- und Rechtslage in dem angegriffenen Urteil nicht zutreffend. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Vormerkung der Zeit vom 1. April 1993 bis 19. Juli 1994 als Anrechnungszeit wegen Ausbildung.
Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin ist § 149 Abs. 5 SGB VI in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI. Nach § 149 Abs. 5 SGB VI stellt der Versicherungsträger, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat, die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits geklärten Daten durch Bescheid fest. Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird erst bei der Feststellung einer Leistung entschieden (Satz 2 der Vorschrift). Infolge dessen wird im Rahmen eines Vormerkungsverfahrens nur geprüft, ob der behauptete Anrechnungszeittatbestand nach seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt ist. Über die "Anrechenbarkeit und die Bewertung dieser Zeiten" kann erst bei Eintritt des Leistungsfalles, bei der Berechnung der Rente, entschieden werden (vgl. BSG, Urteil vom 27. November 1991, a.a.O.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 1997 - 4 RA 67/97 - SozR 3-2600 § 58 Nr. 13; BSG, Urteil vom 19. September 1979 - 11 RA 92/78 - BSGE 49, 44, 46 = SozR 2200 § 1259 Nr. 44; BSG, Urteil vom 9. Februar 1984 - 11 RA 6/83 - BSGE 56, 151, 153 = SozR 2200 § 1259 Nr. 82). Nach der derzeitigen Rechtslage wäre die Rente nach der von der Beklagten vorgenommenen Probeberechnung vom 6. Dezember 2007 um 0,70 EUR monatlich höher bei Berücksichtigung der streitigen Hochschulausbildung. Selbst wenn derzeit jegliche leistungsrechtliche Auswirkung der streitigen Ausbildung als Anrechnungszeit zu verneinen wäre, könnte die Vormerkung einer derartigen Anrechnungszeit nicht allein mit dieser Begründung abgelehnt werden, weil sich zum Zeitpunkt des Leistungsfalls das bei der Berechnung der Leistung anzuwendende Recht geändert haben kann (vgl. BSG, Urteile vom 9. Februar 1984 und vom 16. Dezember 1997, a.a.O.). Entscheidend ist daher, ob nach derzeitigem Recht generell die Möglichkeit besteht, dass der Sachverhalt in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich erheblich werden kann. Dies ist für den hier streitgegenständlichen Zeitraum indes nicht der Fall.
Die Frage, ob der Tatbestand einer rentenrechtlichen Zeit vorzumerken ist, beurteilt sich nach der im jeweils maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt gültigen materiellen Rechtslage, hier also nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI in der Fassung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754). Nach dieser Vorschrift sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr - in der hier allein in Betracht kommenden Alternative - eine Hochschule besucht haben. Die Zeit vor dem 6. April 1993 und nach dem 27. Juni 1994 kommt schon deshalb als Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung nicht in Betracht, weil die Klägerin sich erst am 6. April 1993 immatrikuliert hat (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1986 - 11a RA 66/85 - SozR 2200 § 1259 Nr. 96) und ihre Abschlussprüfung bereits am 27. Juni 1994 abgelegt hat (vgl. BSG, Urteil vom 4. August 1998 - B 4 RA 8/98 R - (juris)). Die Voraussetzungen für eine Anrechungszeit sind jedoch auch im übrigen nicht erfüllt. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI setzt hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals "Besuch der Hochschule" nach Wortlaut sowie nach Sinn und Zweck voraus, dass der Versicherte während dieser Zeit an der Hochschule zur Erlangung einer beruflichen Qualifikation ("Ausbildung") studiert hat, die ihm einen Weg ins Berufsleben eröffnet. Das Ende der (Hochschul-)Ausbildung ist die Abschlussprüfung. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG kann grundsätzlich nur eine einzige erfolgreich abgeschlossene Hochschulausbildung als Ausbildungsausfallzeit (so die frühere Terminologie in § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 b Angestelltenversicherungsgesetz bzw. § 1259 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 b Reichsversicherungsordnung) bzw. Anrechnungszeit wegen Ausbildung berücksichtigt werden (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 1979 - 12 RK 16/78 - SozR 2200 § 1259 Nr. 38; BSG, Urteil vom 22. September 1981 - 1 RA 37/80 - SozR 2200 § 1259 Nr. 56 f.; BSG, Urteil vom 15. Oktober 1985, a.a.O.; BSG, Urteil vom 21. April 1988 - 4/11a RA 39/87 - SozR 2200 § 1259 Nr. 102; BSG, Urteil vom 29. März 1990 - 4 RA 37/89 - (juris) m.w.N.; BSG, Urteil vom 27. November 1991, a.a.O.).
Diese am Wortlaut sowie an Sinn und Zweck der "Ausbildungszeit" orientierte Auslegung steht im Einklang mit der Ausgestaltung dieser Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung, die an sich dem Versicherungsprinzip widerspricht. Anrechnungszeiten sind als Zeiten ohne Beitragsleistung ein rentenrechtlicher Ausgleich dafür, dass der Versicherte durch sie ohne sein Verschulden gehindert war, einer rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit nachzugehen und so Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung zu entrichten. Wegen der fehlenden Beitragsleistung sind diese Zeiten Solidarleistungen der Versichertengemeinschaft. Sie beruhen überwiegend auf staatlicher Gewährung und sind in diesem Sinne Ausdruck staatlicher Fürsorge. Im Hinblick hierauf hat der Gesetzgeber im Rahmen des ihm bei ihrer Ausgestaltung zustehenden weiten Gestaltungsspielraums zur Vermeidung einer übermäßigen Belastung der Versichertengemeinschaft davon abgesehen, Ausbildungszeiten schlechthin den Charakter von Anrechnungszeiten zu verleihen. Er hat lediglich bestimmte typische Ausbildungen als Ausbildungsanrechnungstatbestände normiert und auf der Rechtsfolgenseite ihre Berücksichtigung nur in einem bestimmten zeitlichen Rahmen zugelassen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Dezember 1997, a.a.O., m.w.N.). Bei Normierung dieser Tatbestände hat er unter anderem angeknüpft an bestimmte typische Ausbildungswege, die wiederum typischer Weise durch den Charakter der Ausbildungsstätte geprägt sind; dabei wird typisierend und pauschalierend davon ausgegangen, dass der Versicherte durch diese Ausbildung eine berufliche Qualifikation erreicht, die ihm die Aufnahme einer regelmäßig in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigung (rechtlich) ermöglicht. Nicht erforderlich ist, dass der Versicherte später auch einen entsprechenden Beruf ergreift oder dass er diesen Beruf auch tatsächlich ausüben kann (vgl. BSG, Urteile vom 16. Dezember 1997 und 25. November 1986, jeweils a.a.O.). Die ohne Beitragsleistung zurückgelegten rentenrechtlichen (Ausbildungs-)Anrechnungszeiten dienen nicht der Vervollständigung der Versicherungsbiographie, sondern stellen lediglich eine Solidarleistung der Versichertengemeinschaft dar, ohne dass diese unter dem Gesichtspunkt des Versicherungsprinzips hierzu verpflichtet ist. Art und Umfang der Ausbildung verbleiben vielmehr grundsätzlich im Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen, der selbst entscheidet, ob er durch eine qualifizierte Ausbildung seine Erwerbschancen auf dem Arbeitsmarkt (und auch auf einen höheren Verdienst) unter Verzicht auf mit (entsprechenden) Beiträgen belegte Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung verbessern will (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 1997, a.a.O.; Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 1. Juli 1981 - 1 BvR 874/77 - 1 BvR 322/78 - 1 BvR 324/78 u.a. - BVerfGE 58, 81, 113 = SozR 2200 § 1255a Nr. 7).
Vor diesem Hintergrund ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass bei der Klägerin nur die Zeit des in der DDR zurückgelegten Studiums mit dem Abschluss der Prüfung als Diplomlehrer am 11. Juli 1980 als Anrechungszeit wegen Hochschulausbildung vorzumerken ist. Mit diesem Abschluss war der Klägerin der Weg in das Berufsleben eröffnet, entsprechend hat sie auch in der ehemaligen DDR bis 1982 als Lehrerin gearbeitet. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Klägerin die von ihr angestrebte Tätigkeit als Lehrerin im öffentlichen Dienst in Bayern ohne die Absolvierung des zweisemestrigen Zusatzstudiums nicht möglich war, da erst hierdurch eine Gleichstellung mit dem Ersten Staatsexamen erfolgte. Damit war die Gleichwertigkeit des in der DDR zurückgelegten Studiums mit einem bundesdeutschen Lehramts-Studium anders als in dem vom BSG entschiedenen Fall zu DDR-Diplom-Juristen (Urteil vom 27. November 1991, a.a.O.) zwar gerade nicht anerkannt, eine andere Beurteilung ergibt sich hieraus jedoch nicht. Im Hinblick auf das Ziel des Gesetzgebers, nur eine einzige erfolgreich abgeschlossene Hochschulausbildung als Ausbildungszeit berücksichtigt wissen zu wollen (BR-Drucks. 196/56, S. 74 zu § 1263 RVO; BSG, Urteil vom 4. April 1979, a.a.O.), können individuelle Härtegründe, wie sie beispielsweise im Bereich des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zu berücksichtigen sind, bei den typisierenden Regelungen der Anrechnungszeittatbestände nicht berücksichtigt werden. Insoweit ist nochmals darauf hinzuweisen, dass Anrechnungszeittatbestände nicht dem Ziel einer lückenlosen Auffüllung der Versicherungsbiographie dienen.
Nach alledem hat die Klägerin in dem streitigen Zeitraum keinen Anrechnungstatbestand und auch keinen sonstigen Erwerbstatbestand für eine rentenrechtliche Zeit im Sinne des SGB VI erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob nach einem in der DDR erreichten Abschluss als Diplomlehrer ein zweisemestriges Studium der Klägerin zur Erlangung der Lehrbefähigung in der Bundesrepublik Deutschland als Anrechnungszeit vorzumerken ist.
Der 1957 geborenen Klägerin wurde am 11. Juli 1980 von der F.-Sch.-Universität J. der akademische Grad Diplomlehrer verliehen. Ab dem 1. August 1980 war die Klägerin in der DDR als Diplomlehrerin tätig. Wegen ihrer Kontakte zu einem Westbürger wurde ihr am 17. August 1982 gekündigt und ein Berufsverbot gegen sie ausgesprochen. Am 14. April 1984 wurde sie ausgebürgert und kam in die Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin ist als politisch Verfolgte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 berufliches Rehabilitierungsgesetz anerkannt (Rehabilitierungsbescheinigung des Regierungspräsidiums H. vom 29. September 1998). In der Folgezeit war die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt bzw. vorübergehend arbeitslos. Nach dem sie vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst auf Anfrage die Nachricht erhielt, dass ihre in der ehemaligen DDR erworbene Ausbildung einer Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Hauptschulen gleich gewertet werden könne, sofern sie ein Kolloquium im Fach Deutsch sowie ein mindestens zweisemestriges Ergänzungsstudium der Didaktiken einer Fächergruppe der Hauptschule einschließlich der fachwissenschaftlichen Grundlagen erfolgreich absolviere, schrieb sich die Klägerin am 6. April 1993 an der Universität A. ein. Am 27. Juni 1994 legte sie in A. die Nachqualifikation zu ihrer Ersten Staatsprüfung in J. erfolgreich ab. Diese Prüfung wurde ihr als erste Staatsprüfung für das Lehramt an Hauptschule anerkannt. Am 19. Juli 1994 wurde die Klägerin exmatrikuliert. Seit dem 11. September 1995 ist sie als Lehrerin tätig.
Am 19. August 2004 stellte die Klägerin einen Antrag auf Kontenklärung. Mit Vormerkungsbescheid vom 3. Januar 2005 lehnte die Beklagte u.a. die Vormerkung der Zeit vom 1. April 1993 bis 19. Juli 1994 als Anrechnungszeit wegen Ausbildung ab, weil die Ausbildung keine Lehrzeit, Schul-, Fachschul-, Fachhochschul- oder Hochschulausbildung sei.
Hiergegen erhob die Klägerin am 6. Januar 2005 Widerspruch und wies darauf hin, dass es sich um ein zweisemestriges Ergänzungsstudium gehandelt habe, weil ihre in der DDR erworbene Ausbildung nicht vollständig anerkannt worden sei. In dieser Zeit habe sie sogar Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2005 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, das Ende der Hochschulausbildung sei die Abschlussprüfung, welche die Klägerin bereits am 11. Juli 1980 abgelegt habe. Die Zweite Staatsprüfung stellte keine Anrechnungszeittatbestand dar (unter Hinweis auf Urteile des Bundessozialgerichts (BSG): B 4/1 RA 65/90 und B 11a RA 44/84).
Hiergegen richtet sich die am 12. August 2005 zum Sozialgericht Ulm (SG) erhobene Klage. Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, dass sie das Erste Staatsexamen habe nachholen müssen. Für die Zulassung zur Prüfung sei eine Mindeststudiendauer von zwei Semestern veranschlagt gewesen. Ohne dieses Examen wäre sie nicht zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt und zum Zweiten Staatsexamen zugelassen worden. Die von der Beklagten genannten BSG-Urteile träfen auf ihren Fall nicht zu, denn anders als bei Diplom-Juristen sei ihre in der damaligen DDR abgelegte Erste Staatsprüfung nicht der Ersten Staatsprüfung in der BRD gleichgestellt worden. Sie habe mit ihrem Berufsabschluss in der DDR keine Möglichkeit gehabt, ihren Beruf auszuüben; die Gründe für die Wiederholung ihrer Berufsausbildung seien politischer Art.
Mit Urteil vom 3. November 2006 hat das SG die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Zeit vom 1. April 1993 bis 19. Juli 1994 als Anrechnungszeit anzuerkennen. Als Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) seien nur solche Zeiten berücksichtigungsfähig, die der Ausbildung dienten; das Ende der (Hochschul-)Ausbildung sei demnach grundsätzlich die Abschlussprüfung, welche die Klägerin am 11. Juli 1980 abgelegt habe. Grundsätzlich stelle die Diplomlehrer-Prüfung den ersten berufsqualifizierenden Abschluss dar, auf den die Anrechnungszeit wegen Hochschulbesuchs begrenzt sei. Im Fall der Klägerin stelle jedoch die Nichtberücksichtigung der Studienzeit an der Universität A. eine ganz besondere Härte oder eine grobe Unbilligkeit dar. Zwar sei der Besuch einer Hochschule, welcher der Vertiefung, Erweiterung oder Spezialisierung der Fähigkeiten und Kenntnisse nach abgeschlossener Ausbildung und bereits ausgeübter Berufstätigkeit diene, nicht als Anrechnungszeit anzuerkennen. Es sei der Klägerin jedoch verwehrt gewesen, ohne dieses Zusatzstudium eine Lehrertätigkeit im Westen aufzunehmen. Hierin liege der wesentliche Unterschied zur Rechtsprechung des BSG (unter Hinweis auf Urteil vom 27. November 1991 - 4/1 RA 65/90 - SozR 3-2200 § 1259 Nr. 9). In dem dort entschiedenen Fall zum Diplom-Juristen sei nur eine Empfehlung für ein drei- bis viersemestriges Studium ausgesprochen, zugleich aber eine Gleichwertigkeitsbescheinigung ausgestellt worden. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin anders als in den vom BSG entschiedenen Fällen mit Auslandsbezug sich gerade nicht freiwillig dafür entschieden habe, in der DDR ein Studium aufzunehmen.
Gegen das ihr am 19. Januar 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 9. Februar 2007 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung der Beklagen. Sie ist der Auffassung, das SG habe nicht ausreichend die Rechtsprechung des BSG berücksichtigt, wonach die Zeit einer Hochschulausbildung lediglich bis zu ihrem ersten Abschluss Anrechnungszeit sei. Maßgeblich sei, ab welchem Zeitpunkt dem Versicherten der Weg ins Berufsleben erstmals rechtlich eröffnet sei. Auf das Vorliegen persönlicher oder individueller Gegebenheiten für das zu absolvierende Ergänzungsstudium zwecks Ausübung des Lehrerberufs in der Bundesrepublik Deutschland komme es für die Beurteilung der Frage, ob und in welchem zeitlichen Umfang eine Zeit der Hochschulausbildung als Anrechnungszeit vorgemerkt werden könne, nicht an. Mit dem Ergänzungsstudium 1993 bis 1994 sei der Klägerin jedenfalls nicht erstmals der Weg ins Berufsleben eröffnet worden. Darüber hinaus handele es sich bei dem Ergänzungsstudium nicht um einen komplexen, wissenschaftlich orientierten Ausbildungsgang, der zu einer neuen - eigenen - akademischen Qualifikation geführt habe. Die Klägerin habe nicht die für den Studiengang "Lehramt an Hauptschulen" vorgesehene eigentliche Mindeststudienzeit von sechs Semestern absolviert und auch keinen regulären akademischen Abschluss im Rahmen dieses Ergänzungsstudiums abgelegt. Ihr sei aufgrund der am 27. Juni 1994 abgelegten "Nachqualifikationsprüfung" zu der in J. abgelegten Diplomlehrer-Prüfung diese Prüfung lediglich als Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Hauptschulen anerkannt worden. Nach der zu beachtenden BSG-Rechtsprechung bestimme sich der Endzeitpunkt der als Anrechnungszeit berücksichtungsfähigen Ausbildungszeiten nicht nach den besonderen persönlichen Verhältnissen im konkreten Einzelfall. Insoweit lasse sich der vorliegende Fall auch mit der Rechtssprechung des BSG vom 15. Oktober 1985 (B 11a RA 44/84 - SozR 2200 § 1259 Nr. 92) vergleichen, bei der es um die Berücksichtigung einer erforderlichen weiteren Studienzeit zur Erlangung der Lehrbefähigung in einem anderen Bundesland gegangen sei, obwohl bereits die Erste Staatsprüfung für ein Lehramt abgelegt worden war.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 3. November 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die form- und fristgerecht (151 Abs. 1 und 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft (§ 143 SGG), insbesondere liegen Gründe, welche die Zulässigkeit der Berufung beschränken, nicht vor (vgl. § 144 Abs. 1 SGG).
Die Berufung ist auch begründet. Das SG bewertet die Sach- und Rechtslage in dem angegriffenen Urteil nicht zutreffend. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Vormerkung der Zeit vom 1. April 1993 bis 19. Juli 1994 als Anrechnungszeit wegen Ausbildung.
Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin ist § 149 Abs. 5 SGB VI in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI. Nach § 149 Abs. 5 SGB VI stellt der Versicherungsträger, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat, die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits geklärten Daten durch Bescheid fest. Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird erst bei der Feststellung einer Leistung entschieden (Satz 2 der Vorschrift). Infolge dessen wird im Rahmen eines Vormerkungsverfahrens nur geprüft, ob der behauptete Anrechnungszeittatbestand nach seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt ist. Über die "Anrechenbarkeit und die Bewertung dieser Zeiten" kann erst bei Eintritt des Leistungsfalles, bei der Berechnung der Rente, entschieden werden (vgl. BSG, Urteil vom 27. November 1991, a.a.O.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 1997 - 4 RA 67/97 - SozR 3-2600 § 58 Nr. 13; BSG, Urteil vom 19. September 1979 - 11 RA 92/78 - BSGE 49, 44, 46 = SozR 2200 § 1259 Nr. 44; BSG, Urteil vom 9. Februar 1984 - 11 RA 6/83 - BSGE 56, 151, 153 = SozR 2200 § 1259 Nr. 82). Nach der derzeitigen Rechtslage wäre die Rente nach der von der Beklagten vorgenommenen Probeberechnung vom 6. Dezember 2007 um 0,70 EUR monatlich höher bei Berücksichtigung der streitigen Hochschulausbildung. Selbst wenn derzeit jegliche leistungsrechtliche Auswirkung der streitigen Ausbildung als Anrechnungszeit zu verneinen wäre, könnte die Vormerkung einer derartigen Anrechnungszeit nicht allein mit dieser Begründung abgelehnt werden, weil sich zum Zeitpunkt des Leistungsfalls das bei der Berechnung der Leistung anzuwendende Recht geändert haben kann (vgl. BSG, Urteile vom 9. Februar 1984 und vom 16. Dezember 1997, a.a.O.). Entscheidend ist daher, ob nach derzeitigem Recht generell die Möglichkeit besteht, dass der Sachverhalt in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich erheblich werden kann. Dies ist für den hier streitgegenständlichen Zeitraum indes nicht der Fall.
Die Frage, ob der Tatbestand einer rentenrechtlichen Zeit vorzumerken ist, beurteilt sich nach der im jeweils maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt gültigen materiellen Rechtslage, hier also nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI in der Fassung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754). Nach dieser Vorschrift sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr - in der hier allein in Betracht kommenden Alternative - eine Hochschule besucht haben. Die Zeit vor dem 6. April 1993 und nach dem 27. Juni 1994 kommt schon deshalb als Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung nicht in Betracht, weil die Klägerin sich erst am 6. April 1993 immatrikuliert hat (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1986 - 11a RA 66/85 - SozR 2200 § 1259 Nr. 96) und ihre Abschlussprüfung bereits am 27. Juni 1994 abgelegt hat (vgl. BSG, Urteil vom 4. August 1998 - B 4 RA 8/98 R - (juris)). Die Voraussetzungen für eine Anrechungszeit sind jedoch auch im übrigen nicht erfüllt. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI setzt hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals "Besuch der Hochschule" nach Wortlaut sowie nach Sinn und Zweck voraus, dass der Versicherte während dieser Zeit an der Hochschule zur Erlangung einer beruflichen Qualifikation ("Ausbildung") studiert hat, die ihm einen Weg ins Berufsleben eröffnet. Das Ende der (Hochschul-)Ausbildung ist die Abschlussprüfung. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG kann grundsätzlich nur eine einzige erfolgreich abgeschlossene Hochschulausbildung als Ausbildungsausfallzeit (so die frühere Terminologie in § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 b Angestelltenversicherungsgesetz bzw. § 1259 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 b Reichsversicherungsordnung) bzw. Anrechnungszeit wegen Ausbildung berücksichtigt werden (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 1979 - 12 RK 16/78 - SozR 2200 § 1259 Nr. 38; BSG, Urteil vom 22. September 1981 - 1 RA 37/80 - SozR 2200 § 1259 Nr. 56 f.; BSG, Urteil vom 15. Oktober 1985, a.a.O.; BSG, Urteil vom 21. April 1988 - 4/11a RA 39/87 - SozR 2200 § 1259 Nr. 102; BSG, Urteil vom 29. März 1990 - 4 RA 37/89 - (juris) m.w.N.; BSG, Urteil vom 27. November 1991, a.a.O.).
Diese am Wortlaut sowie an Sinn und Zweck der "Ausbildungszeit" orientierte Auslegung steht im Einklang mit der Ausgestaltung dieser Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung, die an sich dem Versicherungsprinzip widerspricht. Anrechnungszeiten sind als Zeiten ohne Beitragsleistung ein rentenrechtlicher Ausgleich dafür, dass der Versicherte durch sie ohne sein Verschulden gehindert war, einer rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit nachzugehen und so Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung zu entrichten. Wegen der fehlenden Beitragsleistung sind diese Zeiten Solidarleistungen der Versichertengemeinschaft. Sie beruhen überwiegend auf staatlicher Gewährung und sind in diesem Sinne Ausdruck staatlicher Fürsorge. Im Hinblick hierauf hat der Gesetzgeber im Rahmen des ihm bei ihrer Ausgestaltung zustehenden weiten Gestaltungsspielraums zur Vermeidung einer übermäßigen Belastung der Versichertengemeinschaft davon abgesehen, Ausbildungszeiten schlechthin den Charakter von Anrechnungszeiten zu verleihen. Er hat lediglich bestimmte typische Ausbildungen als Ausbildungsanrechnungstatbestände normiert und auf der Rechtsfolgenseite ihre Berücksichtigung nur in einem bestimmten zeitlichen Rahmen zugelassen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Dezember 1997, a.a.O., m.w.N.). Bei Normierung dieser Tatbestände hat er unter anderem angeknüpft an bestimmte typische Ausbildungswege, die wiederum typischer Weise durch den Charakter der Ausbildungsstätte geprägt sind; dabei wird typisierend und pauschalierend davon ausgegangen, dass der Versicherte durch diese Ausbildung eine berufliche Qualifikation erreicht, die ihm die Aufnahme einer regelmäßig in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigung (rechtlich) ermöglicht. Nicht erforderlich ist, dass der Versicherte später auch einen entsprechenden Beruf ergreift oder dass er diesen Beruf auch tatsächlich ausüben kann (vgl. BSG, Urteile vom 16. Dezember 1997 und 25. November 1986, jeweils a.a.O.). Die ohne Beitragsleistung zurückgelegten rentenrechtlichen (Ausbildungs-)Anrechnungszeiten dienen nicht der Vervollständigung der Versicherungsbiographie, sondern stellen lediglich eine Solidarleistung der Versichertengemeinschaft dar, ohne dass diese unter dem Gesichtspunkt des Versicherungsprinzips hierzu verpflichtet ist. Art und Umfang der Ausbildung verbleiben vielmehr grundsätzlich im Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen, der selbst entscheidet, ob er durch eine qualifizierte Ausbildung seine Erwerbschancen auf dem Arbeitsmarkt (und auch auf einen höheren Verdienst) unter Verzicht auf mit (entsprechenden) Beiträgen belegte Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung verbessern will (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 1997, a.a.O.; Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 1. Juli 1981 - 1 BvR 874/77 - 1 BvR 322/78 - 1 BvR 324/78 u.a. - BVerfGE 58, 81, 113 = SozR 2200 § 1255a Nr. 7).
Vor diesem Hintergrund ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass bei der Klägerin nur die Zeit des in der DDR zurückgelegten Studiums mit dem Abschluss der Prüfung als Diplomlehrer am 11. Juli 1980 als Anrechungszeit wegen Hochschulausbildung vorzumerken ist. Mit diesem Abschluss war der Klägerin der Weg in das Berufsleben eröffnet, entsprechend hat sie auch in der ehemaligen DDR bis 1982 als Lehrerin gearbeitet. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Klägerin die von ihr angestrebte Tätigkeit als Lehrerin im öffentlichen Dienst in Bayern ohne die Absolvierung des zweisemestrigen Zusatzstudiums nicht möglich war, da erst hierdurch eine Gleichstellung mit dem Ersten Staatsexamen erfolgte. Damit war die Gleichwertigkeit des in der DDR zurückgelegten Studiums mit einem bundesdeutschen Lehramts-Studium anders als in dem vom BSG entschiedenen Fall zu DDR-Diplom-Juristen (Urteil vom 27. November 1991, a.a.O.) zwar gerade nicht anerkannt, eine andere Beurteilung ergibt sich hieraus jedoch nicht. Im Hinblick auf das Ziel des Gesetzgebers, nur eine einzige erfolgreich abgeschlossene Hochschulausbildung als Ausbildungszeit berücksichtigt wissen zu wollen (BR-Drucks. 196/56, S. 74 zu § 1263 RVO; BSG, Urteil vom 4. April 1979, a.a.O.), können individuelle Härtegründe, wie sie beispielsweise im Bereich des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zu berücksichtigen sind, bei den typisierenden Regelungen der Anrechnungszeittatbestände nicht berücksichtigt werden. Insoweit ist nochmals darauf hinzuweisen, dass Anrechnungszeittatbestände nicht dem Ziel einer lückenlosen Auffüllung der Versicherungsbiographie dienen.
Nach alledem hat die Klägerin in dem streitigen Zeitraum keinen Anrechnungstatbestand und auch keinen sonstigen Erwerbstatbestand für eine rentenrechtliche Zeit im Sinne des SGB VI erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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