Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 102 AS 24426/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 2141/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. November 2007 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Be- schwerdeverfahren unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragsgegners ist nicht begründet.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war (nur) noch die vom Sozialgericht (SG) angeordnete aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die - zuletzt - auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) gestützte Absenkungsentscheidung des Antragsgegners für die Monate Oktober und November 2007 gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Hinsichtlich der zunächst begehrten Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs auch wegen der für September 2007 verlautbarten Absenkungsentscheidung hat der Antragsteller seinen Antrag auf Hinweis des Senats mit Schriftsatz vom 10. bzw. 11. Dezember 2007 zurückgenommen. Die Entscheidung des SG ist daher insoweit gegenstandslos geworden.
Statthafte Antragsart ist insoweit ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Denn die Sanktion nach § 31 SGB II tritt nicht kraft Gesetzes ein (vgl. Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 31 Rn. 55). Vielmehr regeln die in den Absenkungsbescheiden enthaltenen Verwaltungsakte Beginn, Dauer und Höhe der Absenkung (§ 31 Abs. 6 Satz 2 SGB II) und greifen in den Bestand des Bescheides vom 11. Juni 2007 über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2007 ein. Damit hat der Widerspruch gegen den Absenkungsbescheid gemäß § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung.
Die Absenkungsentscheidung erweist sich in dem noch zur Prüfung stehenden Umfang als rechtswidrig. Dies folgt zum einen daraus, dass der Antragsteller - wie auch der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2007 eingeräumt hat - sich zu keiner Zeit geweigert hatte, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a SGB II). Auf andere Absenkungstatbestände des § 31 SGB II hat der Antragsgegner seine Entscheidung vom 28. August 2007 nicht gestützt. Es fehlte daher bezüglich derartiger gegebenenfalls heranzuziehender Absenkungstatbestände jedenfalls an der erforderlichen Begründung des Bescheides gemäß § 35 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) i.V. mit § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2007 nachträglich gegebene Begründung, der Antragsteller habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit abgebrochen bzw. Anlass für den Abbruch gegeben (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II), trägt ebenfalls nicht. Denn ein Maßnahmeabbruch steht vorliegend gar nicht in Rede. Der Antragsteller hat vielmehr die Trainingsmaßnahme bei der Z G gar nicht angetreten. Einzig der in der Beschwerdeschrift nunmehr vom Antragsgegner in Bezug genommene Sanktionstatbestand des § 31 Abs. 1 Satz 1c SGB II wäre vorliegend einschlägig, weil es sich bei der Trainingsmaßnahme um eine "Ausbildung" im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz c SGB II handelte (vgl. hierzu Berlit in LPK-SGB II, § 31 Rz. 31).
Insoweit ist jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellbar, dass dem Antragsteller vor der Absenkungsentscheidung eine hinreichende Rechtsfolgenbelehrung erteilt worden wäre. Diese muss einzelfallbezogen erfolgen und im engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Obliegenheitsverletzung stehen. Die Rechtsfolgenbelehrungen in den vorliegenden und vom Antragsteller unterzeichneten Eingliederungsvereinbarungen vom 28. Juli 2005 und 25. April 2006 stehen nicht im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem angeblichen Weigerungsverhalten des Antragstellers. Sie sind auch nicht einzelfallbezogen, sondern beschränken sich auf eine Wiedergabe des Gesetzeswortlauts. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass der Antragsteller vor der Erteilung des hier streitgegenständlichen Absenkungsbescheides, der am selben Tag erging wie der infolge der Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Juni 2007 (- L 28 B 889/07 AS ER -) erlassene Aufhebungsbescheid hinsichtlich des Sanktionsbescheides für die Zeit vom 1. April 2007 bis 30. Juni 2007, angehört worden wäre (vgl. §§ 40 Abs. 1 Satz SGB II, 24 Abs. 1 SGB X). Eine etwaige Anhörung, die sich den vorliegenden Verwaltungsakten indes nicht entnehmen lässt, könnte im Hinblick auf die entsprechenden Ausführungen des Antragsgegners in dem Bescheid vom 28. August 2007 allenfalls wegen des - auch nach Auffassung des Antragsgegners nicht einschlägigen - Sanktionstatbestands des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a SGB II erfolgt sein. Dann wäre sie aber unvollständig gewesen. Zwar ist eine Heilung einer fehlenden oder unvollständigen Anhörung nach § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X möglich. Eine solche nachträgliche Anhörung ist jedoch bislang nicht erfolgt. Dass im gerichtlichen Verfahren für den Beteiligten die Möglichkeit besteht, sich zu der bereits vorliegenden Verwaltungsentscheidung zu äußern, genügt regelmäßig nicht (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 - B 7 a AL 64/05 R - veröffentlicht in juris).
Das auch für eine Anordnung nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zu fordernde eilige Regelungsbedürfnis folgt aus dem existenzsichernden Charakter der SGB II-Leistungen, die die einzige Einkommensquelle des Antragstellers sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dem Antragsteller war für das Beschwerdeverfahren keine Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen (vgl. § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit den §§ 114, 121 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Denn aufgrund der für beide Rechtszüge ergangenen Kostenentscheidungen ist der Antragsteller in der Lage, die Kosten der Verfahrensführung aufzubringen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde des Antragsgegners ist nicht begründet.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war (nur) noch die vom Sozialgericht (SG) angeordnete aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die - zuletzt - auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) gestützte Absenkungsentscheidung des Antragsgegners für die Monate Oktober und November 2007 gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Hinsichtlich der zunächst begehrten Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs auch wegen der für September 2007 verlautbarten Absenkungsentscheidung hat der Antragsteller seinen Antrag auf Hinweis des Senats mit Schriftsatz vom 10. bzw. 11. Dezember 2007 zurückgenommen. Die Entscheidung des SG ist daher insoweit gegenstandslos geworden.
Statthafte Antragsart ist insoweit ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Denn die Sanktion nach § 31 SGB II tritt nicht kraft Gesetzes ein (vgl. Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 31 Rn. 55). Vielmehr regeln die in den Absenkungsbescheiden enthaltenen Verwaltungsakte Beginn, Dauer und Höhe der Absenkung (§ 31 Abs. 6 Satz 2 SGB II) und greifen in den Bestand des Bescheides vom 11. Juni 2007 über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2007 ein. Damit hat der Widerspruch gegen den Absenkungsbescheid gemäß § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung.
Die Absenkungsentscheidung erweist sich in dem noch zur Prüfung stehenden Umfang als rechtswidrig. Dies folgt zum einen daraus, dass der Antragsteller - wie auch der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2007 eingeräumt hat - sich zu keiner Zeit geweigert hatte, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a SGB II). Auf andere Absenkungstatbestände des § 31 SGB II hat der Antragsgegner seine Entscheidung vom 28. August 2007 nicht gestützt. Es fehlte daher bezüglich derartiger gegebenenfalls heranzuziehender Absenkungstatbestände jedenfalls an der erforderlichen Begründung des Bescheides gemäß § 35 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) i.V. mit § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2007 nachträglich gegebene Begründung, der Antragsteller habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit abgebrochen bzw. Anlass für den Abbruch gegeben (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II), trägt ebenfalls nicht. Denn ein Maßnahmeabbruch steht vorliegend gar nicht in Rede. Der Antragsteller hat vielmehr die Trainingsmaßnahme bei der Z G gar nicht angetreten. Einzig der in der Beschwerdeschrift nunmehr vom Antragsgegner in Bezug genommene Sanktionstatbestand des § 31 Abs. 1 Satz 1c SGB II wäre vorliegend einschlägig, weil es sich bei der Trainingsmaßnahme um eine "Ausbildung" im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz c SGB II handelte (vgl. hierzu Berlit in LPK-SGB II, § 31 Rz. 31).
Insoweit ist jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellbar, dass dem Antragsteller vor der Absenkungsentscheidung eine hinreichende Rechtsfolgenbelehrung erteilt worden wäre. Diese muss einzelfallbezogen erfolgen und im engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Obliegenheitsverletzung stehen. Die Rechtsfolgenbelehrungen in den vorliegenden und vom Antragsteller unterzeichneten Eingliederungsvereinbarungen vom 28. Juli 2005 und 25. April 2006 stehen nicht im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem angeblichen Weigerungsverhalten des Antragstellers. Sie sind auch nicht einzelfallbezogen, sondern beschränken sich auf eine Wiedergabe des Gesetzeswortlauts. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass der Antragsteller vor der Erteilung des hier streitgegenständlichen Absenkungsbescheides, der am selben Tag erging wie der infolge der Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Juni 2007 (- L 28 B 889/07 AS ER -) erlassene Aufhebungsbescheid hinsichtlich des Sanktionsbescheides für die Zeit vom 1. April 2007 bis 30. Juni 2007, angehört worden wäre (vgl. §§ 40 Abs. 1 Satz SGB II, 24 Abs. 1 SGB X). Eine etwaige Anhörung, die sich den vorliegenden Verwaltungsakten indes nicht entnehmen lässt, könnte im Hinblick auf die entsprechenden Ausführungen des Antragsgegners in dem Bescheid vom 28. August 2007 allenfalls wegen des - auch nach Auffassung des Antragsgegners nicht einschlägigen - Sanktionstatbestands des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a SGB II erfolgt sein. Dann wäre sie aber unvollständig gewesen. Zwar ist eine Heilung einer fehlenden oder unvollständigen Anhörung nach § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X möglich. Eine solche nachträgliche Anhörung ist jedoch bislang nicht erfolgt. Dass im gerichtlichen Verfahren für den Beteiligten die Möglichkeit besteht, sich zu der bereits vorliegenden Verwaltungsentscheidung zu äußern, genügt regelmäßig nicht (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 - B 7 a AL 64/05 R - veröffentlicht in juris).
Das auch für eine Anordnung nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zu fordernde eilige Regelungsbedürfnis folgt aus dem existenzsichernden Charakter der SGB II-Leistungen, die die einzige Einkommensquelle des Antragstellers sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dem Antragsteller war für das Beschwerdeverfahren keine Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen (vgl. § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit den §§ 114, 121 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Denn aufgrund der für beide Rechtszüge ergangenen Kostenentscheidungen ist der Antragsteller in der Lage, die Kosten der Verfahrensführung aufzubringen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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