Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 2840/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4869/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. August 2007 aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 12. Juli 2007 und der Klage vom 1. August 2007 gegen den Absenkungsbescheid vom 2. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juli 2007 sowie der Klage vom 1. August 2007 gegen den Änderungsbescheid vom 24. Juli 2007 wird angeordnet. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, dem Antragsteller für die Monate September und Oktober 2007 Arbeitslosengeld II vorläufig unter Zugrundelegung der Regelleistung ohne den Vollzug der Kürzung aus dem Absenkungsbescheid vom 2. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juli 2007 zu gewähren.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller seine außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
Die gemäß den §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde des Antragstellers, der das Sozialgericht Reutlingen nicht abgeholfen hat, ist nicht begründet.
Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers, der lediglich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs - und seiner am 1. August 2007 erhobenen Klage - wegen der im Bescheid des Antragsgegners vom 2. Juli 2007 - nun in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juli 2007 - für die Zeit vom 1. August bis 30. Oktober 2007 verfügten Absenkung der Regelleistung um 30 v.H. beantragt hat, ist in der Sache nicht nur auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, sondern auch für die Monate September und Oktober 2007 auf die vorläufige Weitergewährung von Regelleistungen ohne die Kürzung um 30 v.H. gerichtet. Dabei ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner mit Bescheid vom 24. Juli 2007 die Bewilligung vom 24. April 2007 - geändert durch Bescheide vom 4. Juni 2007 und vom 20. Juni 2007 - für August 2007 geändert und die Regelleistung für den Antragsteller um 93,60 EUR gekürzt hat. Hinsichtlich des hiergegen am 27. Juli 2007 eingelegten Widerspruchs hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 31. Juli 2007 mitgeteilt, dass dieser keiner weiteren Bescheidung bedarf, da in selber Sache am 17. Juli 2007 bereits ein Widerspruchsbescheid erlassen worden sei. Mit Bescheid vom 27. August 2007 und Änderungsbescheiden vom 1. Oktober 2007, 8. Oktober 2007 und 29. Oktober 2007 wurden dem Antragsteller Leistungen von 1. September 2007 bis 29. Februar 2008 gewährt, wobei die Regelleistungen für den Antragsteller für Oktober und September 2007 jeweils um 93,60 EUR gekürzt wurden. Dem Antragsteller wurde vom Antragsgegner bereits unter dem 13. September 2007 mitgeteilt, dass ein weiterer Widerspruch nicht notwendig sei, da hinsichtlich der Regelleistungskürzung bereits ein Klageverfahren anhängig sei. Die genannten Bewilligungs- und Änderungsbescheide bilden entweder mit dem Absenkungsbescheid eine Einheit oder sind in entsprechender Anwendung des § 96 SGG Gegenstand dieses anhängigen Hauptsacheverfahrens geworden, weil sie auf dem dort ursprünglich angegriffenen Absenkungsbescheid vom 2. Juli 2007 beruhen. Sie sind damit, auch soweit der Kläger keinen Widerspruch erhoben hat, hinsichtlich der Absenkung der Regelleistung um 30 v.H. noch nicht bestandskräftig.
Bei der Absenkungsentscheidung handelt es sich um einen mit Widerspruch und Anfechtungsklage anzugreifenden Verwaltungsakt im Sinne von § 39 Nr. 1 SGB II, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet. Dies gilt unabhängig davon, ob die Absenkung verfahrensrechtlich eine Aufhebung der Leistungsbewilligung nach § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) erfordert oder ob die Absenkung nach § 31 SGB II die §§ 45 ff. SGB X verdrängt. Denn in jedem Fall liegt ein mit der Anfechtungsklage zu beseitigender belastender Verwaltungsakt vor, der im Falle einer zuvor ausgesprochenen Bewilligung - wie hier mit für August 2007 mit Bescheid vom 24. April 2007, geändert durch Bescheide vom 4. Juni 2007 und vom 20. Juni 2007 einen Eingriff in eine durch Verwaltungsakt zuerkannte Rechtsposition darstellt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 22. Januar 2007 - L 13 AS 4160/06 - und vom 31. Juli 2006 - L 13 AS 1709/06 ER-B in Juris) und im Falle nachfolgender Bewilligungsänderungen - wie hier für August 2007 mit Bescheid vom 24. Juli 2007 - und erstmaliger Bewilligungen - wie hier für September und Oktober 2007 - die rechtliche Grundlage für darin vorgenommene Kürzungen der Regelleistungen um 30 v.H. bildet. Der Absenkungsbescheid hat sich damit auch durch den Erlass der Bescheide vom 24. Juli 2007 und vom 27. August 2007 sowie der hierzu ergangenen Änderungsbescheide vom 1. Oktober 2007, 8. Oktober 2007 und 29. Oktober 2007 nicht erledigt.
Für die Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) verwirklichende Entscheidung über die Anordnung der von Gesetzes wegen entfallenen aufschiebenden Wirkung bedarf es einer (vgl. zum Folgenden Senatsbeschluss vom 9. Januar 2003 - L 13 AL 4260/02 ER-B in Juris und Senatsbeschluss vom 31. Juli 2006 a.a.O.) Interessenabwägung, wobei das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts und das Aussetzungsinteresse des Betroffenen gegeneinander abzuwägen sind; dabei sind vorrangig die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs in den Blick zu nehmen. Danach kann (vgl. auch Senatsbeschluss vom 27. Juni 2006 - L 13 AS 2298/06 ER-B) die aufschiebende Wirkung angeordnet werden, wenn der Hauptsacherechtsbehelf - hier also der Widerspruch und die Klage - offensichtlich begründet ist. Auch wenn wegen § 39 Nr. 1 SGB II im Regelfall der durch den Verwaltungsakt Betroffene das Vollzugsrisiko zu tragen hat, besteht in einem derartigen Fall grundsätzlich kein öffentliches Interesse am Sofortvollzug eines aller Voraussicht nach aufzuhebenden Verwaltungsaktes. Dies gilt (vgl. § 86 a Abs. 3 Satz 1 SGG) auch bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts, wenn also der Erfolg lediglich wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg. Abzulehnen ist hingegen der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, wenn der Rechtsbehelf offensichtlich keinen Erfolg hat. Bei offenem Verfahrensausgang ist das vom Gesetzgeber generell angenommene Sofortvollzugsinteresse und das individuelle Suspensivinteresse gegeneinander abzuwägen. Überwiegt das Suspensivinteresse, was in entsprechender Anwendung von § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG auch der Fall ist, wenn der Sofortvollzug für den Betroffenen eine unbillige nicht durch überwiegende öffentliche Interesse gebotene Härte zur Folge hätte, ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Übersteigt das Suspensivinteresse das öffentliche Vollzugsinteresse nicht, hat es bei der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes zu verbleiben (vgl. auch Senatsbeschluss vom 22. Januar 2007 - L 13 AS 4160/06 ER-B m.N.).
Nach diesen Grundsätzen bestehen hinsichtlich der Kürzung der für August 2007 bereits gewährten Regelleistung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit. Rechtliche Grundlage der Absenkung, die hier mit dem Bescheid vom 24. Juli 2007 vollzogen wurde, ist der Absenkungsbescheid vom 2. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2007 in Betracht. Diese Entscheidung erweist sich jedoch bei summarischer Prüfung als rechtswidrig. Rechtsgrundlage für eine Absenkung in Höhe von 30 v.H. der Regelleistung ist § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a SGB II; auf diese Norm hat sich der Antragsgegner auch im angegriffenen Bescheid bezogen. Nach dieser Bestimmung wird das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 v.H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Dies gilt nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist.
Die ernstlichen Zweifel an der Absenkung wegen Weigerung des Abschlusses einer angebotenen Eingliederungsvereinbarung ergeben sich im vorliegenden Fall schon daraus, dass kein Raum mehr für eine Absenkung besteht, wenn der Antragsgegner die aus seiner Sicht vorliegende Weigerung - wie hier - zum Anlass eines die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes genommen hat. Der Antragsgegner ist nach Auffassung des Senats (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Januar 2007 a.a.O.) nicht befugt, eine Absenkung wegen Weigerung, den Eingliederungsvertrag abzuschließen, zu verfügen, wenn er gleichzeitig einen Verwaltungsakt erlässt, mit dem die sonst in der Vereinbarung zu treffenden Regelungen einseitig angeordnet und verfügt werden. Mit dem Erlass eines solchen Verwaltungsaktes hat der Träger von einer ihm für eine Eingliederung als Regelfall eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht und damit den im wesentlich gleichen Zweck wie eine Eingliederungsvereinbarung erreicht; dann noch eine Absenkung zu verfügen, hätte Straf- oder Disziplinierungscharakter und wäre unverhältnismäßig. Bevor der Träger sich bei Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, zu einer Absenkung entschließt, muss er prüfen, ob es ausreicht, anstelle der Vereinbarung einen Verwaltungsakt zu erlassen (vgl. auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14. Februar 2006 - 1 BvR 199/05 - in Juris); der Erlass eines Verwaltungsaktes jedenfalls ist nach dem Gesetz der Regelfall, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Hat er diese Möglichkeit gewählt, ist ihm die Absenkung verwehrt. Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - dieser Verwaltungsakt mit dem Widerspruch angegriffen wird und, weil nicht für sofort vollziehbar erklärt, der Widerspruch deshalb nach § 86 Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung hat (vgl. Senatsbeschluss a.a.O.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. November 2005 - L 19 B 89/05 AS ER - in Juris). Damit war nach dem obigen Maßstab die aufschiebende Wirkung des Absenkungsbescheids vom 2. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juli 2007 sowie der Klage vom 1. August 2007 gegen den diese Entscheidung für August 2007 vollziehenden Änderungsbescheid vom 27. Juli 2007 anzuordnen.
Hinsichtlich der Regelleistungen für September und Oktober 2007, die in Vollzug des Absenkungsbescheids vom 2. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juli 2007 in gekürzter Höhe gewährt worden sind, richtet sich der vorläufige Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistung für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B -). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - m.w.N. in Juris).
Danach sind die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung im vorliegenden Fall gegeben. Der Anordnungsgrund ergibt sich bereits daraus, dass mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen den Absenkungsbescheid die Vollziehbarkeit dieser Entscheidung rückwirkend entfällt, so dass die Absenkung um 30 v.H. in den Bewilligungsbescheiden für September und Oktober 2007 noch nicht hatte vorgenommenen werden dürfen. Zur Klarstellung weist der Senat daraufhin, dass die weitere im Monat Oktober 2007 auf der Grundlage des Absenkungsbescheids vom 10. September 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. September 2007 erfolgte Absenkung um 60 v.H. nicht Gegenstand dieses Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ist. Hinsichtlich dieser weiteren Kürzung ist dem Antragsteller mit Beschluss des SG vom 4. Dezember 2007 - S 5 AS 4625/07 - vorläufiger Rechtsschutz gewährt worden.
Der Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass das hier hinsichtlich der Regelleistung um 30 v.H. gekürzte Arbeitslosengeld II der Existenzsicherung dient.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller seine außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
Die gemäß den §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde des Antragstellers, der das Sozialgericht Reutlingen nicht abgeholfen hat, ist nicht begründet.
Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers, der lediglich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs - und seiner am 1. August 2007 erhobenen Klage - wegen der im Bescheid des Antragsgegners vom 2. Juli 2007 - nun in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juli 2007 - für die Zeit vom 1. August bis 30. Oktober 2007 verfügten Absenkung der Regelleistung um 30 v.H. beantragt hat, ist in der Sache nicht nur auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, sondern auch für die Monate September und Oktober 2007 auf die vorläufige Weitergewährung von Regelleistungen ohne die Kürzung um 30 v.H. gerichtet. Dabei ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner mit Bescheid vom 24. Juli 2007 die Bewilligung vom 24. April 2007 - geändert durch Bescheide vom 4. Juni 2007 und vom 20. Juni 2007 - für August 2007 geändert und die Regelleistung für den Antragsteller um 93,60 EUR gekürzt hat. Hinsichtlich des hiergegen am 27. Juli 2007 eingelegten Widerspruchs hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 31. Juli 2007 mitgeteilt, dass dieser keiner weiteren Bescheidung bedarf, da in selber Sache am 17. Juli 2007 bereits ein Widerspruchsbescheid erlassen worden sei. Mit Bescheid vom 27. August 2007 und Änderungsbescheiden vom 1. Oktober 2007, 8. Oktober 2007 und 29. Oktober 2007 wurden dem Antragsteller Leistungen von 1. September 2007 bis 29. Februar 2008 gewährt, wobei die Regelleistungen für den Antragsteller für Oktober und September 2007 jeweils um 93,60 EUR gekürzt wurden. Dem Antragsteller wurde vom Antragsgegner bereits unter dem 13. September 2007 mitgeteilt, dass ein weiterer Widerspruch nicht notwendig sei, da hinsichtlich der Regelleistungskürzung bereits ein Klageverfahren anhängig sei. Die genannten Bewilligungs- und Änderungsbescheide bilden entweder mit dem Absenkungsbescheid eine Einheit oder sind in entsprechender Anwendung des § 96 SGG Gegenstand dieses anhängigen Hauptsacheverfahrens geworden, weil sie auf dem dort ursprünglich angegriffenen Absenkungsbescheid vom 2. Juli 2007 beruhen. Sie sind damit, auch soweit der Kläger keinen Widerspruch erhoben hat, hinsichtlich der Absenkung der Regelleistung um 30 v.H. noch nicht bestandskräftig.
Bei der Absenkungsentscheidung handelt es sich um einen mit Widerspruch und Anfechtungsklage anzugreifenden Verwaltungsakt im Sinne von § 39 Nr. 1 SGB II, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet. Dies gilt unabhängig davon, ob die Absenkung verfahrensrechtlich eine Aufhebung der Leistungsbewilligung nach § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) erfordert oder ob die Absenkung nach § 31 SGB II die §§ 45 ff. SGB X verdrängt. Denn in jedem Fall liegt ein mit der Anfechtungsklage zu beseitigender belastender Verwaltungsakt vor, der im Falle einer zuvor ausgesprochenen Bewilligung - wie hier mit für August 2007 mit Bescheid vom 24. April 2007, geändert durch Bescheide vom 4. Juni 2007 und vom 20. Juni 2007 einen Eingriff in eine durch Verwaltungsakt zuerkannte Rechtsposition darstellt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 22. Januar 2007 - L 13 AS 4160/06 - und vom 31. Juli 2006 - L 13 AS 1709/06 ER-B in Juris) und im Falle nachfolgender Bewilligungsänderungen - wie hier für August 2007 mit Bescheid vom 24. Juli 2007 - und erstmaliger Bewilligungen - wie hier für September und Oktober 2007 - die rechtliche Grundlage für darin vorgenommene Kürzungen der Regelleistungen um 30 v.H. bildet. Der Absenkungsbescheid hat sich damit auch durch den Erlass der Bescheide vom 24. Juli 2007 und vom 27. August 2007 sowie der hierzu ergangenen Änderungsbescheide vom 1. Oktober 2007, 8. Oktober 2007 und 29. Oktober 2007 nicht erledigt.
Für die Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) verwirklichende Entscheidung über die Anordnung der von Gesetzes wegen entfallenen aufschiebenden Wirkung bedarf es einer (vgl. zum Folgenden Senatsbeschluss vom 9. Januar 2003 - L 13 AL 4260/02 ER-B in Juris und Senatsbeschluss vom 31. Juli 2006 a.a.O.) Interessenabwägung, wobei das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts und das Aussetzungsinteresse des Betroffenen gegeneinander abzuwägen sind; dabei sind vorrangig die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs in den Blick zu nehmen. Danach kann (vgl. auch Senatsbeschluss vom 27. Juni 2006 - L 13 AS 2298/06 ER-B) die aufschiebende Wirkung angeordnet werden, wenn der Hauptsacherechtsbehelf - hier also der Widerspruch und die Klage - offensichtlich begründet ist. Auch wenn wegen § 39 Nr. 1 SGB II im Regelfall der durch den Verwaltungsakt Betroffene das Vollzugsrisiko zu tragen hat, besteht in einem derartigen Fall grundsätzlich kein öffentliches Interesse am Sofortvollzug eines aller Voraussicht nach aufzuhebenden Verwaltungsaktes. Dies gilt (vgl. § 86 a Abs. 3 Satz 1 SGG) auch bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts, wenn also der Erfolg lediglich wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg. Abzulehnen ist hingegen der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, wenn der Rechtsbehelf offensichtlich keinen Erfolg hat. Bei offenem Verfahrensausgang ist das vom Gesetzgeber generell angenommene Sofortvollzugsinteresse und das individuelle Suspensivinteresse gegeneinander abzuwägen. Überwiegt das Suspensivinteresse, was in entsprechender Anwendung von § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG auch der Fall ist, wenn der Sofortvollzug für den Betroffenen eine unbillige nicht durch überwiegende öffentliche Interesse gebotene Härte zur Folge hätte, ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Übersteigt das Suspensivinteresse das öffentliche Vollzugsinteresse nicht, hat es bei der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes zu verbleiben (vgl. auch Senatsbeschluss vom 22. Januar 2007 - L 13 AS 4160/06 ER-B m.N.).
Nach diesen Grundsätzen bestehen hinsichtlich der Kürzung der für August 2007 bereits gewährten Regelleistung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit. Rechtliche Grundlage der Absenkung, die hier mit dem Bescheid vom 24. Juli 2007 vollzogen wurde, ist der Absenkungsbescheid vom 2. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2007 in Betracht. Diese Entscheidung erweist sich jedoch bei summarischer Prüfung als rechtswidrig. Rechtsgrundlage für eine Absenkung in Höhe von 30 v.H. der Regelleistung ist § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a SGB II; auf diese Norm hat sich der Antragsgegner auch im angegriffenen Bescheid bezogen. Nach dieser Bestimmung wird das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 v.H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Dies gilt nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist.
Die ernstlichen Zweifel an der Absenkung wegen Weigerung des Abschlusses einer angebotenen Eingliederungsvereinbarung ergeben sich im vorliegenden Fall schon daraus, dass kein Raum mehr für eine Absenkung besteht, wenn der Antragsgegner die aus seiner Sicht vorliegende Weigerung - wie hier - zum Anlass eines die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes genommen hat. Der Antragsgegner ist nach Auffassung des Senats (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Januar 2007 a.a.O.) nicht befugt, eine Absenkung wegen Weigerung, den Eingliederungsvertrag abzuschließen, zu verfügen, wenn er gleichzeitig einen Verwaltungsakt erlässt, mit dem die sonst in der Vereinbarung zu treffenden Regelungen einseitig angeordnet und verfügt werden. Mit dem Erlass eines solchen Verwaltungsaktes hat der Träger von einer ihm für eine Eingliederung als Regelfall eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht und damit den im wesentlich gleichen Zweck wie eine Eingliederungsvereinbarung erreicht; dann noch eine Absenkung zu verfügen, hätte Straf- oder Disziplinierungscharakter und wäre unverhältnismäßig. Bevor der Träger sich bei Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, zu einer Absenkung entschließt, muss er prüfen, ob es ausreicht, anstelle der Vereinbarung einen Verwaltungsakt zu erlassen (vgl. auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14. Februar 2006 - 1 BvR 199/05 - in Juris); der Erlass eines Verwaltungsaktes jedenfalls ist nach dem Gesetz der Regelfall, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Hat er diese Möglichkeit gewählt, ist ihm die Absenkung verwehrt. Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - dieser Verwaltungsakt mit dem Widerspruch angegriffen wird und, weil nicht für sofort vollziehbar erklärt, der Widerspruch deshalb nach § 86 Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung hat (vgl. Senatsbeschluss a.a.O.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. November 2005 - L 19 B 89/05 AS ER - in Juris). Damit war nach dem obigen Maßstab die aufschiebende Wirkung des Absenkungsbescheids vom 2. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juli 2007 sowie der Klage vom 1. August 2007 gegen den diese Entscheidung für August 2007 vollziehenden Änderungsbescheid vom 27. Juli 2007 anzuordnen.
Hinsichtlich der Regelleistungen für September und Oktober 2007, die in Vollzug des Absenkungsbescheids vom 2. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juli 2007 in gekürzter Höhe gewährt worden sind, richtet sich der vorläufige Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistung für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B -). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - m.w.N. in Juris).
Danach sind die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung im vorliegenden Fall gegeben. Der Anordnungsgrund ergibt sich bereits daraus, dass mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen den Absenkungsbescheid die Vollziehbarkeit dieser Entscheidung rückwirkend entfällt, so dass die Absenkung um 30 v.H. in den Bewilligungsbescheiden für September und Oktober 2007 noch nicht hatte vorgenommenen werden dürfen. Zur Klarstellung weist der Senat daraufhin, dass die weitere im Monat Oktober 2007 auf der Grundlage des Absenkungsbescheids vom 10. September 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. September 2007 erfolgte Absenkung um 60 v.H. nicht Gegenstand dieses Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ist. Hinsichtlich dieser weiteren Kürzung ist dem Antragsteller mit Beschluss des SG vom 4. Dezember 2007 - S 5 AS 4625/07 - vorläufiger Rechtsschutz gewährt worden.
Der Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass das hier hinsichtlich der Regelleistung um 30 v.H. gekürzte Arbeitslosengeld II der Existenzsicherung dient.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (vgl. § 177 SGG).
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