Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 4972/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 5487/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des SG Freiburg vom 9.10.2007 aufgehoben und die Antragsgegnerin verpflichtet der Antragstellerin eine Zusage nach § 22 Abs. 2a SGB II zu erteilen.
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die 1985 geborene Antragstellerin (Ast.) übt eine Teilzeitbeschäftigung als Kosmetikerin aus. Sie bezieht in Bedarfsgemeinschaft mit ihrer Mutter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) von der Antragsgegnerin (Ag.). Mutter und Tochter bewohnen gemeinsam eine Wohnung mit 86,40 qm Wohnfläche in F ... Am 27.8.2007 stellte die Ast. den Antrag ihr Leistungen für Unterkunft und Heizung für die ihr angebotene 1-Zimmer-Wohnung in. F., G. zuzusichern. Sie habe seit zwei Monaten Streit mit ihrer Mutter und halte es daher in der gemeinsamen Wohnung nicht mehr aus. Die Ag. hat den Antrag mit Bescheid vom 17.9.2007 mit der Begründung abgelehnt, dass eine Notwendigkeit für den Umzug nicht vorliege.
Am 20.09.2007 beantragte die Ast. beim Sozialgericht (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel die Ag. zur Zusicherung von Leistungen für Unterkunft und Heizung für die ihr angebotene 1-Zimmer-Wohnung in F., G. zu verpflichten.
Die Ast. hat mit Schreiben vom 7.10.2007 Einzelheiten zum Konflikt mit ihrer Mutter dargelegt. Sie trägt u. a. vor, sie habe sich wegen der Situation zu ihrem Hausarzt und später einem Facharzt für Psychiatrie begeben, der ihr ein Antidepressivum verschrieben habe. Ihre Mutter erlaube es ihr nicht Freunde mit nach Hause zu bringen und sie könne nicht kommen und gehen wann sie wolle. Erhalte sie die Genehmigung ihrer Mutter zum Ausgehen müsse sie bis spätestens um 24.00 Uhr zu hause sein, sonst stecke der Schlüssel in der Tür und die Klingel sei abgestellt.
Mit Beschluss vom 9.10.2007 lehnte das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. In den Gründen wurde u.a. ausgeführt, maßgebliche Vorschrift sei vorliegend § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, denn der Ast. gehe es nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Zustandes, sondern um die Verpflichtung der Ag. zur Erteilung einer Zusicherung. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlange grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) seien glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung -ZPO-). Dabei seien die diesbezüglichen Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen. Die Erfolgsaussichten der Hauptsache seien daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) u. U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Grundsätzlich sei es unzulässig, die endgültige Entscheidung in der Hauptsache in der Weise vorwegzunehmen, dass eine Behörde im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zum Erlass des beantragten Verwaltungsaktes verpflichtet werde. Ausnahmsweise sei eine derartige Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes dann zulässig, wenn sonst effektiver Rechtsschutz nicht erreichbar und dies unzumutbar wäre. Dies gelte namentlich auch für Zusicherungen vor einem beabsichtigten Umzug eines SGB II-Leistungsempfängers wie hier, da bei derartigen Zusicherungen ihrer Natur nach eine vorläufige Regelung nicht in Betracht komme.
Der Anordnungsanspruch richte sich nach § 22 Abs. 2a SGB II. Danach haben Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nach einem Umzug nur dann Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Eine Verpflichtung der Behörde zur Zusicherung bestehe, wenn der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden könne, der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliege. Vor diesem rechtlichen Hintergrund scheine ein Anordnungsanspruch zwar möglich, aber nicht hinreichend glaubhaft gemacht. So habe die Ast. ein Attest ihres Psychiaters vorgelegt, aus dem sich ergebe , dass sie sich am 4.10.2007 in dessen Behandlung begeben habe. Sie habe weiter vorgebracht und es könne als zutreffend unterstellt werden, dass er ihr ein Antidepressivum verschrieben habe. Aus dem Attest ergebe sich aber trotz des gerichtlichen Hinweises vom 4.10.2007, der Psychiater möge zum Konflikt mit der Mutter Stellung nehmen, nicht zugleich, dass die medikamentös behandlungsbedürftige Erkrankung der Ast. ursächlich auf den Konflikt mit der Mutter zurückzuführen sei. Ebenso wenig lasse sich ihm entnehmen, ob der Umzug in eine eigene Wohnung geeignet und erforderlich sei, insoweit eine Besserung herbeizuführen. Die Ast. habe weiter insbesondere vorgebracht, ihre Mutter habe ihr den Zimmerschlüssel abgenommen, so dass sie ihr Zimmer nicht abschließen könne, und beschränke ihre Ausgangszeiten durch Abschließen der Wohnungstür und Steckenlassen des Schlüssels von innen bzw. Abstellen der Klingel. Dabei könnte es sich zwar nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts um einen schwerwiegenden Grund handeln, der den Umzug in eine eigene Wohnung rechtfertige. Schon aus grundrechtlichen Erwägungen sei zu verlangen, dass ein volljähriges Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft die Wohnung jederzeit ungehindert betreten oder verlassen könne. Dennoch rechtfertige dieses Vorbringen nicht, den Anordnungsanspruch als glaubhaft gemacht anzusehen. Zum einen habe die Ast. diesen Sachverhalt soweit ersichtlich erstmals im Schreiben vom 7.10.2007 dargestellt, obwohl es sich dabei um die objektiv schwerste Beeinträchtigung im Zusammenleben mit ihrer Mutter handeln dürfte. Deshalb sowie in Anbetracht der Tatsache, dass - wie aus der Verwaltungsakte ersichtlich - wegen Mängeln der Wohnung ein gemeinsames Interesse von Mutter und Tochter an einem Wohnungswechsel zu bestehen scheine, könne das Gericht auf das schriftliche Vorbringen der Ast. allein nicht die Annahme zu stützen, dass sie tatsächlich dauerhaft in der geschilderten Weise in der Nutzung der Wohnung eingeschränkt sei. Zum anderen dürfte es der Ast. zuzumuten sein, die je nach den Umständen des Einzelfalles gebotenen Bemühungen um eine Lösung des Konflikts zu unternehmen (Gespräch mit der Mutter, gegebenenfalls Inanspruchnahme sozialarbeiterischer oder therapeutischer Hilfe). Ob die Ast. derartige Bemühungen unternommen habe und gegebenenfalls welche, sei nicht vorgetragen. Im Beschwerdeverfahren wurde vom SG noch eine Stellungnahme des behandelnden Facharztes für Psychiatrie Dr. A. eingeholt. Dieser vertrat die Auffassung die Beschwerden der Ast. seien durch den chronischen Konflikt mit ihrer Mutter ausgelöst. Zu Verhinderung einer weiteren Verschlechterung bzw. Chronifizierung des Krankheitsbilds sei ein rascher Auszug erforderlich. Weiter ging eine schriftliche Erklärung der Mutter vom 29.10.2007 ein. Gegen diesen Beschluss hat der Ast. Beschwerde eingelegt, welch nach Entscheidung über die Nichtabhilfe am 21.11.2007 dem LSG Baden-Württemberg zur Entscheidung vorgelegt wurde. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, die Ast. hätte versucht mit ihrer Mutter die bestehenden Probleme zu besprechen, diese habe jedoch jede Diskussion verweigert. Die Wohnung im G. stehe nach wie vor zur Vermietung.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet.
Das SG hat die rechtlichen Vorraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zutreffend dargestellt. Der Senat nimmt insoweit darauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Im Ergebnis hält der Senat jedoch die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung für gegeben. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind schwerwiegende soziale Gründe bzw. ähnlich schwerwiegende Gründe gegeben nach denen die Ast. nicht auf die Wohnung ihrer Mutter verwiesen werden kann (§ 22 Abs. 2a SGB II). Die Ast. hat glaubhaft gemacht, dass es ihr nicht zumutbar ist mit ihrer Mutter weiterhin in einer Wohnung zu leben. Die Mutter schränkt ihre Tochter in einer einem erwachsenen Menschen nicht zumutbaren Weise in ihrem Freiraum ein. Ein erwachsenes Familienmitglied muss die Möglichkeit haben auszugehen wann immer es will, ohne befürchten zu müssen bei Überschreitung der genehmigten Ausgehzeit nicht mehr in die Wohnung zu können. Die Mutter der Ast. hat auch kein Sorgerecht mehr über ihre erwachsene Tochter. Die von der Ast. genannten Konflikte, die auch von der Mutter in ihrem Schreiben vom 29.10.07 bestätigt wurden, lassen ein gedeihliches Zusammenleben unmöglich erscheinen, zumal es vor allem der Mutter offensichtlich an der Bereitschaft zur partnerschaftlichen Konfliktlösung mangelt. So hat sie geschrieben, dass ihre Tochter sie immer mit ihrem "Psychogequatsche volllabern wolle, für einen solchen Unsinn habe sie aber nichts übrig". Die von der Ag. und dem SG empfohlene Konfliktlösung auch mit Hilfe von Sozialarbeitern oder Psychologen erscheint vor diesem Hintergrund nicht aussichtsreich. Die ständigen Streitereien über die Lebensführung der Ast. übersteigen deutlich das übliche Maß und lassen einen weiteren Aufenthalt der Ast. in der Wohnung ihrer Mutter als unzumutbar erscheinen. Damit ist auch der Anordnungsgrund gegeben. Nach dem Vortrag der Ast. - bestätigt durch eine eidesstattliche Versicherung des Hausverwalters - ist die Wohnung in F. G. noch zu mieten. Die Ag. hat deshalb vorläufig eine bis 1.05.2008 befristete Zusicherung nach § 22 Abs. 2a SGB II zu erteilen, unter der Voraussetzung, dass die übrigen Voraussetzungen des Leistungsanspruch der Grundsicherung für Arbeitslose erfüllt sind bzw. bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die 1985 geborene Antragstellerin (Ast.) übt eine Teilzeitbeschäftigung als Kosmetikerin aus. Sie bezieht in Bedarfsgemeinschaft mit ihrer Mutter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) von der Antragsgegnerin (Ag.). Mutter und Tochter bewohnen gemeinsam eine Wohnung mit 86,40 qm Wohnfläche in F ... Am 27.8.2007 stellte die Ast. den Antrag ihr Leistungen für Unterkunft und Heizung für die ihr angebotene 1-Zimmer-Wohnung in. F., G. zuzusichern. Sie habe seit zwei Monaten Streit mit ihrer Mutter und halte es daher in der gemeinsamen Wohnung nicht mehr aus. Die Ag. hat den Antrag mit Bescheid vom 17.9.2007 mit der Begründung abgelehnt, dass eine Notwendigkeit für den Umzug nicht vorliege.
Am 20.09.2007 beantragte die Ast. beim Sozialgericht (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel die Ag. zur Zusicherung von Leistungen für Unterkunft und Heizung für die ihr angebotene 1-Zimmer-Wohnung in F., G. zu verpflichten.
Die Ast. hat mit Schreiben vom 7.10.2007 Einzelheiten zum Konflikt mit ihrer Mutter dargelegt. Sie trägt u. a. vor, sie habe sich wegen der Situation zu ihrem Hausarzt und später einem Facharzt für Psychiatrie begeben, der ihr ein Antidepressivum verschrieben habe. Ihre Mutter erlaube es ihr nicht Freunde mit nach Hause zu bringen und sie könne nicht kommen und gehen wann sie wolle. Erhalte sie die Genehmigung ihrer Mutter zum Ausgehen müsse sie bis spätestens um 24.00 Uhr zu hause sein, sonst stecke der Schlüssel in der Tür und die Klingel sei abgestellt.
Mit Beschluss vom 9.10.2007 lehnte das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. In den Gründen wurde u.a. ausgeführt, maßgebliche Vorschrift sei vorliegend § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, denn der Ast. gehe es nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Zustandes, sondern um die Verpflichtung der Ag. zur Erteilung einer Zusicherung. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlange grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) seien glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung -ZPO-). Dabei seien die diesbezüglichen Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen. Die Erfolgsaussichten der Hauptsache seien daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) u. U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Grundsätzlich sei es unzulässig, die endgültige Entscheidung in der Hauptsache in der Weise vorwegzunehmen, dass eine Behörde im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zum Erlass des beantragten Verwaltungsaktes verpflichtet werde. Ausnahmsweise sei eine derartige Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes dann zulässig, wenn sonst effektiver Rechtsschutz nicht erreichbar und dies unzumutbar wäre. Dies gelte namentlich auch für Zusicherungen vor einem beabsichtigten Umzug eines SGB II-Leistungsempfängers wie hier, da bei derartigen Zusicherungen ihrer Natur nach eine vorläufige Regelung nicht in Betracht komme.
Der Anordnungsanspruch richte sich nach § 22 Abs. 2a SGB II. Danach haben Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nach einem Umzug nur dann Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Eine Verpflichtung der Behörde zur Zusicherung bestehe, wenn der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden könne, der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliege. Vor diesem rechtlichen Hintergrund scheine ein Anordnungsanspruch zwar möglich, aber nicht hinreichend glaubhaft gemacht. So habe die Ast. ein Attest ihres Psychiaters vorgelegt, aus dem sich ergebe , dass sie sich am 4.10.2007 in dessen Behandlung begeben habe. Sie habe weiter vorgebracht und es könne als zutreffend unterstellt werden, dass er ihr ein Antidepressivum verschrieben habe. Aus dem Attest ergebe sich aber trotz des gerichtlichen Hinweises vom 4.10.2007, der Psychiater möge zum Konflikt mit der Mutter Stellung nehmen, nicht zugleich, dass die medikamentös behandlungsbedürftige Erkrankung der Ast. ursächlich auf den Konflikt mit der Mutter zurückzuführen sei. Ebenso wenig lasse sich ihm entnehmen, ob der Umzug in eine eigene Wohnung geeignet und erforderlich sei, insoweit eine Besserung herbeizuführen. Die Ast. habe weiter insbesondere vorgebracht, ihre Mutter habe ihr den Zimmerschlüssel abgenommen, so dass sie ihr Zimmer nicht abschließen könne, und beschränke ihre Ausgangszeiten durch Abschließen der Wohnungstür und Steckenlassen des Schlüssels von innen bzw. Abstellen der Klingel. Dabei könnte es sich zwar nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts um einen schwerwiegenden Grund handeln, der den Umzug in eine eigene Wohnung rechtfertige. Schon aus grundrechtlichen Erwägungen sei zu verlangen, dass ein volljähriges Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft die Wohnung jederzeit ungehindert betreten oder verlassen könne. Dennoch rechtfertige dieses Vorbringen nicht, den Anordnungsanspruch als glaubhaft gemacht anzusehen. Zum einen habe die Ast. diesen Sachverhalt soweit ersichtlich erstmals im Schreiben vom 7.10.2007 dargestellt, obwohl es sich dabei um die objektiv schwerste Beeinträchtigung im Zusammenleben mit ihrer Mutter handeln dürfte. Deshalb sowie in Anbetracht der Tatsache, dass - wie aus der Verwaltungsakte ersichtlich - wegen Mängeln der Wohnung ein gemeinsames Interesse von Mutter und Tochter an einem Wohnungswechsel zu bestehen scheine, könne das Gericht auf das schriftliche Vorbringen der Ast. allein nicht die Annahme zu stützen, dass sie tatsächlich dauerhaft in der geschilderten Weise in der Nutzung der Wohnung eingeschränkt sei. Zum anderen dürfte es der Ast. zuzumuten sein, die je nach den Umständen des Einzelfalles gebotenen Bemühungen um eine Lösung des Konflikts zu unternehmen (Gespräch mit der Mutter, gegebenenfalls Inanspruchnahme sozialarbeiterischer oder therapeutischer Hilfe). Ob die Ast. derartige Bemühungen unternommen habe und gegebenenfalls welche, sei nicht vorgetragen. Im Beschwerdeverfahren wurde vom SG noch eine Stellungnahme des behandelnden Facharztes für Psychiatrie Dr. A. eingeholt. Dieser vertrat die Auffassung die Beschwerden der Ast. seien durch den chronischen Konflikt mit ihrer Mutter ausgelöst. Zu Verhinderung einer weiteren Verschlechterung bzw. Chronifizierung des Krankheitsbilds sei ein rascher Auszug erforderlich. Weiter ging eine schriftliche Erklärung der Mutter vom 29.10.2007 ein. Gegen diesen Beschluss hat der Ast. Beschwerde eingelegt, welch nach Entscheidung über die Nichtabhilfe am 21.11.2007 dem LSG Baden-Württemberg zur Entscheidung vorgelegt wurde. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, die Ast. hätte versucht mit ihrer Mutter die bestehenden Probleme zu besprechen, diese habe jedoch jede Diskussion verweigert. Die Wohnung im G. stehe nach wie vor zur Vermietung.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet.
Das SG hat die rechtlichen Vorraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zutreffend dargestellt. Der Senat nimmt insoweit darauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Im Ergebnis hält der Senat jedoch die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung für gegeben. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind schwerwiegende soziale Gründe bzw. ähnlich schwerwiegende Gründe gegeben nach denen die Ast. nicht auf die Wohnung ihrer Mutter verwiesen werden kann (§ 22 Abs. 2a SGB II). Die Ast. hat glaubhaft gemacht, dass es ihr nicht zumutbar ist mit ihrer Mutter weiterhin in einer Wohnung zu leben. Die Mutter schränkt ihre Tochter in einer einem erwachsenen Menschen nicht zumutbaren Weise in ihrem Freiraum ein. Ein erwachsenes Familienmitglied muss die Möglichkeit haben auszugehen wann immer es will, ohne befürchten zu müssen bei Überschreitung der genehmigten Ausgehzeit nicht mehr in die Wohnung zu können. Die Mutter der Ast. hat auch kein Sorgerecht mehr über ihre erwachsene Tochter. Die von der Ast. genannten Konflikte, die auch von der Mutter in ihrem Schreiben vom 29.10.07 bestätigt wurden, lassen ein gedeihliches Zusammenleben unmöglich erscheinen, zumal es vor allem der Mutter offensichtlich an der Bereitschaft zur partnerschaftlichen Konfliktlösung mangelt. So hat sie geschrieben, dass ihre Tochter sie immer mit ihrem "Psychogequatsche volllabern wolle, für einen solchen Unsinn habe sie aber nichts übrig". Die von der Ag. und dem SG empfohlene Konfliktlösung auch mit Hilfe von Sozialarbeitern oder Psychologen erscheint vor diesem Hintergrund nicht aussichtsreich. Die ständigen Streitereien über die Lebensführung der Ast. übersteigen deutlich das übliche Maß und lassen einen weiteren Aufenthalt der Ast. in der Wohnung ihrer Mutter als unzumutbar erscheinen. Damit ist auch der Anordnungsgrund gegeben. Nach dem Vortrag der Ast. - bestätigt durch eine eidesstattliche Versicherung des Hausverwalters - ist die Wohnung in F. G. noch zu mieten. Die Ag. hat deshalb vorläufig eine bis 1.05.2008 befristete Zusicherung nach § 22 Abs. 2a SGB II zu erteilen, unter der Voraussetzung, dass die übrigen Voraussetzungen des Leistungsanspruch der Grundsicherung für Arbeitslose erfüllt sind bzw. bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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