L 1 U 3505/07 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 3505/07 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts vom 12. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Der Kläger begehrt die Erstattung der Mietkosten für einen Tiefgaragenstellplatz in Höhe von 360 EUR als notwendige Kosten der Unterbringung während einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Die Beklagte hatte dem Kläger anlässlich eines Arbeitsunfalles am 28.03.1996 mit Bescheid vom 06.03.2006, Änderungsbescheiden vom 20.03.2006 und 28.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.04.2006 Übergangsgeld gewährt für die vom 02.05. bis 31.10.2006 durchgeführte Maßnahme in M. zur Qualifikation als Fachkraft für Schutz und Sicherheit.

Hiergegen hat der Kläger unter dem Aktenzeichen S 2 U 1685/06 beim Sozialgericht R. am 08.05.2006 Klage erhoben, da er die Berechnungsgrundlage für die gewährte Geldleistung als fehlerhaft angesehen hat.

Auf Antrag des Klägers vom 30.03.2006 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 10.04.2006 die Übernahme der Mietkosten für eine Zweitwohnung in M. für die Dauer der Maßnahme zuzüglich der in dieser Zeit entstandenen Betriebskosten, Heizkosten und im Zusammenhang mit Ein- und Auszug entstandenen Bearbeitungsgebühren.

Dagegen lehnte sie die mit Schreiben vom 30.04.2006 beantragte Übernahme der Kosten der Tiefgarage mit Bescheid vom 08.05.2006 ab. Sie wies den fürsorglich eingelegten Widerspruch des Klägers, der die Fehlerhaftigkeit der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung rügte, weil nach seiner Auffassung der Bescheid Gegenstand des Klageverfahrens S 2 U 1685/06 zum Übergangsgeld geworden sei, mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2006 zurück.

Gegen die Ablehnung der Erstattung der Kosten der Tiefgarage hat der Kläger am 26.09.2006 beim Sozialgericht M. Klage erhoben mit der Begründung, die Kosten für den Tiefgaragenstellplatz gehörten zu den üblichen Wohnungskosten. Im übrigen sei der Ablehnungsbescheid gem. § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand der bereits beim Sozialgericht R. anhängigen Klage. Das Sozialgericht M. hat mit Beschluss vom 18.10.2006 (S 9 U 616/06) den Rechtsstreit an das Sozialgericht R. verwiesen.

Mit Urteil vom 12.06.2007 hat das Sozialgericht R. die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 08.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.09.2006 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, das Sozialgericht R. sei an den Verweisungsbeschluss des Sozialgerichts M. hinsichtlich der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit gebunden. Die Bindungswirkung erstrecke sich aber nicht auf die Rechtsfrage, ob der angefochtene Bescheid gem. § 96 Gegenstand der Klage wegen des bewilligten Übergangsgeldes geworden sei. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts M. treffe dies nicht zu. Das Verfahren S 2 U 1685/06 betreffe die Gewährung von Anschlussübergangsgeld, wohingegen es im vorliegenden Verfahren allein um die Erstattung von Kosten für einen Tiefgaragenplatz gehe. Für diesen Anspruch bestehe keine gesetzliche Grundlage. Die Kosten gehörten nicht zu den erforderlichen Kosten einer Unterkunft. Es seien auch nicht mittelbare Unterkunftskosten, da insofern ein gesonderter Mietvertrag abgeschlossen worden sei. Ohnehin sei nicht ersichtlich, weshalb der Kläger auf die Nutzung eines Kraftfahrzeugs in einer mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf hohem Niveau ausgestatteten Großstadt wie M. angewiesen sei.

Gegen das an den Klägerbevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 05.07.2007 abgesandte Urteil hat der Kläger am 17.07.2007 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid über die Ablehnung der Übernahme der Kosten der Tiefgarage sei entgegen der Auffassung des Sozialgerichts gem. § 96 SGG Gegenstand der unter dem Aktenzeichen S 2 U 1685/06 anhängigen Klage wegen der Höhe des bewilligten Anschlussübergangsgeldes geworden. Der angefochtene Widerspruchsbescheid vom 21.09.2006 sei deshalb aus formalen Gründen aufzuheben. Da die Beklagte unrichtig über den zutreffenden Rechtsbehelf belehrt habe, seien auch die Kosten der Einschaltung des Prozessbevollmächtigten in analoger Anwendung von § 63 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB X) hinsichtlich des Widerspruchsverfahrens zu erstatten. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts R. habe der Verweisungsbeschluss des Sozialgerichts M. weitere Bindungswirkung. Es sei bindend entschieden, dass alle strittigen Verwaltungsakte untrennbar miteinander verbunden seien. Auf jeden Fall sei § 96 SGG analog anzuwenden. Das angefochtene Urteil beruhe auf diesem Verfahrensmangel der fehlerhaften Anwendung von § 96 SGG. Bei korrekter Anwendung von § 96 SGG hätte der angefochtene Widerspruchsbescheid als formal rechtswidrig aufgehoben werden müssen. Für den Fall der Zulassung der Berufung hat der Klägerbevollmächtigte die im Schriftsatz vom 15.07.2007 - auf den verwiesen wird - aufgeführten Berufungsanträge angekündigt.

Der Kläger beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts R. vom 12.06.2007 zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie rügt, dass der Beschwerdeantrag auf Zulassung "der Revision" ungenau sei. Darüber hinaus liege ein Verfahrensmangel nicht vor. Der angefochtene Bescheid mit dem angefochtene Widerspruchsbescheid ändere den Bescheid zur Gewährung von Übergangsgeld weder ab noch ersetze er diesen. Eine analoge Anwendung des § 96 SGG komme nicht in Betracht, da die Regelung des neuen Bescheids den Streitstoff des anhängigen Rechtsstreits nicht beeinflussen könne. Auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen seien nicht geben. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Bewilligung der Übernahme der Kosten des Tiefgaragenstellplatzes. Insoweit wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 27.08.2007 Bezug genommen.

II

Die Beschwerde des Klägers ist gem. §§ 145 Abs. 1, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts betrifft die streitigen Kosten eines Tiefgaragenstellplatzes in Höhe von 360 EUR und erreicht somit den Wert des Beschwerdegegenstands von 500 EUR nicht. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen. Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie auch hinreichend konkret auf die Zulassung der Berufung gerichtet, wie sich den Ausführungen in der Beschwerdebegründung entnehmen lässt. Die einmalige Verwendung des Wortes Revision beruht offensichtlich auf einem Versehen.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Der gerügte Verfahrensmangel ist nicht gegeben.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die in § 17a Abs. 1 GVG angeordnete Bindung an die Entscheidung des verweisenden Gerichts nur dessen Erklärung zur eigenen Zuständigkeit/Unzuständigkeit betrifft (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 98 Rdnr. 8 ff, 8d). Ebenso wenig ist rechtlich zu beanstanden, dass das Verfahren nicht mit der Klage wegen des Anschlussübergangsgeldes verbunden worden ist, denn entgegen der Auffassung des Klägers hat das Sozialgericht rechtlich zutreffend die Anwendbarkeit der Verfahrensvorschrift des § 96 SGG verneint.

Nach § 96 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand eines bereits anhängigen Klageverfahrens, wenn nach der Klagerhebung der bisher mit der Klage angefochtene Verwaltungsakt durch den neuen Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt wird. Mit der Ablehnung der Übernahme der Kosten des Tiefgaragenstellplatzes wird der Verwaltungsakt zur Bewilligung des Übergangsgeldes weder ersetzt noch abgeändert. Auch eine analoge Anwendung des § 96 SGG kommt nicht in Betracht. Eine entsprechende Anwendung setzt jedenfalls voraus, dass die durch den neuen Bescheid getroffene Regelung sich auf den Streitstoff des anhängigen Rechtsstreits auswirken kann (vgl. Leitherer a. a. O. mit Hinweis auf BSG SozR 1500 § 96 Nr. 27). Dies ist vorliegend nicht der Fall, denn eine Erhöhung oder Verminderung des bereits bewilligten Anschlussübergangsgeldes ist durch den Ausgang des Rechtsstreits um die Erstattung der Kosten des Tiefgaragenstellplatzes nicht zu erwarten. Dass dem Kläger überhaupt Leistungen wegen der in M. durchgeführten Maßnahme zustehen, ist durch die Bewilligung von Anschlussübergangsgeld und die Erstattung der Unterbringungskosten bestandskräftig entschieden. Auch insoweit sind durch den vorliegenden Rechtsstreit keine Auswirkungen zu erwarten.

Andere Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG sind nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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