Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 5145/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 1181/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.01.2007 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Streit.
Der 1969 geborene Kläger erhielt von der Beklagten für die Zeit vom 01.04. bis zum 30.06.2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 660,57 Euro. Nach einer zunächst vorgenommenen Kürzung der Regelleistung um 30 % mit Bescheid vom 14.03.2006 gab die Beklagte in einem Verfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) ein Anerkenntnis ab und bewilligte mit Änderungsbescheid vom 25.04.2006 auch für den Zeitraum vom 01.04. bis zum 30.06.2006 Leistungen wieder in der ursprünglichen Höhe von monatlich 660,57 Euro.
Der Kläger versäumte es, der Beklagten mitzuteilen, dass er für die Zeit vom 25.04. bis zum 13.05.2006 in der Justizvollzugsanstalt S. (JVA) inhaftiert war, was er selbst spätestens ab dem 21.04.2006 wusste. Nach dem die Beklagte dies von der JVA erfahren hatte, hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 05.05.2006 zur beabsichtigten teilweisen Aufhebung der Leistungsbewilligung an, weil sich durch die Haft der Bedarf des Klägers verringert habe. Es sei beabsichtigt, den zu erstattenden Betrag gegen den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld II in Höhe bis zu 30 % der für ihn maßgebenden Regelleistung monatlich aufzurechnen.
Der Kläger teilte hierzu mit, er habe am 21.04.2006 mehrfach vergeblich versucht, die Beklagte telefonisch über den Haftantritt zu informieren. Zudem halte er die Kürzung nicht für angemessen.
Dennoch hob die Beklagte mit Bescheid vom 23.06.2006 die Bewilligung für die Zeit vom 01.04. bis zum 30.04.2006 in Höhe von 69 Euro und für die Zeit vom 01.05. bis zum 31.05.2006 in Höhe von 138 Euro auf. Durch die Haftzeit vom 25.04.2006 bis zum 12.05.2006 habe kein Anspruch auf die Regelleistung nach dem SGB II vorgelegen, wodurch sich ein geringerer Leistungsanspruch errechne. Die Rücknahme der teils fehlerhaften Bewilligung erfolge nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), weil der Kläger durch das Verschweigen seines Haftantritts falsche bzw. unvollständige Angaben gemacht habe. Die Mitteilung des Haftantritts hätte jederzeit über die Servicecenter-Durchwahl der Beklagten mit Anrufbeantworter sowie auch durch kurzen Brief per Einwurf in den Briefkasten des Jobcenters mitgeteilt werden können. Der Kläger habe auch angegeben, bereits am 21.04.2006 gewusst zu haben, dass er sich in Untersuchungshaft begeben musste, weswegen es ihm durchaus möglich gewesen sei, die Beklagte zu erreichen. Die Aufhebung ergehe nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 2 Satz Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) als gebundene Entscheidung. Die von dem Kläger erfolgte Überzahlung in Höhe von 207 Euro sei von diesem zu erstatten. Die Erstattung erfolge nach § 43 SGB II durch Verrechnung mit dem aktuellen Leistungsanspruch in monatlichen Raten in Höhe von 103,50 Euro.
Der Kläger begründete seinen Widerspruch damit, dass das SGB II für eine kurze Inhaftierungsdauer wie in seinem Fall an keiner Stelle eine Aufhebung der Bewilligung der Regelleistung vorsehe. Die Zusammensetzung des Rückforderungsbetrages sei zudem für ihn nicht nachvollziehbar. Die ihm zustehende Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts sei eine Gesamtpauschale, welche gerade keine bedarfsorientierte Leistung darstelle. Außerdem sei die Aufrechnungsentscheidung der Beklagten in Höhe von 30 % nach § 43 SGB II unzulässig, da insoweit kein Ermessen über die Höhe der monatlichen Aufrechnung ausgeübt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2006 wurde dem Widerspruch insoweit abgeholfen, als die Rückforderungssumme in Höhe von 207,00 Euro ab dem 01.07.2006 lediglich in Höhe von monatlich 20 v. H. der maßgeblichen Regelleistung (69 Euro) mit den laufenden Leistungen verrechnet wurde. Von der für den Monat Juli 2006 bereits einbehaltenen höheren Aufrechnungssumme wurde dem Kläger dementsprechend eine Nachzahlung von 34,50 Euro auf sein Konto überwiesen. Im Übrigen wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Das Ermessen hinsichtlich der Aufrechnungssumme werde neu ausgeübt, und es werde aufgrund des Vortrags des Klägers, er habe erstmalig eine Veränderung in den Leistungsbegründenden Tatsachen nicht mitteilt, dahingehend berücksichtigt, dass nur noch der geringere Aufrechnungsbetrag geltend gemacht werde. Ihre Entscheidung stützte die Beklagte nunmehr nicht mehr auf § 45 SGB X, sondern auf § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X wegen des Verschweigens wesentlicher Änderungen der Verhältnisse (i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III).
Der Kläger hat am 13.07.2006 beim SG Klage erhoben. Entgegen der Auffassung der Beklagten werde in der JVA während einer Untersuchungshaft der Bedarf der Regelleistung nicht anderweitig gedeckt. Die JVA habe lediglich die Gewährung von Nahrung auf sehr einfachem Niveau garantiert. Unberücksichtigt lasse die Beklagte hierbei, dass die Regelleistung auch zur Bildung von Rücklagen für die Ersatzbeschaffung neuer Haushaltsgeräte und für Bekleidung zu verwenden sei. Schließlich sei der Hilfeempfänger auch frei darin, wie er die ihm zu gewährende Regelleistung verwende. Nach wie vor sei die Zusammensetzung des Rückforderungsbetrags nicht nachvollziehbar.
Das SG stelle zunächst mit Beschluss vom 27.07.2006 auf Antrag des Klägers die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Klägers gegen die streitgegenständlichen Bescheide fest.
Mit Urteil vom 24.01.2007 hat das SG dann den Bescheid der Beklagten vom 23.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2006 dahingehend abgeändert, als die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 01.04. bis zum 30.04.2006 (nur noch) in Höhe von 40,54 Euro und dem Zeitraum vom 01.05. bis zum 31.05.2006 (nur noch) 81,08 Euro zurückgenommen wird. Im Übrigen hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen und die Berufung zugelassen. Durch die von der JVA während des Haftaufenthaltes gewährten Leistungen reduziere sich der Bedarf des Klägers nach dem SGB II, weswegen lediglich eine teilweise Aufhebung der in soweit ursprünglich in voller Höhe gewährten Regelleistung in Betracht komme. Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung der Leistungen sei vorliegend § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 bzw. Nr. 3 SGB X i. V. m. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III. Die durch die JVA gewährte Verpflegungsleistung sei nach dem SGB II anzurechnen. Die Anrechnung erfolge durch § 11 SGB II i. V. m. der Arbeitslosengeld II - Verordnung (Alg II - VO). So seien nach § 2 Abs. 4 Alg II - VO auch Sachleistungen, die der erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalte, zu berücksichtigen. Insoweit seien die in der Sachbezugsverordnung festgesetzten Werte zu berücksichtigen. Die Verpflegung durch die JVA sei somit rechtlich als anrechenbares Einkommen im Sinne des SGB II zu qualifizieren. Die Anrechnung dieses Sacheinkommens führe jedoch entgegen der Ansicht der Beklagten lediglich zur Reduzierung der Hilfebedürftigkeit im Rahmen der nach § 20 SGB II zu gewährenden Regelleistung und nicht zu deren vollständigem Entfallen. Für die Verpflegung des Klägers sei nach § 1 Abs. 1 der Sachbezugsverordnung ein monatlicher Betrag in Höhe von 202,70 Euro anzusetzen. Ausgehend hiervon errechne sich für die 6 Tage Vollverpflegung im April 2006 ein Anrechnungsbetrag in Höhe von 40,54 Euro sowie für die 12 Tage Vollverpflegung im Mai 2006 ein Betrag von 81,08 Euro. Damit seien dem Kläger während der Dauer seiner Untersuchungshaft Sachleistungen der JVA in Höhe von 121,62 Euro zugeflossen. Weitere Sachleistungen, welche von der Regelleistung des § 20 SGB II umfasst sein, habe der Kläger von der JVA nicht erhalten. Insbesondere eine Minderung des Bedarf bzgl. der Kosten für Unterkunft und Heizung komme aufgrund seiner Unterkunft in der JVA nicht in Betracht. Die entsprechende Bewilligungsentscheidung der Beklagten vom 25.04.2006 habe sich damit als von Anfang an in Höhe von 121,62 Euro als unrichtig erwiesen. Diese Überzahlung beruhe auf der Unkenntnis der Beklagten vom Haftantritt des Klägers, welchen dieser der Beklagten nicht rechtzeitig mitgeteilt habe. Sofern der Kläger auf mehrfach versuchte Telefonanrufe am 21.04.2006 verweise, sei dies nicht ausreichend gewesen, da es auch andere Mitteilungswege und -möglichkeiten gegeben habe. Der Kläger habe auch durch seine telefonischen Versuche erkennen lassen, dass er die Mitteilung gegenüber der Beklagten als relevant angesehen habe. Dass der Kläger dann anschließend keine weiteren Versuchen mehr gemacht habe, seinen Haftantritt der Beklagten mitzuteilen, sei als grob fahrlässig anzusehen. Die Höhe der Aufrechnung sei nach der Reduzierung des Aufrechnungsbetrags auf 20 % der Regelleistung gem. § 43 SGB II nicht mehr zu beanstanden. Das Urteil des SG, in dem die Berufung zugelassen wurde, wurde den Klägerbevollmächtigten am 08.02.2007 und der Beklagten am 12.02.2007 zugestellt.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat am 24.02.2007 beim SG Berufung eingelegt, mit der er seinen bisherigen Vortrag wiederholt. Bei § 20 SGB II handele es sich um eine pauschalierte Leistung. Das SGB II lasse eine abweichende Festsetzung der Regelleistung bei einer anderweitigen Deckung eines nach § 20 SGB II maßgebenden Bedarfs nicht zu. Der Umkehrschluss aus § 7 Abs. 4 SGB II ergebe, dass bei einer vollstationären Aufnahme mit einer Dauer von weniger als 6 Monaten eine Leistungseinschränkung nicht vorgenommen werden dürfe. Das SG habe zudem nicht berücksichtigt, dass in der JVA stets nur eine Grundversorgung - jedoch zu überhöhten Preisen - gewährt werde und weitere entstehende Aufwendungen für Zwischenverpflegung und zulässige Genussmittel unberücksichtigt geblieben seien. Wolle man vorliegend die Kürzung zulassen, müsse auch im Falle eines erhöhten Bedarfs die Erhöhung der Regelleistung denkbar sein. Dies sei jedoch durch die pauschale Leistung nach § 20 SGB II ausdrücklich ausgeschlossen. Auf den umfangreichen weiteren Vortrag des Klägerbevollmächtigten wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.01.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.06.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Rechtsauffassung des Klägers sei unzutreffend, da bis zur Änderung des § 7 Abs. 4 SGB II zum 01.08.2007, wonach ein Leistungsausschluss bei Unterbringung in stationären Einrichtungen nach dem SGB II vorliege, davon auszugehen sei, dass Inhaftierte alle für Ihren Lebensunterhalt erforderlichen Leistungen durch die JVA erhielten. Eine Hilfebedürftigkeit nach § 9 Abs. 1 SGB II sei dadurch ausgeschlossen gewesen. Es habe jedoch grundsätzlich ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Unterkunft bestanden, weil diese angefallen seien. Auch die Auffassung des SG, dass die Regelleistung nach Abzug von Einkommen nach der Sachbezugsverordnung zu gewähren sei, werde nicht geteilt, da bereits die Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts lediglich ein Taschengeld in Höhe von 15/100 des Regelsatzes nach § 12 Abs. 1 BSHG als ungedeckten Bedarf während der Untersuchungshaft zugesprochen habe (unter Berufung auf BVerwG, Urteil vom 12.10.1993 - 5 C 38/92 -).
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. SGG zulässige Berufung ist nicht begründet.
Die Gewährung von Arbeitslosengeld II erfolgt durch einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, dessen Aufhebung sich bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse, die bei seinem Erlass herrschten, nach den Voraussetzungen von § 48 SGB X richtet. War der Verwaltungsakt bereits bei seiner Bewilligung rechtswidrig, ist die Rücknahme des Verwaltungsaktes nach den Voraussetzungen des § 45 SGB X zulässig.
Vorliegend ist nach der zutreffenden Ansicht der Beklagten § 48 SGB X und nicht § 45 SGB X einschlägig. Denn die ursprüngliche ungekürzte Bewilligung von Arbeitslosengeld II auch für den vorliegend streitgegenständlichen Zeitabschnitt erfolgte zu einem Zeitpunkt, als weder die Beklagte noch der Kläger von der im April 2006 anstehenden Untersuchungshaft wussten. Demgegenüber ist nicht auf den Zeitpunkt des Bescheides vom 25.04.2006 abzustellen, weil dieser lediglich einen Abhilfebescheid hinsichtlich einer zuvor erfolgten Kürzung der Regelleistung um 30 % darstellt. Zwar wurden dem Kläger durch den Bescheid vom 25.04.2006 wieder 30 % mehr an Regelleistung bewilligt, während ihm anschließend aufgrund des vorliegenden Streitgegenstandes wieder 30 % abgezogen worden sind. Danach könnte der Bescheid vom 25.04.2006 von Anfang an fehlerhaft und § 45 SGB X einschlägig sein, weil zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Bescheides nach Auffassung der Beklagten wieder ein neuer Grund für eine Kürzung um 30 % vorlag. In diesem Zusammenhang ist indes entscheidend, dass der Kürzungsbescheid vom 14.03.2006 trotz seiner sofortigen Vollziehbarkeit nach § 39 SGB II nie bestandskräftig geworden ist und der Änderungsbescheid vom 25.04.2006 lediglich wieder offiziell die Wirkung Bescheides der ursprünglichen Bewilligung im Sinne eines Anerkenntnisses herstellt. Dieser Bescheid hat einzig den Regelungsgehalt, die ungekürzte Bewilligung der Regelleistung, wie sie ursprünglich bereits bewilligt war, wieder anzuerkennen. Insofern ist maßgeblicher Bescheid für die Bewilligung der ungekürzten Regelleistung die ursprüngliche Bewilligung hinsichtlich des Bewilligungsabschnitts Januar bis Juni 2006. Vergleichsmaßstab, ob eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten ist, ist demnach auch nicht lediglich die letzte Behördenentscheidung, sondern die letzte bindend gewordene Behördenentscheidung (Wiesner in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2005, § 48 Rdnr. 7).
Dies ergibt sich zudem auch aus der Überlegung, dass die Rücknahme der Kürzung aus dem Änderungsbescheid vom 25.04.2006 inhaltsgleich nicht deckungsgleich mit dem vorliegenden Streitgegenstand war, da es vorliegend um die Einkommensanrechnung einer Sachleistung und nicht um die Verhängung einer Sanktion geht; beide Kürzungen sind aber in ihren Voraussetzungen im wesentlichen unabhängig voneinander. Danach stellt die vorliegend umstrittene Kürzung der Regelleistung einen Eingriff in die vorige Leistungsbewilligung zu Anfang des Bewilligungsabschnittes Januar bis Juni 2006 dar, woran sich im Hinblick auf die Trennung zwischen § 45 und § 48 SGB X nichts dadurch ändert, dass auch in die Bewilligung vom 25.04.2006 eingegriffen worden ist (vgl. BSG SozR 1300 § 45 Nr. 37; BSG SozR 1300 § 45 Nr. 30).
Nach § 48 Abs. 1 SGB X in der seit dem 01.01.2001 geltenden Fassung ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Nach Absatz 1 Satz 2 der Vorschrift soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, 2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, 3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder 4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Hierbei hat die Beklagte beim Vorliegen der Voraussetzungen von § 48 SGB X kein Ermessen auszuüben, weil § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III in der seit 2005 geltenden Fassung vorsieht, dass beim Vorliegen der in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist.
Gemäß § 19 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erfüllt, weil es nach Auffassung des Senats nicht bezweifelt werden kann, dass der Sachleistungsbezug in einer JVA nach den tatsächlichen Verhältnisses den Zufluss eines wesentlichen Einkommens darstellt, welcher den tatsächlichen Bedarf für die Zeit der Haft reduziert hat. Sofern der Kläger darauf verweist, er hätte mit dem Regelsatz auch anders disponieren können, ist dies wohl nicht zutreffend, da die Teilnahme an der Grundverpflegung in der JVA überwacht wird und von dem Kläger jedenfalls teilweise kaum zu vermeiden gewesen sein dürfte. Außerdem hat der Kläger auch eingeräumt, das Essensangebot der JVA genutzt zu haben, so dass eine tatsächliche Ersparnis an Aufwendungen für die Verpflegung vorliegend unstreitig ist. Andererseits weist das SG zu Recht darauf hin, dass Kosten der Unterkunft in diesem Sinne nicht angerechnet werden können, weil die privaten Unterkunftsaufwendungen bei kurzen Haftaufenthalten wie vorliegend auch weiterhin durchgehend bestritten werden müssen.
Da eine Anrechnung jedenfalls auf die Regelleistung des § 20 SGB II bei dieser Sachlage dem Grunde nach zutreffend ist, ist diese nach Rechtslage im streitgegenständlichen Zeitraum auch vorzunehmen.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der vom 01.10.2005 bis zum 30.06.2006 geltenden Fassung sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen; hiervon ausgenommen sind nur Leistungen nach dem SGB II, die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und die Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.
Einnahmen in Geldeswert sind Sacheinnahmen einschließlich Dienst- und Naturalleistungen, die einen bestimmten, in Geld ausdrückbaren Wert besitzen. Bei diesem Geldwert muss es sich um einen Marktwert handeln, denn nur Leistungen mit einem Marktwert sind geeignet, die aktuelle Hilfebedürftigkeit zu beseitigen. Naturalleistungen wie der Verpflegung während eines stationären Aufenthalts kommt ein solcher Marktwert zu (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 19.06.2007 - L 11 AS 4/07 -). Deswegen ist auch etwa bei einem nur teilstationären Aufenthalt der Wert eines regelmäßig zur Verfügung gestellten Mittagessens nach § 11 SGB II auf die Regelleistung des § 20 SGB II anzurechnen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.07.2007 - L 7 AS 1431/07 -, m.w.N.).
Da das sachwerte Einkommen des Klägers durch die Zunahme von Speisen in der JVA sich nicht als Arbeitseinkommen nach den §§ 1 bis 2 a der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II / Sozialgeld vom 20.10.2004 (Alg II-VO, erlassen aufgrund der Ermächtigung in § 13 SGB II, BGBl I S. 2622; Aichberger 2/10), ist für die Anrechnung die Generalklausel des § 2 b Alg II-VO einschlägig, wonach die Berechnung von sonstigem Einkommen in entsprechender Anwendung des § 2 Alg II-VO wie bei Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit vorzunehmen ist. Eine relevante Ausnahme von der Einkommensabrechnung nach den Regelungen der Alg II-VO liegt hier nicht vor.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Alg II-VO sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Nach Abs. 4 dieser Vorschrift sind Sachleistungen wie vorliegend nach der Sachbezugsverordnung in der jeweils geltenden Fassung zu bewerten; soweit in der Sachbezugsverordnung ein Wert nicht festgesetzt ist, sind die üblichen Mittelpreise des Verbrauchsortes zugrunde zu legen.
Nach der im Jahr 2006 geltenden Sachbezugsverordnung (SachbezVO; BGBl I 1994, S. 3849, zuletzt geändert durch Art. 1 der VO vom 16.12.2005, BGBl I S. 3493) gilt als Wert der zur Verfügung gestellten Verpflegung ein Betrag von monatlich 202,70 Euro, § 1 Abs. 1 SachbezVO. Danach ist der Betrag von monatlich 202,70 Euro anteilig für die Zeit des Aufenthalts des Klägers in der JVA von dem Anspruch auf die Regelleistung abzuziehen, wobei nach § 1 Abs. 3 SachbezVO ein Dreißigstel des genannten Betrags für jeden Tag der Vollverpflegung anzunehmen ist. Auf die zutreffende Berechnung des SG, wonach deswegen insgesamt für die Vollverpflegung in der JVA vom 25.04. bis zum 13.05.2006 ein Betrag von insgesamt 121,62 Euro von der Regelleistung abzuziehen ist, wird Bezug genommen. Weitere Sachbezüge in der JVA sind nicht ersichtlich oder vorgetragen. Von dem durch die Vollverpflegung erzielten Einkommen sind keine Beträge, insbesondere auch nicht die Versicherungspauschale in § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II und § 3 Abs. 1 ALG II-VO in Höhe von 30 Euro abzuziehen, weil diese sich auf ein Brutto-Einkommen (vgl. § 2 Abs. 1 Alg II-VO) beziehen und der Kläger die Vollverpflegung vorliegend "netto", also ohne weitere zwingende oder erforderlich Abzüge, erhalten hat (vgl. aber Bayerisches Landessozialgericht, a.a.O.)
Nach der Vorschrift des § 48 Abs. 1Satz 2 Nr. 3 SGB X kommt es bei der Anrechnung von nachträglich erzieltem Einkommen nicht auf einen subjektiven Tatbestand (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) des Leistungsbeziehers an; die Erzielung des Einkommens führt danach unabhängig davon zur Anrechnung, ob dies dem Arbeitslosen bekannt war oder bekannt sein musste. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass bei der Anwendbarkeit des § 45 SGB X, wie sie das SG vertreten hat, die grobe Fahrlässigkeit des Klägers wohl nicht daraus abgeleitet werden kann, dass der Kläger mehrfach vergeblich versucht hat, die Beklagte telefonisch von seinem Haftantritt zu informieren. Denn diese Versuche der Kontaktaufnahme könnten auch lediglich dazu gedient haben, seine Erreichbarkeit für die Beklagte sicherzustellen. Angesichts der strittigen Rechtslage (s.o.) und der Tatsache, dass sich dem Laien die Anrechnung von JVA-Leistungen nach dem SGB II nicht ohne weiteres aufdrängen dürfte, hat der Senat sogar erhebliche Zweifel daran, ob dem Kläger vorliegend hinsichtlich des zu hohen Leistungsbezugs überhaupt Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfragen zugelassen.
2. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Streit.
Der 1969 geborene Kläger erhielt von der Beklagten für die Zeit vom 01.04. bis zum 30.06.2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 660,57 Euro. Nach einer zunächst vorgenommenen Kürzung der Regelleistung um 30 % mit Bescheid vom 14.03.2006 gab die Beklagte in einem Verfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) ein Anerkenntnis ab und bewilligte mit Änderungsbescheid vom 25.04.2006 auch für den Zeitraum vom 01.04. bis zum 30.06.2006 Leistungen wieder in der ursprünglichen Höhe von monatlich 660,57 Euro.
Der Kläger versäumte es, der Beklagten mitzuteilen, dass er für die Zeit vom 25.04. bis zum 13.05.2006 in der Justizvollzugsanstalt S. (JVA) inhaftiert war, was er selbst spätestens ab dem 21.04.2006 wusste. Nach dem die Beklagte dies von der JVA erfahren hatte, hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 05.05.2006 zur beabsichtigten teilweisen Aufhebung der Leistungsbewilligung an, weil sich durch die Haft der Bedarf des Klägers verringert habe. Es sei beabsichtigt, den zu erstattenden Betrag gegen den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld II in Höhe bis zu 30 % der für ihn maßgebenden Regelleistung monatlich aufzurechnen.
Der Kläger teilte hierzu mit, er habe am 21.04.2006 mehrfach vergeblich versucht, die Beklagte telefonisch über den Haftantritt zu informieren. Zudem halte er die Kürzung nicht für angemessen.
Dennoch hob die Beklagte mit Bescheid vom 23.06.2006 die Bewilligung für die Zeit vom 01.04. bis zum 30.04.2006 in Höhe von 69 Euro und für die Zeit vom 01.05. bis zum 31.05.2006 in Höhe von 138 Euro auf. Durch die Haftzeit vom 25.04.2006 bis zum 12.05.2006 habe kein Anspruch auf die Regelleistung nach dem SGB II vorgelegen, wodurch sich ein geringerer Leistungsanspruch errechne. Die Rücknahme der teils fehlerhaften Bewilligung erfolge nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), weil der Kläger durch das Verschweigen seines Haftantritts falsche bzw. unvollständige Angaben gemacht habe. Die Mitteilung des Haftantritts hätte jederzeit über die Servicecenter-Durchwahl der Beklagten mit Anrufbeantworter sowie auch durch kurzen Brief per Einwurf in den Briefkasten des Jobcenters mitgeteilt werden können. Der Kläger habe auch angegeben, bereits am 21.04.2006 gewusst zu haben, dass er sich in Untersuchungshaft begeben musste, weswegen es ihm durchaus möglich gewesen sei, die Beklagte zu erreichen. Die Aufhebung ergehe nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 2 Satz Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) als gebundene Entscheidung. Die von dem Kläger erfolgte Überzahlung in Höhe von 207 Euro sei von diesem zu erstatten. Die Erstattung erfolge nach § 43 SGB II durch Verrechnung mit dem aktuellen Leistungsanspruch in monatlichen Raten in Höhe von 103,50 Euro.
Der Kläger begründete seinen Widerspruch damit, dass das SGB II für eine kurze Inhaftierungsdauer wie in seinem Fall an keiner Stelle eine Aufhebung der Bewilligung der Regelleistung vorsehe. Die Zusammensetzung des Rückforderungsbetrages sei zudem für ihn nicht nachvollziehbar. Die ihm zustehende Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts sei eine Gesamtpauschale, welche gerade keine bedarfsorientierte Leistung darstelle. Außerdem sei die Aufrechnungsentscheidung der Beklagten in Höhe von 30 % nach § 43 SGB II unzulässig, da insoweit kein Ermessen über die Höhe der monatlichen Aufrechnung ausgeübt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2006 wurde dem Widerspruch insoweit abgeholfen, als die Rückforderungssumme in Höhe von 207,00 Euro ab dem 01.07.2006 lediglich in Höhe von monatlich 20 v. H. der maßgeblichen Regelleistung (69 Euro) mit den laufenden Leistungen verrechnet wurde. Von der für den Monat Juli 2006 bereits einbehaltenen höheren Aufrechnungssumme wurde dem Kläger dementsprechend eine Nachzahlung von 34,50 Euro auf sein Konto überwiesen. Im Übrigen wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Das Ermessen hinsichtlich der Aufrechnungssumme werde neu ausgeübt, und es werde aufgrund des Vortrags des Klägers, er habe erstmalig eine Veränderung in den Leistungsbegründenden Tatsachen nicht mitteilt, dahingehend berücksichtigt, dass nur noch der geringere Aufrechnungsbetrag geltend gemacht werde. Ihre Entscheidung stützte die Beklagte nunmehr nicht mehr auf § 45 SGB X, sondern auf § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X wegen des Verschweigens wesentlicher Änderungen der Verhältnisse (i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III).
Der Kläger hat am 13.07.2006 beim SG Klage erhoben. Entgegen der Auffassung der Beklagten werde in der JVA während einer Untersuchungshaft der Bedarf der Regelleistung nicht anderweitig gedeckt. Die JVA habe lediglich die Gewährung von Nahrung auf sehr einfachem Niveau garantiert. Unberücksichtigt lasse die Beklagte hierbei, dass die Regelleistung auch zur Bildung von Rücklagen für die Ersatzbeschaffung neuer Haushaltsgeräte und für Bekleidung zu verwenden sei. Schließlich sei der Hilfeempfänger auch frei darin, wie er die ihm zu gewährende Regelleistung verwende. Nach wie vor sei die Zusammensetzung des Rückforderungsbetrags nicht nachvollziehbar.
Das SG stelle zunächst mit Beschluss vom 27.07.2006 auf Antrag des Klägers die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Klägers gegen die streitgegenständlichen Bescheide fest.
Mit Urteil vom 24.01.2007 hat das SG dann den Bescheid der Beklagten vom 23.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2006 dahingehend abgeändert, als die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 01.04. bis zum 30.04.2006 (nur noch) in Höhe von 40,54 Euro und dem Zeitraum vom 01.05. bis zum 31.05.2006 (nur noch) 81,08 Euro zurückgenommen wird. Im Übrigen hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen und die Berufung zugelassen. Durch die von der JVA während des Haftaufenthaltes gewährten Leistungen reduziere sich der Bedarf des Klägers nach dem SGB II, weswegen lediglich eine teilweise Aufhebung der in soweit ursprünglich in voller Höhe gewährten Regelleistung in Betracht komme. Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung der Leistungen sei vorliegend § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 bzw. Nr. 3 SGB X i. V. m. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III. Die durch die JVA gewährte Verpflegungsleistung sei nach dem SGB II anzurechnen. Die Anrechnung erfolge durch § 11 SGB II i. V. m. der Arbeitslosengeld II - Verordnung (Alg II - VO). So seien nach § 2 Abs. 4 Alg II - VO auch Sachleistungen, die der erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalte, zu berücksichtigen. Insoweit seien die in der Sachbezugsverordnung festgesetzten Werte zu berücksichtigen. Die Verpflegung durch die JVA sei somit rechtlich als anrechenbares Einkommen im Sinne des SGB II zu qualifizieren. Die Anrechnung dieses Sacheinkommens führe jedoch entgegen der Ansicht der Beklagten lediglich zur Reduzierung der Hilfebedürftigkeit im Rahmen der nach § 20 SGB II zu gewährenden Regelleistung und nicht zu deren vollständigem Entfallen. Für die Verpflegung des Klägers sei nach § 1 Abs. 1 der Sachbezugsverordnung ein monatlicher Betrag in Höhe von 202,70 Euro anzusetzen. Ausgehend hiervon errechne sich für die 6 Tage Vollverpflegung im April 2006 ein Anrechnungsbetrag in Höhe von 40,54 Euro sowie für die 12 Tage Vollverpflegung im Mai 2006 ein Betrag von 81,08 Euro. Damit seien dem Kläger während der Dauer seiner Untersuchungshaft Sachleistungen der JVA in Höhe von 121,62 Euro zugeflossen. Weitere Sachleistungen, welche von der Regelleistung des § 20 SGB II umfasst sein, habe der Kläger von der JVA nicht erhalten. Insbesondere eine Minderung des Bedarf bzgl. der Kosten für Unterkunft und Heizung komme aufgrund seiner Unterkunft in der JVA nicht in Betracht. Die entsprechende Bewilligungsentscheidung der Beklagten vom 25.04.2006 habe sich damit als von Anfang an in Höhe von 121,62 Euro als unrichtig erwiesen. Diese Überzahlung beruhe auf der Unkenntnis der Beklagten vom Haftantritt des Klägers, welchen dieser der Beklagten nicht rechtzeitig mitgeteilt habe. Sofern der Kläger auf mehrfach versuchte Telefonanrufe am 21.04.2006 verweise, sei dies nicht ausreichend gewesen, da es auch andere Mitteilungswege und -möglichkeiten gegeben habe. Der Kläger habe auch durch seine telefonischen Versuche erkennen lassen, dass er die Mitteilung gegenüber der Beklagten als relevant angesehen habe. Dass der Kläger dann anschließend keine weiteren Versuchen mehr gemacht habe, seinen Haftantritt der Beklagten mitzuteilen, sei als grob fahrlässig anzusehen. Die Höhe der Aufrechnung sei nach der Reduzierung des Aufrechnungsbetrags auf 20 % der Regelleistung gem. § 43 SGB II nicht mehr zu beanstanden. Das Urteil des SG, in dem die Berufung zugelassen wurde, wurde den Klägerbevollmächtigten am 08.02.2007 und der Beklagten am 12.02.2007 zugestellt.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat am 24.02.2007 beim SG Berufung eingelegt, mit der er seinen bisherigen Vortrag wiederholt. Bei § 20 SGB II handele es sich um eine pauschalierte Leistung. Das SGB II lasse eine abweichende Festsetzung der Regelleistung bei einer anderweitigen Deckung eines nach § 20 SGB II maßgebenden Bedarfs nicht zu. Der Umkehrschluss aus § 7 Abs. 4 SGB II ergebe, dass bei einer vollstationären Aufnahme mit einer Dauer von weniger als 6 Monaten eine Leistungseinschränkung nicht vorgenommen werden dürfe. Das SG habe zudem nicht berücksichtigt, dass in der JVA stets nur eine Grundversorgung - jedoch zu überhöhten Preisen - gewährt werde und weitere entstehende Aufwendungen für Zwischenverpflegung und zulässige Genussmittel unberücksichtigt geblieben seien. Wolle man vorliegend die Kürzung zulassen, müsse auch im Falle eines erhöhten Bedarfs die Erhöhung der Regelleistung denkbar sein. Dies sei jedoch durch die pauschale Leistung nach § 20 SGB II ausdrücklich ausgeschlossen. Auf den umfangreichen weiteren Vortrag des Klägerbevollmächtigten wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.01.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.06.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Rechtsauffassung des Klägers sei unzutreffend, da bis zur Änderung des § 7 Abs. 4 SGB II zum 01.08.2007, wonach ein Leistungsausschluss bei Unterbringung in stationären Einrichtungen nach dem SGB II vorliege, davon auszugehen sei, dass Inhaftierte alle für Ihren Lebensunterhalt erforderlichen Leistungen durch die JVA erhielten. Eine Hilfebedürftigkeit nach § 9 Abs. 1 SGB II sei dadurch ausgeschlossen gewesen. Es habe jedoch grundsätzlich ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Unterkunft bestanden, weil diese angefallen seien. Auch die Auffassung des SG, dass die Regelleistung nach Abzug von Einkommen nach der Sachbezugsverordnung zu gewähren sei, werde nicht geteilt, da bereits die Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts lediglich ein Taschengeld in Höhe von 15/100 des Regelsatzes nach § 12 Abs. 1 BSHG als ungedeckten Bedarf während der Untersuchungshaft zugesprochen habe (unter Berufung auf BVerwG, Urteil vom 12.10.1993 - 5 C 38/92 -).
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. SGG zulässige Berufung ist nicht begründet.
Die Gewährung von Arbeitslosengeld II erfolgt durch einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, dessen Aufhebung sich bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse, die bei seinem Erlass herrschten, nach den Voraussetzungen von § 48 SGB X richtet. War der Verwaltungsakt bereits bei seiner Bewilligung rechtswidrig, ist die Rücknahme des Verwaltungsaktes nach den Voraussetzungen des § 45 SGB X zulässig.
Vorliegend ist nach der zutreffenden Ansicht der Beklagten § 48 SGB X und nicht § 45 SGB X einschlägig. Denn die ursprüngliche ungekürzte Bewilligung von Arbeitslosengeld II auch für den vorliegend streitgegenständlichen Zeitabschnitt erfolgte zu einem Zeitpunkt, als weder die Beklagte noch der Kläger von der im April 2006 anstehenden Untersuchungshaft wussten. Demgegenüber ist nicht auf den Zeitpunkt des Bescheides vom 25.04.2006 abzustellen, weil dieser lediglich einen Abhilfebescheid hinsichtlich einer zuvor erfolgten Kürzung der Regelleistung um 30 % darstellt. Zwar wurden dem Kläger durch den Bescheid vom 25.04.2006 wieder 30 % mehr an Regelleistung bewilligt, während ihm anschließend aufgrund des vorliegenden Streitgegenstandes wieder 30 % abgezogen worden sind. Danach könnte der Bescheid vom 25.04.2006 von Anfang an fehlerhaft und § 45 SGB X einschlägig sein, weil zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Bescheides nach Auffassung der Beklagten wieder ein neuer Grund für eine Kürzung um 30 % vorlag. In diesem Zusammenhang ist indes entscheidend, dass der Kürzungsbescheid vom 14.03.2006 trotz seiner sofortigen Vollziehbarkeit nach § 39 SGB II nie bestandskräftig geworden ist und der Änderungsbescheid vom 25.04.2006 lediglich wieder offiziell die Wirkung Bescheides der ursprünglichen Bewilligung im Sinne eines Anerkenntnisses herstellt. Dieser Bescheid hat einzig den Regelungsgehalt, die ungekürzte Bewilligung der Regelleistung, wie sie ursprünglich bereits bewilligt war, wieder anzuerkennen. Insofern ist maßgeblicher Bescheid für die Bewilligung der ungekürzten Regelleistung die ursprüngliche Bewilligung hinsichtlich des Bewilligungsabschnitts Januar bis Juni 2006. Vergleichsmaßstab, ob eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten ist, ist demnach auch nicht lediglich die letzte Behördenentscheidung, sondern die letzte bindend gewordene Behördenentscheidung (Wiesner in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2005, § 48 Rdnr. 7).
Dies ergibt sich zudem auch aus der Überlegung, dass die Rücknahme der Kürzung aus dem Änderungsbescheid vom 25.04.2006 inhaltsgleich nicht deckungsgleich mit dem vorliegenden Streitgegenstand war, da es vorliegend um die Einkommensanrechnung einer Sachleistung und nicht um die Verhängung einer Sanktion geht; beide Kürzungen sind aber in ihren Voraussetzungen im wesentlichen unabhängig voneinander. Danach stellt die vorliegend umstrittene Kürzung der Regelleistung einen Eingriff in die vorige Leistungsbewilligung zu Anfang des Bewilligungsabschnittes Januar bis Juni 2006 dar, woran sich im Hinblick auf die Trennung zwischen § 45 und § 48 SGB X nichts dadurch ändert, dass auch in die Bewilligung vom 25.04.2006 eingegriffen worden ist (vgl. BSG SozR 1300 § 45 Nr. 37; BSG SozR 1300 § 45 Nr. 30).
Nach § 48 Abs. 1 SGB X in der seit dem 01.01.2001 geltenden Fassung ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Nach Absatz 1 Satz 2 der Vorschrift soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, 2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, 3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder 4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Hierbei hat die Beklagte beim Vorliegen der Voraussetzungen von § 48 SGB X kein Ermessen auszuüben, weil § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III in der seit 2005 geltenden Fassung vorsieht, dass beim Vorliegen der in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist.
Gemäß § 19 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erfüllt, weil es nach Auffassung des Senats nicht bezweifelt werden kann, dass der Sachleistungsbezug in einer JVA nach den tatsächlichen Verhältnisses den Zufluss eines wesentlichen Einkommens darstellt, welcher den tatsächlichen Bedarf für die Zeit der Haft reduziert hat. Sofern der Kläger darauf verweist, er hätte mit dem Regelsatz auch anders disponieren können, ist dies wohl nicht zutreffend, da die Teilnahme an der Grundverpflegung in der JVA überwacht wird und von dem Kläger jedenfalls teilweise kaum zu vermeiden gewesen sein dürfte. Außerdem hat der Kläger auch eingeräumt, das Essensangebot der JVA genutzt zu haben, so dass eine tatsächliche Ersparnis an Aufwendungen für die Verpflegung vorliegend unstreitig ist. Andererseits weist das SG zu Recht darauf hin, dass Kosten der Unterkunft in diesem Sinne nicht angerechnet werden können, weil die privaten Unterkunftsaufwendungen bei kurzen Haftaufenthalten wie vorliegend auch weiterhin durchgehend bestritten werden müssen.
Da eine Anrechnung jedenfalls auf die Regelleistung des § 20 SGB II bei dieser Sachlage dem Grunde nach zutreffend ist, ist diese nach Rechtslage im streitgegenständlichen Zeitraum auch vorzunehmen.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der vom 01.10.2005 bis zum 30.06.2006 geltenden Fassung sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen; hiervon ausgenommen sind nur Leistungen nach dem SGB II, die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und die Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.
Einnahmen in Geldeswert sind Sacheinnahmen einschließlich Dienst- und Naturalleistungen, die einen bestimmten, in Geld ausdrückbaren Wert besitzen. Bei diesem Geldwert muss es sich um einen Marktwert handeln, denn nur Leistungen mit einem Marktwert sind geeignet, die aktuelle Hilfebedürftigkeit zu beseitigen. Naturalleistungen wie der Verpflegung während eines stationären Aufenthalts kommt ein solcher Marktwert zu (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 19.06.2007 - L 11 AS 4/07 -). Deswegen ist auch etwa bei einem nur teilstationären Aufenthalt der Wert eines regelmäßig zur Verfügung gestellten Mittagessens nach § 11 SGB II auf die Regelleistung des § 20 SGB II anzurechnen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.07.2007 - L 7 AS 1431/07 -, m.w.N.).
Da das sachwerte Einkommen des Klägers durch die Zunahme von Speisen in der JVA sich nicht als Arbeitseinkommen nach den §§ 1 bis 2 a der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II / Sozialgeld vom 20.10.2004 (Alg II-VO, erlassen aufgrund der Ermächtigung in § 13 SGB II, BGBl I S. 2622; Aichberger 2/10), ist für die Anrechnung die Generalklausel des § 2 b Alg II-VO einschlägig, wonach die Berechnung von sonstigem Einkommen in entsprechender Anwendung des § 2 Alg II-VO wie bei Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit vorzunehmen ist. Eine relevante Ausnahme von der Einkommensabrechnung nach den Regelungen der Alg II-VO liegt hier nicht vor.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Alg II-VO sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Nach Abs. 4 dieser Vorschrift sind Sachleistungen wie vorliegend nach der Sachbezugsverordnung in der jeweils geltenden Fassung zu bewerten; soweit in der Sachbezugsverordnung ein Wert nicht festgesetzt ist, sind die üblichen Mittelpreise des Verbrauchsortes zugrunde zu legen.
Nach der im Jahr 2006 geltenden Sachbezugsverordnung (SachbezVO; BGBl I 1994, S. 3849, zuletzt geändert durch Art. 1 der VO vom 16.12.2005, BGBl I S. 3493) gilt als Wert der zur Verfügung gestellten Verpflegung ein Betrag von monatlich 202,70 Euro, § 1 Abs. 1 SachbezVO. Danach ist der Betrag von monatlich 202,70 Euro anteilig für die Zeit des Aufenthalts des Klägers in der JVA von dem Anspruch auf die Regelleistung abzuziehen, wobei nach § 1 Abs. 3 SachbezVO ein Dreißigstel des genannten Betrags für jeden Tag der Vollverpflegung anzunehmen ist. Auf die zutreffende Berechnung des SG, wonach deswegen insgesamt für die Vollverpflegung in der JVA vom 25.04. bis zum 13.05.2006 ein Betrag von insgesamt 121,62 Euro von der Regelleistung abzuziehen ist, wird Bezug genommen. Weitere Sachbezüge in der JVA sind nicht ersichtlich oder vorgetragen. Von dem durch die Vollverpflegung erzielten Einkommen sind keine Beträge, insbesondere auch nicht die Versicherungspauschale in § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II und § 3 Abs. 1 ALG II-VO in Höhe von 30 Euro abzuziehen, weil diese sich auf ein Brutto-Einkommen (vgl. § 2 Abs. 1 Alg II-VO) beziehen und der Kläger die Vollverpflegung vorliegend "netto", also ohne weitere zwingende oder erforderlich Abzüge, erhalten hat (vgl. aber Bayerisches Landessozialgericht, a.a.O.)
Nach der Vorschrift des § 48 Abs. 1Satz 2 Nr. 3 SGB X kommt es bei der Anrechnung von nachträglich erzieltem Einkommen nicht auf einen subjektiven Tatbestand (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) des Leistungsbeziehers an; die Erzielung des Einkommens führt danach unabhängig davon zur Anrechnung, ob dies dem Arbeitslosen bekannt war oder bekannt sein musste. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass bei der Anwendbarkeit des § 45 SGB X, wie sie das SG vertreten hat, die grobe Fahrlässigkeit des Klägers wohl nicht daraus abgeleitet werden kann, dass der Kläger mehrfach vergeblich versucht hat, die Beklagte telefonisch von seinem Haftantritt zu informieren. Denn diese Versuche der Kontaktaufnahme könnten auch lediglich dazu gedient haben, seine Erreichbarkeit für die Beklagte sicherzustellen. Angesichts der strittigen Rechtslage (s.o.) und der Tatsache, dass sich dem Laien die Anrechnung von JVA-Leistungen nach dem SGB II nicht ohne weiteres aufdrängen dürfte, hat der Senat sogar erhebliche Zweifel daran, ob dem Kläger vorliegend hinsichtlich des zu hohen Leistungsbezugs überhaupt Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfragen zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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