L 4 KR 179/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 47 KR 1333/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 179/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 30. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von 750,00 EUR Behandlungskosten für eine extrakorporale Stoßwellentherapie - ESWT - im Herbst 2005.

Der mittlerweile 80-jährige, schwerbehinderte Kläger, der bei der Beklagten in der KVdR versichert ist, beantragte die Kostenübernahme für diese Therapie am 22.08.2005 zur Behandlung seines Schulter-Arm-Syndroms rechts und wies darauf hin, dass der die Beklagte tragende Betrieb (S.) die entsprechenden Geräte herstelle und vertreibe. Die Beklagte lehnte lt. der Aufzeichnung in ihren Akten am gleichen Tage telefonisch die Kostenübernahme ab und unterrichtete den Kläger zugleich von der Möglichkeit, diese Behandlung im Rahmen eines Studienprojekts im Krankenhaus I. erhalten zu können. Das lehnte der Kläger ab und unterzog sich statt dessen am 30.08.2005 der ersten Behandlung bei Dr.W. , der dann noch zwei weitere am 27.09. und 11.10.2005 folgten. Anlässlich eines weiteren Telefonats vom 08.09.2005, in dem der Kläger eine Stellungnahme von Dr.W. ankündigte, findet sich die Notiz in den Akten der Beklagten, dass der Kläger die besagte Stellungnahme vorlegen werde und anhand derer die Beklagte den Sachverhalt noch einmal prüfen werde. Wörtlich heißt es: "Ich habe ihm aber nichts versprochen." Auf den Wunsch des Klägers, eine schriftliche Entscheidung zu erhalten, erließ dann die Beklagte den ablehnenden Bescheid vom 19.09.2005. Seinen Widerspruch dagegen (kein Eingangsstempel der Beklagten) untermauerte der Kläger mit dem Attest von Dr.W. vom 27.09.2005, worin dieser auf die hohe Erfolgsrate der ESWT hinwies und ankündigte, die Abrechnung nach einer bestimmten GOÄ-Ziffer vornehmen zu wollen. Die Beklagte hielt im Widerspruchsbescheid vom 22.11.2005 an ihrer Weigerung der Kostenübernahme fest, weil es sich bei der ESWT um keine von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringende Leistung handele.

Unter Hinweis, dass die Teilnahme an der empfohlenen klinischen Erprobung wegen des dort angewandten Doppelblindversuches für ihn nicht in Frage gekommen sei und er sich deswegen an Dr.W. gewandt hätte, erhob der Kläger am 01.12.2005 Klage zum Sozialgericht München. Dr.W. berichtete am 24.03.2006 vom guten Erfolg seiner Behandlung, für die er am 15.11.2005 dem Kläger pauschal 750,00 EUR für drei Sitzungen berechnet hatte. Der nunmehr eingeschaltete Klägerbevollmächtigte begründete seinen Klageantrag mit eben diesem Erfolg und der dadurch erreichten Kostenersparnis für die Beklagte.

Dies erachtete das Sozialgericht jedoch nicht als tragfähige Anspruchsgrundlage, so dass es mit Urteil vom 30.05.2006 die Klage abwies. Der konkrete Behandlungserfolg rechtfertige den Erstattungsanspruch nicht, weil die gewählte Methode von vornherein nach den verbindlichen BUB-Richtlinien des Bundesausschusses von der Beklagten nicht zu leisten sei.

Mit dem Vorwurf, die Beklagte verstoße mit ihrer Weigerung gegen das Willkürverbot aus Art.3 Grundgesetz, begründete der Bevollmächtigte die Berufung vom 26.06.2006. Der im Versuchsstadium befindlichen Behandlung im Krankenhaus I., wie sie von der Beklagten angeboten worden sei, habe sich der Kläger nicht unterziehen wollen. Nachdem die Klägerseite im Erörterungstermin vom 16.03.2007 auf drei gewichtige Rechtshindernisse für die gewünschte Zahlung hingewiesen worden ist, hat der Kläger erstmals mit Schreiben vom 12.07.2007 vorgetragen, ein Mitarbeiter der Beklagten habe die Kostenübernahme in einem Telefongespräch bestätigt.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.05.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2005 zu verurteilen, ihm die Kosten für die Stoßwellentherapie in Höhe von 750,00 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragte, die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur weiteren Darstellung des Tatbestandes auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze bzw. der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, deren Wert die Grenze von 500,00 EUR überschreitet, ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG).

In der Sache selbst ist sie jedoch unbegründet. Wie das Sozialgericht ausführlich und zutreffend unter Bezugnahme auf die ergangene Rechtspechung dargelegt hat, besitzt der Kläger keinen Anspruch auf die geforderte Zahlung von 750,00 EUR.

Als allein in Betracht kommende Anspruchsgrundlage regelt § 13 Abs.3 SGB V derartige Erstattungsfälle dahin, dass grundsätzlich eine Erstattung nur für solche Leistungen in Betracht kommt, die von den Krankenkassen ihren Versicherten im Bedarfsfall als Sachleistung geschuldet werden. Dazu zählt die ESWT wenigstens bislang nicht. Auf die Ausführungen dazu, wie auch auf die bezüglich des Ausschlusses eines sog. "Systemversagens" im Urteil des Sozialgerichts nimmt der Senat Bezug im Sinne von § 153 Abs.2 SGG. Es liegt für die beim Kläger angewandte Therapie unter der Nr.23 der Anlage B der sog. BUB-Richtlinien ein ausdrücklicher Ausschlusstatbestand vor, an den die Beklagte gebunden ist. Das auch vom Sozialgericht angeführte Urteil des BSG vom 27.09.2005 - B 1 KR 28/03 R (abgedruckt in Kurzform SCb 05, S.637) stellt dies unmissverständlich klar. Die Klägerseite hat sich damit nicht auseinandergesetzt.

Wie dem Klägerbevollmächtigten im Erörterungstermin bereits versucht worden war, klar zu machen, scheitert die Forderung auch an weiteren Gründen. Das ist einmal die mangelnde Kausalität zwischen Weigerung der Beklagten und der In-Anspruch-Nahme einer außervertraglichen Leistung. Dazu ist auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu verweisen, z.B. das zuletzt ergangene Urteil vom 14.12.2006 B 1 KR 8/06 R, abgedruckt in Kurzform Beil. Leistungen 07, 199, wonach feststeht, dass eine Erstattung für eine selbst beschaffte Leistung nur dann verlangt werden kann, wenn die Krankenkasse zuvor über den Leistungsantrag entschieden hat. Anhand der oben aufgezeigten Daten steht fest, dass der Kläger sich vor Erlass der ausdrücklich von ihm erbetenen förmlichen Entscheidung bereits entschlossen hatte, die Therapie bei Dr.W. durchzuführen, indem er dort am 30.08.2005 sich erstmalig einer Behandlung unterzog. Dazu ist anzumerken, dass aus dem Wunsch auf förmliche Bescheiderteilung zu folgen ist, dass der Kläger sich gerade nicht darüber sicher war, bereits eine wirksame Zusage erhalten zu haben.

Schließlich scheitert ein Erstattungsanspruch auch daran, dass die Krankenkasse nicht für Kosten aufzukommen hat, die den Versicherten für ärztliche Leistung unter Missachtung der Vorschriften der GOÄ in Rechnung gestellt werden (so BSG vom 23.07.1998 SozR 3-2500 § 13 Nr.17, fortgeführt am 28.03.2000 unter Nr.21, a.a.O.). Der Kläger war keinem rechtswirksamen Vergütungsanspruch von Dr.W. ausgesetzt gewesen, den ihm nun die Kasse erstatten müsste (vgl. auch BSG vom 27.03.2007 - B 1 KR 25/06, abgedruckt in Leistungen, Beil. 07 S.265).

Die bestrittenen Ausführungen des Klägers über eine verbindliche Zusage, selbst wenn man sie entgegen den oben geäußerten Zweifeln als wahr unterstellt, vermögen ebenfalls keinen Zahlungsanspruch auszulösen. Diese erstmals im Berufungsverfahren vorgetragene "Bestätigung" ließe sich als Zusicherung im Sinne von § 34 SGB X deuten, an die die Beklagte gebunden sein könnte. Um aber rechtswirksam zu sein, müsste sie schriftlich erfolgt sein, was nicht der Fall ist, wie die Nachfrage ergeben hat. Aus dem Vorschlag, hier an einem Klinikversuch teilzunehmen, weil eine Kostenübernahme so, wie der Kläger sie begehrt, nicht möglich ist, ergeben sich gleichfalls keine rechtserheblichen Folgen.

In welcher Art und Weise die Beklagte verfassungsrechtlich geschützte Rechte des Klägers verletzt haben könnte, ist nicht ersichtlich.

Angesichts des Verfahrensausgangs besteht kein Anlass, dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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