L 3 B 1102/06 R PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 19 R 882/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 B 1102/06 R PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 20. Juni 2006 aufgehoben. Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt J S gewährt.

Gründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§ 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 127 Abs. 2 S. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)) und begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Prozesskostenhilfe.

Nach § 73 a Abs. 1 SGG i. V. m. den §§ 114 ff ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Der Rechtsstreit, in dem der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung begehrt, bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg. Für die Bejahung der Erfolgsaussicht ist keine Erfolgsgewissheit erforderlich, es genügt eine Erfolgswahrscheinlichkeit. Dabei dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht den Standpunkt des Antragstellers auf Grund seiner Angaben und der von ihm vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält. Die Erfolgsaussicht ist in der Regel immer gegeben, wenn das Gericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder eine andere Beweiserhebung von Amts wegen für notwendig hält (vgl. Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 8. A. 2005, § 73 a RN 7a m. w. N.). Dabei ist maßgeblicher Zeitpunkt der Prüfung der Erfolgsaussicht der der Entscheidungsreife des Antrags. Eine solche Erfolgsaussicht bestand hier, denn der Entlassungsbericht der Landesklinik Eberswalde vom 21. Februar 2006 gibt Anlass, das qualitative und quantitative Leistungsvermögen des Klägers im Hinblick auf die dort dokumentierten psychischen Leiden durch einen medizinischen Sachverständigen abklären zu lassen. Das Sozialgericht hat deshalb, wie sich aus dem angefochtenen Beschluss ergibt, zutreffend die Notwendigkeit einer gerichtlichen Beweiserhebung bejaht und ist insoweit auch der Auffassung des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten gefolgt.

Der arbeitslose Kläger ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts auch bedürftig gewesen. Nach Abzug seines Mietanteils, der Pauschale nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 ZPO und seines Anteils an der Darlehenstilgung von dem Arbeitslosengeld verbleibt kein einsetzbares Einkommen. Die Einkommensverhältnisse haben sich seitdem auch nicht wesentlich gebessert, wie der Kläger bestätigt hat. Er hat auch keinen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gemäß § 1360 a Abs. 4 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegen seine Ehefrau. Ein solcher im Rahmen der Prozesskostenhilfe nach § 115 Abs. 3 ZPO als Vermögen zu berücksichtigender Anspruch besteht nur, wenn der Rechtsstreit eine persönliche Angelegenheit des berechtigten Ehegatten betrifft und der andere - unterhaltspflichtige - Ehegatte hinreichend leistungsfähig ist.

Das Begehren des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ist eine persönliche Angelegenheit, die unter die Vorschusspflicht fällt. Ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen seine Ehefrau besteht hier jedoch deshalb nicht, weil diese selbst nicht leistungsfähig ist. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten muss nicht in allen Einzelheiten geprüft werden, vielmehr ist eine Pauschalierung möglich. Das Recht zur Pauschalierung führt dazu, dass ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss entfällt, wenn der Unterhaltsverpflichtete bei Führung des Rechtsstreits selbst Anspruch auf Prozesskostenhilfe hätte. Dies gilt auch dann, wenn er die Kosten in Form einer Ratenzahlung im Ergebnis tragen müsste (Beschluss des BSG vom 07. Februar 1994 - 9/9a RVg 4/92 -, abgedruckt in SozR 3-1750 § 115 Nr. 1; Beschlüsse des LSG Berlin vom 10. Mai 2004 - L 17 RJ 78/01 - und vom 14. Juli 2004 - L 3 B 10/04 U - ; Kalthoener/Büttner, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. A. 2005, RN 371 m. w. N.).

Die Ehefrau des Klägers hätte Anspruch auf Prozesskostenhilfe, wenn sie den Prozess als eigenen führen würde. Sie bezieht ein monatliches Einkommen in Höhe von 1542,60 EUR, das sich zusammensetzt aus Erwerbseinkommen in Höhe von 165,00 EUR und Arbeitslosengeld in Höhe von 1377,60 EUR. Davon abzusetzen waren ein Betrag von 34,14 EUR Kfz-Haftpflichtversicherung für den von ihr auch beruflich genutzten Skoda, 16,59 EUR für die Hausratversicherung und 5,93 EUR für die Rechtsschutzversicherung sowie der Erwerbsfreibetrag von 173,00 EUR nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 b ZPO, der Freibetrag von 380,00 EUR nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 a ZPO und die auf sie entfallenden Mietkosten in Höhe von 275,00 EUR. Als besondere Belastungen sind die Abzahlungsverpflichtungen der Ehefrau des Klägers für den Skoda von 277,38 EUR monatlich und die Hälfte der monatlichen Raten für den Allzweckkredit, die 48,60 EUR ausmacht, zu berücksichtigen. Damit verbleibt ein einzusetzendes Einkommen von 331,96 EUR. Diese Verhältnisse haben sich im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nicht wesentlich im Sinne des § 120 Abs. 4 ZPO geändert. Zwar haben sich die Freibeträge nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 b und Nr. 2 a ZPO ab 01. Juli 2007 geringfügig auf 174,00 EUR und 382,00 EUR erhöht, so dass ab diesem Zeitpunkt ein einzusetzendes Einkommen von 328,96 EUR verbleibt. Eine Änderung für die Prozesskostenhilfebewilligung ergibt sich daraus aber nicht. Denn die sich aus der in § 115 Abs. 2 ZPO aufgeführten Tabelle ergebende Monatsrate beträgt bei einem bis zu 350,00 EUR einzusetzenden Einkommen 115,00 EUR. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil ein Fall des § 115 Abs. 4 ZPO vorliegt, wonach Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen ist, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen. Dies ist bereits nach der Berechnung des Sozialgerichts, das eine Mittelgebühr als angemessen unterstellt und Kosten von 545,20 EUR ermittelt hat, nicht der Fall. Denn die vier Monatsraten in Höhe von insgesamt 460,00 EUR (4 x 115,00 EUR) würden zur Deckung der Anwaltskosten nicht ausreichen, wenn die Ehefrau des Klägers den Prozess als eigenen führen würde. Der Kläger verfügt deshalb über kein einsetzbares Vermögen, weshalb ihm unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 20. Juni 2006 Prozesskostenhilfe für die Durchführung des sozialgerichtlichen Verfahrens ohne Ratenzahlung zu bewilligen ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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