L 15 B 282/07 SO

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 88 SO 1632/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 B 282/07 SO
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. Oktober 2007 geändert. Der Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin zur Hälfte zu erstatten. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die Hälfte der Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin bewohnte seit 1. Februar 2003 Räume in einer therapeutischen Wohngemeinschaft. Der monatliche Mietzins einschließlich der Vorauszahlungen für Heizkosten betrug 413,71 EUR. Der Beklagte gewährte ihr ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt, seit Januar 2005 laufend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Dabei wurde jeweils die Rente der Klägerin aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Einkommen angerechnet. Forderungen des Vermieters der Klägerin auf Nachzahlungen von Heizkosten, welche auf den nachträglich erstellten Abrechnungen über die Heizkosten beruhten, führten jeweils zur Bewilligung "einmaliger Beihilfen" seitens des Beklagten. Am 7. November 2005 wurde die Klägerin in eine stationäre Einrichtung aufgenommen, zum selben Zeitpunkt endete das Mietverhältnis in der therapeutischen Wohngemeinschaft. Die Beklagte bewilligte der Klägerin ab diesem Zeitpunkt unter anderem Hilfe zum Lebensunterhalt (später wieder: Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung). Am 30. Januar 2007 beantragte die Klägerin die Übernahme der Heizkosten aus der Abrechnung vom 13. Dezember 2006 für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Oktober 2005 in Höhe von 65,85 EUR. Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 2. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. April 2007, dem Bevollmächtigten der Klägerin zugegangen am 2. Mai 2007, ab. Bei der Nachzahlung handele es sich um eine Schuldverbindlichkeit, die bei der Berechnung des Kostenbeitrages nicht berücksichtigt werden könne, da ein über die Hilfe zum Lebensunterhalt hinausgehendes Einkommen nicht zur Verfügung stehe. Mit Schreiben vom 19. April 2007 teilte der Beklagte der Klägerin ergänzend mit, dass derzeit geprüft werde, ob der geforderte Betrag aus anderen bewirtschafteten Mitteln übernommen werden könne. Mit Schreiben vom 2. Mai 2007, abgesandt am 29. Mai 2007, teilte der Beklagte der Betreuerin der Klägerin mit, dass die geforderten 68,65 EUR aus den Mitteln der M-K-Stiftung übernommen würden. Am 4. Juni 2007 erhob die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 2. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. April 2007. Auf Anregung des Gerichts nahm sie die Klage im September 2007 zurück und beantragte, dem Beklagten die (außergerichtlichen) Kosten aufzuerlegen. Durch Beschluss vom 22. Oktober 2007 hat das Sozialgericht entschieden, dass die Beteiligten einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten haben. Die Beklagte habe die Klage auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Überweisung des begehrten Geldbetrages nicht schuldhaft veranlasst. Zum einen habe es sich nicht um ein Anerkenntnis gehandelt, zum anderen bestand auf die begehrte Leistung kein Rechtsanspruch. Denn es habe sich um eine Schuldverbindlichkeit in bezug auf eine nicht mehr bewohnte Wohnung gehandelt. Die Gewährung einer einmaligen Beihilfe nach § 31 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) sei von vornherein nicht in Betracht gekommen, einen Antrag auf ein Darlehen nach § 42 Satz 2 in Verbindung mit § 37 SGB XII habe die Klägerin nicht gestellt. Mit ihrer Beschwerde macht die Klägerin geltend, dass die Klage im Zeitpunkt der Erledigungserklärung Erfolg gehabt hätte. Auf die Übernahme der nachzuzahlenden Heizkosten habe die Klägerin einen Rechtsanspruch gehabt.

II.

Die Beschwerde ist teilweise begründet. Die Verteilung der Kosten richtet sich – wie das Sozialgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat – im sozialgerichtlichen Verfahren nach pflichtgemäßen Ermessen, wobei vor allem zu berücksichtigen ist, welchen Ausgang der Rechtsstreit im Zeitpunkt seiner Erledigung voraussichtlich genommen hätte, ergänzend aber auch, wer Anlass für die Anrufung der Gerichte gegeben hat (s. etwa BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 2). Das Sozialgericht hat in seiner Ermessensentscheidung nicht alle zu berücksichtigenden Umstände zutreffend gewichtet. Abgesehen davon, dass die von ihm angestellten Erwägungen eher dem Gesichtspunkt der Erfolgsaussicht zuzuordnen sein dürfte, kann nicht festgestellt werden, dass die Klage ohne Erfolg geblieben wäre. Ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt ihr noch nicht allein deswegen, weil die Klägerin "im Ergebnis" die von ihr begehrte Leistung erhalten hat. Der Geldbetrag, der der begehrten Leistung entspricht, ist ihr aus den Mittel einer Stiftung zugewandt worden, auf die sie keinen Rechtsanspruch hatte. Durch derartige Zuwendungen darf aber nicht der Rechtsschutz gegen Verwaltungshandeln verkürzt werden. Angesichts dessen ist für die Frage, ob ein Rechtsschutzbedürfnis vorliegt, nicht das durch die Zuwendung der Stiftungsmittel bewirkte "Ergebnis" maßgebend, sondern die Beschwer durch einen belastenden Verwaltungsakt.

In der Sache war im Zeitpunkt der Erledigung des Rechtsstreits offen, ob die Klägerin den begehrten Anspruch nach materiellem Recht gehabt hätte. Hierzu wird die vom Sozialgericht und dem Beklagten vertretene Auffassung, es handele sich bei einer Heizkosten-Nachzahlung um eine Schuldforderung, ebenso vertreten wie die von der Klägerin zu ihren Gunsten vorgetragene, ohne dass gegenwärtig eine Meinung als die eindeutig vorherrschende bezeichnet werden könnte (s. zum Diskussionsstand – bezogen auf die vergleichbare Rechtslage im Sozialgesetzbuch Zweites Buch [SGB II] – stellvertretend SG Duisburg, Beschluss vom 02. Oktober 2007 – S 10 AS 136/07 ER, Bayerisches LSG, Beschluss vom 30. April 2007 – L 7 B 59/07 AS PKH; SG Lüneburg, Beschluss vom 12. Februar 2007 – S 25 AS 43/07 ER; beachte auch BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 4: Auch einmalige Ausgaben aus Anlass der Beheizung von Wohnraum – dort Kauf von Brennmaterial – können begrifflich "Heizkosten" sein). Vor diesem Hintergrund ist es nicht gerechtfertigt, die Kostenlast allein bei der Klägerin zu belassen. Vielmehr ist mit Blick auf den offenen Ausgang eine Teilung der Kosten angemessen. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 193 SGG. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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