L 1 R 1017/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 35 RA 4547/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 1017/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller beziehungsweise teilweiser Minderung der Erwerbsfähigkeit.

Sie ist 1950 geboren und absolvierte nach der mittleren Reife und dem Besuch der Handelsschule eine Ausbildung zur Verwaltungsangestellten. Vom 11. Januar 1969 bis 30. September 1976 arbeitete sie als Verwaltungsangestellte beim Landratsamt A. Später wanderte sie in die USA aus. Von August 1988 an arbeitete sie in einem Restaurant als Kellnerin und Barkeeperin. Am 11. Februar 2003 erlitt sie einen schweren Unfall, bei dem die linke Hand durchschnitten wurde. Seither ist sie arbeitsunfähig. Am 10. März 2003 hatte die Klägerin auch noch einen Verkehrsunfall. Der rechte Fuß wurde operiert und zweimal genagelt.

Mit dem am 4. April 2003 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben beantragte die Klägerin (zunächst formlos) eine Berufsunfähigkeitsrente. Diese holte Befundberichte ein. Nach einem orthopädisches Befund (Summary Report of the Orthopaedic Consultation) vom 22. November 2003 kann die Klägerin gelegentlich 20 Pfund schwere Gegenstände und zehn Pfund schwere regelmäßig heben. Sie könne an einem 8-Stunden-Tag mit angemessenen Pausen bis zu acht Stunden gehen und sitzen. Ferner könne sie sich regelmäßig beugen und kauern. Die funktionalen Anforderungen hinsichtlich Greifens mit der linken Hand und Mobilität der Finger sollten jedoch reduziert sein. Nach dem Befundbericht vom 20.Dezember 2003 hingegen sei die Klägerin noch bis Ende des Jahres (2003) arbeitsunfähig gewesen und könne nichts Schwereres als zwei Pfund anheben (" restrictions: no lifting over 2 LBS." (=0,91 kg).

Die Beklagte lehnte den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung und teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit mit Bescheid vom 4. Februar 2004 ab.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Die Beeinträchtigung der linken Hand sei so groß, dass sie weder eine Bürotätigkeit als Verwaltungsfachangestellte ausüben noch als Serviererin arbeiten könne.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 6. Juli 2004 zurück. Ausschlaggebend für die Prüfung der Erwerbsfähigkeit sei der zuletzt in Deutschland versicherungspflichtig ausgeübte Beruf der Verwaltungsangestellten. Jeder am deutsch-amerikanischen Sozialversicherungsabkommen (DASVA) beteiligte Versicherungsträger habe nach seinen eigenen Rechtsvorschriften über einen Anspruch auf Rentenleistung zu entscheiden. Eine positive Entscheidung des einen Versicherungsträgers (hier Leistungen wegen disability in den USA) könne für den anderen Versicherungsträger (hier die Beklagte) lediglich ein Indiz sein.

Hiergegen richte sich die Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG). Die Klägerin hat darin ihr außergerichtliches Vorbringen wiederholt und ergänzend vorgebracht, sie könne nicht mehr auf den Beruf der Verwaltungsangestellten verwiesen werden. Sie habe diesen aufgegeben. Sie leide auch an Schwindelanfällen, Migräne, Kreislaufstörungen und Herzbeschwerden.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. Juni 2005 abgewiesen. Die Klägerin sei nicht berufsunfähig im Sinne des § 240 Sozialgesetzbuch 6. Buch (SGB VI). Bisheriger Beruf im Sinne dieser Vorschrift sei hier der der Verwaltungsfachangestellten. Entscheidend sei der Versicherungsschutz, den die Klägerin durch Zahlung von Pflichtbeiträgen an die deutsche Rentenversicherung erworben habe (Bezugnahme auf LSG Berlin, Urteil vom 10. April 2003 – L 8 RA 17/98). Unerheblich sei die Zahlung freiwilliger Beiträge. Diese seien grundsätzlich nicht geeignet, einen Versicherungsschutz gegen den Eintritt einer Erwerbsminderung zu begründen. Der Klägerin sei eine Tätigkeit als Büro- oder kaufmännische Hilfskraft oder als Registrierkraft "zumutbar" im Sinne des § 240 SGB VI. Die Büroarbeiten gehörten zu den körperlich leichtesten Tätigkeiten, die es auf dem Arbeitsmarkt gäbe. Sie würden überwiegend im Sitzen verrichtet, ließen jedoch jederzeit den Wechsel der Haltungsarten zu. Büroarbeiten am Schreibtisch zwängen nicht dazu, ständig zu sitzen. Sie würden zwar überwiegend sitzend verrichtet, böten aber typischerweise auch die Möglichkeit, zwischendurch aufzustehen und umherzugehen. Erfahrungsgemäß führe der organisatorisch bedingte Arbeitsablauf zu einem Haltungswechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen. Durch den Wechsel der Körperhaltungen ließen sich Zwangshaltungen vermeiden. Arbeiten in gebückter Körperhaltung wie auch Arbeiten mit schwerem Heben und Tragen fielen regelmäßig nicht an. Eine solche Tätigkeit könne die Klägerin im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Es sei rechtswidrig, wenn bei im Ausland lebenden deutschen Staatsbürgern nicht die aktuell ausgeübte berufliche Situation berücksichtigt werde. Sie sei entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung nicht mehr in der Lage, auch nur einige Stunden pro Tag zu arbeiten, schon gar nicht als Verwaltungsfachangestellte. Seit dem Unfall im Februar 2003 sei ihre linke Hand nicht mehr einsetzbar. Sie habe dort wenig Gefühl, sodass ihr das Greifen und Festhalten von Gegenständen nicht möglich sei. Sie ist der Auffassung, aufgrund der medizinischen Feststellungen könne sie lediglich Tätigkeiten als Aufseherin, Pförtnerin oder ähnliches verrichten. Arbeitsplätze mit Eingruppierungen nach Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes (TVÖD) erforderten hingegen heutzutage Computerfertigkeit, welche sie aufgrund der Einschränkungen an der linken Hand nicht bewältigen könne. Gleiches gelte für die Arbeit am Empfangsbereich, zumal sie nicht länger stehen und sich auch nicht bücken oder Akten in der Hocke einsortieren könne oder ähnliches. Auf so genannte Schonarbeitsplätze dürfe sie nicht verwiesen werden. Die Kniebeschwerden hätten sich jüngst deutlich verschlimmert (Verweis auf die Radiological Consultation des H vom 8. Juni 2007 über eine vorgenommene MRT des linken Knies).

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 9. Juni 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 6. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie geht von einer Beeinträchtigung der Klägerin aus, wie sich diese aus dem Befundbericht vom 22. November 2003 ergebe, welchen sie in einer Übersetzung dem wesentlichen Inhalt nach beigefügt hat. Selbst unter Berücksichtigung reduzierter Wahrnehmungen und der Greifkraft in der linken Hand könne die Klägerin eine Verweisungstätigkeit, zum Beispiel als Mitarbeiterin am Empfang oder an Informationsstellen in der Vergütungsgruppe VIII BAT in öffentlichen Verwaltungen bzw. eine Verweisungstätigkeit nach der Entgeltgruppe 3 Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes in öffentlichen Verwaltungen oder vergleichbaren Institutionen ausüben, wie zum Beispiel Ein- und Ausgangsbeobachtung, Erteilung von Auskünften, Ausgabe von Informationsbroschüren, Formularen, Besucherausweisen, telefonische Besucheranmeldung, Entgegennahme von Schlüsseln, Sorgetragen für Ordnung und Sauberkeit im Foyer. Diese Tätigkeit erfordere regelmäßig keine volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände wie auch keine Hebe- und Tragebelastungen über fünf Kilogramm. Sie beruft sich hierzu auf ein berufskundliches Gutachten des Sachverständigen L vom 10. November 2003 im Gerichtsverfahren Landessozialgericht Niedersachsen - Bremen L 1 RA 142/03 zum Beruf einer "Hostess in einer öffentlichen Verwaltung". Ihr berufskundlicher Dienst hat ferner eine fachliche Stellungnahme vom 18. Juni 2007 verfasst. Danach könne die Klägerin bei ihren Beeinträchtigungen bei einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten eine Tätigkeit am Empfang oder in der Information einer öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. Solche Tätigkeiten würden im TVÖD mit der Entgeltgruppe 3, der ehemaligen Vergütungsgruppe BAT VIII beziehungsweise VII bewertet.

Der behandelnde Rheumatologe hat am 4. Mai 2006 (Eingangsstempel) bei der Klägerin beidseitige Osteoarthritis der Kniee sowie eine eingeschränkt funktionsfähige linke Hand attestiert. Deren normale Funktionsfähigkeit werde nie mehr hergestellt werden können.

Im Auftrag des Senats hat die Fachärztin für Orthopädie/Rheumatologie Dr. N aus A ein Sachverständigengutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattet, nachdem sie die Klägerin am 19. Januar 2007 untersucht hat. Dabei sei die Griffstärke der linken Hand circa hälftig gegenüber rechts eingeschränkt. Es bestünden keine Sensibilitätsstörungen. An den Langfingern bestehe ein Streckdefizit, der Faustschluss links sei nicht vollständig möglich. Es bestehe auch ein mäßiges Abspreizdefizit des Daumens. Der Spitzgriff sei mit allen Fingern möglich. Röntgenologisch zeige die linke Hand außer einer leichten Minderung der Knochendichte einen alters entsprechenden Befund. Sie gelangt zu den Diagnosen Funktionsbehinderung der linken Hand nach schwerer Abrissverletzung sowie Minderbelastbarkeit beider Kniegelenke bei Aufbraucherscheinungen. Die Klägerin sei zu schweren und ständig mittelschweren Tätigkeiten nicht in der Lage. Bürotätigkeiten könne sie verrichten, soweit diese nur einen teilweisen Einsatz der linken Hand erforderten. Sie könne keine Arbeiten ausschließlich im Gehen und Stehen verrichten, im Knien und in der Hocke sowie mit Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten. Sie könne keine Tätigkeiten verrichten, die eine volle Einsatzfähigkeit der linken Hand bezüglich Greiffähigkeit, Schnelligkeit der Funktion und Umgang durch hitzegefährdende Gegenstände erforderten. Zum Beispiel sei eine Akkord- oder Fließbandarbeit, die den Einsatz der linken Hand erfordere, nicht möglich. Ein festgelegter Arbeitsrhythmus sei jedoch durchaus zumutbar. Heben und Tragen von Lasten sei aufgrund der Minderfunktion der linken Hand und der Aufbraucherscheinungen der Kniegelenke über fünf Kilo nicht möglich. Nicht möglich seien Arbeiten, die Fingergeschicklichkeit links erforderten und eine vermehrte Belastbarkeit der Beine. Arbeiten am Computer könnten nur verrichtet werden, falls keine besondere Schnelligkeit erforderlich sei und der Computer mit der rechten Hand bedient werden könne. Die Leistungseinschränkungen seien qualitativ, jedoch nicht quantitativ. Die übliche Arbeitszeit von acht Stunden sei erbringbar. Eine Tätigkeit im Restaurant als Bedienung oder Barkeeperin sei nur unter drei Stunden täglich möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zutreffend abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und weitere beitragsbezogene Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Nach § 43 Abs. 1 i.V.m. der Vertrauen schützenden Vorschrift des § 240 SGB VI besteht ferner Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei älteren Versicherten, die -wie die Klägerin- vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, wenn sie berufsunfähig sind. Gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI liegt Berufsunfähigkeit vor bei Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstä¬tigkeit zugemutet werden können. Nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit voll¬schichtig ausüben kann. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist dabei nicht zu berücksichtigen.

Eine Rente wegen teilweiser, geschweige denn voller Erwerbsminderung, scheidet danach aus, weil die Klägerin noch acht Stunden täglich in einem ihr zumutbaren Beruf arbeiten könnte:

Das SG hat bereits zutreffend ausgeführt, dass "bisheriger Beruf" im oben genannten Sinne hier der von der Klägerin zuletzt in Deutschland ausgeübte Beruf der Verwaltungsfachangestellten ist und nicht der in Kalifornien ausgeübte der Kellnerin beziehungsweise Barkeeperin. Beschäftigungen, die nicht in der europäischen Gemeinschaft oder in einem dem europäischen Wirtschaftsraum angehörigen Staaten ausgeübt wurden, sind für die Bestimmung des bisherigen Berufes unbeachtlich (so bereits Bundessozialgericht [BSG] U. vom 25.06.1980 - 1 RA 63/79BSGE 50, 165 ff mit umfangreichen Erwägungen). Anderes könnte nur aufgrund spezieller zwischenstaatlicher Vereinbarungen gelten. Es müsste hier also in einem völkerrechtlichen Abkommen zwischen den USA und Deutschland eine spezielle Regelung vereinbart sein. Ein solches Abkommen gibt es jedoch nicht (vergleiche für das dem Sozialversicherungsabkommen mit den USA entsprechende Deutsch-Schweizerische Sozialversicherungsabkommen: BSGE 83, 192 ff). Unmaßgeblich ist ferner, dass die Klägerin freiwillige Beiträge entrichtet hat. Bisheriger Beruf ist nur die versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit (BSG NZS 1994, 82 ff).

Zur Feststellung der Wertigkeit des bisherigen Berufes und der Möglichkeit der Verweisung auf andere Tätigkeiten sind in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Arbeiter- und die Angestelltenberufe in Gruppen eingeteilt worden (Mehrstufenschema, vgl. BSGE 59, 249, 251 zu den Angestelltenberufen; BSGE 68, 277, 279 zu den Arbeiterberufen). Bei der Einord¬nung in die einzelnen Gruppen und bei der Stufenbildung wird grundsätzlich im Ansatz die zur Erreichung einer bestimmten beruflichen Qualifikation normalerweise erforderliche Ausbil¬dung zugrunde gelegt. Sozial zumutbar ist grundsätzlich die Verweisung auf eine Tätigkeit, die als eine Stufe unter der Stufe, welcher der bislang ausgeübte Beruf zugehörig ist, einzuordnen ist. Das SG ist ebenfalls bereits zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin eine Tätigkeit als büro- oder kaufmännische Hilfskraft oder Registraturkraft zumutbar und möglich wäre. Die Beklagte hat in ihrer fachkundlichen Stellungnahme überzeugend ausgeführt, dass die Klägerin nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten eine Tätigkeit im Empfang oder der Information einer öffentlichen Verwaltung ausüben könnte. Als Ausgebildete (Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren) ist ihr ganz allgemein ein Verweis auf eine -eine Stufe tiefer angesiedelte- Anlerntätigkeit zumutbar (vergleiche BSG, Urteil vom 12.09.1991 – 5 RJ 34/09 – SozR3 – 2200 § 1246 Nr. 17 zur Verweisbarkeit einer Zahntechnikerin auf die Tätigkeit einer Telefonistin nach Vergütungsgruppe VIII BAT entsprechend Entgeltgruppe 3 TVÖD).

Eine Tätigkeit im Empfang könnte die Klägerin auch mit ihren gesundheitlichen und körperlichen Beeinträchtigungen – insbesondere der linken Hand – jedenfalls derzeit noch ausüben. Wie bereits die Ärzte in Kalifornien festgestellt haben und wie ebenfalls bereits der erstinstanzlichen gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegt, leidet sie an einer Funktionsbehinderung der linken Hand und an einer Kniegelenksarthrose. Sie kann (als Rechtshändlerin) keine Tätigkeiten ausüben, die einen vollen Einsatz der linken Hand bezüglich Greiffähigkeit und Fingergeschicklichkeit erfordern oder das Heben und Tragen von Lasten. Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin seit der Untersuchung durch die Sachverständige ist nicht ersichtlich, so dass eine weitere Begutachtung nicht erforderlich erscheint. Der Bericht über das MRT vom 8. Juni 2007 bestätigt allerdings (nur) die bekannte schwere Osteoathritis, zeigt allerdings keine daraus resultierenden, über die Feststellungen der Sachverständigen Dr. N hinausgehenden Beeinträchtigungen auf. So ist insbesondere bis heute nicht von möglicher Wegeunfähigkeit auszugehen.

Mit den festgestellten Beeinträchtigungen ist zur Überzeugung des Senats der Klägerin eine Tätigkeit in Empfangseinrichtungen der öffentlichen Verwaltung möglich, wie sie in Deutschland fast überall geschaffen worden sind. Deren Aufgabe ist es, den Besuchern die Orientierung zu erleichtern, eine Vorklärung des Anliegens zu ermöglichen und eine zielgerechte Weiterleitung der Besucher zu ermöglichen. Es handelt sich um eine leichte körperliche Tätigkeit, die ohne schweres Heben und Tragen auskommt. Sie wird überwiegend im Sitzen, aber gelegentlich auch im Stehen ausgeübt. Zwangshaltungen beschränken sich auf das Nachschlagen in Telefonverzeichnissen oder ähnlichem. Ein empfohlener Wechsel der Körperhaltung ist selbstbestimmt möglich (vergleiche das eingeführte berufskundliche Gutachten des Sachverständigen L vom 10. November 2003). Bei den PC-Tätigkeiten in einem Empfang handelt es sich nicht um Arbeiten als Sekretärin, bei welcher beidhändiges Arbeiten erforderlich wäre (vergleiche die eingeführte berufskundliche Stellungnahme der Beklagten vom 18. Juni 2007).

Da die Klägerin demnach noch vollschichtig in einem ihr zumutbaren Beruf arbeiten kann, scheitert auch ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI sowie wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI. Dass ihr vor den Unfällen nicht bewusst gewesen ist, trotz ihrer freiwilligen Versicherung für den Fall der Erwerbsminderung nur sehr eingeschränkt abgesichert zu sein, kann und darf nicht berücksichtigt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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