Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 9 (3) AL 196/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 AL 210/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 23.09.2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der am 00.00.1942 geborene Kläger verfolgt mit der Berufung sein Begehren weiter, ihm ab dem 01.06.2004 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines höheren Bemessungsentgelts zu zahlen.
Der Kläger war zuletzt vom 01.05.1997 bis zum 28.02.2003 bei der T beschäftigt. Am 19.03.2001, geändert mit Vereinbarung vom 24.04.2001, schloss er mit seinem Arbeitgeber eine Vereinbarung zur Altersteilzeit, wonach das bestehende Arbeitsverhältnis ab dem 01.03.2001 als Altersteilzeitverhältnis mit hälftiger Wochenarbeitszeit fortgeführt wurde und am 28.02.2003 endete. Nach diesem Vertrag wurde das Arbeitsentgelt auf einen Mindestnettobetrag von 70 % des bisherigen Arbeitsentgelts aufgestockt. Zusätzliche Beiträge zur Rentenversicherung mindestens in Höhe des Beitrages, der auf den Unterschiedsbetrag zwischen 90 % des bisherigen Arbeitsentgelts und dem Arbeitsentgelt für die Altersteilzeit entfällt, höchstens jedoch bis zu 90 % der Beitragsbemessungsgrenze, waren hiernach zu entrichten (Nr. 3.2 bis 3.4 der Vereinbarung vom 19.03.2001 bzw. Nr. 3.2, 3.3 und 3.5 der Vereinbarung vom 24.04.2001). Nach der Verdienstbescheinigung der T vom 17.03.2003 erzielte der Kläger vom 01.03.2001 bis zum 28.02.2003 ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von 23.044,04 Euro.
Am 03.03.2003 meldete er sich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Gemäß der letzten Auskunft der seinerzeitigen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) als Rentenversicherungsträger vom 20.04.2004 konnte der Kläger einen Anspruch auf Altersrente bereits ab dem 01.06.2004 geltend machen (Altersrente wegen Arbeitslosigkeit). Die Rentenminderung hätte bei diesem Rentenbeginn 10,8 % betragen. Vor Vollendung des 65. Lebensjahres konnte der Kläger nach einer weiteren Auskunft der BfA nicht abschlagsfrei in Rente gehen.
Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin zunächst ab dem 01.03.2003 Arbeitslosengeld nach einem abgerundetem (831,99 Euro) Bemessungsentgelt von 830 Euro wöchentlich. Mit Bescheid vom 23.03.2004 und die Zeit ab dem 01.06.2004 betreffendem Änderungsbescheid vom 23.04.2004 gem. § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) minderte die Beklagte ab dem 01.06.2004 für die Restanspruchsdauer von 346 Kalendertagen das wöchentliche Bemessungsentgelt auf 440 Euro (23.044,04 Euro Bruttoarbeitsentgelt in den letzten 12 Monaten der Beschäftigung: 52 Wochen = 441,46 Euro, gerundet 440 Euro; vgl. Bl. 128 der Verwaltungsakte), weil der Kläger nach Auskunft der BfA ab diesem Zeitpunkt die geminderte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit beanspruchen könne.
Hiergegen legte der Kläger am 06.04.2004 Widerspruch ein und meinte, die Absenkung sei auch nicht über § 10 Abs. 1 Satz 2 Altersteilzeitgesetz (AltTZG) zu rechtfertigen, weil hiermit nur die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer abschlagsfreien Rente gemeint sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2004, zugestellt am 07.05.2004, als nach Erteilung des Änderungsbescheides vom 23.04.2004 unbegründet zurück. § 10 Abs. 1 AltTZG sei bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes zu beachten, weil der Kläger in dem einjährigen Bemessungszeitraum Altersteilzeitarbeit geleistet und Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG erhalten habe. Sobald er Rente wegen Alters in Anspruch nehmen könne, sei das Bemessungsentgelt nach dem tatsächlich erzielten Bruttoarbeitsentgelt im Bemessungszeitraum zu berechnen. Änderungsbescheide würden mit diesem Tag wirksam (§ 10 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AltTZG). Hieraus ergebe sich ab dem 01.06.2004 ein wöchentliches Bemessungsentgelt von abgerundet 440 Euro.
Hiergegen hat der Kläger am 04.06.2004 Klage erhoben mit dem Begehren, ihm weiter Arbeitslosengeld nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 831,99 Euro zu zahlen. Die Herabsetzung des Bemessungsentgelts beruhe auf § 131 Abs. 2 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Diese Vorschrift sei erst mit Wirkung vom 01.01.2002 und damit nachdem er die Vereinbarung über Altersteilzeit unterzeichnet habe eingefügt worden. Dennoch ordne § 434 d Abs. 3 SGB III eine Geltung des § 131 Abs. 2 SGB III in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung nur für vor dem 01.01.2002 entstandene Ansprüche auf Arbeitslosengeld an. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, diese Vorschriften verletzten seinen Vertrauensschutz und seien damit verfassungswidrig. In § 434 d SGB III hätten seiner Meinung nach auch Arbeitnehmer geschützt werden müssen, die vor dem 01.01.2002 eine Vereinbarung über Altersteilzeit geschlossen haben.
Die Beklagte hat die angefochtenen Bescheide weiterhin als rechtmäßig angesehen.
Mit Urteil vom 23.09.2005, dem Kläger zugestellt am 08.11.2005, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG greife auch dann, wenn nur die Möglichkeit bestehe, eine geminderte Rente in Anspruch zu nehmen. Die Spezialregelung des § 10 AltTZG gehe auch § 131 SGB III vor, so dass die Frage der Verfassungswidrigkeit des § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III nicht entscheidungserheblich sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 07.12.2005., mit der er vorträgt: Das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 15.12.2005 (Az.: B 7a AL 30/05 R) entschieden, dass § 131 Abs. 2 Nr. 2 SGB III vor der ab dem 01.01.2002 erfolgten Änderung auf Teilzeitvereinbarungen nach dem Altersteilzeitgesetz anwendbar gewesen sei. Diese Privilegierung sei ab dem 01.01.2002 beseitigt worden und gelte gem. § 434 d SGB III nur für vor dem 01.01.2002 entstandene Ansprüche auf Arbeitslosengeld fort. Die ab dem 01.01.2002 geltende Neuregelung in § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III sei verfassungswidrig. Es handele sich um eine unechte Rückwirkung. Die Regelung nehme einen entwertenden Eingriff in seine Anwartschaft auf Arbeitslosengeld vor, mit der er nicht habe rechnen müs-sen. Die Vertrauensschutzregelung des § 434 d SGB III sei ebenfalls nicht ausreichend.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.03.2004 in der Fassung des die Zeit ab dem 01.06.2004 betreffenden Änderungsbescheides vom 23.04.2004 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 06.05.2004 zu verurteilen, ihm für die Restanspruchs- dauer von 346 Kalendertagen über den 31.05.2004 hinaus Arbeitslosengeld nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 830 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Recht zutreffend angewandt zu haben. Bis zur vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundessozialgericht habe auch kein Vertrauenstatbestand entstehen können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakte des Sozialgerichts Detmold zu Az.: S 9 (3) AL 335/03 und der ebenfalls beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Mit dem gem. § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 23.03.2004 gewordenen Änderungsbescheid vom 23.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2004 hat die Beklagte das der Berechnung des dem Kläger ab dem 01.06.2004 zu zahlenden Arbeitslosengeldes zu Grunde zu legende Bemessungsentgelt mit wöchentlich 440 Euro korrekt berechnet, weshalb die angefochtenen Bescheide nach Maßgabe des einfachen Rechts rechtmäßig sind (1.). Hierin liegt auch kein Verstoß gegen Verfassungsrecht (2.).
1. Ausgangspunkt für die Bemessung des Arbeitslosengeldes ist nach § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III in seiner bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (BGBl. I, Seite 1983) das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallene Entgelt, das der Beitragserhebung nach dem SGB III zu Grunde gelegen hat. Hierbei umfasst der Bemessungsrahmen gem. § 130 Abs. 1 SGB III das letzte Jahr der versicherungspflichtigen Beschäftigung vor Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld.
Teilweise modifiziert wird diese Regelung durch § 10 AltTZG dann, wenn ein Arbeitnehmer Altersteilzeit nach § 2 AltTZG geleistet und ihm ein Arbeitgeber Leistungen gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG erbracht hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger hat vom 01.03.2001 bis zum 28.02.2003 Altersteilzeit im Sinne des § 2 AltTZG geleistet und sein Arbeitgeber hat gem. Nr. 3.2 - 3.4 bzw. Nr. 3.2, 3.3 und 3.5 der Altersteilzeitvereinbarung vom 19.03.2001 in ihrer Fassung vom 24.04.2001 Leistungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG erbracht.
Folge ist, dass für die - hier nicht streitigen - Zeiten des Leistungsbezuges bis zum 31.05.2004 dem Kläger bei der Berechnung des Bemessungsentgelts die Privilegierung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG zu Gute kommt. Diese Regelung ist gegenüber § 131 Abs. 2 Nr. 2 SGB III spezieller, weshalb dem zum 01.01.2002 eingefügten § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III (BGBl. I 2001, Seite 3443) im Verhältnis zu § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG nur deklaratorische Bedeutung zukommt (BSG, Urteil vom 15.12.2005, Az.: B 7a AL 30/05 R, Rn. 13).
Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG gilt obige Begünstigung allerdings nur solange, bis der Arbeitslose eine Rente wegen Alters beanspruchen kann. Kann er eine solche Rente beanspruchen, ist allein das tatsächlich erzielte Bruttoarbeitsentgelt im nach § 130 Abs. 1 SGB III maßgeblichen Zeitraum für die Berechnung des Bemessungsentgelts von Bedeutung. Hiermit sind nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O., Rn. 14 m.w.N.), der sich der Senat nach eigener Überprüfung anschließt, auch Altersrenten gemeint, die nur unter Inkaufnahme eines Abschlags vorzeitig in Anspruch genommen werden können. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck der Bestimmung lassen ein anderes Verständnis zu. Zu Recht hat somit die Beklagte bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG auf den Tag abgestellt, ab dem der Kläger erstmalig unter Inkaufnahme von Abschlägen Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Anspruch nehmen konnte. Dies war der 01.06.2004.
Allerdings wurde für die von § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG erfassten Arbeitnehmer mit der Einführung des § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III nicht nur eine deklaratorische Regelung getroffen. Vielmehr wurde hiermit erstmals die durch den Aufschubtatbestand des § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III bewirkte Privilegierung von Altersteilzeitarbeitnehmern, die die Voraussetzungen für eine Altersrente erfüllen, beseitigt (BSG, a.a.O., Rn. 15, m.w.N.,). Lediglich für Empfänger von Arbeitsentgelt, die bereits vor dem 01.01.2002 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld im Sinne eines Stammrechts erworben hatten, wurde die dargestellte Privilegierung nicht beseitigt. Vielmehr enthält für diesen Personenkreis § 434 d Abs. 3 SGB III eine Bestandsschutzregelung (BSG, a.a.O., Rn. 16).
Diese Bestandsschutzregelung kommt dem Kläger nicht zu Gute, weil er einen Anspruch auf Arbeitslosengeld im Sinne eines Stammrechts bis zum 31.12.2001 nicht erworben hatte. Dies würde nämlich die Erfüllung der Voraussetzungen des § 118 Abs. 1 Nrn. 1 - 3 SGB III bedingen (vgl. Spellbrink in Eicher/Spellbrink, Rn. 30 zu § 118 SGB III). Bis zum 31.12.2001 hatte sich der Kläger aber weder arbeitslos gemeldet, noch war er tatsächlich arbeitslos.
Deshalb bleiben, weil Anhaltspunkte für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers weder vorgetragen noch dem Senat ersichtlich sind, wegen § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums die Zeiten der Altersteilzeitbeschäftigung des Klägers nicht außer Betracht.
Konsequenz ist, dass die Beklagte ab dem 01.06.2004 sich für die Bemessung des Arbeitslosengeldes nach § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III in seiner bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung an dem im Bemessungszeitraum vom Kläger erzielten, durchschnittlich auf die Woche entfallenden Entgelt, das der Beitragserhebung nach dem SGB III zu Grunde gelegen hat, zu orientieren hat. Hierbei umfasst der Bemessungsrahmen gem. § 130 Abs. 1 SGB III das letzte Jahr der versicherungspflichtigen Beschäftigung vor Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, also - weil Zeiten der Altersteilzeit eben nicht nach § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III außer Betracht bleiben - die Zeit vom 01.03.2001 bis zum 28.02.2003.
In diesem Zeitraum hat der Kläger ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von 23.044,04 Euro erzielt. Dieses ist für die Berechnung des Bemessungsentgelts durch die Zahl der Wochen zu teilen, für die es im Bemessungszeitraum gezahlt worden ist (§ 132 Abs. 2 Satz 1 in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung). Der Bemessungszeitraum beträgt 1 Jahr, also 52,2 Wochen, so dass das Bruttoarbeitsentgelt von 23.044,04 Euro durch 52,2 Wochen zu teilen ist, was ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 441,46 Euro ergibt. Dieser Betrag wiederum ist gem. § 132 Abs. 3 SGB III auf 440 Euro abzurunden. Nach Maßgabe des einfachen Rechts sind die Bescheide rechtmäßig. Der Änderungsbescheid ist gem. § 10 Abs. 1 Satz 3 AltTZG ergangen.
2.
Es liegt auch kein Verstoß gegen Verfassungsrecht vor. Zu Unrecht sieht der Kläger in § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III einen Verstoß gegen das Vertrauensschutzprinzip im Rahmen unechter Rückwirkung dadurch, dass er die Vereinbarung über Altersteilzeit im März/April 2001 noch im Vertrauen auf die alte, ihm günstigere Rechtslage - vor Inkrafttreten des § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III - geschlossen habe und meint, er habe nicht mit dem durch diese Vorschrift bewirkten entwertenden Eingriff in seiner Anwartschaft auf Arbeitslosengeld rechnen müssen.
§ 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III kommt unechte Rückwirkung zu. Diese entfaltet eine Vorschrift dann, wenn sie auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirkt und damit die betroffene Rechtsposition entwertet (BVerfGE 101, 239 (263)). Eine solche Rechtsposition ist die Anwartschaft des Klägers auf das ab dem 01.03.2003 bezogene Arbeitslosengeld. Den Erwerb von Anwartschaftsrechten auf Arbeitslosengeld regelt in Erweiterung der §§ 123, 124 SGB III der § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB III (vgl. Spellbrink, a.a.O., Rn. 27 zu § 127 SGB III). Ein solches Anwartschaftsrecht hat der Kläger mit seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der T vom 01.05.1997 bis zum 28.02.2003 erworben. Diese Rechtsposition hatte der Kläger auch bereits bei Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung inne. Da nach der bereits zitierten Rechtsprechung des BSG (a.a.O, Rn. 15) für die von § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG erfassten Arbeitnehmer - also auch für den Kläger - mit der Einfügung des Satzes 2 in § 131 Abs. 2 SGB III zum 01.01.2002, also nach Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung, die durch den Aufschubtatbestandes § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bewirkte Privilegierung bei der Höhe des Arbeitslosengeldes für Zeiten, in denen Altersrente beansprucht werden kann, beseitigt wurde, wirkt diese Regelung auch auf einen für den Kläger mit dem Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung begonnen, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ein und beinhaltet deswegen eine unechte Rückwirkung zum Nachteil des Klägers.
Die unechte Rückwirkung von Gesetzen ist innerhalb sachlicher Grenzen zulässig. Dabei sind die schutzwürdigen Interessen des betroffenen Personenkreises und die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit gegeneinander abzuwägen (BVerfGE 97, 67 (79 f.)).
Diese Abwägung ergibt, dass die durch § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III bewirkte unechte Rückwirkung zulässig ist.
Dieser Vorschrift liegt folgende Überlegung zu Grunde: Arbeitnehmer, die mit ihrem Arbeitgeber eine Arbeitteilzeitvereinbarung nach dem AltTZG getroffen haben, sind bei Arbeitslosigkeit für Zeiten vor dem frühestmöglichen Rentenbeginn durch die Sonderregelung des § 10 Abs. 1 AltTZG vor Nachteilen bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes geschützt. Sie erhalten Arbeitslosengeld auf der Grundlage des Arbeitsentgelts, dass sie erzielt hätten, wenn sie ihre Arbeitszeit nicht im Rahmen der Altersteilzeit vermindert hätten. Insoweit bedarf es der Sonderregelung des § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III nicht. Arbeitnehmer, die sich entschließen, nach Ablauf der Altersteilzeit - entgegen dem Grundgedanken des AltTZG und der Altersteilzeitförderung - keine Rente wegen Alters in Anspruch zu nehmen, sondern Arbeitslosengeld zu beantragen, sollen bei der Bemessung der Leistungen für Zeiten nach einem möglichen Rentenbeginn jedoch nicht privilegiert werden (BT-Drs. 14/6944, Seite 36, zu Nr. 34 d).
Damit ist die Einfügung des § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III von sachlichen Erwägungen getragen, die zur Überzeugung des Senats die dadurch bewirkte unechte Rückwirkung rechtfertigen. Nur wer sich entsprechend dem Grundgedanken der Altersteilzeit verhält und nach ihrem Ende zum frühestmöglichen Zeitpunkt Rente in Anspruch nimmt, ist insoweit schutzwürdig, als er beanspruchen kann, für Zeiten vor dem frühestmöglichen Rentenbeginn keine leistungsmäßigen Nachteile in der Arbeitslosenversicherung zu erleiden. Indem der Kläger sich nicht entsprechend verhalten hat und statt der nunmehr möglichen Altersrente weiterhin Arbeitslosengeld beantragt, ist seine Schutzwürdigkeit in Folge der Privilegierung über § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG entfallen. Die durch § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB II bewirkte unechte Rückwirkung begegnet daher keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Aus den bereits dargestellten Gründen war der Gesetzgeber auch nicht gehalten, § 434 d Abs. 3 Satz 3 SGB III anders zu formulieren. Er war insbesondere nicht gehalten, sich am Datum der Altersteilzeitvereinbarung zu orientieren, sondern durfte an den Beginn des laufenden Bezuges von Arbeitslosengeld anknüpfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzung für eine Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der am 00.00.1942 geborene Kläger verfolgt mit der Berufung sein Begehren weiter, ihm ab dem 01.06.2004 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines höheren Bemessungsentgelts zu zahlen.
Der Kläger war zuletzt vom 01.05.1997 bis zum 28.02.2003 bei der T beschäftigt. Am 19.03.2001, geändert mit Vereinbarung vom 24.04.2001, schloss er mit seinem Arbeitgeber eine Vereinbarung zur Altersteilzeit, wonach das bestehende Arbeitsverhältnis ab dem 01.03.2001 als Altersteilzeitverhältnis mit hälftiger Wochenarbeitszeit fortgeführt wurde und am 28.02.2003 endete. Nach diesem Vertrag wurde das Arbeitsentgelt auf einen Mindestnettobetrag von 70 % des bisherigen Arbeitsentgelts aufgestockt. Zusätzliche Beiträge zur Rentenversicherung mindestens in Höhe des Beitrages, der auf den Unterschiedsbetrag zwischen 90 % des bisherigen Arbeitsentgelts und dem Arbeitsentgelt für die Altersteilzeit entfällt, höchstens jedoch bis zu 90 % der Beitragsbemessungsgrenze, waren hiernach zu entrichten (Nr. 3.2 bis 3.4 der Vereinbarung vom 19.03.2001 bzw. Nr. 3.2, 3.3 und 3.5 der Vereinbarung vom 24.04.2001). Nach der Verdienstbescheinigung der T vom 17.03.2003 erzielte der Kläger vom 01.03.2001 bis zum 28.02.2003 ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von 23.044,04 Euro.
Am 03.03.2003 meldete er sich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Gemäß der letzten Auskunft der seinerzeitigen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) als Rentenversicherungsträger vom 20.04.2004 konnte der Kläger einen Anspruch auf Altersrente bereits ab dem 01.06.2004 geltend machen (Altersrente wegen Arbeitslosigkeit). Die Rentenminderung hätte bei diesem Rentenbeginn 10,8 % betragen. Vor Vollendung des 65. Lebensjahres konnte der Kläger nach einer weiteren Auskunft der BfA nicht abschlagsfrei in Rente gehen.
Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin zunächst ab dem 01.03.2003 Arbeitslosengeld nach einem abgerundetem (831,99 Euro) Bemessungsentgelt von 830 Euro wöchentlich. Mit Bescheid vom 23.03.2004 und die Zeit ab dem 01.06.2004 betreffendem Änderungsbescheid vom 23.04.2004 gem. § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) minderte die Beklagte ab dem 01.06.2004 für die Restanspruchsdauer von 346 Kalendertagen das wöchentliche Bemessungsentgelt auf 440 Euro (23.044,04 Euro Bruttoarbeitsentgelt in den letzten 12 Monaten der Beschäftigung: 52 Wochen = 441,46 Euro, gerundet 440 Euro; vgl. Bl. 128 der Verwaltungsakte), weil der Kläger nach Auskunft der BfA ab diesem Zeitpunkt die geminderte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit beanspruchen könne.
Hiergegen legte der Kläger am 06.04.2004 Widerspruch ein und meinte, die Absenkung sei auch nicht über § 10 Abs. 1 Satz 2 Altersteilzeitgesetz (AltTZG) zu rechtfertigen, weil hiermit nur die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer abschlagsfreien Rente gemeint sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2004, zugestellt am 07.05.2004, als nach Erteilung des Änderungsbescheides vom 23.04.2004 unbegründet zurück. § 10 Abs. 1 AltTZG sei bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes zu beachten, weil der Kläger in dem einjährigen Bemessungszeitraum Altersteilzeitarbeit geleistet und Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG erhalten habe. Sobald er Rente wegen Alters in Anspruch nehmen könne, sei das Bemessungsentgelt nach dem tatsächlich erzielten Bruttoarbeitsentgelt im Bemessungszeitraum zu berechnen. Änderungsbescheide würden mit diesem Tag wirksam (§ 10 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AltTZG). Hieraus ergebe sich ab dem 01.06.2004 ein wöchentliches Bemessungsentgelt von abgerundet 440 Euro.
Hiergegen hat der Kläger am 04.06.2004 Klage erhoben mit dem Begehren, ihm weiter Arbeitslosengeld nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 831,99 Euro zu zahlen. Die Herabsetzung des Bemessungsentgelts beruhe auf § 131 Abs. 2 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Diese Vorschrift sei erst mit Wirkung vom 01.01.2002 und damit nachdem er die Vereinbarung über Altersteilzeit unterzeichnet habe eingefügt worden. Dennoch ordne § 434 d Abs. 3 SGB III eine Geltung des § 131 Abs. 2 SGB III in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung nur für vor dem 01.01.2002 entstandene Ansprüche auf Arbeitslosengeld an. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, diese Vorschriften verletzten seinen Vertrauensschutz und seien damit verfassungswidrig. In § 434 d SGB III hätten seiner Meinung nach auch Arbeitnehmer geschützt werden müssen, die vor dem 01.01.2002 eine Vereinbarung über Altersteilzeit geschlossen haben.
Die Beklagte hat die angefochtenen Bescheide weiterhin als rechtmäßig angesehen.
Mit Urteil vom 23.09.2005, dem Kläger zugestellt am 08.11.2005, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG greife auch dann, wenn nur die Möglichkeit bestehe, eine geminderte Rente in Anspruch zu nehmen. Die Spezialregelung des § 10 AltTZG gehe auch § 131 SGB III vor, so dass die Frage der Verfassungswidrigkeit des § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III nicht entscheidungserheblich sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 07.12.2005., mit der er vorträgt: Das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 15.12.2005 (Az.: B 7a AL 30/05 R) entschieden, dass § 131 Abs. 2 Nr. 2 SGB III vor der ab dem 01.01.2002 erfolgten Änderung auf Teilzeitvereinbarungen nach dem Altersteilzeitgesetz anwendbar gewesen sei. Diese Privilegierung sei ab dem 01.01.2002 beseitigt worden und gelte gem. § 434 d SGB III nur für vor dem 01.01.2002 entstandene Ansprüche auf Arbeitslosengeld fort. Die ab dem 01.01.2002 geltende Neuregelung in § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III sei verfassungswidrig. Es handele sich um eine unechte Rückwirkung. Die Regelung nehme einen entwertenden Eingriff in seine Anwartschaft auf Arbeitslosengeld vor, mit der er nicht habe rechnen müs-sen. Die Vertrauensschutzregelung des § 434 d SGB III sei ebenfalls nicht ausreichend.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.03.2004 in der Fassung des die Zeit ab dem 01.06.2004 betreffenden Änderungsbescheides vom 23.04.2004 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 06.05.2004 zu verurteilen, ihm für die Restanspruchs- dauer von 346 Kalendertagen über den 31.05.2004 hinaus Arbeitslosengeld nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 830 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Recht zutreffend angewandt zu haben. Bis zur vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundessozialgericht habe auch kein Vertrauenstatbestand entstehen können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakte des Sozialgerichts Detmold zu Az.: S 9 (3) AL 335/03 und der ebenfalls beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Mit dem gem. § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 23.03.2004 gewordenen Änderungsbescheid vom 23.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2004 hat die Beklagte das der Berechnung des dem Kläger ab dem 01.06.2004 zu zahlenden Arbeitslosengeldes zu Grunde zu legende Bemessungsentgelt mit wöchentlich 440 Euro korrekt berechnet, weshalb die angefochtenen Bescheide nach Maßgabe des einfachen Rechts rechtmäßig sind (1.). Hierin liegt auch kein Verstoß gegen Verfassungsrecht (2.).
1. Ausgangspunkt für die Bemessung des Arbeitslosengeldes ist nach § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III in seiner bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (BGBl. I, Seite 1983) das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallene Entgelt, das der Beitragserhebung nach dem SGB III zu Grunde gelegen hat. Hierbei umfasst der Bemessungsrahmen gem. § 130 Abs. 1 SGB III das letzte Jahr der versicherungspflichtigen Beschäftigung vor Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld.
Teilweise modifiziert wird diese Regelung durch § 10 AltTZG dann, wenn ein Arbeitnehmer Altersteilzeit nach § 2 AltTZG geleistet und ihm ein Arbeitgeber Leistungen gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG erbracht hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger hat vom 01.03.2001 bis zum 28.02.2003 Altersteilzeit im Sinne des § 2 AltTZG geleistet und sein Arbeitgeber hat gem. Nr. 3.2 - 3.4 bzw. Nr. 3.2, 3.3 und 3.5 der Altersteilzeitvereinbarung vom 19.03.2001 in ihrer Fassung vom 24.04.2001 Leistungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG erbracht.
Folge ist, dass für die - hier nicht streitigen - Zeiten des Leistungsbezuges bis zum 31.05.2004 dem Kläger bei der Berechnung des Bemessungsentgelts die Privilegierung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG zu Gute kommt. Diese Regelung ist gegenüber § 131 Abs. 2 Nr. 2 SGB III spezieller, weshalb dem zum 01.01.2002 eingefügten § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III (BGBl. I 2001, Seite 3443) im Verhältnis zu § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG nur deklaratorische Bedeutung zukommt (BSG, Urteil vom 15.12.2005, Az.: B 7a AL 30/05 R, Rn. 13).
Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG gilt obige Begünstigung allerdings nur solange, bis der Arbeitslose eine Rente wegen Alters beanspruchen kann. Kann er eine solche Rente beanspruchen, ist allein das tatsächlich erzielte Bruttoarbeitsentgelt im nach § 130 Abs. 1 SGB III maßgeblichen Zeitraum für die Berechnung des Bemessungsentgelts von Bedeutung. Hiermit sind nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O., Rn. 14 m.w.N.), der sich der Senat nach eigener Überprüfung anschließt, auch Altersrenten gemeint, die nur unter Inkaufnahme eines Abschlags vorzeitig in Anspruch genommen werden können. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck der Bestimmung lassen ein anderes Verständnis zu. Zu Recht hat somit die Beklagte bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG auf den Tag abgestellt, ab dem der Kläger erstmalig unter Inkaufnahme von Abschlägen Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Anspruch nehmen konnte. Dies war der 01.06.2004.
Allerdings wurde für die von § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG erfassten Arbeitnehmer mit der Einführung des § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III nicht nur eine deklaratorische Regelung getroffen. Vielmehr wurde hiermit erstmals die durch den Aufschubtatbestand des § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III bewirkte Privilegierung von Altersteilzeitarbeitnehmern, die die Voraussetzungen für eine Altersrente erfüllen, beseitigt (BSG, a.a.O., Rn. 15, m.w.N.,). Lediglich für Empfänger von Arbeitsentgelt, die bereits vor dem 01.01.2002 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld im Sinne eines Stammrechts erworben hatten, wurde die dargestellte Privilegierung nicht beseitigt. Vielmehr enthält für diesen Personenkreis § 434 d Abs. 3 SGB III eine Bestandsschutzregelung (BSG, a.a.O., Rn. 16).
Diese Bestandsschutzregelung kommt dem Kläger nicht zu Gute, weil er einen Anspruch auf Arbeitslosengeld im Sinne eines Stammrechts bis zum 31.12.2001 nicht erworben hatte. Dies würde nämlich die Erfüllung der Voraussetzungen des § 118 Abs. 1 Nrn. 1 - 3 SGB III bedingen (vgl. Spellbrink in Eicher/Spellbrink, Rn. 30 zu § 118 SGB III). Bis zum 31.12.2001 hatte sich der Kläger aber weder arbeitslos gemeldet, noch war er tatsächlich arbeitslos.
Deshalb bleiben, weil Anhaltspunkte für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers weder vorgetragen noch dem Senat ersichtlich sind, wegen § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums die Zeiten der Altersteilzeitbeschäftigung des Klägers nicht außer Betracht.
Konsequenz ist, dass die Beklagte ab dem 01.06.2004 sich für die Bemessung des Arbeitslosengeldes nach § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III in seiner bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung an dem im Bemessungszeitraum vom Kläger erzielten, durchschnittlich auf die Woche entfallenden Entgelt, das der Beitragserhebung nach dem SGB III zu Grunde gelegen hat, zu orientieren hat. Hierbei umfasst der Bemessungsrahmen gem. § 130 Abs. 1 SGB III das letzte Jahr der versicherungspflichtigen Beschäftigung vor Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, also - weil Zeiten der Altersteilzeit eben nicht nach § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III außer Betracht bleiben - die Zeit vom 01.03.2001 bis zum 28.02.2003.
In diesem Zeitraum hat der Kläger ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von 23.044,04 Euro erzielt. Dieses ist für die Berechnung des Bemessungsentgelts durch die Zahl der Wochen zu teilen, für die es im Bemessungszeitraum gezahlt worden ist (§ 132 Abs. 2 Satz 1 in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung). Der Bemessungszeitraum beträgt 1 Jahr, also 52,2 Wochen, so dass das Bruttoarbeitsentgelt von 23.044,04 Euro durch 52,2 Wochen zu teilen ist, was ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 441,46 Euro ergibt. Dieser Betrag wiederum ist gem. § 132 Abs. 3 SGB III auf 440 Euro abzurunden. Nach Maßgabe des einfachen Rechts sind die Bescheide rechtmäßig. Der Änderungsbescheid ist gem. § 10 Abs. 1 Satz 3 AltTZG ergangen.
2.
Es liegt auch kein Verstoß gegen Verfassungsrecht vor. Zu Unrecht sieht der Kläger in § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III einen Verstoß gegen das Vertrauensschutzprinzip im Rahmen unechter Rückwirkung dadurch, dass er die Vereinbarung über Altersteilzeit im März/April 2001 noch im Vertrauen auf die alte, ihm günstigere Rechtslage - vor Inkrafttreten des § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III - geschlossen habe und meint, er habe nicht mit dem durch diese Vorschrift bewirkten entwertenden Eingriff in seiner Anwartschaft auf Arbeitslosengeld rechnen müssen.
§ 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III kommt unechte Rückwirkung zu. Diese entfaltet eine Vorschrift dann, wenn sie auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirkt und damit die betroffene Rechtsposition entwertet (BVerfGE 101, 239 (263)). Eine solche Rechtsposition ist die Anwartschaft des Klägers auf das ab dem 01.03.2003 bezogene Arbeitslosengeld. Den Erwerb von Anwartschaftsrechten auf Arbeitslosengeld regelt in Erweiterung der §§ 123, 124 SGB III der § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB III (vgl. Spellbrink, a.a.O., Rn. 27 zu § 127 SGB III). Ein solches Anwartschaftsrecht hat der Kläger mit seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der T vom 01.05.1997 bis zum 28.02.2003 erworben. Diese Rechtsposition hatte der Kläger auch bereits bei Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung inne. Da nach der bereits zitierten Rechtsprechung des BSG (a.a.O, Rn. 15) für die von § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG erfassten Arbeitnehmer - also auch für den Kläger - mit der Einfügung des Satzes 2 in § 131 Abs. 2 SGB III zum 01.01.2002, also nach Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung, die durch den Aufschubtatbestandes § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bewirkte Privilegierung bei der Höhe des Arbeitslosengeldes für Zeiten, in denen Altersrente beansprucht werden kann, beseitigt wurde, wirkt diese Regelung auch auf einen für den Kläger mit dem Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung begonnen, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ein und beinhaltet deswegen eine unechte Rückwirkung zum Nachteil des Klägers.
Die unechte Rückwirkung von Gesetzen ist innerhalb sachlicher Grenzen zulässig. Dabei sind die schutzwürdigen Interessen des betroffenen Personenkreises und die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit gegeneinander abzuwägen (BVerfGE 97, 67 (79 f.)).
Diese Abwägung ergibt, dass die durch § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III bewirkte unechte Rückwirkung zulässig ist.
Dieser Vorschrift liegt folgende Überlegung zu Grunde: Arbeitnehmer, die mit ihrem Arbeitgeber eine Arbeitteilzeitvereinbarung nach dem AltTZG getroffen haben, sind bei Arbeitslosigkeit für Zeiten vor dem frühestmöglichen Rentenbeginn durch die Sonderregelung des § 10 Abs. 1 AltTZG vor Nachteilen bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes geschützt. Sie erhalten Arbeitslosengeld auf der Grundlage des Arbeitsentgelts, dass sie erzielt hätten, wenn sie ihre Arbeitszeit nicht im Rahmen der Altersteilzeit vermindert hätten. Insoweit bedarf es der Sonderregelung des § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III nicht. Arbeitnehmer, die sich entschließen, nach Ablauf der Altersteilzeit - entgegen dem Grundgedanken des AltTZG und der Altersteilzeitförderung - keine Rente wegen Alters in Anspruch zu nehmen, sondern Arbeitslosengeld zu beantragen, sollen bei der Bemessung der Leistungen für Zeiten nach einem möglichen Rentenbeginn jedoch nicht privilegiert werden (BT-Drs. 14/6944, Seite 36, zu Nr. 34 d).
Damit ist die Einfügung des § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB III von sachlichen Erwägungen getragen, die zur Überzeugung des Senats die dadurch bewirkte unechte Rückwirkung rechtfertigen. Nur wer sich entsprechend dem Grundgedanken der Altersteilzeit verhält und nach ihrem Ende zum frühestmöglichen Zeitpunkt Rente in Anspruch nimmt, ist insoweit schutzwürdig, als er beanspruchen kann, für Zeiten vor dem frühestmöglichen Rentenbeginn keine leistungsmäßigen Nachteile in der Arbeitslosenversicherung zu erleiden. Indem der Kläger sich nicht entsprechend verhalten hat und statt der nunmehr möglichen Altersrente weiterhin Arbeitslosengeld beantragt, ist seine Schutzwürdigkeit in Folge der Privilegierung über § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG entfallen. Die durch § 131 Abs. 2 Satz 2 SGB II bewirkte unechte Rückwirkung begegnet daher keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Aus den bereits dargestellten Gründen war der Gesetzgeber auch nicht gehalten, § 434 d Abs. 3 Satz 3 SGB III anders zu formulieren. Er war insbesondere nicht gehalten, sich am Datum der Altersteilzeitvereinbarung zu orientieren, sondern durfte an den Beginn des laufenden Bezuges von Arbeitslosengeld anknüpfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzung für eine Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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