Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 1404/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 2214/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 31. März 2006 sowie der Bescheid der Beklagten vom 19. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2003 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 11. November 1998 bis 10. Februar 1999 Insolvenzgeld zu gewähren.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen trägt die Beklagte.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Insolvenzgeld (InsG) hat.
Der am 1958 geborene Kläger war bis zum 10.02.1999 als Kraftfahrer bei der Firma H. Fahrzeugtransporte GmbH in B. (im folgenden: AG) versicherungspflichtig beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und AG wurde nicht geschlossen. Mündlich war zwischen dem Kläger und AG eine pauschale Arbeitsvergütung von monatlich brutto 3.200,00 DM und ein arbeitstäglicher Spesenersatz von netto 46,00 DM bei Inlandstouren und von netto 78,00 DM bei Auslandstouren vereinbart. Für November 1998 und Januar 1999 erhielt der Kläger die vertraglich vereinbarte Regelvergütung ausbezahlt, für Dezember 1998 und Februar 1999 nicht. Ein Ersatz von Spesen steht dem Kläger noch für die Zeit von November 1998 bis Februar zu, und zwar wie folgt: für November 1998 noch 584,00 DM, für Dezember 1998 noch 970,00 DM, für Januar 1999 noch 784,00 DM und vom 01.02. bis 10.02.1999 noch 316,00 DM. Da er noch ausstehenden Lohn für die letzten Monate seines Arbeitsverhältnisses beanspruchte, erhob er vor dem Arbeitsgericht Ulm Klage gegen AG, der das Arbeitsgericht mit einem am 04.05.1999 ergangenen Versäumnisurteil (Bl. 4 der Akte der Beklagten) stattgab (AZ: 1 Ca 153/99). Ein an das Amtsgericht Ulm gerichteter Sachpfändungsauftrag seiner Prozessbevollmächtigten vom 31.05.1999 blieb erfolglos. Mit Schreiben seiner Anwälte vom 17.11.1999 beantragte der Kläger außerdem, für den Schuldner einen Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu bestimmen. Vom zuständigen Gerichtsvollzieher erhielt der Kläger am 13.12.1999 die Auskunft, dass eine Zustellung der Terminsladung am Geschäftsort nicht möglich gewesen sei, weil das Geschäftslokal geschlossen sei.
AG wurde am 14.04.2000 im Gewerberegister abgemeldet. Als Tag der Betriebsaufgabe wurde der 14.04.2000 angegeben. Die D. A. Krankenkasse richtete wegen ausgebliebener Beitragszahlungen ein Vollstreckungsersuchen an das Hauptzollamt R., welches ihr am 19.07.2000 zurückgegeben wurde mit dem Vermerk, der Schuldner habe am 15.05.2000 die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Von dieser Tatsache erhielt der Kläger am 05.06.2000 durch ein Telefongespräch mit der Geschäftsstelle des Gerichtsvollziehers Kenntnis. Daraufhin forderten die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 05.06.2000 das Vermögensverzeichnis an, welches ihnen am 28.07.2000 zuging. Am 21.09.2000 stellte der Kläger erstmals einen Antrag auf Gewährung von InsG. Dieser Antrag wurde aber nicht beschieden.
Mit Beschluss vom 15.04.2002 lehnte das Amtsgericht Ulm - Insolvenzgericht - Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Firma H. mangels Masse ab.
Am 22.05.2002 (Eingang beim Arbeitsamt B.) stellte der Kläger einen Antrag auf Insolvenzgeld und machte hierzu geltend, er sei bei der Firma H. Fahrzeugtransporte GmbH in B. (A.-D.-Kreis) als Kraftfahrer beschäftigt gewesen. Das Arbeitsverhältnis habe er gekündigt zum 10.02.1999. Wegen ausstehenden Arbeitsentgelts für die Zeit vom 01.12.1998 bis 10.02.1999 habe er ein Versäumnisurteil beim Arbeitsgericht Ulm am 04.05.1999 erhalten. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil habe sein Bevollmächtigter mit Schriftsatz vom 17.11.1999 Antrag auf Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gestellt, wozu es aber nicht gekommen sei, da eine Zustellung der Ladung unter der angegebenen Firmenanschrift nach Angaben des Obergerichtsvollziehers nicht möglich gewesen sei, da das Geschäftslokal geschlossen gewesen sei.
Mit Schreiben vom 04.07.2002 teilte die Beklagte dem Kläger im Rahmen der Anhörung zur Antragsfrist gemäß § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit, am 14.04.2000 sei die Betriebsaufgabe der H. Fahrzeugtransporte GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit erfolgt, so dass der Insolvenztag nach § 183 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zum 15.04.2000 festgestellt worden sei. Zum damaligen Zeitpunkt sei kein Insolvenzantrag gestellt worden; außerdem sei davon auszugehen, dass bis zum Abweisungsbeschluss am 15.04.2002 die Zahlungsfähigkeit auch nicht wiederhergestellt worden sei. Maßgeblicher Insolvenztag bleibe somit der 15.04.2000. Insolvenzgeld sei innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten zu beantragen (§ 324 Abs. 3 SGB III). Im Falle des Klägers beginne die Ausschlussfrist am 16.04.2000 und ende am 15.06.2000. Der Antrag des Klägers auf Insolvenzgeld sei aber am 22.05.2002 - mithin nach Ablauf der zweimonatigen Ausschlussfrist - gestellt worden. Gemäß § 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III habe der Arbeitnehmer die Versäumung der Ausschlussfrist insbesondere dann zu vertreten, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Arbeitsentgeltansprüche bemüht habe und deshalb erst verspätet vom Insolvenztag Kenntnis erhalten habe. Damit geprüft werden könne, ob eine Nachfrist im Sinne des § 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III einzuräumen sei, werde der Kläger gebeten, nachfolgende vier Fragen zu beantworten.
Hierzu teilte der Kläger mit, von der Betriebsaufgabe der Firma H. habe er erst durch das Schreiben der Beklagten erfahren. Den ausstehenden Lohn habe er seinerzeit nicht erhalten, weshalb er seinen Bevollmächtigten mit der Zwangsvollstreckung beauftragt habe. Dies sei allerdings auch erfolglos gewesen, weshalb man dann die Sache einige Zeit habe ruhen lassen.
Mit Bescheid vom 19.08.2002 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Insolvenzgeld vom 22.05.2002 ab und führte zur Begründung aus, der Betrieb sei zum 14.04.2000 eingestellt worden; da offensichtlich Masselosigkeit vorgelegen habe und gleichzeitig ein Insolvenzantrag nicht gestellt worden sei, liege der Insolvenztatbestand nach § 183 Abs. 1 Nr. 3 SGB III vor. Insolvenztag sei somit der 15.04.2000. Die Antragsfrist laufe deshalb vom 16.04.2000 bis 15.06.2000. Innerhalb dieser Frist sei vom Kläger ein Antrag auf Insolvenzgeld nicht gestellt worden.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, entgegen der Annahme der Beklagten habe ein Insolvenztatbestand nach § 183 Abs. 1 Nr. 3 SGB III nicht vorgelegen. Im Zeitpunkt der Betriebseinstellung (15.04.2000) sei die Masselosigkeit noch nicht "offensichtlich" im Sinne des Gesetzes gewesen. Im Zeitpunkt der Betriebseinstellung sei die Gesellschaft in Liquidation begriffen gewesen. Darauf allein lasse sich Masselosigkeit nicht vermuten. Erst im Jahr 2001 habe der Liquidator als organschaftlicher Vertreter der Schuldnerin Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Das Prüfungsverfahren vor dem Insolvenzgericht habe bis April 2002 gedauert, bis schließlich die Insolvenzeröffnung mangels Masse abgewiesen worden sei. Die an Eides statt versicherten Angaben des Liquidators datierten erst vom 17.04.2001. Der Abweisungsbeschluss des Insolvenzgerichtes sei vom 15.04.2002 datiert, sein Insolvenzgeldantrag stamme vom 22.05.2002, sei mithin rechtzeitig gestellt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2003 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Betriebseinstellung der H. Fahrzeugtransporte GmbH sei am 14.04.2000 wegen Zahlungsunfähigkeit erfolgt. Nachdem offensichtlich Masselosigkeit vorgelegen habe und gleichzeitig ein Insolvenzantrag nicht gestellt worden sei, liege der Insolvenztatbestand nach § 183 Abs. 1 Nr. 3 SGB III vor. Insolvenztag sei somit der 15. April 2000. Nachdem zum damaligen Zeitpunkt kein Insolvenzantrag gestellt worden sei und außerdem davon auszugehen sei, dass bis zum Abweisungsbeschluss am 15.04.2002 die Zahlungsfähigkeit nicht wiederhergestellt worden sei, bleibe maßgeblicher Insolvenztag der 15. April 2000. Das Erfordernis der offensichtlichen Masselosigkeit bedeute nicht, dass hinsichtlich der Höhe der vorhandenen Masse letzte Klarheit bestehen müsse. Es genüge, wenn alle Tatsachen und insofern der Anschein für die Masseunzulänglichkeit sprächen. Dies sei gegeben, wenn unter Hinweis auf die Zahlungsunfähigkeit kein Lohn mehr gezahlt werde, die Betriebstätigkeit eingestellt und kein Insolvenzantrag gestellt werde, da der Arbeitnehmer die Vermögensverhältnisse des Arbeitgebers nicht überschaue. Dabei sei es ausreichend, wenn der Arbeitgeber die Nichtzahlung des Arbeitsentgelts mit Zahlungsunfähigkeit begründe. Indiz könnten auch arbeitsrechtliche Versäumnisurteile auf Lohnzahlung sein. Vorliegend habe der Arbeitgeber gegenüber der Krankenkasse H. M. und der Krankenkasse D. U. angegeben, dass die Nichtzahlung der Beiträge mit Zahlungsunfähigkeit begründet werde. Außerdem sei für den Kläger bereits am 04.05.1999 ein Versäumnisurteil auf Lohnzahlung ergangen. Auch dies sei als Indiz für die offensichtliche Masselosigkeit zu werten. Somit lägen die Voraussetzungen im Sinne des § 183 Abs. 1 Nr. 3 SGB III - offensichtliche Masselosigkeit im Zeitpunkt der Einstellung der Betriebstätigkeit am 15.04.2000 - vor, unabhängig davon, dass die eidesstattliche Versicherung erst am 15.05.2000 erfolgt sei. Der Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung sei bereits am 17.11.1999 gestellt worden. Die Antragsfrist, innerhalb derer der Antrag auf Insolvenzgeld hätte gestellt werden müssen, laufe somit vom 16.04.2000 bis 15.06.2000. Der Antrag auf Insolvenzgeld sei am 22.05.2002 gestellt worden, so dass die vorgenannte Frist versäumt sei. Die Ausschlussfrist sei aus Gründen versäumt worden, die der Kläger selbst zu vertreten habe. Mit Schreiben vom 17.11.1999 habe der Kläger Antrag auf Termin zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gestellt und die eidesstattliche Versicherung sei am 15.05.2000 abgegeben worden. Somit sei spätestens zu diesem Zeitpunkt für den Kläger klar gewesen, dass Masselosigkeit vorliege. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten weitere Maßnahmen erfolgen müssen, um die rückständigen Lohnansprüche gegen den Arbeitgeber zu sichern. Der Kläger hätte sich mit dem nötigen Nachdruck um seine Ansprüche bemühen müssen. Die notwendige Sorgfalt hätte es erfordert, bei der Krankenkasse oder beim Arbeitsamt nachzufragen, ob ein Insolvenzantrag gestellt worden sei. Entsprechende Anfragen hätten ergeben, dass die Krankenkassen wegen der nicht gezahlten Sozialversicherungsbeiträge Insolvenzgeld beantragt hätten. Da der Kläger somit die zweimonatige Ausschlussfrist nicht unverschuldet versäumt habe, könne die weitere Frist nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III nicht eingeräumt werden.
Dagegen erhob der Kläger am 16.07.2003 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld für die Zeit vom 10.11.1998 bis 10.02.1999 zu gewähren. Hierzu legte der Kläger die Kopie eines Antrages auf Insolvenzgeld mit dem Datum vom 21.09.2000 vor. Zwar sei auch bei einer Antragstellung am 21.09.2000 die zweimonatige Ausschlussfrist formell abgelaufen gewesen, wenn man von einem Insolvenzereignis am 14.04.2000 ausginge, doch habe er vom Aufenthaltsort des Geschäftsführers und von dessen Vermögensverzeichnis erst am 28.06.2000 Kenntnis erhalten.
Mit Urteil vom 21.03.2006 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, der Kläger habe Insolvenzgeld weder in einem zweimonatigen Zeitraum nach dem Insolvenzereignis noch innerhalb einer eventuellen Nachfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III beantragt. Es sei davon auszugehen, dass das Insolvenzereignis spätestens am 14.04.2000, dem Zeitpunkt der Gewerbeabmeldung bei der Gemeinde B., festzustellen sei. Die offensichtliche Masselosigkeit ergebe sich aus hinreichenden äußeren Tatsachen wie vorliegend die Einstellung der Betriebstätigkeit, die Nichtzahlung von Arbeitsentgelt und - in den Beklagtenakten dokumentiert - auch von Sozialversicherungsbeiträgen, die Hinnahme von Versäumnisurteilen und die Erfolglosigkeit von Zwangsvollstreckungsversuchen sowohl des Klägers als auch der Krankenkassen in ihrer Funktion als Einzugsstelle. Das SG sehe im Gegensatz zum Kläger keinen Grund, dem arbeitsgerichtlichen Versäumnisurteil vom 04.05.1999 die Indizwirkung für die Masselosigkeit abzusprechen, denn es lägen keinerlei Hinweise dafür vor, dass der Arbeitgeber zwischenzeitlich vor der Betriebseinstellung nochmals liquide geworden wäre. Wenn somit von einem Insolvenzereignis am 14.04.2000 auszugehen sei, trete damit eine Sperrwirkung hinsichtlich der anderen in § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III aufgeführten Insolvenzereignisse ein. Auf die Ablehnung des Insolvenzantrags mangels Masse durch das Amtsgericht Ulm am 15.04.2002 komme es daher nicht mehr an. Für den Beginn der Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III sei der Eintritt des Insolvenzfalles maßgebend und nicht der Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Arbeitnehmers von sämtlichen Merkmalen des Tatbestandes (BSGE 55, 284, 285). Nachdem das Insolvenzereignis am 14.04.2000 eingetreten sei, ende die Frist am 14.06.2000. Innerhalb dieser Frist habe der Kläger keinen Antrag auf Insolvenzgeld gestellt. Ein solcher Antrag sei ausweislich der vom Kläger vorgelegten Antragskopie frühestens am 21.09.2000 der Beklagten zugegangen. Von dem Insolvenzereignis hätten die Bevollmächtigten des Klägers jedenfalls durch das Telefonat mit dem Gerichtsvollzieher am 15.06.2000 Kenntnis erhalten können. Denn in diesem Telefonat haben die Bevollmächtigten des Klägers vom Obergerichtsvollzieher Paul Feil die Tatsache mitgeteilt bekommen, dass der frühere Arbeitgeber des Klägers (Herr H.) bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Ein Abwarten des Vermögensverzeichnisses sei für die Stellung des Insolvenzgeldantrages nicht erforderlich gewesen. Der Kläger bzw. sein Bevollmächtigter hätten damit am 05.06.2000 Kenntnis von der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung des früheren Arbeitgebers des Klägers gehabt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Frist zur Antragstellung auf Insolvenzgeld noch offen gewesen. Selbst wenn man dem Bevollmächtigten des Klägers eine längere Frist zur Information seines Mandanten einräumen würde, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Längstens erscheine insoweit eine Frist von einem Monat, sodass der Kläger unter Beachtung der Postlaufzeit spätestens am 10. Juli 2000 hätte informiert sein müssen. Dann wäre zwar die erste Frist schon abgelaufen gewesen und die Kenntnis des Klägers hätte als Wegfall des Hindernisgrundes die zweimonatige Nachfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III ausgelöst. Diese wäre jedoch am 8. September 2000 ebenfalls abgelaufen gewesen, ehe der Kläger dann am 21. September 2000 tatsächlich seinen Antrag gestellt habe. Der Insolvenzgeldantrag des Klägers sei daher unter keinem denkbaren Gesichtspunkt fristgerecht und könne auch nicht nachträglich zugelassen werden. Zu Recht habe daher die Beklagte den Antrag abgelehnt.
Gegen das dem Bevollmächtigten des Klägers am 28.03.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.04.2006 Berufung eingelegt. Der Kläger verfolgt sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor, mit Kündigungsschreiben vom 10.02.1999 habe er das Arbeitsverhältnis mit der Firma H. fristlos gekündigt. Grund für diese außerordentliche Kündigung sei der Zahlungsverzug des Arbeitgebers gewesen. Er habe Ansprüche auf Lohn in den letzten drei Monaten vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Er sei in der Zeit vom 09.11.1998 bis 10.02.1999 bei der Firma H. beschäftigt gewesen. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag habe nicht existiert. Mündlich sei zwischen den Arbeitsvertragspartien eine pauschale Arbeitsvergütung von monatlich brutto 3200,00 DM und ein arbeitstäglicher Spesensatz von netto 46,00 DM bei Inlandstouren und von netto 78,00 DM bei Auslandstouren vereinbart gewesen. Für November 1998 habe er die vertraglich vereinbarte Regelvergütung (ohne Spesenersatz) erhalten. Für Dezember 1998 habe die Firma H. überhaupt nichts gezahlt. Sie habe allerdings für Dezember 1998 eine Lohnabrechnung erteilt, womit der entsprechende Zahlungsanspruch anerkannt worden sei. Danach habe der Arbeitgeber für Dezember 1998 eine Bruttovergütung von 3252,00 DM (inklusive 52,00 VWL-Zuschuss) bzw. ein Nettoverdienst von 2072,05 DM errechnet. Der Lohn für Januar 1999 sei an ihn entrichtet worden. Ab Februar 1999 sei widerum keine Vergütung erfolgt, so dass er anteiligen Lohn für die Zeit vom 01.02.1999 bis 10.02.1999 beanspruchen könne. Dies entspreche einer Arbeitsvergütung für acht Arbeitstage. Der Monat Februar 1999 habe 20 Arbeitstage, so dass er zeitanteilig 8/20 der Regelbruttomonatsvergütung von 3200,00 DM verlangen könne. Dies entspreche einem Betrag von brutto 1280,00 DM bzw. von netto 1005,63 DM. Außerdem beanspruche er Spesen für die Zeit vom 09.11.1998 bis 10.02.1999 in Höhe von 2654,00 DM. Die Firma H. habe über die Spesen jeweils Abrechnungen erteilt, die entsprechenden Ansprüche von ihm somit anerkannt. Die Spesenabrechnungen seien inhaltlich auch korrekt. Insgesamt stehe ihm noch ein Spesenersatz im Umfang von 2654,00 DM zu. In der Summe beanspruche er somit Regelvergütung für Dezember 1998 von brutto 3200 DM bzw. von netto 2072,05 DM; Regelvergütung für Februar 1999 (bis 10.02.1999) von brutto 1280 DM bzw. von netto 1005,63 DM und Spesenersatz für die Zeit vom 09.11.1998 bis 10.02.1999 in Höhe von 2654,00 DM. In den letzten drei Monaten seines Arbeitsverhältnisses sei er für die Firma H. als LKW-Fahrer tätig gewesen, und zwar ausschließlich und nicht für eine andere Firma. Eine anderweitige Vergütung habe er auch nicht erhalten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 31.03.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.08.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2003 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 11.11.1998 bis 10. Februar 1999 Insolvenzgeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Ein Anspruch auf Insolvenzgeld bestehe nicht. Für den Fall, dass der Kläger erst mit der Übersendung des Vermögensverzeichnisses vom 28.07.2000 vom Insolvenzereignis Kenntnis erlangt haben sollte, sei zu beachten, dass dies zu seinen Lasten gehe, denn ein Abwarten des Vermögensverzeichnisses sei gerade nicht erforderlich gewesen. Der Kläger hätte sich bereits innerhalb der Antragsfrist Kenntnis über das Insolvenzereignis verschaffen können und müssen. Die am 05.06.2000 erlangte Kenntnis von der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung hätte den Kläger zu sofortigen weiteren Maßnahmen drängen müssen. Dafür sei es nicht erforderlich gewesen, dass Vermögensverzeichnis abzuwarten. Der Kläger hätte rechtzeitig einen Antrag auf Insolvenzgeld bei der Agentur für Arbeit stellen können. Der verbleibende Zeitraum bis zum Ablauf der Antragsfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III am 15.06.2000 hätte hierzu ausgereicht. Eine weitere Frist nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III sei daher nicht einzuräumen. Im Zusammenhang mit der Firma H. Fahrzeugtransporte seien keine weiteren Anträge auf Insolvenzgeld gestellt worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG Konstanz und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf InsG für die Zeit vom 11.11.1998 bis zum 10.02.1999.
Rechtsgrundlage für das Klagebegehren ist § 183 SGB III in der vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (SGB aF) des Art. 1 Nr. 41 des Gesetzes vom 16.12.1997 (BGBl I S. 2970), obwohl InsG auch für einen Zeitraum vor In-Kraft-Treten des § 183 SGB III am 01.01.1999 (Art 83 Abs. 5 AFRG vom 24.03.1997, BGBl I S. 594) geltend gemacht wird. Maßgebend für die Frage, welches Recht Anwendung findet, ist der Eintritt des Insolvenzereignisses (vgl. § 430 Abs. 5 SGB III). Nach § 183 Abs 1 SGB III aF haben Arbeitnehmer Anspruch auf InsG, wenn sie bei 1.Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2.Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3.vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis.
Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind erfüllt. Dabei geht der Senat in Übereinstimmung mit dem SG und der Beklagten davon aus, dass das Insolvenzereignis mit der vollständigen Einstellung der Betriebstätigkeit am 15.04.2000 eingetreten ist. Zum damaligen Zeitpunkt war ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht gestellt und es kann auch davon ausgegangen werden, dass ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht in Betracht kam. Der Kläger hatte ferner aus seinem bis zum 10.02.1999 mit der Firma H. bestehenden Arbeitsverhältnis noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt im Zeitraum vom 11.11.1998 bis zum 10.02.1999. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören auch Ansprüche auf vertraglich vereinbarte Spesen (Auslagenersatz).
Entgegen der Auffassung des SG und der Beklagten ist der Senat allerdings der Ansicht, dass der Kläger InsG auch rechtzeitig beantragt hat. Leistungen der Arbeitsförderung werden nach § 324 SGB III (idF des AFRG vom 24.03.1997, BGBl I S. 594) nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind (Abs. 1 S. 1). InsG ist abweichend hiervon innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Hat der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten hat, so wird InsG geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt wird. Der Arbeitnehmer hat die Versäumung der Frist zu vertreten, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat (Abs. 3).
Die 2-monatige Ausschlussfrist begann mit dem Eintritt des Insolvenzereignisses am 15.04.2000 zu laufen. Für den Beginn der Frist ist es unerheblich, dass der Kläger von der Betriebseinstellung und damit vom Insolvenzereignis keine Kenntnis hatte. Daher war diese Ausschlussfrist zum Zeitpunkt der Antragstellung am 21.09.2000 bereits abgelaufen. Der Kläger hat jedoch nach Ansicht des Senats die Versäumung der Frist nicht zu vertreten, weil er vom Insolvenzfall keine positive Kenntnis hatte und seine Unkenntnis bis zu dem Zeitpunkt, an dem das bei der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung des ehemaligen Geschäftführers und Liquidators seines früheren Arbeitgebers angefertigte Vermögensverzeichnis vorlag, nicht auf Fahrlässigkeit beruhte. Der Kläger hat sich insbesondere bemüht, seine arbeitsrechtlichen Ansprüche gegen seinen Arbeitgeber durchzusetzen und hat auch ein Versäumnisurteil auf Zahlung rückständigen Lohnes gegen seinen früheren Arbeitgeber erwirkt. Aus dieser Tatsache sowie aus dem Umstand, dass die Zustellung einer Terminsladung des Gerichtsvollziehers zur Abgabe einer eidestattlichen Versicherung im Dezember 1999 nicht möglich war, weil das Geschäftslokals der Firma geschlossen war, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass sich dem Kläger eine Insolvenz seines früheren Arbeitgebers hätte aufdrängen müssen. Denn zum damaligen Zeitpunkt war ein Insolvenzereignis noch gar nicht eingetreten.
Nach dem Eintritt des Insolvenzereignisses am 15.04.2000 könnte dem Kläger allenfalls zur Last gelegt werden, dass er bzw. sein Rechtsanwalt am 05.06.2000 durch ein Telefongespräch mit dem zuständigen Gerichtsvollzieher Kenntnis davon erhalten hat, dass sein Arbeitgeber bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. In diesem Fall wäre der Antrag auf InsG am 21.09.2000 ebenfalls verspätet gestellt worden, da auch eine am 05.06.2000 beginnende 2-monatige Nachfrist zum Zeitpunkt der Antragstellung abgelaufen wäre. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass dem Kläger bzw. seinem Anwalt kein Vorwurf gemacht werden kann, wenn er zunächst noch das vom Schuldner vorgelegte Vermögensverzeichnis anfordert, weil sich erst aufgrund des Inhalts des Vermögensverzeichnisses zuverlässig beurteilen lässt, ob und in welchem Umfang der Schuldner noch über Vermögen verfügt und ob ggf. bestimmte Maßnahmen ergriffen werden können (z. B. durch eine Anfechtung von Schenkungen), um Forderungen gegen den Schuldner doch noch realisieren zu können. Im vorliegenden Fall begann deshalb die Nachfrist erst mit dem Eingang des Vermögensverzeichnisses beim Rechtsanwalt des Klägers am 28.07.2000 zu laufen, so dass der Antrag auf InsG am 21.09.2000 noch innerhalb dieser Frist erfolgte.
Ein Anspruch auf InsG ergibt sich aber auch dann, wenn mit der Betriebseinstellung ein Insolvenzereignis am 15.04.2000 gar nicht eingetreten ist. Davon wäre auszugehen, wenn angenommen wird, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht offensichtlich war, dass ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht in Betracht kommt. Denn die Masselosigkeit bzw. der Anschein der Masselosigkeit muss vor oder gleichzeitig mit der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit eingetreten sein, eine spätere Masselosigkeit genügt nicht (Krodel in Niesel, SGB III 4. Aufl. 2007, § 183 RdNr. 46). In diesem Fall wäre das Insolvenzereignis mit dem Beschluss des Amtsgerichts Ulm vom 15.04.2002 eingetreten. Mit diesem Beschluss hat das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt. In diesem Fall wäre der Antrag auf InsG am 22.05.2002 innerhalb der Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 S. 1 SGB III aF gestellt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen trägt die Beklagte.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Insolvenzgeld (InsG) hat.
Der am 1958 geborene Kläger war bis zum 10.02.1999 als Kraftfahrer bei der Firma H. Fahrzeugtransporte GmbH in B. (im folgenden: AG) versicherungspflichtig beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und AG wurde nicht geschlossen. Mündlich war zwischen dem Kläger und AG eine pauschale Arbeitsvergütung von monatlich brutto 3.200,00 DM und ein arbeitstäglicher Spesenersatz von netto 46,00 DM bei Inlandstouren und von netto 78,00 DM bei Auslandstouren vereinbart. Für November 1998 und Januar 1999 erhielt der Kläger die vertraglich vereinbarte Regelvergütung ausbezahlt, für Dezember 1998 und Februar 1999 nicht. Ein Ersatz von Spesen steht dem Kläger noch für die Zeit von November 1998 bis Februar zu, und zwar wie folgt: für November 1998 noch 584,00 DM, für Dezember 1998 noch 970,00 DM, für Januar 1999 noch 784,00 DM und vom 01.02. bis 10.02.1999 noch 316,00 DM. Da er noch ausstehenden Lohn für die letzten Monate seines Arbeitsverhältnisses beanspruchte, erhob er vor dem Arbeitsgericht Ulm Klage gegen AG, der das Arbeitsgericht mit einem am 04.05.1999 ergangenen Versäumnisurteil (Bl. 4 der Akte der Beklagten) stattgab (AZ: 1 Ca 153/99). Ein an das Amtsgericht Ulm gerichteter Sachpfändungsauftrag seiner Prozessbevollmächtigten vom 31.05.1999 blieb erfolglos. Mit Schreiben seiner Anwälte vom 17.11.1999 beantragte der Kläger außerdem, für den Schuldner einen Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu bestimmen. Vom zuständigen Gerichtsvollzieher erhielt der Kläger am 13.12.1999 die Auskunft, dass eine Zustellung der Terminsladung am Geschäftsort nicht möglich gewesen sei, weil das Geschäftslokal geschlossen sei.
AG wurde am 14.04.2000 im Gewerberegister abgemeldet. Als Tag der Betriebsaufgabe wurde der 14.04.2000 angegeben. Die D. A. Krankenkasse richtete wegen ausgebliebener Beitragszahlungen ein Vollstreckungsersuchen an das Hauptzollamt R., welches ihr am 19.07.2000 zurückgegeben wurde mit dem Vermerk, der Schuldner habe am 15.05.2000 die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Von dieser Tatsache erhielt der Kläger am 05.06.2000 durch ein Telefongespräch mit der Geschäftsstelle des Gerichtsvollziehers Kenntnis. Daraufhin forderten die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 05.06.2000 das Vermögensverzeichnis an, welches ihnen am 28.07.2000 zuging. Am 21.09.2000 stellte der Kläger erstmals einen Antrag auf Gewährung von InsG. Dieser Antrag wurde aber nicht beschieden.
Mit Beschluss vom 15.04.2002 lehnte das Amtsgericht Ulm - Insolvenzgericht - Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Firma H. mangels Masse ab.
Am 22.05.2002 (Eingang beim Arbeitsamt B.) stellte der Kläger einen Antrag auf Insolvenzgeld und machte hierzu geltend, er sei bei der Firma H. Fahrzeugtransporte GmbH in B. (A.-D.-Kreis) als Kraftfahrer beschäftigt gewesen. Das Arbeitsverhältnis habe er gekündigt zum 10.02.1999. Wegen ausstehenden Arbeitsentgelts für die Zeit vom 01.12.1998 bis 10.02.1999 habe er ein Versäumnisurteil beim Arbeitsgericht Ulm am 04.05.1999 erhalten. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil habe sein Bevollmächtigter mit Schriftsatz vom 17.11.1999 Antrag auf Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gestellt, wozu es aber nicht gekommen sei, da eine Zustellung der Ladung unter der angegebenen Firmenanschrift nach Angaben des Obergerichtsvollziehers nicht möglich gewesen sei, da das Geschäftslokal geschlossen gewesen sei.
Mit Schreiben vom 04.07.2002 teilte die Beklagte dem Kläger im Rahmen der Anhörung zur Antragsfrist gemäß § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit, am 14.04.2000 sei die Betriebsaufgabe der H. Fahrzeugtransporte GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit erfolgt, so dass der Insolvenztag nach § 183 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zum 15.04.2000 festgestellt worden sei. Zum damaligen Zeitpunkt sei kein Insolvenzantrag gestellt worden; außerdem sei davon auszugehen, dass bis zum Abweisungsbeschluss am 15.04.2002 die Zahlungsfähigkeit auch nicht wiederhergestellt worden sei. Maßgeblicher Insolvenztag bleibe somit der 15.04.2000. Insolvenzgeld sei innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten zu beantragen (§ 324 Abs. 3 SGB III). Im Falle des Klägers beginne die Ausschlussfrist am 16.04.2000 und ende am 15.06.2000. Der Antrag des Klägers auf Insolvenzgeld sei aber am 22.05.2002 - mithin nach Ablauf der zweimonatigen Ausschlussfrist - gestellt worden. Gemäß § 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III habe der Arbeitnehmer die Versäumung der Ausschlussfrist insbesondere dann zu vertreten, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Arbeitsentgeltansprüche bemüht habe und deshalb erst verspätet vom Insolvenztag Kenntnis erhalten habe. Damit geprüft werden könne, ob eine Nachfrist im Sinne des § 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III einzuräumen sei, werde der Kläger gebeten, nachfolgende vier Fragen zu beantworten.
Hierzu teilte der Kläger mit, von der Betriebsaufgabe der Firma H. habe er erst durch das Schreiben der Beklagten erfahren. Den ausstehenden Lohn habe er seinerzeit nicht erhalten, weshalb er seinen Bevollmächtigten mit der Zwangsvollstreckung beauftragt habe. Dies sei allerdings auch erfolglos gewesen, weshalb man dann die Sache einige Zeit habe ruhen lassen.
Mit Bescheid vom 19.08.2002 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Insolvenzgeld vom 22.05.2002 ab und führte zur Begründung aus, der Betrieb sei zum 14.04.2000 eingestellt worden; da offensichtlich Masselosigkeit vorgelegen habe und gleichzeitig ein Insolvenzantrag nicht gestellt worden sei, liege der Insolvenztatbestand nach § 183 Abs. 1 Nr. 3 SGB III vor. Insolvenztag sei somit der 15.04.2000. Die Antragsfrist laufe deshalb vom 16.04.2000 bis 15.06.2000. Innerhalb dieser Frist sei vom Kläger ein Antrag auf Insolvenzgeld nicht gestellt worden.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, entgegen der Annahme der Beklagten habe ein Insolvenztatbestand nach § 183 Abs. 1 Nr. 3 SGB III nicht vorgelegen. Im Zeitpunkt der Betriebseinstellung (15.04.2000) sei die Masselosigkeit noch nicht "offensichtlich" im Sinne des Gesetzes gewesen. Im Zeitpunkt der Betriebseinstellung sei die Gesellschaft in Liquidation begriffen gewesen. Darauf allein lasse sich Masselosigkeit nicht vermuten. Erst im Jahr 2001 habe der Liquidator als organschaftlicher Vertreter der Schuldnerin Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Das Prüfungsverfahren vor dem Insolvenzgericht habe bis April 2002 gedauert, bis schließlich die Insolvenzeröffnung mangels Masse abgewiesen worden sei. Die an Eides statt versicherten Angaben des Liquidators datierten erst vom 17.04.2001. Der Abweisungsbeschluss des Insolvenzgerichtes sei vom 15.04.2002 datiert, sein Insolvenzgeldantrag stamme vom 22.05.2002, sei mithin rechtzeitig gestellt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2003 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Betriebseinstellung der H. Fahrzeugtransporte GmbH sei am 14.04.2000 wegen Zahlungsunfähigkeit erfolgt. Nachdem offensichtlich Masselosigkeit vorgelegen habe und gleichzeitig ein Insolvenzantrag nicht gestellt worden sei, liege der Insolvenztatbestand nach § 183 Abs. 1 Nr. 3 SGB III vor. Insolvenztag sei somit der 15. April 2000. Nachdem zum damaligen Zeitpunkt kein Insolvenzantrag gestellt worden sei und außerdem davon auszugehen sei, dass bis zum Abweisungsbeschluss am 15.04.2002 die Zahlungsfähigkeit nicht wiederhergestellt worden sei, bleibe maßgeblicher Insolvenztag der 15. April 2000. Das Erfordernis der offensichtlichen Masselosigkeit bedeute nicht, dass hinsichtlich der Höhe der vorhandenen Masse letzte Klarheit bestehen müsse. Es genüge, wenn alle Tatsachen und insofern der Anschein für die Masseunzulänglichkeit sprächen. Dies sei gegeben, wenn unter Hinweis auf die Zahlungsunfähigkeit kein Lohn mehr gezahlt werde, die Betriebstätigkeit eingestellt und kein Insolvenzantrag gestellt werde, da der Arbeitnehmer die Vermögensverhältnisse des Arbeitgebers nicht überschaue. Dabei sei es ausreichend, wenn der Arbeitgeber die Nichtzahlung des Arbeitsentgelts mit Zahlungsunfähigkeit begründe. Indiz könnten auch arbeitsrechtliche Versäumnisurteile auf Lohnzahlung sein. Vorliegend habe der Arbeitgeber gegenüber der Krankenkasse H. M. und der Krankenkasse D. U. angegeben, dass die Nichtzahlung der Beiträge mit Zahlungsunfähigkeit begründet werde. Außerdem sei für den Kläger bereits am 04.05.1999 ein Versäumnisurteil auf Lohnzahlung ergangen. Auch dies sei als Indiz für die offensichtliche Masselosigkeit zu werten. Somit lägen die Voraussetzungen im Sinne des § 183 Abs. 1 Nr. 3 SGB III - offensichtliche Masselosigkeit im Zeitpunkt der Einstellung der Betriebstätigkeit am 15.04.2000 - vor, unabhängig davon, dass die eidesstattliche Versicherung erst am 15.05.2000 erfolgt sei. Der Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung sei bereits am 17.11.1999 gestellt worden. Die Antragsfrist, innerhalb derer der Antrag auf Insolvenzgeld hätte gestellt werden müssen, laufe somit vom 16.04.2000 bis 15.06.2000. Der Antrag auf Insolvenzgeld sei am 22.05.2002 gestellt worden, so dass die vorgenannte Frist versäumt sei. Die Ausschlussfrist sei aus Gründen versäumt worden, die der Kläger selbst zu vertreten habe. Mit Schreiben vom 17.11.1999 habe der Kläger Antrag auf Termin zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gestellt und die eidesstattliche Versicherung sei am 15.05.2000 abgegeben worden. Somit sei spätestens zu diesem Zeitpunkt für den Kläger klar gewesen, dass Masselosigkeit vorliege. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten weitere Maßnahmen erfolgen müssen, um die rückständigen Lohnansprüche gegen den Arbeitgeber zu sichern. Der Kläger hätte sich mit dem nötigen Nachdruck um seine Ansprüche bemühen müssen. Die notwendige Sorgfalt hätte es erfordert, bei der Krankenkasse oder beim Arbeitsamt nachzufragen, ob ein Insolvenzantrag gestellt worden sei. Entsprechende Anfragen hätten ergeben, dass die Krankenkassen wegen der nicht gezahlten Sozialversicherungsbeiträge Insolvenzgeld beantragt hätten. Da der Kläger somit die zweimonatige Ausschlussfrist nicht unverschuldet versäumt habe, könne die weitere Frist nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III nicht eingeräumt werden.
Dagegen erhob der Kläger am 16.07.2003 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld für die Zeit vom 10.11.1998 bis 10.02.1999 zu gewähren. Hierzu legte der Kläger die Kopie eines Antrages auf Insolvenzgeld mit dem Datum vom 21.09.2000 vor. Zwar sei auch bei einer Antragstellung am 21.09.2000 die zweimonatige Ausschlussfrist formell abgelaufen gewesen, wenn man von einem Insolvenzereignis am 14.04.2000 ausginge, doch habe er vom Aufenthaltsort des Geschäftsführers und von dessen Vermögensverzeichnis erst am 28.06.2000 Kenntnis erhalten.
Mit Urteil vom 21.03.2006 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, der Kläger habe Insolvenzgeld weder in einem zweimonatigen Zeitraum nach dem Insolvenzereignis noch innerhalb einer eventuellen Nachfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III beantragt. Es sei davon auszugehen, dass das Insolvenzereignis spätestens am 14.04.2000, dem Zeitpunkt der Gewerbeabmeldung bei der Gemeinde B., festzustellen sei. Die offensichtliche Masselosigkeit ergebe sich aus hinreichenden äußeren Tatsachen wie vorliegend die Einstellung der Betriebstätigkeit, die Nichtzahlung von Arbeitsentgelt und - in den Beklagtenakten dokumentiert - auch von Sozialversicherungsbeiträgen, die Hinnahme von Versäumnisurteilen und die Erfolglosigkeit von Zwangsvollstreckungsversuchen sowohl des Klägers als auch der Krankenkassen in ihrer Funktion als Einzugsstelle. Das SG sehe im Gegensatz zum Kläger keinen Grund, dem arbeitsgerichtlichen Versäumnisurteil vom 04.05.1999 die Indizwirkung für die Masselosigkeit abzusprechen, denn es lägen keinerlei Hinweise dafür vor, dass der Arbeitgeber zwischenzeitlich vor der Betriebseinstellung nochmals liquide geworden wäre. Wenn somit von einem Insolvenzereignis am 14.04.2000 auszugehen sei, trete damit eine Sperrwirkung hinsichtlich der anderen in § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III aufgeführten Insolvenzereignisse ein. Auf die Ablehnung des Insolvenzantrags mangels Masse durch das Amtsgericht Ulm am 15.04.2002 komme es daher nicht mehr an. Für den Beginn der Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III sei der Eintritt des Insolvenzfalles maßgebend und nicht der Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Arbeitnehmers von sämtlichen Merkmalen des Tatbestandes (BSGE 55, 284, 285). Nachdem das Insolvenzereignis am 14.04.2000 eingetreten sei, ende die Frist am 14.06.2000. Innerhalb dieser Frist habe der Kläger keinen Antrag auf Insolvenzgeld gestellt. Ein solcher Antrag sei ausweislich der vom Kläger vorgelegten Antragskopie frühestens am 21.09.2000 der Beklagten zugegangen. Von dem Insolvenzereignis hätten die Bevollmächtigten des Klägers jedenfalls durch das Telefonat mit dem Gerichtsvollzieher am 15.06.2000 Kenntnis erhalten können. Denn in diesem Telefonat haben die Bevollmächtigten des Klägers vom Obergerichtsvollzieher Paul Feil die Tatsache mitgeteilt bekommen, dass der frühere Arbeitgeber des Klägers (Herr H.) bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Ein Abwarten des Vermögensverzeichnisses sei für die Stellung des Insolvenzgeldantrages nicht erforderlich gewesen. Der Kläger bzw. sein Bevollmächtigter hätten damit am 05.06.2000 Kenntnis von der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung des früheren Arbeitgebers des Klägers gehabt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Frist zur Antragstellung auf Insolvenzgeld noch offen gewesen. Selbst wenn man dem Bevollmächtigten des Klägers eine längere Frist zur Information seines Mandanten einräumen würde, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Längstens erscheine insoweit eine Frist von einem Monat, sodass der Kläger unter Beachtung der Postlaufzeit spätestens am 10. Juli 2000 hätte informiert sein müssen. Dann wäre zwar die erste Frist schon abgelaufen gewesen und die Kenntnis des Klägers hätte als Wegfall des Hindernisgrundes die zweimonatige Nachfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III ausgelöst. Diese wäre jedoch am 8. September 2000 ebenfalls abgelaufen gewesen, ehe der Kläger dann am 21. September 2000 tatsächlich seinen Antrag gestellt habe. Der Insolvenzgeldantrag des Klägers sei daher unter keinem denkbaren Gesichtspunkt fristgerecht und könne auch nicht nachträglich zugelassen werden. Zu Recht habe daher die Beklagte den Antrag abgelehnt.
Gegen das dem Bevollmächtigten des Klägers am 28.03.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.04.2006 Berufung eingelegt. Der Kläger verfolgt sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor, mit Kündigungsschreiben vom 10.02.1999 habe er das Arbeitsverhältnis mit der Firma H. fristlos gekündigt. Grund für diese außerordentliche Kündigung sei der Zahlungsverzug des Arbeitgebers gewesen. Er habe Ansprüche auf Lohn in den letzten drei Monaten vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Er sei in der Zeit vom 09.11.1998 bis 10.02.1999 bei der Firma H. beschäftigt gewesen. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag habe nicht existiert. Mündlich sei zwischen den Arbeitsvertragspartien eine pauschale Arbeitsvergütung von monatlich brutto 3200,00 DM und ein arbeitstäglicher Spesensatz von netto 46,00 DM bei Inlandstouren und von netto 78,00 DM bei Auslandstouren vereinbart gewesen. Für November 1998 habe er die vertraglich vereinbarte Regelvergütung (ohne Spesenersatz) erhalten. Für Dezember 1998 habe die Firma H. überhaupt nichts gezahlt. Sie habe allerdings für Dezember 1998 eine Lohnabrechnung erteilt, womit der entsprechende Zahlungsanspruch anerkannt worden sei. Danach habe der Arbeitgeber für Dezember 1998 eine Bruttovergütung von 3252,00 DM (inklusive 52,00 VWL-Zuschuss) bzw. ein Nettoverdienst von 2072,05 DM errechnet. Der Lohn für Januar 1999 sei an ihn entrichtet worden. Ab Februar 1999 sei widerum keine Vergütung erfolgt, so dass er anteiligen Lohn für die Zeit vom 01.02.1999 bis 10.02.1999 beanspruchen könne. Dies entspreche einer Arbeitsvergütung für acht Arbeitstage. Der Monat Februar 1999 habe 20 Arbeitstage, so dass er zeitanteilig 8/20 der Regelbruttomonatsvergütung von 3200,00 DM verlangen könne. Dies entspreche einem Betrag von brutto 1280,00 DM bzw. von netto 1005,63 DM. Außerdem beanspruche er Spesen für die Zeit vom 09.11.1998 bis 10.02.1999 in Höhe von 2654,00 DM. Die Firma H. habe über die Spesen jeweils Abrechnungen erteilt, die entsprechenden Ansprüche von ihm somit anerkannt. Die Spesenabrechnungen seien inhaltlich auch korrekt. Insgesamt stehe ihm noch ein Spesenersatz im Umfang von 2654,00 DM zu. In der Summe beanspruche er somit Regelvergütung für Dezember 1998 von brutto 3200 DM bzw. von netto 2072,05 DM; Regelvergütung für Februar 1999 (bis 10.02.1999) von brutto 1280 DM bzw. von netto 1005,63 DM und Spesenersatz für die Zeit vom 09.11.1998 bis 10.02.1999 in Höhe von 2654,00 DM. In den letzten drei Monaten seines Arbeitsverhältnisses sei er für die Firma H. als LKW-Fahrer tätig gewesen, und zwar ausschließlich und nicht für eine andere Firma. Eine anderweitige Vergütung habe er auch nicht erhalten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 31.03.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.08.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2003 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 11.11.1998 bis 10. Februar 1999 Insolvenzgeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Ein Anspruch auf Insolvenzgeld bestehe nicht. Für den Fall, dass der Kläger erst mit der Übersendung des Vermögensverzeichnisses vom 28.07.2000 vom Insolvenzereignis Kenntnis erlangt haben sollte, sei zu beachten, dass dies zu seinen Lasten gehe, denn ein Abwarten des Vermögensverzeichnisses sei gerade nicht erforderlich gewesen. Der Kläger hätte sich bereits innerhalb der Antragsfrist Kenntnis über das Insolvenzereignis verschaffen können und müssen. Die am 05.06.2000 erlangte Kenntnis von der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung hätte den Kläger zu sofortigen weiteren Maßnahmen drängen müssen. Dafür sei es nicht erforderlich gewesen, dass Vermögensverzeichnis abzuwarten. Der Kläger hätte rechtzeitig einen Antrag auf Insolvenzgeld bei der Agentur für Arbeit stellen können. Der verbleibende Zeitraum bis zum Ablauf der Antragsfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III am 15.06.2000 hätte hierzu ausgereicht. Eine weitere Frist nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III sei daher nicht einzuräumen. Im Zusammenhang mit der Firma H. Fahrzeugtransporte seien keine weiteren Anträge auf Insolvenzgeld gestellt worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG Konstanz und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf InsG für die Zeit vom 11.11.1998 bis zum 10.02.1999.
Rechtsgrundlage für das Klagebegehren ist § 183 SGB III in der vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (SGB aF) des Art. 1 Nr. 41 des Gesetzes vom 16.12.1997 (BGBl I S. 2970), obwohl InsG auch für einen Zeitraum vor In-Kraft-Treten des § 183 SGB III am 01.01.1999 (Art 83 Abs. 5 AFRG vom 24.03.1997, BGBl I S. 594) geltend gemacht wird. Maßgebend für die Frage, welches Recht Anwendung findet, ist der Eintritt des Insolvenzereignisses (vgl. § 430 Abs. 5 SGB III). Nach § 183 Abs 1 SGB III aF haben Arbeitnehmer Anspruch auf InsG, wenn sie bei 1.Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2.Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3.vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis.
Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind erfüllt. Dabei geht der Senat in Übereinstimmung mit dem SG und der Beklagten davon aus, dass das Insolvenzereignis mit der vollständigen Einstellung der Betriebstätigkeit am 15.04.2000 eingetreten ist. Zum damaligen Zeitpunkt war ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht gestellt und es kann auch davon ausgegangen werden, dass ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht in Betracht kam. Der Kläger hatte ferner aus seinem bis zum 10.02.1999 mit der Firma H. bestehenden Arbeitsverhältnis noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt im Zeitraum vom 11.11.1998 bis zum 10.02.1999. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören auch Ansprüche auf vertraglich vereinbarte Spesen (Auslagenersatz).
Entgegen der Auffassung des SG und der Beklagten ist der Senat allerdings der Ansicht, dass der Kläger InsG auch rechtzeitig beantragt hat. Leistungen der Arbeitsförderung werden nach § 324 SGB III (idF des AFRG vom 24.03.1997, BGBl I S. 594) nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind (Abs. 1 S. 1). InsG ist abweichend hiervon innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Hat der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten hat, so wird InsG geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt wird. Der Arbeitnehmer hat die Versäumung der Frist zu vertreten, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat (Abs. 3).
Die 2-monatige Ausschlussfrist begann mit dem Eintritt des Insolvenzereignisses am 15.04.2000 zu laufen. Für den Beginn der Frist ist es unerheblich, dass der Kläger von der Betriebseinstellung und damit vom Insolvenzereignis keine Kenntnis hatte. Daher war diese Ausschlussfrist zum Zeitpunkt der Antragstellung am 21.09.2000 bereits abgelaufen. Der Kläger hat jedoch nach Ansicht des Senats die Versäumung der Frist nicht zu vertreten, weil er vom Insolvenzfall keine positive Kenntnis hatte und seine Unkenntnis bis zu dem Zeitpunkt, an dem das bei der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung des ehemaligen Geschäftführers und Liquidators seines früheren Arbeitgebers angefertigte Vermögensverzeichnis vorlag, nicht auf Fahrlässigkeit beruhte. Der Kläger hat sich insbesondere bemüht, seine arbeitsrechtlichen Ansprüche gegen seinen Arbeitgeber durchzusetzen und hat auch ein Versäumnisurteil auf Zahlung rückständigen Lohnes gegen seinen früheren Arbeitgeber erwirkt. Aus dieser Tatsache sowie aus dem Umstand, dass die Zustellung einer Terminsladung des Gerichtsvollziehers zur Abgabe einer eidestattlichen Versicherung im Dezember 1999 nicht möglich war, weil das Geschäftslokals der Firma geschlossen war, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass sich dem Kläger eine Insolvenz seines früheren Arbeitgebers hätte aufdrängen müssen. Denn zum damaligen Zeitpunkt war ein Insolvenzereignis noch gar nicht eingetreten.
Nach dem Eintritt des Insolvenzereignisses am 15.04.2000 könnte dem Kläger allenfalls zur Last gelegt werden, dass er bzw. sein Rechtsanwalt am 05.06.2000 durch ein Telefongespräch mit dem zuständigen Gerichtsvollzieher Kenntnis davon erhalten hat, dass sein Arbeitgeber bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. In diesem Fall wäre der Antrag auf InsG am 21.09.2000 ebenfalls verspätet gestellt worden, da auch eine am 05.06.2000 beginnende 2-monatige Nachfrist zum Zeitpunkt der Antragstellung abgelaufen wäre. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass dem Kläger bzw. seinem Anwalt kein Vorwurf gemacht werden kann, wenn er zunächst noch das vom Schuldner vorgelegte Vermögensverzeichnis anfordert, weil sich erst aufgrund des Inhalts des Vermögensverzeichnisses zuverlässig beurteilen lässt, ob und in welchem Umfang der Schuldner noch über Vermögen verfügt und ob ggf. bestimmte Maßnahmen ergriffen werden können (z. B. durch eine Anfechtung von Schenkungen), um Forderungen gegen den Schuldner doch noch realisieren zu können. Im vorliegenden Fall begann deshalb die Nachfrist erst mit dem Eingang des Vermögensverzeichnisses beim Rechtsanwalt des Klägers am 28.07.2000 zu laufen, so dass der Antrag auf InsG am 21.09.2000 noch innerhalb dieser Frist erfolgte.
Ein Anspruch auf InsG ergibt sich aber auch dann, wenn mit der Betriebseinstellung ein Insolvenzereignis am 15.04.2000 gar nicht eingetreten ist. Davon wäre auszugehen, wenn angenommen wird, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht offensichtlich war, dass ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht in Betracht kommt. Denn die Masselosigkeit bzw. der Anschein der Masselosigkeit muss vor oder gleichzeitig mit der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit eingetreten sein, eine spätere Masselosigkeit genügt nicht (Krodel in Niesel, SGB III 4. Aufl. 2007, § 183 RdNr. 46). In diesem Fall wäre das Insolvenzereignis mit dem Beschluss des Amtsgerichts Ulm vom 15.04.2002 eingetreten. Mit diesem Beschluss hat das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt. In diesem Fall wäre der Antrag auf InsG am 22.05.2002 innerhalb der Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 S. 1 SGB III aF gestellt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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