Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 3376/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 2392/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 3. April 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) streitig.
Der 1974 geborene Kläger war vom 01.06.1997 bis 30.06.2000 als Elektrohelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis wurde durch einen zwischen den Arbeitsvertragsparteien geschlossenen Aufhebungsvertrag beendet. Am 23.06.2000 meldete der Kläger bei der Stadt Heilbronn ein Gewerbe (Verkauf von Elektromaterial und Haushaltsgeräten) an, das er am 18.10.2004 wieder abmeldete.
Am 12.07.2004 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg. Nach einem Beratungsvermerk der Beklagten nahm der Kläger am 29.07.2004 mit der Arbeitsagentur H. telefonisch Kontakt auf und erkundigte sich nach einem Anspruch auf Alg und Fristen etc. Er erhielt die Auskunft, er solle die Antragsunterlagen besorgen und alles beim Termin im AS klären. Mit Bescheid vom 19.10.2004 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger habe innerhalb der Rahmenfrist, die hier um Zeiten der selbstständigen Tätigkeit des Klägers verlängert worden sei und vom 12.07.1999 bis 11.07.2004 reiche, nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Auch ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestehe nicht, da der Kläger innerhalb der Vorfrist vom 12.07.2002 bis 11.07.2004 kein Alg bezogen habe.
Dagegen legte der Kläger am 21.10.2004 Widerspruch ein und brachte vor, er sei (lediglich) vom 01.06.2000 bis 11.07.2004 selbstständig gewesen. Wegen der schlechten Auftragslage habe er sein Gewerbe am 18.10.2004 abgemeldet. Er habe sich erst am 12.07.2004 arbeitslos gemeldet, weil ihm eine Mitarbeiterin der Beklagten hinsichtlich der Abmeldung seines Gewerbes eine falsche Auskunft gegeben habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Nach den aktenkundigen Unterlagen habe sich der Kläger erstmals am 12.07.2004 persönlich bei der Arbeitsagentur Heilbronn gemeldet. Ausgehend von diesem Datum sei die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Am 11.11.2004 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG), mit der er einen Anspruch auf Alg ab 12.07.2004 geltend machte. Zur Begründung brachte er vor, er habe den Antrag auf Alg erst am 12.07.2004 gestellt, weil ein Mitarbeiter der Beklagten seiner Ehefrau auf ihre telefonische Anfrage vom 18.03. oder 18.05.2004 - an welchem der genannten Tage das Gespräch stattgefunden habe, wisse sie nicht mehr - die unzutreffende Auskunft gegeben habe, die Rahmenfrist reiche bis Ende Juli 2004. Die Beklagte müsse sich daher so behandeln lassen, als ob er den Antrag innerhalb der Rahmenfrist gestellt hätte. Er legte hierzu die Einzelverbindungsübersichten der Deutschen Telekom vom 22.04. und 23.06.2004 mit den entsprechend gekennzeichneten Gesprächen vom 18.03. und 18.05.2004 (Telefonnummer jeweils 9690) vor.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, es erscheine ausgeschlossen, dass dem Kläger die von ihm geschilderte Auskunft erteilt worden sei, da mangels Kenntnis der sonstigen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg die Rahmenfrist weder im März noch im Mai 2004 von einem ihrer Mitarbeiter hätte berechnet werden können.
Das SG vernahm die Ehefrau des Klägers F. Z. (Z.) am 03.02.2006 als Zeugin. Diese gab an, sie habe in einem Merkblatt gelesen, dass beim Bezug von Alg eine Rahmenfrist beachtet werden müsse. Deshalb und auch wegen anderer Dinge habe sie sich bei der Arbeitsagentur H. telefonisch erkundigt. Die Durchwahlnummer ergebe sich aus den bereits vorgelegten Einzelverbindungsübersichten. Sie habe mit einer Dame gesprochen, der sie gesagt habe, dass ihr Ehemann selbstständig sei und wissen wolle, wann er sich spätestens bei der Arbeitsagentur melden müsse. Die Dame habe noch Daten abgefragt, wann er das letzte Mal gearbeitet und wann er sein Gewerbe angemeldet habe. Sie habe ihr dann gesagt, er müsse sich spätestens Ende Juli 2004 arbeitslos melden. Aus diesem Grund habe sich ihr Ehemann dann am 12.07.2004 arbeitslos gemeldet. Sie könne ausschließen, dass es sich dabei um ein akustisches Missverständnis gehandelt habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.04.2006 hob das SG die angegriffenen Bescheide auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger ab 12.07.2004 Alg in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Zwar habe der Kläger die Anwartschaftszeit von einem Jahr innerhalb der Rahmenfrist vom 23.06.2000 bis 11.07.2004 nicht erfüllt, da hierfür zwölf Tage fehlten. Der geltend gemachte Anspruch stehe dem Kläger jedoch aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches zu. Aufgrund der glaubhaften Angaben der Zeugin Z. stehe zu seiner Überzeugung fest, dass Z. mit der Beklagten im März und im Mai 2004 telefonisch Kontakt aufgenommen habe und ihr von der Beklagten die unrichtige Auskunft erteilt worden sei, dass es genüge, wenn sich der Kläger bis Ende Juli 2004 arbeitslos melde. Zwar könne der konkrete Verlauf der Rahmenfrist nur anhand eines konkreten Termins der Arbeitslosmeldung berechnet werden. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass einem Anrufer eine überschlägige Berechnung mitgeteilt werde. Wenn dem Mitarbeiter der Beklagten klar gewesen sei, dass eine konkrete Berechnung nicht möglich sei, hätte ein Hinweis auf eine weitergehende, persönliche Beratung erfolgen müssen. Daran fehle es hier. Durch diese Pflichtverletzung der Beklagten sei dem Kläger ein Nachteil entstanden, der auch auf die Pflichtverletzung zurückzuführen sei. Ein Grund, weshalb sich der Kläger bei einer anderen Beratung nicht hätte früher arbeitslos melden sollen, sei nicht ersichtlich. Der hier gegebene sozialrechtliche Herstellungsanspruch scheitere auch nicht daran, dass sich der Kläger erst am 12.07.2004 persönlich arbeitslos gemeldet habe, da es hierauf gerade nicht ankomme. Dies hätte nur dann Bedeutung, wenn der Kläger einen Anspruch auf Alg bereits für einen Zeitraum vor dem 12.07.2004 geltend machen würde.
Gegen den ihr am 06.04.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 08.5.2006 (Montag) Berufung eingelegt. Sie macht geltend, das SG habe die angegriffenen Bescheide zu Unrecht aufgehoben. Der Kläger könne nicht aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als ob er sich vor dem 12.07.2004 arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hätte. Die Tatsache, dass der Kläger zum Zeitpunkt seiner Arbeitslosmeldung am 12.07.2004 die Anwartschaftszeit nicht erfüllt hat, könne im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht fingiert werden, da dies eine gesetzlich nicht zulässige Amtshandlung voraussetzen würde. Auch könne eine frühere Arbeitslosmeldung nicht unterstellt werden, weil der Kläger vor dem 12.07.2004 nicht arbeitslos gewesen sei. Im Übrigen seien die Angaben von Z. und die vorgelegten Einzelverbindungsnachweise der Deutschen Telekom nicht geeignet, einen Beratungsfehler nachzuweisen. Dadurch sei lediglich belegt, dass Z. Kontakt zur Arbeitsagentur gehabt habe. Sie habe aber weder den Namen des Mitarbeiters bzw. der Mitarbeiterin oder die Abteilung nennen können, von dem bzw. von der sie die fehlerhafte Auskunft erhalten habe, noch habe sie den genauen Inhalt des Gespräches wiedergeben können. Sowohl über eine telefonische Kontaktaufnahme im März als auch im Mai 2004 lägen ihr keine Beratungsvermerke vor. Es sei ausgeschlossen, dass es gleich zweimal versäumt worden sei, entsprechende Beratungsvermerke anzufertigen.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 3. April 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und macht geltend, entgegen der Auffassung der Beklagten könne der ihm entstandene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden, da erst ab 12.07.2004 ein Anspruch auf Alg bejaht worden sei. Zu unterscheiden sei hier zwischen der Beratungspflichtverletzung, die zum Anspruch führe und der Frage, ab wann ein entsprechender Anspruch zustehe. Im Übrigen sei der Inhalt der Telefongespräche durch die Angaben von Z. ausreichend nachgewiesen. Im Ergebnis könne es keinem Zweifel unterliegen, dass die Falschberatung an einem der beiden genannten Tage (18.03. oder 18.05.2004) stattgefunden habe. Dass von der Beklagten keine Beratungsvermerke angefertigt worden seien, liege daran, dass Vermerke regelmäßig erst dann gefertigt würden, wenn Anträge bei der Beklagten vorlägen und entsprechende Akten existierten.
Mit der Terminsbestimmung ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass der Senat die vom SG vertretene Auffassung zum Herstellungsanspruch möglicherweise nicht teilt und deshalb die Berufung der Beklagten Aussicht auf Erfolg habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 19.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2004, mit dem die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Alg mangels Erfüllung der Anwartschaftszeit abgelehnt hat.
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat die angegriffenen Bescheide zu Unrecht aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 12.07.2004 Alg zu bewilligen. Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Alg ab 12.07.2004.
Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit haben gemäß § 118 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III) in der aufgrund des Gesetzes vom 23.12.2003 (BGBl. I 2848) seit 01.01.2004 geltenden und daher hier maßgeblichen Fassung Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Der Kläger hat sich zwar am 12.07.2004 bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet, hat aber ausgehend von diesem Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Diese Voraussetzung erfüllt nach § 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung (SGB III aF) nur, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Vorschrift ist hier noch in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung anzuwenden, da diese Fassung gemäß § 434j Abs. 3 SGB III noch für bis 31.01.2006 entstandene Ansprüche gilt. Die Rahmenfrist beträgt somit drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg (§ 124 Abs. 1 SGB III aF). Zu diesen (sonstigen) Anspruchsvoraussetzungen gehört auch die Arbeitslosmeldung.
In die Rahmenfrist werden gemäß § 124 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB III aF Zeiten einer mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden selbstständigen Tätigkeit nicht eingerechnet. Die Rahmenfrist endet in diesem Fall jedoch spätestens nach fünf Jahren seit ihrem Beginn (§ 124 Abs. 3 Satz 2 SGB III aF). Die Anwartschaftszeit für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Alg wäre daher erfüllt, wenn er in der Zeit vom 12.07.1999 bis 11.07.2004 zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hätte. Dies ist nicht der Fall. Der Kläger war innerhalb der Rahmenfrist nur vom 12.07.1999 bis 30.06.2000 versicherungspflichtig beschäftigt. Die erforderliche Anwartschaftszeit von zwölf Monaten ist somit nicht erfüllt.
Demgegenüber kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen mit dem Ziel, durch die Beklagte so gestellt zu werden, als habe er sich noch rechtzeitig, mithin spätestens am 01.07.2004, arbeitslos gemeldet. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann zwar ein Versicherter in bestimmten Fällen trotz Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen im Wege eines solchen Herstellungsanspruchs verlangen, so gestellt zu werden, als lägen die Voraussetzungen vor, wenn es sich um Gestaltungen handelt, die gesetzlich zulässig sind; dies gilt insbesondere dann, wenn der Rechtsverlust darauf zurückzuführen ist, dass der Versicherungsträger eine sich aus dem Versicherungsverhältnis ergebende Nebenpflicht zur Auskunft, Beratung und verständnisvollen Förderung des Versicherten verletzt hat und zwischen der Pflichtverletzung des Versicherungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Typischerweise ist dies der Fall, wenn der Versicherungsträger den Versicherten nicht auf solche Gestaltungsmöglichkeiten hingewiesen hat, die klar zutage liegen und deren Wahrnehmung offensichtlich so zweckmäßig erscheint, dass jeder verständige Versicherte sie mutmaßlich nutzen würde. Die Verletzung solcher Betreuungspflichten führt zum Anspruch auf Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn sich der Versicherungsträger pflichtgemäß verhalten hätte. Das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kommt aber nur in den Fällen zum Tragen, in denen der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann. Dagegen bleibt für seine Anwendung in solchen Fällen kein Raum, in denen ein Nachteilsausgleich auf gesetzwidriges Handeln des Leistungsträgers hinauslaufen würde. Demgemäß lässt sich mit Hilfe des Herstellungsanspruchs ein Fehlverhalten des Leistungsträgers nur insoweit berichtigen, als die Korrektur mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang steht. Dies kann bei verspäteter Antragstellung, verspäteter Beitragsentrichtung oder verspäteter Vorlage von Unterlagen der Fall sein, wenn die Verspätung auf einem pflichtwidrigen Verhalten des Leistungsträgers beruht. Dagegen kann durch den Herstellungsanspruch eine Begebenheit tatsächlicher Art, die nicht der Gestaltung durch Verwaltungshandeln eines Versicherungsträgers zugänglich ist, im Wege der Fiktion nicht ungeschehen gemacht werden (zum Ganzen: BSG SozR 3-4100 § 249e AFG Nr. 4 mwN).
Die Voraussetzungen für einen Herstellungsanspruch sind nicht erfüllt. Der geltend gemachte Anspruch scheitert daran, dass die unstreitig erst am 12.07.2004 erfolgte Arbeitslosmeldung des Klägers nicht auf den 01.07.2004 vordatiert werden kann. Dies ist aus Rechtsgründen nicht möglich. Die Arbeitslosmeldung nach §§ 118 Abs. 1 Nr. 2, 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III aF, die neben der Arbeitslosigkeit und der Erfüllung der Anwartschaftszeit materiell-rechtliche Voraussetzung des Anspruchs auf Alg ist, stellt inhaltlich die Erklärung einer Tatsache dar, nämlich der Arbeitslosigkeit des Erklärenden (vgl. BSG SozR 4100 § 105 Nr. 2 zu den vergleichbaren Vorschriften der §§ 100 Abs. 1, 105 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes). Daraus folgt, dass die Arbeitslosmeldung nicht den Gestaltungsmöglichkeiten einer Willenserklärung unterliegt, weil sie keine Willenserklärung ist (BSG aaO unter Hinweis auf BSGE 9, 7, 12; 9, 240, 243). Hieran ist auch für das hier maßgebliche Recht festzuhalten, weil sich insoweit an der gesetzlichen Systematik nichts geändert hat. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass unabhängig von der hier zwischen den Beteiligten umstrittenen Frage, ob der Kläger von der Beklagten unrichtig beraten worden ist und deshalb sich erst zu einem Zeitpunkt arbeitslos gemeldet hat, zu dem die Anwartschaftszeit nicht mehr erfüllt war, eine rechtzeitige Arbeitslosmeldung des Klägers nicht fingiert werden kann. Ein Anspruch auf Alg steht dem Kläger daher mangels Arbeitslosmeldung spätestens am 01.07.2004 nicht zu. Die am 12.07.2004 wirksam erfolgte Arbeitslosmeldung kann nur Bedeutung für einen Anspruch zu diesem Zeitpunkt haben. Der Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung bestimmt nämlich nicht nur den Beginn des Anspruchs, sondern hat auch Bedeutung für die Frage, ob ein solcher Anspruch überhaupt zusteht, denn dieser Zeitpunkt ist - neben weiteren Voraussetzungen - maßgebend dafür, ob der Arbeitslose die für einen Anspruch auf Alg erforderliche Anwartschaftszeit erfüllt (vgl. BSG aaO). Entgegen der Auffassung des SG und des Klägers kann die erfolgte Arbeitslosmeldung zum 12.07.2004 deshalb keine Wirkung für einen früheren Zeitpunkt entfalten, zu dem die Anwartschaftszeit noch erfüllt war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) streitig.
Der 1974 geborene Kläger war vom 01.06.1997 bis 30.06.2000 als Elektrohelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis wurde durch einen zwischen den Arbeitsvertragsparteien geschlossenen Aufhebungsvertrag beendet. Am 23.06.2000 meldete der Kläger bei der Stadt Heilbronn ein Gewerbe (Verkauf von Elektromaterial und Haushaltsgeräten) an, das er am 18.10.2004 wieder abmeldete.
Am 12.07.2004 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg. Nach einem Beratungsvermerk der Beklagten nahm der Kläger am 29.07.2004 mit der Arbeitsagentur H. telefonisch Kontakt auf und erkundigte sich nach einem Anspruch auf Alg und Fristen etc. Er erhielt die Auskunft, er solle die Antragsunterlagen besorgen und alles beim Termin im AS klären. Mit Bescheid vom 19.10.2004 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger habe innerhalb der Rahmenfrist, die hier um Zeiten der selbstständigen Tätigkeit des Klägers verlängert worden sei und vom 12.07.1999 bis 11.07.2004 reiche, nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Auch ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestehe nicht, da der Kläger innerhalb der Vorfrist vom 12.07.2002 bis 11.07.2004 kein Alg bezogen habe.
Dagegen legte der Kläger am 21.10.2004 Widerspruch ein und brachte vor, er sei (lediglich) vom 01.06.2000 bis 11.07.2004 selbstständig gewesen. Wegen der schlechten Auftragslage habe er sein Gewerbe am 18.10.2004 abgemeldet. Er habe sich erst am 12.07.2004 arbeitslos gemeldet, weil ihm eine Mitarbeiterin der Beklagten hinsichtlich der Abmeldung seines Gewerbes eine falsche Auskunft gegeben habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Nach den aktenkundigen Unterlagen habe sich der Kläger erstmals am 12.07.2004 persönlich bei der Arbeitsagentur Heilbronn gemeldet. Ausgehend von diesem Datum sei die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Am 11.11.2004 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG), mit der er einen Anspruch auf Alg ab 12.07.2004 geltend machte. Zur Begründung brachte er vor, er habe den Antrag auf Alg erst am 12.07.2004 gestellt, weil ein Mitarbeiter der Beklagten seiner Ehefrau auf ihre telefonische Anfrage vom 18.03. oder 18.05.2004 - an welchem der genannten Tage das Gespräch stattgefunden habe, wisse sie nicht mehr - die unzutreffende Auskunft gegeben habe, die Rahmenfrist reiche bis Ende Juli 2004. Die Beklagte müsse sich daher so behandeln lassen, als ob er den Antrag innerhalb der Rahmenfrist gestellt hätte. Er legte hierzu die Einzelverbindungsübersichten der Deutschen Telekom vom 22.04. und 23.06.2004 mit den entsprechend gekennzeichneten Gesprächen vom 18.03. und 18.05.2004 (Telefonnummer jeweils 9690) vor.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, es erscheine ausgeschlossen, dass dem Kläger die von ihm geschilderte Auskunft erteilt worden sei, da mangels Kenntnis der sonstigen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg die Rahmenfrist weder im März noch im Mai 2004 von einem ihrer Mitarbeiter hätte berechnet werden können.
Das SG vernahm die Ehefrau des Klägers F. Z. (Z.) am 03.02.2006 als Zeugin. Diese gab an, sie habe in einem Merkblatt gelesen, dass beim Bezug von Alg eine Rahmenfrist beachtet werden müsse. Deshalb und auch wegen anderer Dinge habe sie sich bei der Arbeitsagentur H. telefonisch erkundigt. Die Durchwahlnummer ergebe sich aus den bereits vorgelegten Einzelverbindungsübersichten. Sie habe mit einer Dame gesprochen, der sie gesagt habe, dass ihr Ehemann selbstständig sei und wissen wolle, wann er sich spätestens bei der Arbeitsagentur melden müsse. Die Dame habe noch Daten abgefragt, wann er das letzte Mal gearbeitet und wann er sein Gewerbe angemeldet habe. Sie habe ihr dann gesagt, er müsse sich spätestens Ende Juli 2004 arbeitslos melden. Aus diesem Grund habe sich ihr Ehemann dann am 12.07.2004 arbeitslos gemeldet. Sie könne ausschließen, dass es sich dabei um ein akustisches Missverständnis gehandelt habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.04.2006 hob das SG die angegriffenen Bescheide auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger ab 12.07.2004 Alg in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Zwar habe der Kläger die Anwartschaftszeit von einem Jahr innerhalb der Rahmenfrist vom 23.06.2000 bis 11.07.2004 nicht erfüllt, da hierfür zwölf Tage fehlten. Der geltend gemachte Anspruch stehe dem Kläger jedoch aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches zu. Aufgrund der glaubhaften Angaben der Zeugin Z. stehe zu seiner Überzeugung fest, dass Z. mit der Beklagten im März und im Mai 2004 telefonisch Kontakt aufgenommen habe und ihr von der Beklagten die unrichtige Auskunft erteilt worden sei, dass es genüge, wenn sich der Kläger bis Ende Juli 2004 arbeitslos melde. Zwar könne der konkrete Verlauf der Rahmenfrist nur anhand eines konkreten Termins der Arbeitslosmeldung berechnet werden. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass einem Anrufer eine überschlägige Berechnung mitgeteilt werde. Wenn dem Mitarbeiter der Beklagten klar gewesen sei, dass eine konkrete Berechnung nicht möglich sei, hätte ein Hinweis auf eine weitergehende, persönliche Beratung erfolgen müssen. Daran fehle es hier. Durch diese Pflichtverletzung der Beklagten sei dem Kläger ein Nachteil entstanden, der auch auf die Pflichtverletzung zurückzuführen sei. Ein Grund, weshalb sich der Kläger bei einer anderen Beratung nicht hätte früher arbeitslos melden sollen, sei nicht ersichtlich. Der hier gegebene sozialrechtliche Herstellungsanspruch scheitere auch nicht daran, dass sich der Kläger erst am 12.07.2004 persönlich arbeitslos gemeldet habe, da es hierauf gerade nicht ankomme. Dies hätte nur dann Bedeutung, wenn der Kläger einen Anspruch auf Alg bereits für einen Zeitraum vor dem 12.07.2004 geltend machen würde.
Gegen den ihr am 06.04.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 08.5.2006 (Montag) Berufung eingelegt. Sie macht geltend, das SG habe die angegriffenen Bescheide zu Unrecht aufgehoben. Der Kläger könne nicht aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als ob er sich vor dem 12.07.2004 arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hätte. Die Tatsache, dass der Kläger zum Zeitpunkt seiner Arbeitslosmeldung am 12.07.2004 die Anwartschaftszeit nicht erfüllt hat, könne im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht fingiert werden, da dies eine gesetzlich nicht zulässige Amtshandlung voraussetzen würde. Auch könne eine frühere Arbeitslosmeldung nicht unterstellt werden, weil der Kläger vor dem 12.07.2004 nicht arbeitslos gewesen sei. Im Übrigen seien die Angaben von Z. und die vorgelegten Einzelverbindungsnachweise der Deutschen Telekom nicht geeignet, einen Beratungsfehler nachzuweisen. Dadurch sei lediglich belegt, dass Z. Kontakt zur Arbeitsagentur gehabt habe. Sie habe aber weder den Namen des Mitarbeiters bzw. der Mitarbeiterin oder die Abteilung nennen können, von dem bzw. von der sie die fehlerhafte Auskunft erhalten habe, noch habe sie den genauen Inhalt des Gespräches wiedergeben können. Sowohl über eine telefonische Kontaktaufnahme im März als auch im Mai 2004 lägen ihr keine Beratungsvermerke vor. Es sei ausgeschlossen, dass es gleich zweimal versäumt worden sei, entsprechende Beratungsvermerke anzufertigen.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 3. April 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und macht geltend, entgegen der Auffassung der Beklagten könne der ihm entstandene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden, da erst ab 12.07.2004 ein Anspruch auf Alg bejaht worden sei. Zu unterscheiden sei hier zwischen der Beratungspflichtverletzung, die zum Anspruch führe und der Frage, ab wann ein entsprechender Anspruch zustehe. Im Übrigen sei der Inhalt der Telefongespräche durch die Angaben von Z. ausreichend nachgewiesen. Im Ergebnis könne es keinem Zweifel unterliegen, dass die Falschberatung an einem der beiden genannten Tage (18.03. oder 18.05.2004) stattgefunden habe. Dass von der Beklagten keine Beratungsvermerke angefertigt worden seien, liege daran, dass Vermerke regelmäßig erst dann gefertigt würden, wenn Anträge bei der Beklagten vorlägen und entsprechende Akten existierten.
Mit der Terminsbestimmung ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass der Senat die vom SG vertretene Auffassung zum Herstellungsanspruch möglicherweise nicht teilt und deshalb die Berufung der Beklagten Aussicht auf Erfolg habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 19.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2004, mit dem die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Alg mangels Erfüllung der Anwartschaftszeit abgelehnt hat.
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat die angegriffenen Bescheide zu Unrecht aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 12.07.2004 Alg zu bewilligen. Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Alg ab 12.07.2004.
Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit haben gemäß § 118 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III) in der aufgrund des Gesetzes vom 23.12.2003 (BGBl. I 2848) seit 01.01.2004 geltenden und daher hier maßgeblichen Fassung Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Der Kläger hat sich zwar am 12.07.2004 bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet, hat aber ausgehend von diesem Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Diese Voraussetzung erfüllt nach § 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung (SGB III aF) nur, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Vorschrift ist hier noch in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung anzuwenden, da diese Fassung gemäß § 434j Abs. 3 SGB III noch für bis 31.01.2006 entstandene Ansprüche gilt. Die Rahmenfrist beträgt somit drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg (§ 124 Abs. 1 SGB III aF). Zu diesen (sonstigen) Anspruchsvoraussetzungen gehört auch die Arbeitslosmeldung.
In die Rahmenfrist werden gemäß § 124 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB III aF Zeiten einer mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden selbstständigen Tätigkeit nicht eingerechnet. Die Rahmenfrist endet in diesem Fall jedoch spätestens nach fünf Jahren seit ihrem Beginn (§ 124 Abs. 3 Satz 2 SGB III aF). Die Anwartschaftszeit für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Alg wäre daher erfüllt, wenn er in der Zeit vom 12.07.1999 bis 11.07.2004 zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hätte. Dies ist nicht der Fall. Der Kläger war innerhalb der Rahmenfrist nur vom 12.07.1999 bis 30.06.2000 versicherungspflichtig beschäftigt. Die erforderliche Anwartschaftszeit von zwölf Monaten ist somit nicht erfüllt.
Demgegenüber kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen mit dem Ziel, durch die Beklagte so gestellt zu werden, als habe er sich noch rechtzeitig, mithin spätestens am 01.07.2004, arbeitslos gemeldet. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann zwar ein Versicherter in bestimmten Fällen trotz Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen im Wege eines solchen Herstellungsanspruchs verlangen, so gestellt zu werden, als lägen die Voraussetzungen vor, wenn es sich um Gestaltungen handelt, die gesetzlich zulässig sind; dies gilt insbesondere dann, wenn der Rechtsverlust darauf zurückzuführen ist, dass der Versicherungsträger eine sich aus dem Versicherungsverhältnis ergebende Nebenpflicht zur Auskunft, Beratung und verständnisvollen Förderung des Versicherten verletzt hat und zwischen der Pflichtverletzung des Versicherungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Typischerweise ist dies der Fall, wenn der Versicherungsträger den Versicherten nicht auf solche Gestaltungsmöglichkeiten hingewiesen hat, die klar zutage liegen und deren Wahrnehmung offensichtlich so zweckmäßig erscheint, dass jeder verständige Versicherte sie mutmaßlich nutzen würde. Die Verletzung solcher Betreuungspflichten führt zum Anspruch auf Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn sich der Versicherungsträger pflichtgemäß verhalten hätte. Das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kommt aber nur in den Fällen zum Tragen, in denen der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann. Dagegen bleibt für seine Anwendung in solchen Fällen kein Raum, in denen ein Nachteilsausgleich auf gesetzwidriges Handeln des Leistungsträgers hinauslaufen würde. Demgemäß lässt sich mit Hilfe des Herstellungsanspruchs ein Fehlverhalten des Leistungsträgers nur insoweit berichtigen, als die Korrektur mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang steht. Dies kann bei verspäteter Antragstellung, verspäteter Beitragsentrichtung oder verspäteter Vorlage von Unterlagen der Fall sein, wenn die Verspätung auf einem pflichtwidrigen Verhalten des Leistungsträgers beruht. Dagegen kann durch den Herstellungsanspruch eine Begebenheit tatsächlicher Art, die nicht der Gestaltung durch Verwaltungshandeln eines Versicherungsträgers zugänglich ist, im Wege der Fiktion nicht ungeschehen gemacht werden (zum Ganzen: BSG SozR 3-4100 § 249e AFG Nr. 4 mwN).
Die Voraussetzungen für einen Herstellungsanspruch sind nicht erfüllt. Der geltend gemachte Anspruch scheitert daran, dass die unstreitig erst am 12.07.2004 erfolgte Arbeitslosmeldung des Klägers nicht auf den 01.07.2004 vordatiert werden kann. Dies ist aus Rechtsgründen nicht möglich. Die Arbeitslosmeldung nach §§ 118 Abs. 1 Nr. 2, 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III aF, die neben der Arbeitslosigkeit und der Erfüllung der Anwartschaftszeit materiell-rechtliche Voraussetzung des Anspruchs auf Alg ist, stellt inhaltlich die Erklärung einer Tatsache dar, nämlich der Arbeitslosigkeit des Erklärenden (vgl. BSG SozR 4100 § 105 Nr. 2 zu den vergleichbaren Vorschriften der §§ 100 Abs. 1, 105 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes). Daraus folgt, dass die Arbeitslosmeldung nicht den Gestaltungsmöglichkeiten einer Willenserklärung unterliegt, weil sie keine Willenserklärung ist (BSG aaO unter Hinweis auf BSGE 9, 7, 12; 9, 240, 243). Hieran ist auch für das hier maßgebliche Recht festzuhalten, weil sich insoweit an der gesetzlichen Systematik nichts geändert hat. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass unabhängig von der hier zwischen den Beteiligten umstrittenen Frage, ob der Kläger von der Beklagten unrichtig beraten worden ist und deshalb sich erst zu einem Zeitpunkt arbeitslos gemeldet hat, zu dem die Anwartschaftszeit nicht mehr erfüllt war, eine rechtzeitige Arbeitslosmeldung des Klägers nicht fingiert werden kann. Ein Anspruch auf Alg steht dem Kläger daher mangels Arbeitslosmeldung spätestens am 01.07.2004 nicht zu. Die am 12.07.2004 wirksam erfolgte Arbeitslosmeldung kann nur Bedeutung für einen Anspruch zu diesem Zeitpunkt haben. Der Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung bestimmt nämlich nicht nur den Beginn des Anspruchs, sondern hat auch Bedeutung für die Frage, ob ein solcher Anspruch überhaupt zusteht, denn dieser Zeitpunkt ist - neben weiteren Voraussetzungen - maßgebend dafür, ob der Arbeitslose die für einen Anspruch auf Alg erforderliche Anwartschaftszeit erfüllt (vgl. BSG aaO). Entgegen der Auffassung des SG und des Klägers kann die erfolgte Arbeitslosmeldung zum 12.07.2004 deshalb keine Wirkung für einen früheren Zeitpunkt entfalten, zu dem die Anwartschaftszeit noch erfüllt war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass.
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