L 3 AL 2704/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 2574/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2704/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger nach einer zeitlichen Unterbrechung wieder Arbeitslosenhilfe (Alhi) zu gewähren ist.

Der 1959 geborene, schon in der Vergangenheit wiederholt arbeitslose und im Leistungsbezug der Beklagten stehende Kläger bezog im Anschluss an die Erschöpfung des durch den Bezug von Übergangsgeld (Übg) erworbenen Anspruches auf Arbeitslosengeld (Alg) ab 25.01.1999 Alhi, zuletzt aufgrund des Fortzahlungsbescheides vom 19.01.2000 ab 25.01.2000 in Höhe von 254,45 DM wöchentlich (36,35 DM täglich). Wie schon in den zuvor gestellten Anträgen hatte der Kläger auch im Fortzahlungsantrag vom 27.11.1999 unterschriftlich versichert, das Merkblatt I für Arbeitslose "Dienste und Leistungen" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Der Bezug von Alhi wurde mit Ablauf des 26.03.2000 beendet (Aufhebungsbescheid vom 30.03.2000), nachdem der Kläger ab 27.03.2000 in eine von der Bahnversicherungsanstalt (BVA) durch Zahlung von Übg geförderte Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation beim Berufsfortbildungswerk Heidelberg eingetreten war. Die Zahlung von Übg wurde von der BVA mit Ablauf des Monats Juni 2000 eingestellt, nachdem der Kläger an der Maßnahme, die an sich bis zum 22.09.2000 dauern sollte, ab dem 25.05.2000 unentschuldigt nicht mehr teilgenommen hatte. Den Abbruch der Maßnahme nahm die Beklagte zum Anlass, den Kläger mit Schreiben vom 14.07.2000 darauf hinzuweisen, dass bei Arbeitslosigkeit für die erneute Gewährung von Alhi seine persönliche Arbeitslosmeldung zwingend erforderlich sei.

Nach dem Abbruch der Maßnahme nahm der Kläger erstmals durch ein am 25.05.2001 beim Arbeitsamt Heidelberg eingegangenes Schreiben vom 21.05.2001, das im Betreff mit "mein Arbeitslosenhilfeantrag" gekennzeichnet ist, Kontakt mit der Beklagten auf. Darin berichtete er über Probleme mit seinem Vermieter und einen Unfall, bei dem er sich das Bein gebrochen hatte. Er bat darum, zumindest sicherzustellen, dass er krankenversichert sei, und stellte in Aussicht, in den nächsten Tagen persönlich vorstellig zu werden. Eine Reaktion der Beklagten auf dieses Schreiben ist nach Aktenlage nicht erkennbar.

Auf Veranlassung des Sozialamtes meldete sich der Kläger am 10.01.2003 bei der Beklagten persönlich arbeitslos, allerdings ohne einen Leistungsantrag zu stellen; auch in nachfolgenden Vorsprachen vom 04.06. und 04.07.2003 ging es lediglich um die Aufrechterhaltung bzw. Erneuerung des Vermittlungsgesuchs.

Das nächste Schreiben des Klägers an die Beklagte datiert vom 29.09.2003 und ging am 30.09.2003 beim Arbeitsamt Singen ein. Unter dem Betreff "Genehmigung von Arbeitslosenhilfe aus wichtigem Grund" vertrat der Kläger unter Berufung auf ein Urteil des Landessozialgerichtes Rheinland-Pfalz (L 1 AL 37/01) die Auffassung, auf einen förmlichen Weiterzahlungsantrag komme es nicht an, vielmehr behalte ein Arbeitsloser den Anspruch auf Alhi, solange er bedürftig sei. Weshalb er keinen Alhi-Antrag gestellt habe, sei mit persönlichen Gründen zu erklären.

Mit Bescheid vom 17.10.2003 lehnte die Beklagte den (formlosen) Antrag auf Alhi mit der Begründung ab, neben den übrigen Voraussetzungen sei es für den Anspruch auf Alhi erforderlich, dass innerhalb des letzten Jahres vor der Arbeitslosmeldung Alg bezogen worden sei, was der Kläger nicht nachgewiesen habe; ein Tatbestand zur Verlängerung der Jahresfrist liege nicht vor.

Der Widerspruch des Klägers, zu dessen Begründung er u.a. eine Kopie des letzten Alhi-Bewilligungsbescheides vom 19.01.2000 vorlegte, blieb ohne Erfolg. In ihrem Widerspruchsbescheid vom 10.11.2003 bezog sich die Beklagte nunmehr auch auf die Bestimmung des § 196 Satz 1 Nr. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), wonach der Anspruch des Klägers auf Alhi erloschen sei, weil seit dem letzten rechtmäßigen Bezug zuletzt bis 26.03.2000 mehr als ein Jahr verstrichen sei und Tatbestände für eine Verlängerung der Jahresfrist nach § 196 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 SGB III weder geltend gemacht worden seien noch nach Aktenlage vorlägen.

Deswegen hat der Kläger am 08.12.2003 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhoben. Als Grund dafür, dass er sich nicht persönlich bei der Beklagten gemeldet habe, gab er neben dem Unfall Beziehungsprobleme an, was ihm einen kräftigen seelischen Knacks zugefügt habe. Momentan beiziehe er Hartz IV, de facto gehe es ihm darum, eine gewaltige Krankenhausrechnung bezahlen zu können.

Mit Gerichtsbescheid vom 19.04.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da der ursprüngliche Alhi-Anspruch des Klägers nach § 196 Satz 1 Nr. 2 SGB III a.F. erloschen sei. Zwar verlängere der Bezug von Übg die einjährige Erlöschensfrist auf längstens bis zu zwei Jahre, aber auch das begründe den geltend gemachten Anspruch nicht, da sich der Kläger nach Abbruch der Maßnahme am 25.05.2000 erstmals wieder am 10.01.2003 persönlich arbeitslos gemeldet habe. Das vom Kläger bezogene Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz sei nicht einschlägig, weil es im Falle des Klägers nicht um die Frage der Wirksamkeit der Antragstellung, sondern um das Fehlen einer fristgerechten Arbeitslosmeldung als materiell-rechtlicher Anspruchsvoraussetzung gehe.

Gegen den ihm am 21.04.2006 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit der am 22.05.2006 (Montag) eingelegten Berufung. Erneut bringt er zum Ausdruck, dass es ihm an sich um die Begleichung von Krankheitskosten gehe, und er auf weitere Leistungen verzichte. Er habe sich deswegen nicht früher gemeldet, weil er noch Geld besessen habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. April 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 2003 zu verurteilen, ihm Arbeitslosenhilfe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ihrer Meinung nach ist der Gerichtsbescheid nicht zu beanstanden. Selbst wenn man unterstelle, dass auf das Schreiben des Klägers vom 21.05.2001 möglicherweise nicht adäquat reagiert worden sei, begründe dies eine Leistungsgewährung auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches, da die jedenfalls fehlende persönliche Arbeitslosmeldung nicht zu Gunsten des Klägers ersetzt werden könne.

Die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten beider Instanzen haben dem Senat vorgelegen. Auf den Inhalt dieser Akten sowie der schriftsätzlichen Äußerungen der Beteiligten wird zur näheren Darstellung des Sachverhalts verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist zulässig, im Hinblick auf § 64 Abs. 3 SGG insbesondere auch rechtzeitig eingelegt worden, jedoch in der Sache nicht begründet.

Der Anspruch des Klägers auf Alhi ist erloschen, weil er sich nicht innerhalb der Jahresfrist des § 196 Satz 1 Nr. 2 SGB III a.F., die mit dem Ablauf des Alhi-Bezugs am 26.03.2000 begonnen hat und nach § 196 Satz 2 Nr. 5 SGB III a.F. lediglich durch die anschließende Zeit des Übg-Bezugs bis Ende Juni 2000, längstens jedoch bis zu zwei Jahren verlängert worden ist, arbeitslos gemeldet hat. Anders als die Antragstellung, mit deren rechtlicher Bedeutung sich das vom Kläger bezogene Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz befasst, ist die Arbeitslosmeldung im Rahmen des SGB III weiterhin unverzichtbare materiell-rechtliche Voraussetzung für die Entstehung eines Leistungsanspruchs. Die im Falle des Klägers nach dem letzten Tag des Alhi-Bezugs erstmals für den 10.01.2003 nachgewiesene persönliche Arbeitslosmeldung liegt jedenfalls außerhalb der vorstehende erwähnten Zweijahresfrist, weshalb nicht geprüft zu werden braucht, ob eventuell auch eine fehlende Bedürftigkeit des Klägers die Erlöschensfrist verlängert hat (vgl. § 196 Satz 2 Nr. 1 SGB III). Das Sozialgericht hat dies im angefochtenen Gerichtsbescheid umfassend und zutreffend ausgeführt, weshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen wird (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Leistungsbegehren des Klägers auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches zu begründen ist. Ungeachtet der Frage, ob die Beklagte, wenngleich sie den Kläger bereits mit Schreiben vom 14.07.2000 auf das zwingende Erfordernis einer persönlichen Arbeitslosmeldung hingewiesen hat, verpflichtet gewesen wäre, den Kläger anlässlich dessen Schreibens vom 25.05.2001 nocheinmal konkret zu beraten, steht dem entgegen, dass eine fehlende persönliche Arbeitsmeldung nicht über den Weg des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzt werden kann (vgl. grundlegend Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 19.03.1986 - 7 RAr 17/84 -, in SozR 1300 § 28 Nr. 1).

Die Berufung des Klägers hat somit unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg und ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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