Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 2342/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 3202/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in der Zeit vom 01.05.2006 bis 30.04.2007 Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat.
Die 1958 geborene Klägerin stand bis zum 31.07.2007 in einem Arbeitsverhältnis, aus welchem sie ein gleichbleibendes monatliches Gehalt von 400,- Euro (brutto = netto) bezog.
Mit Bescheid vom 13.04.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin, die bereits seit dem 01.01.2005 Leistungen nach dem SGB II bezieht, auf deren Antrag für die Zeit vom 01.05.2006 bis 31.10.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 105,- Euro (Regelleistung 345,- Euro abzüglich zu berücksichtigendes Einkommen 240,- Euro). Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.06.2006 zurück. Zur Begründung führte sie aus, auf den Bedarf der Klägerin in Höhe von monatlich 345,- Euro sei deren Einkommen anzurechnen. Da das monatliche Einkommen der Klägerin nicht mehr als 400,- Euro betrage, sei gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II anstelle der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II ein Betrag von insgesamt 100,- Euro monatlich abzusetzen. Gemäß § 30 Satz 1 Nr. 1 SGB II sei ein weiterer Betrag in Höhe von 60,- Euro vom Einkommen abzusetzen. Danach ergebe sich ein Restbedarf an Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 105,- Euro, der nicht durch die Einnahmen gedeckt sei.
Gegen den am 22.06.2006 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 24.07.2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben.
Mit Bescheid vom 25.09.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.11.2006 bis 30.04.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ebenfalls in Höhe von monatlich 105,- Euro. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2006 zurück. Die hiergegen am 22.12.2006 zum SG erhobene Klage hat dieses mit der bereits erhobenen Klage zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Klägerin hat vorgetragen, der Regelsatz von 345,- Euro sei zu gering bemessen und verstoße sowohl gegen Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) als auch gegen Art. 20 Abs. 1 GG und das Sozialstaatsgebot in Art. 28 Abs. 1 GG. Mit dem Regelsatz könne sie weder ihre laufenden Ausgaben decken noch einmalige Anschaffungen tätigen. Bereits eine Monatskarte, die sie für das Erreichen ihres Arbeitsplatzes benötige, koste 104,- Euro. Eine Verschlechterung gegenüber der früheren Rechtslage sei auch dadurch eingetreten, dass durch die Neuregelung vom 01.10.2005 die Fahrtkostenpauschale gestrichen worden sei. Die Klägerin hat unter Auflistung ihrer einzelnen Bedarfspositionen vorgetragen, erst ein Regelsatz von monatlich 479,50 Euro sei bedarfsdeckend, wobei weder die zum 01.01.2007 in Kraft getretene Mehrwertsteuererhöhung noch die Kosten für Einmalanschaffungen berücksichtigt seien.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.05.2007 hat das SG die Klagen abgewiesen. Es hat ausgeführt, das Gericht habe nicht die sichere Überzeugung gewonnen, dass die in Streit stehende Norm verfassungswidrig sei. Deshalb habe auch keine Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG zu erfolgen. In den angefochtenen Bescheiden sei die Höhe der der Klägerin zustehenden Leistung zutreffend festgesetzt worden.
Gegen den am 19.05.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18.06.2007 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Höhe der Regelleistung sei verfassungswidrig, da durch diese nicht das physische und soziokulturelle Existenzminimum gewährleistet sei. Es sei insbesondere nicht berücksichtigt worden, dass seit der Festlegung der Bezugsgrößen mit den Werten des Jahres 1988 zwischenzeitlich eine deutliche Preissteigerung stattgefunden habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 7. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 13. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2006 und des Bescheides vom 25. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2006 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Mai 2006 bis 30. April 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 799,52 Euro abzüglich bereits erbrachter Leistungen zu gewähren,
hilfsweise, das Verfahren gemäß § 100 Abs. 1 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob die Höhe der Regelleistung in § 20 Abs. 2 SGB II mit Art. 1 Abs. 1 und 3, Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und Art. 80 GG vereinbar ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Mit Urteil vom 14.11.2007 hat der Senat den Rhein-Neckar-Kreis als Träger der Unterkunftskosten verurteilt, der Klägerin für die Zeit von Januar 2006 bis Dezember 2006 Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 393,77 Euro und von Januar bis April 2007 in Höhe von monatlich 393,47 Euro zu gewähren.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Die Beklagte hat die der Klägerin zustehenden Leistungen unter Zugrundelegung der einfachgesetzlichen Regelungen zutreffend festgesetzt. Nach § 19 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen mindert die Geldleistungen der Agentur für Arbeit; soweit Einkommen und Vermögen darüber hinaus zu berücksichtigen ist, mindert es die Geldleistungen der kommunalen Träger. Die Regelleistung hat nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II für Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, im hier streitigen Zeitraum 345,- Euro betragen.
Als Einkommen zu berücksichtigen sind nach § 11 Abs. 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit bestimmten, hier nicht vorliegenden Ausnahmen. Zu berücksichtigen ist im streitigen Zeitraum danach das Einkommen der Klägerin in Höhe von monatlich 400,- Euro. Vom Einkommen abzusetzen sind die in § 11 Abs. 2 SGB II aufgeführten Beträge. Der durch das Freibetragsneuregelungsgesetz vom 14.08.2005 (BGBl. I S. 2407) mit Wirkung vom 01.10.2005 eingefügte § 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB II bestimmt, dass bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, anstelle der Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II ein Betrag von insgesamt 100,- Euro monatlich abzusetzen ist. Beträgt das monatliche Einkommen mehr als 400,- Euro, gilt Satz 2 nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige nachweist, dass die Summe der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 den Betrag von 100,- Euro übersteigt.
Da das Einkommen der Klägerin den Betrag von monatlich 400,- Euro nicht übersteigt, ist gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II als vom Einkommen abzusetzender Betrag ein monatlicher Betrag von 100,- Euro festzusetzen. Durch diesen sind die Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II), geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommenssteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommenssteuergesetzes nicht überschreiten (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II), sowie die mit der Erziehung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II) pauschaliert festgesetzt.
Die Beklagte hat darüber hinaus den weiteren Freibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SGB II i.V.m. § 30 SGB II abgezogen. Nach § 30 SGB II in der ab 01.10.2005 geltenden Fassung ist bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen, der sich für den Teil des monatlichen Einkommens, das 100,- Euro übersteigt und nicht mehr als 800,- Euro beträgt, auf 20 v.H. beläuft. Die Beklagte hat dementsprechend weitere 60,- Euro (20 v.H. von 300,- Euro) als weiteren Absetzbetrag berücksichtigt. Unter Absetzung eines Betrages von 160,- Euro sind damit vom Einkommen der Klägerin monatlich 240,- Euro zu berücksichtigen, so dass ein monatlicher Zahlbetrag von 105,- Euro festzusetzen war. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Pauschalierung der Absetzbeträge bestehen nicht (BSG, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - SozR 4-4200 § 20 Nr. 3).
Soweit die Klägerin dagegen auf ihre konkreten individuellen Aufwendungen abstellt, verkennt sie das der Ermittlung der Absetzbeträge zugrunde liegende Prinzip der Pauschalierung. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Pauschalierung der Absetzbeträge bestehen nicht (BSG, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - SozR 4-4200 § 20 Nr. 3). Zudem hat die Klägerin keine höheren als die mit der Pauschale gem. § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II berücksichtigten Aufwendungen geltend gemacht. Insbesondere hat sie keine Nachweise über Fahrtkosten i.H.v. monatlich 104,- Euro vorgelegt. Zudem beträgt der monatliche Preis für eine Monatsfahrkarte des gesamten Rhein-Neckar-Verkehrsverbundes ausweislich der Tarifinformation im Internet lediglich 65,- Euro.
Gegen die gesetzlichen Regelungen, die der Bemessung der Regelleistung zugrunde liegen, bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, so dass auch dem Hilfsantrag nicht stattzugeben war. Der Gesetzgeber hat bei der Festsetzung der Regelleistungen bei der Ermittlung der - zulässigerweise typisierten - Bedarfe wie schon bei der Sozialhilfe auf das Statistikmodell zurückgegriffen und der Bemessung der Regelleistung mit zunächst 345,- Euro die Höhe der bis dahin geltenden Regelsätze (ca. 297,- Euro) zuzüglich eines an der damaligen Bewilligungspraxis bezüglich einmaliger Leistungen gemessenen Anteils in Höhe von ca. 16 % zugrunde gelegt und hierdurch auch ein soziokulturelles Existenzminimum mit einbezogen (BSG, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - SozR 4-4200 § 20 Nr. 3). Er hat damit auch den von Verfassungs wegen gebotenen Schutz vor Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung durch die Anknüpfung an die aus der Sozialhilfe aufgegriffenen Erwägungen gewährleistet. Mit dem Rückgriff auf eine statistisch valide Einkommens- und Verbrauchsstichprobe und unter Anwendung des sog. Statistikmodells beruht die Regelleistung auf ausreichenden Erfahrungswerten.
Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass seit der Festsetzung des Regelsatzes die Lebenshaltungskosten, insbesondere durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die Kostensteigerung für Gebrauchsgüter des täglichen Bedarfs, gestiegen sind, und dieser Anstieg nicht durch die zum 01.07.2007 in Kraft getretene Erhöhung des Regelsatzes um 2 Euro ausgeglichen wurde. Gleichwohl ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass derzeit noch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die in § 20 Abs. 2 und 3 SGB II gesetzlich festgeschriebene Höhe der Regelleistungen bestehen., da die Grenze des zum Leben unerlässlichen, die im Schrifttum bei einer Bedarfsunterdeckung von 20 v.H. gesehen wird (Eicher/Spellbrink, SGB II, § 23 Rn. 32 m.w.N.), noch nicht unterschritten ist.
Die Berufung der Klägerin war deshalb mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in der Zeit vom 01.05.2006 bis 30.04.2007 Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat.
Die 1958 geborene Klägerin stand bis zum 31.07.2007 in einem Arbeitsverhältnis, aus welchem sie ein gleichbleibendes monatliches Gehalt von 400,- Euro (brutto = netto) bezog.
Mit Bescheid vom 13.04.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin, die bereits seit dem 01.01.2005 Leistungen nach dem SGB II bezieht, auf deren Antrag für die Zeit vom 01.05.2006 bis 31.10.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 105,- Euro (Regelleistung 345,- Euro abzüglich zu berücksichtigendes Einkommen 240,- Euro). Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.06.2006 zurück. Zur Begründung führte sie aus, auf den Bedarf der Klägerin in Höhe von monatlich 345,- Euro sei deren Einkommen anzurechnen. Da das monatliche Einkommen der Klägerin nicht mehr als 400,- Euro betrage, sei gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II anstelle der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II ein Betrag von insgesamt 100,- Euro monatlich abzusetzen. Gemäß § 30 Satz 1 Nr. 1 SGB II sei ein weiterer Betrag in Höhe von 60,- Euro vom Einkommen abzusetzen. Danach ergebe sich ein Restbedarf an Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 105,- Euro, der nicht durch die Einnahmen gedeckt sei.
Gegen den am 22.06.2006 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 24.07.2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben.
Mit Bescheid vom 25.09.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.11.2006 bis 30.04.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ebenfalls in Höhe von monatlich 105,- Euro. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2006 zurück. Die hiergegen am 22.12.2006 zum SG erhobene Klage hat dieses mit der bereits erhobenen Klage zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Klägerin hat vorgetragen, der Regelsatz von 345,- Euro sei zu gering bemessen und verstoße sowohl gegen Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) als auch gegen Art. 20 Abs. 1 GG und das Sozialstaatsgebot in Art. 28 Abs. 1 GG. Mit dem Regelsatz könne sie weder ihre laufenden Ausgaben decken noch einmalige Anschaffungen tätigen. Bereits eine Monatskarte, die sie für das Erreichen ihres Arbeitsplatzes benötige, koste 104,- Euro. Eine Verschlechterung gegenüber der früheren Rechtslage sei auch dadurch eingetreten, dass durch die Neuregelung vom 01.10.2005 die Fahrtkostenpauschale gestrichen worden sei. Die Klägerin hat unter Auflistung ihrer einzelnen Bedarfspositionen vorgetragen, erst ein Regelsatz von monatlich 479,50 Euro sei bedarfsdeckend, wobei weder die zum 01.01.2007 in Kraft getretene Mehrwertsteuererhöhung noch die Kosten für Einmalanschaffungen berücksichtigt seien.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.05.2007 hat das SG die Klagen abgewiesen. Es hat ausgeführt, das Gericht habe nicht die sichere Überzeugung gewonnen, dass die in Streit stehende Norm verfassungswidrig sei. Deshalb habe auch keine Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG zu erfolgen. In den angefochtenen Bescheiden sei die Höhe der der Klägerin zustehenden Leistung zutreffend festgesetzt worden.
Gegen den am 19.05.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18.06.2007 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Höhe der Regelleistung sei verfassungswidrig, da durch diese nicht das physische und soziokulturelle Existenzminimum gewährleistet sei. Es sei insbesondere nicht berücksichtigt worden, dass seit der Festlegung der Bezugsgrößen mit den Werten des Jahres 1988 zwischenzeitlich eine deutliche Preissteigerung stattgefunden habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 7. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 13. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2006 und des Bescheides vom 25. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2006 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Mai 2006 bis 30. April 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 799,52 Euro abzüglich bereits erbrachter Leistungen zu gewähren,
hilfsweise, das Verfahren gemäß § 100 Abs. 1 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob die Höhe der Regelleistung in § 20 Abs. 2 SGB II mit Art. 1 Abs. 1 und 3, Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und Art. 80 GG vereinbar ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Mit Urteil vom 14.11.2007 hat der Senat den Rhein-Neckar-Kreis als Träger der Unterkunftskosten verurteilt, der Klägerin für die Zeit von Januar 2006 bis Dezember 2006 Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 393,77 Euro und von Januar bis April 2007 in Höhe von monatlich 393,47 Euro zu gewähren.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Die Beklagte hat die der Klägerin zustehenden Leistungen unter Zugrundelegung der einfachgesetzlichen Regelungen zutreffend festgesetzt. Nach § 19 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen mindert die Geldleistungen der Agentur für Arbeit; soweit Einkommen und Vermögen darüber hinaus zu berücksichtigen ist, mindert es die Geldleistungen der kommunalen Träger. Die Regelleistung hat nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II für Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, im hier streitigen Zeitraum 345,- Euro betragen.
Als Einkommen zu berücksichtigen sind nach § 11 Abs. 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit bestimmten, hier nicht vorliegenden Ausnahmen. Zu berücksichtigen ist im streitigen Zeitraum danach das Einkommen der Klägerin in Höhe von monatlich 400,- Euro. Vom Einkommen abzusetzen sind die in § 11 Abs. 2 SGB II aufgeführten Beträge. Der durch das Freibetragsneuregelungsgesetz vom 14.08.2005 (BGBl. I S. 2407) mit Wirkung vom 01.10.2005 eingefügte § 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB II bestimmt, dass bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, anstelle der Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II ein Betrag von insgesamt 100,- Euro monatlich abzusetzen ist. Beträgt das monatliche Einkommen mehr als 400,- Euro, gilt Satz 2 nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige nachweist, dass die Summe der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 den Betrag von 100,- Euro übersteigt.
Da das Einkommen der Klägerin den Betrag von monatlich 400,- Euro nicht übersteigt, ist gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II als vom Einkommen abzusetzender Betrag ein monatlicher Betrag von 100,- Euro festzusetzen. Durch diesen sind die Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II), geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommenssteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommenssteuergesetzes nicht überschreiten (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II), sowie die mit der Erziehung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II) pauschaliert festgesetzt.
Die Beklagte hat darüber hinaus den weiteren Freibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SGB II i.V.m. § 30 SGB II abgezogen. Nach § 30 SGB II in der ab 01.10.2005 geltenden Fassung ist bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen, der sich für den Teil des monatlichen Einkommens, das 100,- Euro übersteigt und nicht mehr als 800,- Euro beträgt, auf 20 v.H. beläuft. Die Beklagte hat dementsprechend weitere 60,- Euro (20 v.H. von 300,- Euro) als weiteren Absetzbetrag berücksichtigt. Unter Absetzung eines Betrages von 160,- Euro sind damit vom Einkommen der Klägerin monatlich 240,- Euro zu berücksichtigen, so dass ein monatlicher Zahlbetrag von 105,- Euro festzusetzen war. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Pauschalierung der Absetzbeträge bestehen nicht (BSG, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - SozR 4-4200 § 20 Nr. 3).
Soweit die Klägerin dagegen auf ihre konkreten individuellen Aufwendungen abstellt, verkennt sie das der Ermittlung der Absetzbeträge zugrunde liegende Prinzip der Pauschalierung. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Pauschalierung der Absetzbeträge bestehen nicht (BSG, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - SozR 4-4200 § 20 Nr. 3). Zudem hat die Klägerin keine höheren als die mit der Pauschale gem. § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II berücksichtigten Aufwendungen geltend gemacht. Insbesondere hat sie keine Nachweise über Fahrtkosten i.H.v. monatlich 104,- Euro vorgelegt. Zudem beträgt der monatliche Preis für eine Monatsfahrkarte des gesamten Rhein-Neckar-Verkehrsverbundes ausweislich der Tarifinformation im Internet lediglich 65,- Euro.
Gegen die gesetzlichen Regelungen, die der Bemessung der Regelleistung zugrunde liegen, bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, so dass auch dem Hilfsantrag nicht stattzugeben war. Der Gesetzgeber hat bei der Festsetzung der Regelleistungen bei der Ermittlung der - zulässigerweise typisierten - Bedarfe wie schon bei der Sozialhilfe auf das Statistikmodell zurückgegriffen und der Bemessung der Regelleistung mit zunächst 345,- Euro die Höhe der bis dahin geltenden Regelsätze (ca. 297,- Euro) zuzüglich eines an der damaligen Bewilligungspraxis bezüglich einmaliger Leistungen gemessenen Anteils in Höhe von ca. 16 % zugrunde gelegt und hierdurch auch ein soziokulturelles Existenzminimum mit einbezogen (BSG, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - SozR 4-4200 § 20 Nr. 3). Er hat damit auch den von Verfassungs wegen gebotenen Schutz vor Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung durch die Anknüpfung an die aus der Sozialhilfe aufgegriffenen Erwägungen gewährleistet. Mit dem Rückgriff auf eine statistisch valide Einkommens- und Verbrauchsstichprobe und unter Anwendung des sog. Statistikmodells beruht die Regelleistung auf ausreichenden Erfahrungswerten.
Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass seit der Festsetzung des Regelsatzes die Lebenshaltungskosten, insbesondere durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die Kostensteigerung für Gebrauchsgüter des täglichen Bedarfs, gestiegen sind, und dieser Anstieg nicht durch die zum 01.07.2007 in Kraft getretene Erhöhung des Regelsatzes um 2 Euro ausgeglichen wurde. Gleichwohl ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass derzeit noch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die in § 20 Abs. 2 und 3 SGB II gesetzlich festgeschriebene Höhe der Regelleistungen bestehen., da die Grenze des zum Leben unerlässlichen, die im Schrifttum bei einer Bedarfsunterdeckung von 20 v.H. gesehen wird (Eicher/Spellbrink, SGB II, § 23 Rn. 32 m.w.N.), noch nicht unterschritten ist.
Die Berufung der Klägerin war deshalb mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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