Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 2679/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4612/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. August 2005 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 29. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. September 2002 verurteilt, dem Kläger vom 1. Mai 2002 bis 31. Oktober 2008 mit Ausnahme für die Zeit vom 21. November bis 20. Dezember 2003 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch streitig, ob der Kläger Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. November 2001 hat.
Der 1950 im ehemaligen Jugoslawien geborene Kläger absolvierte nach seinen Angaben von September 1965 bis Juni 1968 in seinem Herkunftsland eine Ausbildung als Dreher, ohne eine Abschlussprüfung abgelegt zu haben. Er war von 1968 bis 1970 als Dreher in seinem Herkunftsland, von Mai 1971 bis Dezember 1972 als Bauarbeiter und seit 1973 wieder als Dreher beschäftigt. Nach Angaben des Arbeitgebers, bei dem er zuletzt seit 1989 beschäftigt war, im Widerspruchsverfahren (Auskünfte vom 19. März vom 21. Juni 2002) verrichtete der Kläger folgende Tätigkeiten: Einrichten von Gewindebohrautomaten, Drehen von Einzelteilen und Schleifen von Werkzeugen unter Anleitung und Aufsicht. Es handle sich um eine ständig sitzend ausgeübte Tätigkeit, die im Allgemeinen von Facharbeitern verrichtet werde. Der Kläger habe keinen Ausbildungsabschluss nachgewiesen und die erforderliche Qualifikation durch Anlernen eines Facharbeiters sowie Meisters erlangt. Der Kläger habe wegen mangelnder theoretischer und praktischer Kenntnisse nicht über die entsprechenden Kenntnisse eines voll ausgebildeten Facharbeiters verfügt. Der Lohn sei gleich hoch gewesen wie der von Arbeitnehmern gleicher Art.
Ab 28. Februar 2001 war der Kläger wegen Beschwerden des rechten Kniegelenks arbeitsunfähig. Er erhielt Krankengeld vom 11. April 2001 bis 31. Juli 2002. Von 3. September 2001 bis 20. August 2003 arbeitete er mit Unterbrechungen im Rahmen einer stufenweisen Wiedereingliederung täglich vier Stunden und erhielt Arbeitsentgelt. Ab 20. August 2003 bestand erneut Arbeitsunfähigkeit. Er bezog wieder Krankengeld vom 1. Oktober bis 20. November 2003 sowie vom 8. Januar bis 31. Dezember 2004. Vom 21. November bis 20. Dezember 2003 befand er sich in einer stationären Rehabilitationsbehandlung und erhielt für diesen Zeitraum Übergangsgeld. Am 13. Dezember 2004 beantragte er Arbeitslosengeld.
Am 15. Oktober 2001 beantragte der Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbs¬unfähigkeit. Orthopäde M. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2001 eine Gonarthrose rechts, eine Adipositas (BMI 34), einen Nikotinabusus, ein Cervikobrachialsyndrom, eine chronische Gastritis, eine Hypertonie, eine Schwerhörigkeit beidseits, eine Daumengrundgelenksarthrose rechts, beginnend links sowie eine Hyperlipidämie. Die Gelenke der oberen und unteren Extremitäten wiesen keine funktionellen Defizite auf. Auf Grund des Ergebnisses der Begutachtung und der Durchsicht vorhandener Unterlagen (Röntgenaufnahmen und Arztberichte) sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers erheblich gefährdet. Durch berufsfördernde Maßnahmen, die derzeit im Rahmen einer Wiedereingliederung durchgeführt würden, lasse sich die Erwerbsfähigkeit wesentlich verbessern. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Dreher bestehe ein sechs- und mehrstündiges Leistungsvermögen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten ebenfalls mittelschwere Tätigkeiten ohne ständiges Stehen, ständiges Knien und ständige Hockstellung ausgeführt werden.
Die Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz, Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte), lehnte den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege (Bescheid vom 29. Januar 2002). Den Widerspruch des Klägers wies die Widerspruchsstelle der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 17. September 2002). Die Widerspruchsstelle folgte der Leistungsbeurteilung des Orthopäden M ...
Gegen den am 18. September 2002 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 21. Oktober 2002 Klage beim Sozialgericht Reutlingen erhoben. Sein ursprüngliches Begehren auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen Berufsunfähigkeit hat er in der mündlichen Verhandlung auf Versichertenrente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, fürsorglich wegen Berufsunfähigkeit umgestellt. Insbesondere wegen der Gonarthrose rechts sei seine Erwerbsfähigkeit auf weniger als sechs Stunden gesunken. Der von ihm erlernte Beruf des Drehers sei durch langes Stehen vor den Drehmaschinen gekennzeichnet. Auf Grund der Einschränkungen in den Kniegelenken könne er stehende Tätigkeiten nicht mehr ausüben. Er sei Facharbeiter in einem anerkannten Ausbildungsberuf. Er könne nicht durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult werden. Im August 2003 sei er an der Schulter operiert worden. Er hat verschiedene Unterlagen eingereicht.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die von ihr vorgelegte sozialmedizinische Stellungnahme der Chirurgin Dr. P. vom 26. August 2003 eine andere Beurteilung des Leistungsbildes für nicht erforderlich angesehen. Von einer Besserung der Beschwerdesymptomatik von Seiten der Kniegelenke seit dem letzten operativen Eingriff im Jahr 2001 müsse ausgegangen werden. Bezüglich der von Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Pe. berichteten Behandlung wegen einer neurotischen Depression und eines benignen paroximalen Schwindels müsse davon ausgegangen werden, dass die rezeptierten Medikamente die Beschwerden gebessert hätten.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte (Arzt für Allgemeinmedizin Dr. C., Arzt für Orthopädie Dr. N. sowie Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Pe.) als sachverständige Zeugen gehört.
Die damalige Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (jetzt Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg) hat dem Kläger auf seinen Antrag vom 27. Oktober 2003 die stationäre medizinische Rehabilitation vom 21. November bis 20. Dezember 2003 bewilligt (Bescheid vom 5. November 2003). Die Entlassung ist arbeitsfähig für die Tätigkeit als Dreher erfolgt. Im Entlassungsbericht vom 20. Dezember 2003 hat Dr. Ne. als Diagnosen chronifizierte Schmerzen in beiden Kniegelenken, im Kreuz und im rechten Schultergelenk bei degenerativen Veränderungen, Adipositas, therapiepflichtige arterielle Hypertonie, chronische Bronchitis bei fortgesetztem Nikotinabusus sowie Depressionen genannt und den Kläger für vollschichtig, auch für mehr als sechs Stunden, einsetzbar in der Tätigkeit als Dreher gehalten. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig möglichst im Wechselrhythmus verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten über Schulterhöhe, monoton repetitive Belastungen der rechten Schulter sowie permanent stehende oder gehende Tätigkeiten. Nach Aufforderung durch seine Krankenkasse hat der Kläger am 13. August 2004 einen weiteren Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bei der damaligen Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg gestellt. Ärztin für Psychiatrie I. hat in dem daraufhin veranlassten psychiatrischen Gutachten vom 25. September 2004 eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome auf dem Hintergrund einer langjährigen Schmerzsymptomatik auf Grund orthopädischer Probleme diagnostiziert. Deshalb bestehe derzeit berechtigterweise Arbeitsunfähigkeit. Auf Grund der engen Verzahnung von Schmerz und Depression könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt derzeit in diesem Zustand keine verwertbare Arbeit leisten ohne Gefahr einer suizidalen Krise und Gefährdung seiner Restgesundheit. Auch sei er für seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit aus psychiatrischer Sicht derzeit nicht einsetzbar. In dem anschließend auf Anregung der Psychiaterin I. veranlassten orthopädischen Gutachten vom 10. Mai 2005 hat Dr. B. eine leichtere Degeneration im Bereich der linken Schulter sowie der Lendenwirbelsäule, deutliche Degenerationen der rechten Schulter, operativ behandelt und jeweils mit zur Zeit eher leichten funktionellen Einschränkungen sowie im Vordergrund stehende fortgeschrittene Gonarthrosen beidseits mit ausgeprägten funktionellen Einschränkungen und starker glaubhafter Reduzierung der maximalen Gehleistung beschrieben. Eine Rehabilitationsmaßnahmen werden das Beschwerdebild beider Kniegelenke nicht wesentlich beeinflussen. Zu diskutieren seien weitere operative Maßnahmen im Sinne der Versorgung mit Totalendoprothesen. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage seiner bisherigen stehenden Tätigkeit als Dreher nachzugehen. Momentan bestehe kein positives Leistungsbild. Nach operativer Versorgung beider Kniegelenke sei eine erneute Beurteilung erforderlich. Die damaligen Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg hat mit Bescheid vom 25. Juli 2005 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation abgelehnt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat Privatdozent Dr. L. das orthopädische Gutachten vom 23. Februar 2005 erstattet. Er hat eine deutliche Varusgonarthrose und Retropatellararthrose im Bereich beider Kniegelenke, links mehr als rechts, einen Zustand nach Rotatorenmanschettenruptur und Rotatorenmanschettenrefixation rechts mit Nachweis einer Ruptur im Supraspinatussehnenanteil rechts, eine chronische Bursitis subacromialis beider Schultergelenke sowie ein degeneratives Wirbelsäulenverschleißleiden mit geringem, sensiblem Wurzelschaden L 5 und S 1 links bei ausgeprägter Spondylarthrose L 5/S 1 diagnostiziert. Aufgrund der arthrotischen Veränderungen beider Kniegelenke bestehe eine erhebliche, schmerzhafte Funktionseinschränkung beider Kniegelenke. Eine Verbesserung der Funktion sei unter Umständen mit einem prothetischen Ersatz möglich, jedoch nicht gesichert. Die Zusammensicht der Befunde, insbesondere in Kombination der Knie- und Wirbelsäulenveränderungen, bedinge aus orthopädischer Sicht eine deutliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit. Möglich seien allenfalls Arbeiten im Sitzen vier Stunden täglich mit stündlichen Pausen von zehn Minuten.
Die Beklagte ist dem Gutachten mit der sozialmedizinischen Stellungnahme der Chirurgin Pa. vom 14. Juni 2005 entgegengetreten. Bei den vom Gutachter erhobenen Befunden im Bereich des Kniegelenks könne nicht von einer deutlichen Funktionseinbuße gesprochen werden. Es bestehe weiterhin ein Leistungsvermögen für eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden und mehr im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, wobei der sitzende Anteil überwiegen solle. Erfordere die Tätigkeit als Dreher ein dauerndes Stehen oder dauerndes Sitzen auch bei einer vollschichtigen Tätigkeit, wäre diese Tätigkeit nur noch drei bis unter sechs Stunden ausführbar.
Das Sozialgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. September 2002 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. November 2001 eine Versichertenrente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen (Urteil vom 11. August 2005). Es hat sich auf das Gutachten des Privatdozenten Dr. L. gestützt.
Gegen das Urteil, dessen Empfang die Beklagte mit dem 13. Oktober 2005 bescheinigt hat, hat die Beklagte am 4. November 2005 Berufung eingelegt. Unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Chirurgin Pa. vom 14. Juni 2005 ist sie der Auffassung, die von Privatdozent Dr. L. getroffene sozialmedizinische Beurteilung werde nicht durch entsprechende Funktionsbefunde belegt. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit sei nicht gegeben, da der Kläger als Angelernter im oberen Bereich noch die Tätigkeit eines (einfachen) Pförtners verrichten könne. Sie hat die Stellungnahme des Chirurgen und Internisten Dr. Sc. vom 20. Oktober 2005 vorgelegt. Dr. Sc. hat sich der Auffassung der Chirurgin Pa. angeschlossen. Weiter hat sie die Stellungnahmen der Nervenärztin Dr. K. vom 23. November 2005, des Dr. Dipl. Psychologen W. vom 23. Mai 2007 sowie des Dr. Sc. vom 28. November 2005, 2. Januar, 17. Juli und 31. Oktober 2007 vorgelegt. Auf nervenärztlichem Gebiet könne von einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden. Die von Dr. B. erhobenen Befunde für die betreffenden Abschnitte des Bewegungsablaufs zeigten eine durchwegs gute Funktionalität. Die bestehenden Funktionseinschränkungen seien weiterhin nicht so bedeutsam, dass sich damit nach sozialärztlichem Verständnis eine zeitliche Leistungsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt schlüssig nachvollziehbar begründen lasse.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. August 2005 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht auch geltend, das Beschwerdebild im Bereich der linken Schulter, der Hüfte und des Kniegelenks habe sich verschlechtert und seine Arbeitsfähigkeit auf drei Stunden täglich reduziert.
Der Senat hat Neurologen und Psychiater Dr. Pe. sowie Orthopäden Dr. Bu. als sachverständige Zeugen gehört und die den Kläger betreffenden Reha-Akten der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg beigezogen.
Auf Veranlassung des Senats hat Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin Dr. Dipl. Psych. Tr. das Gutachten vom 26. April 2007 erstattet. Auf seinem Gebieten hat er eine Dysthymia (ICD-10: F34.1) mit Neigung zu dysphorischem Affekt sowie einen schädlichen Gebrauch von Nikotin (ICD-10; F17.1) diagnostiziert und weiter ausgeführt, die unter den Vordiagnosen auftauchende somatoforme Störung könne nicht festgestellt werden. Das Vorliegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10: F45.4) könne nicht mit ausreichender Sicherheit bejaht werden, da die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet sicher nachgewiesen und belegt seien, wenn auch über den Ausprägungsgrad nicht immer genaue Übereinstimmung zwischen allen Beurteilern bestehe. Aus neurologischer Sicht bestünden gegenwärtig keine die Leistungsfähigkeit in relevanter Weise einschränkende objektivierbare gesundheitliche Störungen. Auch weitere psychische Störungen, insbesondere eine hirnorganisches Psychosyndrom oder psychotische Erkrankungen, seien nicht belegbar. Einschränkungen der quantitativen Leistungsfähigkeit auf nervenärztlichem Gebiet ergäben sich nicht, allerdings qualitative Leistungseinschränkungen. Die geistige/psychische Belastbarkeit sei durch die Dysthymia eingeschränkt. Der Kläger sei nicht mehr ausreichend belastbar für Tätigkeiten in Nachtschicht, schwere körperliche Arbeit, Tätigkeiten unter ausgeprägtem Zeitdruck und Tätigkeiten in Akkord sowie Fließbandarbeit. Im Fall einer Überforderung bestehe die Gefahr des Auftretens ausgeprägter depressiver Dekompensationen. Die von Dr. I. diagnostizierte schwere depressive Episode sei aktuell im psychischen Befund nicht feststellbar, könne aber zum Zeitpunkt ihrer Begutachtung vorgelegen haben und der Verlauf sei entsprechend der Bezeichnung "Episode" ein vorübergehender gewesen.
Weiter hat Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Pe. das Gutachten vom 14. Oktober 2007 erstattet. Beim Kläger bestünden fortgeschrittene degenerative Veränderungen im Bereich beider Schultergelenkweichteile, beider Kniegelenke und der lumbalen Zwischenwirbelgelenke, wobei aktuell die Beschwerden im Bereich beider Kniegelenke und der linken Schulter im Vordergrund stünden. Das beim Kläger seit vielen Jahren vorliegende Übergewicht bedinge eine Verschlimmerung der Schmerzsymptomatik im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule und beider Kniegelenke. Selbst eine Gewichtsreduktion würde bei den fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen beider Kniegelenke nicht zu einer relevanten Besserung der Kniegelenksymptomatik und Kniegelenksfunktion führen. Es bestehe jetzt die Indikation für den endoprothetischen Ersatz beider Kniegelenke sowie für eine subakromiale Dekompression und Rotatorenmanschettennaht bei nachgewiesener Teilruptur im Bereich der linken Schulter. Die Gehstrecke sei auf 500 bis 1.000 Meter am Stück mit Hilfe einer rechtsseitig geführten Gehilfe eingeschränkt. Nicht mehr zumutbar seien körperliche Tätigkeiten in überwiegender stehender oder gehender Position, in Zwangshaltung der Kniegelenke, Tätigkeiten ab Schulterhöhe bis über Kopfhöhe, insbesondere mit dem linken Arm wegen der deutlich eingeschränkten Belastbarkeit der linken Schulter sowie Hebe- und Tragearbeiten über 15 Kilogramm. Die vom Kläger beschriebene Tätigkeit als Dreher sei derzeit nicht mehr leidensgerecht. Angesichts der bestehenden Operationsindikationen für die linken Schulter und beide Kniegelenke bestehe derzeit auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine nur unter vollschichtige (drei bis unter sechs Stunden täglich) Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten körperlicher Art in überwiegend sitzender Beschäftigung. Aufgrund der Reizsymptomatik beider Kniegelenke und der linken Schulter werde der Kläger mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage sein, die üblichen Arbeitsbedingungen ohne betriebsunübliche Pausen zu erfüllen. Die Leistungseinschränkungen bestünden seit dem Nachweis der fortgeschrittenen Arthrose beider Kniegelenke im Jahr 2001 sowie der beidseitigen Degeneration der Schultergelenkrotatorenmanschetten in den Jahren 2003 und 2005.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts, die beigezogenen Akten der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligter nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist begründet, soweit das Sozialgericht die Beklagte verurteilt hat, eine unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen. Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. September 2002 zu Recht abgeändert, hätte die Beklagte aber nur verurteilen dürfen, dem Kläger vom 1. Mai 2002 bis 31. Oktober 2008 mit Ausnahme für die Zeit vom 21. November bis 20. Dezember 2003 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen.
Da nur die Beklagte Berufung eingelegt hat, ist im Berufungsverfahren darüber zu entscheiden, ob der Kläger ab 1. November 2001 Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hat. Soweit das Sozialgericht die Klage wegen des geltend gemachten Anspruchs des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderung abgewiesen hat, ist das Urteil des Sozialgerichts rechtskräftig.
Der Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beurteilt sich nach § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) in der zum 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Fassung des Art. 1 Nr. 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I, S. 1827), mit Wirkung ab 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 (BGBl. I, S. 554). Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Die Voraussetzungen der Nrn. 2 und 3 sind gegeben. Dies ergibt sich aus dem Prüfungsbogen der Beklagten vom 4. Juli 2002 (Blatt 45 der Verwaltungsakte). Der Kläger ist auch teilweise erwerbsgemindert. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Im Vordergrund stehen beim Kläger Beschwerden beider Kniegelenke. Beim Kläger besteht eine fortgeschrittene Arthrose beider Kniegelenke, rechts 3. Grades, links 4. Grades mit einer Reizsymptomatik. Der Senat stützt sich insoweit auf das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Dr. Pe. vom 14. Oktober 2007. Entsprechende Befunde werden allerdings auch schon in den früher erstatteten Gutachten dargelegt. Dr. L. beschrieb in seinem Gutachten vom 23. Februar 2005 ebenfalls eine deutliche Varusgonarthrose und Retropatellararthrose im Bereich beider Kniegelenke links mehr als rechts, die auch er als fortgeschritten bezeichnete. Schließlich nannte auch Dr. B. in dem von ihm erstatteten Gutachten vom 10. Mai 2005 eine fortgeschrittene Gonarthrose beidseits mit ausgeprägtem funktionellen Einschränkungen und starker Reduzierung der maximalen Gehleistung. Alle drei genannten Gutachter hielten darüber hinaus übereinstimmend eine Indikation für eine Totalendoprothese beider Kniegelenke für gegeben. Ebenso sahen sie die vom Kläger geklagten Beschwerden der Kniegelenke als glaubhaft an, was im Hinblick auf die fortgeschrittene Arthrose beider Kniegelenke auch nachvollziehbar ist. Die Kniegelenkserkrankung besteht jedenfalls seit dem Zeitpunkt des Antrags auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit am 15. Oktober 2001. Bereits in den Arztbriefen der Chirurgen Dr. Li. vom 19. April 2001 und Dr. Theißen vom 3. Juli 2001 ist eine Pangonarthrose 3. Grades des rechten Kniegelenks diagnostiziert.
Auf orthopädischem Gebiet bestehen daneben noch degenerative Veränderungen im Bereich beider Schultergelenke mit Bewegungseinschränkungen, vermehrt im Bereich der linken Schulter. Auch insoweit sieht Dr. Pe. bezüglich der linken Schulter die Indikation für einen operativen Eingriff.
Aufgrund der auf orthopädischem Gebiet bestehenden Erkrankungen ist das Leistungsvermögen des Klägers auf unter sechs Stunden eingeschränkt. Der Senat folgt auch der Leistungsbeurteilung des Dr. Pe., weil diese, aufbauend auf der überzeugenden Befunderhebungen, schlüssig ist.
Der Einwand der Beklagten (insbesondere nochmals zuletzt in der Stellungnahme des Dr. Sc. vom 31. Oktober 2007), die von Dr. Pe. und Privatdozent Dr. L. mitgeteilte Bewegungsmaße zeigten keine bedeutsamen hochgradigen funktionellen Einschränkungen und der Leistungsbeurteilung der beiden Gutachter sei nicht zu folgen, weil sie sich auf die subjektive Beschwerdesymptomatik und nicht auf die tatsächlich vorhandenen objektiven funktionellen Einschränkungen stützten, greift nicht durch. Dass beim Kläger eine erhebliche Beschwerdesymptomatik besteht, ist für den Senat auf Grund der von Dr. Pe. erhobenen Befunde schlüssig. Die Beklagte übersieht insoweit die bestehende Reizsymptomatik. Sie erklärte nicht, weshalb diese massive Reizsymptomatik, die auch für den orthopädischen Gutachter Anlass war, die Indikation für eine Totalendoprothese zu stellen, keine Auswirkungen auf die Leistungsbeurteilung haben soll. Die Indikation für eine Totalendoprothese setzt voraus, dass im Bereich der Kniegelenke erhebliche Veränderungen gegenüber dem Normalzustand bestehen.
Auf nervenärztlichem Fachgebiet ergibt sich keine zeitliche Leistungseinschränkung sowohl für die bisherige Tätigkeit als auch für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Der Senat stützt sich insoweit auf das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Dr. Tr ... Aufgrund der Dysthymia ist die geistige psychische Belastbarkeit des Klägers eingeschränkt, weshalb er Tätigkeit mit bestimmten Anforderungen nicht mehr verrichten kann. Eine Depression besteht nicht. Die von Ärztin für Psychiatrie I. in ihrem Gutachten vom 25. September 2004 genannte depressive Episode konnte Dr. Tr. nicht mehr festzustellen. Wie er schlüssig dargelegt hat, lag insoweit eine vorübergehende Erkrankung vor. Ärztin für Psychiatrie I. leitete aus dieser Diagnose auch keine Leistungseinschränkungen ab. Sie hielt zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung die depressive Episode für unzureichend behandelt und sah auch vorrangig die orthopädischen Erkrankungen und die daraus resultierenden chronischen und schweren Schmerzen, die sie als glaubhaft bezeichnete, als Grund für eine Leistungseinschränkung an.
Der Kläger hat allerdings keinen Anspruch auf eine unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 29 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn (Satz 2). Sie kann verlängert werden; dabei verbleibt es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn. Verlängerungen erfolgen für längstens drei Jahre nach dem Ablauf der vorherigen Frist (Satz 3). Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann; hiervon ist nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren auszugehen (Satz 4). Seit dem 1. Januar 2001 werden in bewusster und gewollter Abkehr vom alten Recht Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit regelmäßig nur noch auf Zeit geleistet. Die in § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI formulierte Ausnahme vom Regelfall der Gewährung der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur auf Zeit liegt beim Kläger nicht vor. Denn es ist nicht "unwahrscheinlich", dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit bei ihm behoben werden kann. "Unwahrscheinlich" im Sinne des § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI ist dahingehend zu verstehen, dass schwerwiegende medizinische Gründe gegen eine - rentenrechtlich relevante - Besserungsaussicht sprechen müssen, so dass ein Dauerzustand vorliegt. Von solchen Gründen kann jedoch erst dann ausgegangen werden, wenn alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und auch hiernach ein aufgehobenes Leistungsvermögen besteht. Diese schließen alle Therapiemöglichkeiten nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V)) ein, also auch Operationen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese duldungspflichtig sind (zum Ganzen Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-2600 § 102 Nr. 2). Die beim Kläger im Vordergrund stehenden Beschwerden beider Kniegelenke sind einer weiteren Behandlung durch eine operative Versorgung mit Totalendoprothesen und damit Therapiemöglichkeiten nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zugänglich.
Nach § 101 Abs. 1 SGB VI werden befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Von dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist jedenfalls im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit am 15. Oktober 2001 auszugehen, sodass die Rente ab 1. Mai 2002 beginnt. Sie war auf drei Jahre zu befristen, mithin bis 30. April 2005. Da zu jenem Zeitpunkt eine Änderung, insbesondere eine Besserung nicht eingetreten war, ist sie um weitere drei Jahre bis 30. April 2008 zu verlängern. Es kann aber auch bis dahin nicht davon ausgegangen werden, dass die zur Verbesserung des Leistungsvermögens in Betracht kommenden operativen Behandlungen durchgeführt sein werden. Der gerichtliche Sachverständige Dr. Pe. geht von einem sechsmonatigen Zeitraum aus, in welchen die indizierten operativen Interventionen durchgeführt werden könnten. Deshalb hält der Senat eine weitere sechsmonatige Verlängerung für angemessen, mithin bis 31. Oktober 2008.
Kein Anspruch auf Zahlung von Rente besteht für den Zeitraum vom 21. November bis 20. Dezember 2003, weil der Kläger in diesem Zeitraum wegen der stationären Rehabilitationsbehandlung seinem eigenen Vorbringen nach Leistungen (Übergangsgeld) erhalten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch streitig, ob der Kläger Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. November 2001 hat.
Der 1950 im ehemaligen Jugoslawien geborene Kläger absolvierte nach seinen Angaben von September 1965 bis Juni 1968 in seinem Herkunftsland eine Ausbildung als Dreher, ohne eine Abschlussprüfung abgelegt zu haben. Er war von 1968 bis 1970 als Dreher in seinem Herkunftsland, von Mai 1971 bis Dezember 1972 als Bauarbeiter und seit 1973 wieder als Dreher beschäftigt. Nach Angaben des Arbeitgebers, bei dem er zuletzt seit 1989 beschäftigt war, im Widerspruchsverfahren (Auskünfte vom 19. März vom 21. Juni 2002) verrichtete der Kläger folgende Tätigkeiten: Einrichten von Gewindebohrautomaten, Drehen von Einzelteilen und Schleifen von Werkzeugen unter Anleitung und Aufsicht. Es handle sich um eine ständig sitzend ausgeübte Tätigkeit, die im Allgemeinen von Facharbeitern verrichtet werde. Der Kläger habe keinen Ausbildungsabschluss nachgewiesen und die erforderliche Qualifikation durch Anlernen eines Facharbeiters sowie Meisters erlangt. Der Kläger habe wegen mangelnder theoretischer und praktischer Kenntnisse nicht über die entsprechenden Kenntnisse eines voll ausgebildeten Facharbeiters verfügt. Der Lohn sei gleich hoch gewesen wie der von Arbeitnehmern gleicher Art.
Ab 28. Februar 2001 war der Kläger wegen Beschwerden des rechten Kniegelenks arbeitsunfähig. Er erhielt Krankengeld vom 11. April 2001 bis 31. Juli 2002. Von 3. September 2001 bis 20. August 2003 arbeitete er mit Unterbrechungen im Rahmen einer stufenweisen Wiedereingliederung täglich vier Stunden und erhielt Arbeitsentgelt. Ab 20. August 2003 bestand erneut Arbeitsunfähigkeit. Er bezog wieder Krankengeld vom 1. Oktober bis 20. November 2003 sowie vom 8. Januar bis 31. Dezember 2004. Vom 21. November bis 20. Dezember 2003 befand er sich in einer stationären Rehabilitationsbehandlung und erhielt für diesen Zeitraum Übergangsgeld. Am 13. Dezember 2004 beantragte er Arbeitslosengeld.
Am 15. Oktober 2001 beantragte der Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbs¬unfähigkeit. Orthopäde M. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2001 eine Gonarthrose rechts, eine Adipositas (BMI 34), einen Nikotinabusus, ein Cervikobrachialsyndrom, eine chronische Gastritis, eine Hypertonie, eine Schwerhörigkeit beidseits, eine Daumengrundgelenksarthrose rechts, beginnend links sowie eine Hyperlipidämie. Die Gelenke der oberen und unteren Extremitäten wiesen keine funktionellen Defizite auf. Auf Grund des Ergebnisses der Begutachtung und der Durchsicht vorhandener Unterlagen (Röntgenaufnahmen und Arztberichte) sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers erheblich gefährdet. Durch berufsfördernde Maßnahmen, die derzeit im Rahmen einer Wiedereingliederung durchgeführt würden, lasse sich die Erwerbsfähigkeit wesentlich verbessern. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Dreher bestehe ein sechs- und mehrstündiges Leistungsvermögen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten ebenfalls mittelschwere Tätigkeiten ohne ständiges Stehen, ständiges Knien und ständige Hockstellung ausgeführt werden.
Die Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz, Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte), lehnte den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege (Bescheid vom 29. Januar 2002). Den Widerspruch des Klägers wies die Widerspruchsstelle der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 17. September 2002). Die Widerspruchsstelle folgte der Leistungsbeurteilung des Orthopäden M ...
Gegen den am 18. September 2002 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 21. Oktober 2002 Klage beim Sozialgericht Reutlingen erhoben. Sein ursprüngliches Begehren auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen Berufsunfähigkeit hat er in der mündlichen Verhandlung auf Versichertenrente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, fürsorglich wegen Berufsunfähigkeit umgestellt. Insbesondere wegen der Gonarthrose rechts sei seine Erwerbsfähigkeit auf weniger als sechs Stunden gesunken. Der von ihm erlernte Beruf des Drehers sei durch langes Stehen vor den Drehmaschinen gekennzeichnet. Auf Grund der Einschränkungen in den Kniegelenken könne er stehende Tätigkeiten nicht mehr ausüben. Er sei Facharbeiter in einem anerkannten Ausbildungsberuf. Er könne nicht durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult werden. Im August 2003 sei er an der Schulter operiert worden. Er hat verschiedene Unterlagen eingereicht.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die von ihr vorgelegte sozialmedizinische Stellungnahme der Chirurgin Dr. P. vom 26. August 2003 eine andere Beurteilung des Leistungsbildes für nicht erforderlich angesehen. Von einer Besserung der Beschwerdesymptomatik von Seiten der Kniegelenke seit dem letzten operativen Eingriff im Jahr 2001 müsse ausgegangen werden. Bezüglich der von Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Pe. berichteten Behandlung wegen einer neurotischen Depression und eines benignen paroximalen Schwindels müsse davon ausgegangen werden, dass die rezeptierten Medikamente die Beschwerden gebessert hätten.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte (Arzt für Allgemeinmedizin Dr. C., Arzt für Orthopädie Dr. N. sowie Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Pe.) als sachverständige Zeugen gehört.
Die damalige Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (jetzt Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg) hat dem Kläger auf seinen Antrag vom 27. Oktober 2003 die stationäre medizinische Rehabilitation vom 21. November bis 20. Dezember 2003 bewilligt (Bescheid vom 5. November 2003). Die Entlassung ist arbeitsfähig für die Tätigkeit als Dreher erfolgt. Im Entlassungsbericht vom 20. Dezember 2003 hat Dr. Ne. als Diagnosen chronifizierte Schmerzen in beiden Kniegelenken, im Kreuz und im rechten Schultergelenk bei degenerativen Veränderungen, Adipositas, therapiepflichtige arterielle Hypertonie, chronische Bronchitis bei fortgesetztem Nikotinabusus sowie Depressionen genannt und den Kläger für vollschichtig, auch für mehr als sechs Stunden, einsetzbar in der Tätigkeit als Dreher gehalten. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig möglichst im Wechselrhythmus verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten über Schulterhöhe, monoton repetitive Belastungen der rechten Schulter sowie permanent stehende oder gehende Tätigkeiten. Nach Aufforderung durch seine Krankenkasse hat der Kläger am 13. August 2004 einen weiteren Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bei der damaligen Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg gestellt. Ärztin für Psychiatrie I. hat in dem daraufhin veranlassten psychiatrischen Gutachten vom 25. September 2004 eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome auf dem Hintergrund einer langjährigen Schmerzsymptomatik auf Grund orthopädischer Probleme diagnostiziert. Deshalb bestehe derzeit berechtigterweise Arbeitsunfähigkeit. Auf Grund der engen Verzahnung von Schmerz und Depression könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt derzeit in diesem Zustand keine verwertbare Arbeit leisten ohne Gefahr einer suizidalen Krise und Gefährdung seiner Restgesundheit. Auch sei er für seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit aus psychiatrischer Sicht derzeit nicht einsetzbar. In dem anschließend auf Anregung der Psychiaterin I. veranlassten orthopädischen Gutachten vom 10. Mai 2005 hat Dr. B. eine leichtere Degeneration im Bereich der linken Schulter sowie der Lendenwirbelsäule, deutliche Degenerationen der rechten Schulter, operativ behandelt und jeweils mit zur Zeit eher leichten funktionellen Einschränkungen sowie im Vordergrund stehende fortgeschrittene Gonarthrosen beidseits mit ausgeprägten funktionellen Einschränkungen und starker glaubhafter Reduzierung der maximalen Gehleistung beschrieben. Eine Rehabilitationsmaßnahmen werden das Beschwerdebild beider Kniegelenke nicht wesentlich beeinflussen. Zu diskutieren seien weitere operative Maßnahmen im Sinne der Versorgung mit Totalendoprothesen. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage seiner bisherigen stehenden Tätigkeit als Dreher nachzugehen. Momentan bestehe kein positives Leistungsbild. Nach operativer Versorgung beider Kniegelenke sei eine erneute Beurteilung erforderlich. Die damaligen Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg hat mit Bescheid vom 25. Juli 2005 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation abgelehnt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat Privatdozent Dr. L. das orthopädische Gutachten vom 23. Februar 2005 erstattet. Er hat eine deutliche Varusgonarthrose und Retropatellararthrose im Bereich beider Kniegelenke, links mehr als rechts, einen Zustand nach Rotatorenmanschettenruptur und Rotatorenmanschettenrefixation rechts mit Nachweis einer Ruptur im Supraspinatussehnenanteil rechts, eine chronische Bursitis subacromialis beider Schultergelenke sowie ein degeneratives Wirbelsäulenverschleißleiden mit geringem, sensiblem Wurzelschaden L 5 und S 1 links bei ausgeprägter Spondylarthrose L 5/S 1 diagnostiziert. Aufgrund der arthrotischen Veränderungen beider Kniegelenke bestehe eine erhebliche, schmerzhafte Funktionseinschränkung beider Kniegelenke. Eine Verbesserung der Funktion sei unter Umständen mit einem prothetischen Ersatz möglich, jedoch nicht gesichert. Die Zusammensicht der Befunde, insbesondere in Kombination der Knie- und Wirbelsäulenveränderungen, bedinge aus orthopädischer Sicht eine deutliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit. Möglich seien allenfalls Arbeiten im Sitzen vier Stunden täglich mit stündlichen Pausen von zehn Minuten.
Die Beklagte ist dem Gutachten mit der sozialmedizinischen Stellungnahme der Chirurgin Pa. vom 14. Juni 2005 entgegengetreten. Bei den vom Gutachter erhobenen Befunden im Bereich des Kniegelenks könne nicht von einer deutlichen Funktionseinbuße gesprochen werden. Es bestehe weiterhin ein Leistungsvermögen für eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden und mehr im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, wobei der sitzende Anteil überwiegen solle. Erfordere die Tätigkeit als Dreher ein dauerndes Stehen oder dauerndes Sitzen auch bei einer vollschichtigen Tätigkeit, wäre diese Tätigkeit nur noch drei bis unter sechs Stunden ausführbar.
Das Sozialgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. September 2002 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. November 2001 eine Versichertenrente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen (Urteil vom 11. August 2005). Es hat sich auf das Gutachten des Privatdozenten Dr. L. gestützt.
Gegen das Urteil, dessen Empfang die Beklagte mit dem 13. Oktober 2005 bescheinigt hat, hat die Beklagte am 4. November 2005 Berufung eingelegt. Unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Chirurgin Pa. vom 14. Juni 2005 ist sie der Auffassung, die von Privatdozent Dr. L. getroffene sozialmedizinische Beurteilung werde nicht durch entsprechende Funktionsbefunde belegt. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit sei nicht gegeben, da der Kläger als Angelernter im oberen Bereich noch die Tätigkeit eines (einfachen) Pförtners verrichten könne. Sie hat die Stellungnahme des Chirurgen und Internisten Dr. Sc. vom 20. Oktober 2005 vorgelegt. Dr. Sc. hat sich der Auffassung der Chirurgin Pa. angeschlossen. Weiter hat sie die Stellungnahmen der Nervenärztin Dr. K. vom 23. November 2005, des Dr. Dipl. Psychologen W. vom 23. Mai 2007 sowie des Dr. Sc. vom 28. November 2005, 2. Januar, 17. Juli und 31. Oktober 2007 vorgelegt. Auf nervenärztlichem Gebiet könne von einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden. Die von Dr. B. erhobenen Befunde für die betreffenden Abschnitte des Bewegungsablaufs zeigten eine durchwegs gute Funktionalität. Die bestehenden Funktionseinschränkungen seien weiterhin nicht so bedeutsam, dass sich damit nach sozialärztlichem Verständnis eine zeitliche Leistungsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt schlüssig nachvollziehbar begründen lasse.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. August 2005 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht auch geltend, das Beschwerdebild im Bereich der linken Schulter, der Hüfte und des Kniegelenks habe sich verschlechtert und seine Arbeitsfähigkeit auf drei Stunden täglich reduziert.
Der Senat hat Neurologen und Psychiater Dr. Pe. sowie Orthopäden Dr. Bu. als sachverständige Zeugen gehört und die den Kläger betreffenden Reha-Akten der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg beigezogen.
Auf Veranlassung des Senats hat Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin Dr. Dipl. Psych. Tr. das Gutachten vom 26. April 2007 erstattet. Auf seinem Gebieten hat er eine Dysthymia (ICD-10: F34.1) mit Neigung zu dysphorischem Affekt sowie einen schädlichen Gebrauch von Nikotin (ICD-10; F17.1) diagnostiziert und weiter ausgeführt, die unter den Vordiagnosen auftauchende somatoforme Störung könne nicht festgestellt werden. Das Vorliegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10: F45.4) könne nicht mit ausreichender Sicherheit bejaht werden, da die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet sicher nachgewiesen und belegt seien, wenn auch über den Ausprägungsgrad nicht immer genaue Übereinstimmung zwischen allen Beurteilern bestehe. Aus neurologischer Sicht bestünden gegenwärtig keine die Leistungsfähigkeit in relevanter Weise einschränkende objektivierbare gesundheitliche Störungen. Auch weitere psychische Störungen, insbesondere eine hirnorganisches Psychosyndrom oder psychotische Erkrankungen, seien nicht belegbar. Einschränkungen der quantitativen Leistungsfähigkeit auf nervenärztlichem Gebiet ergäben sich nicht, allerdings qualitative Leistungseinschränkungen. Die geistige/psychische Belastbarkeit sei durch die Dysthymia eingeschränkt. Der Kläger sei nicht mehr ausreichend belastbar für Tätigkeiten in Nachtschicht, schwere körperliche Arbeit, Tätigkeiten unter ausgeprägtem Zeitdruck und Tätigkeiten in Akkord sowie Fließbandarbeit. Im Fall einer Überforderung bestehe die Gefahr des Auftretens ausgeprägter depressiver Dekompensationen. Die von Dr. I. diagnostizierte schwere depressive Episode sei aktuell im psychischen Befund nicht feststellbar, könne aber zum Zeitpunkt ihrer Begutachtung vorgelegen haben und der Verlauf sei entsprechend der Bezeichnung "Episode" ein vorübergehender gewesen.
Weiter hat Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Pe. das Gutachten vom 14. Oktober 2007 erstattet. Beim Kläger bestünden fortgeschrittene degenerative Veränderungen im Bereich beider Schultergelenkweichteile, beider Kniegelenke und der lumbalen Zwischenwirbelgelenke, wobei aktuell die Beschwerden im Bereich beider Kniegelenke und der linken Schulter im Vordergrund stünden. Das beim Kläger seit vielen Jahren vorliegende Übergewicht bedinge eine Verschlimmerung der Schmerzsymptomatik im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule und beider Kniegelenke. Selbst eine Gewichtsreduktion würde bei den fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen beider Kniegelenke nicht zu einer relevanten Besserung der Kniegelenksymptomatik und Kniegelenksfunktion führen. Es bestehe jetzt die Indikation für den endoprothetischen Ersatz beider Kniegelenke sowie für eine subakromiale Dekompression und Rotatorenmanschettennaht bei nachgewiesener Teilruptur im Bereich der linken Schulter. Die Gehstrecke sei auf 500 bis 1.000 Meter am Stück mit Hilfe einer rechtsseitig geführten Gehilfe eingeschränkt. Nicht mehr zumutbar seien körperliche Tätigkeiten in überwiegender stehender oder gehender Position, in Zwangshaltung der Kniegelenke, Tätigkeiten ab Schulterhöhe bis über Kopfhöhe, insbesondere mit dem linken Arm wegen der deutlich eingeschränkten Belastbarkeit der linken Schulter sowie Hebe- und Tragearbeiten über 15 Kilogramm. Die vom Kläger beschriebene Tätigkeit als Dreher sei derzeit nicht mehr leidensgerecht. Angesichts der bestehenden Operationsindikationen für die linken Schulter und beide Kniegelenke bestehe derzeit auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine nur unter vollschichtige (drei bis unter sechs Stunden täglich) Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten körperlicher Art in überwiegend sitzender Beschäftigung. Aufgrund der Reizsymptomatik beider Kniegelenke und der linken Schulter werde der Kläger mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage sein, die üblichen Arbeitsbedingungen ohne betriebsunübliche Pausen zu erfüllen. Die Leistungseinschränkungen bestünden seit dem Nachweis der fortgeschrittenen Arthrose beider Kniegelenke im Jahr 2001 sowie der beidseitigen Degeneration der Schultergelenkrotatorenmanschetten in den Jahren 2003 und 2005.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts, die beigezogenen Akten der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligter nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist begründet, soweit das Sozialgericht die Beklagte verurteilt hat, eine unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen. Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. September 2002 zu Recht abgeändert, hätte die Beklagte aber nur verurteilen dürfen, dem Kläger vom 1. Mai 2002 bis 31. Oktober 2008 mit Ausnahme für die Zeit vom 21. November bis 20. Dezember 2003 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen.
Da nur die Beklagte Berufung eingelegt hat, ist im Berufungsverfahren darüber zu entscheiden, ob der Kläger ab 1. November 2001 Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hat. Soweit das Sozialgericht die Klage wegen des geltend gemachten Anspruchs des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderung abgewiesen hat, ist das Urteil des Sozialgerichts rechtskräftig.
Der Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beurteilt sich nach § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) in der zum 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Fassung des Art. 1 Nr. 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I, S. 1827), mit Wirkung ab 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 (BGBl. I, S. 554). Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Die Voraussetzungen der Nrn. 2 und 3 sind gegeben. Dies ergibt sich aus dem Prüfungsbogen der Beklagten vom 4. Juli 2002 (Blatt 45 der Verwaltungsakte). Der Kläger ist auch teilweise erwerbsgemindert. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Im Vordergrund stehen beim Kläger Beschwerden beider Kniegelenke. Beim Kläger besteht eine fortgeschrittene Arthrose beider Kniegelenke, rechts 3. Grades, links 4. Grades mit einer Reizsymptomatik. Der Senat stützt sich insoweit auf das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Dr. Pe. vom 14. Oktober 2007. Entsprechende Befunde werden allerdings auch schon in den früher erstatteten Gutachten dargelegt. Dr. L. beschrieb in seinem Gutachten vom 23. Februar 2005 ebenfalls eine deutliche Varusgonarthrose und Retropatellararthrose im Bereich beider Kniegelenke links mehr als rechts, die auch er als fortgeschritten bezeichnete. Schließlich nannte auch Dr. B. in dem von ihm erstatteten Gutachten vom 10. Mai 2005 eine fortgeschrittene Gonarthrose beidseits mit ausgeprägtem funktionellen Einschränkungen und starker Reduzierung der maximalen Gehleistung. Alle drei genannten Gutachter hielten darüber hinaus übereinstimmend eine Indikation für eine Totalendoprothese beider Kniegelenke für gegeben. Ebenso sahen sie die vom Kläger geklagten Beschwerden der Kniegelenke als glaubhaft an, was im Hinblick auf die fortgeschrittene Arthrose beider Kniegelenke auch nachvollziehbar ist. Die Kniegelenkserkrankung besteht jedenfalls seit dem Zeitpunkt des Antrags auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit am 15. Oktober 2001. Bereits in den Arztbriefen der Chirurgen Dr. Li. vom 19. April 2001 und Dr. Theißen vom 3. Juli 2001 ist eine Pangonarthrose 3. Grades des rechten Kniegelenks diagnostiziert.
Auf orthopädischem Gebiet bestehen daneben noch degenerative Veränderungen im Bereich beider Schultergelenke mit Bewegungseinschränkungen, vermehrt im Bereich der linken Schulter. Auch insoweit sieht Dr. Pe. bezüglich der linken Schulter die Indikation für einen operativen Eingriff.
Aufgrund der auf orthopädischem Gebiet bestehenden Erkrankungen ist das Leistungsvermögen des Klägers auf unter sechs Stunden eingeschränkt. Der Senat folgt auch der Leistungsbeurteilung des Dr. Pe., weil diese, aufbauend auf der überzeugenden Befunderhebungen, schlüssig ist.
Der Einwand der Beklagten (insbesondere nochmals zuletzt in der Stellungnahme des Dr. Sc. vom 31. Oktober 2007), die von Dr. Pe. und Privatdozent Dr. L. mitgeteilte Bewegungsmaße zeigten keine bedeutsamen hochgradigen funktionellen Einschränkungen und der Leistungsbeurteilung der beiden Gutachter sei nicht zu folgen, weil sie sich auf die subjektive Beschwerdesymptomatik und nicht auf die tatsächlich vorhandenen objektiven funktionellen Einschränkungen stützten, greift nicht durch. Dass beim Kläger eine erhebliche Beschwerdesymptomatik besteht, ist für den Senat auf Grund der von Dr. Pe. erhobenen Befunde schlüssig. Die Beklagte übersieht insoweit die bestehende Reizsymptomatik. Sie erklärte nicht, weshalb diese massive Reizsymptomatik, die auch für den orthopädischen Gutachter Anlass war, die Indikation für eine Totalendoprothese zu stellen, keine Auswirkungen auf die Leistungsbeurteilung haben soll. Die Indikation für eine Totalendoprothese setzt voraus, dass im Bereich der Kniegelenke erhebliche Veränderungen gegenüber dem Normalzustand bestehen.
Auf nervenärztlichem Fachgebiet ergibt sich keine zeitliche Leistungseinschränkung sowohl für die bisherige Tätigkeit als auch für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Der Senat stützt sich insoweit auf das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Dr. Tr ... Aufgrund der Dysthymia ist die geistige psychische Belastbarkeit des Klägers eingeschränkt, weshalb er Tätigkeit mit bestimmten Anforderungen nicht mehr verrichten kann. Eine Depression besteht nicht. Die von Ärztin für Psychiatrie I. in ihrem Gutachten vom 25. September 2004 genannte depressive Episode konnte Dr. Tr. nicht mehr festzustellen. Wie er schlüssig dargelegt hat, lag insoweit eine vorübergehende Erkrankung vor. Ärztin für Psychiatrie I. leitete aus dieser Diagnose auch keine Leistungseinschränkungen ab. Sie hielt zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung die depressive Episode für unzureichend behandelt und sah auch vorrangig die orthopädischen Erkrankungen und die daraus resultierenden chronischen und schweren Schmerzen, die sie als glaubhaft bezeichnete, als Grund für eine Leistungseinschränkung an.
Der Kläger hat allerdings keinen Anspruch auf eine unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 29 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn (Satz 2). Sie kann verlängert werden; dabei verbleibt es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn. Verlängerungen erfolgen für längstens drei Jahre nach dem Ablauf der vorherigen Frist (Satz 3). Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann; hiervon ist nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren auszugehen (Satz 4). Seit dem 1. Januar 2001 werden in bewusster und gewollter Abkehr vom alten Recht Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit regelmäßig nur noch auf Zeit geleistet. Die in § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI formulierte Ausnahme vom Regelfall der Gewährung der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur auf Zeit liegt beim Kläger nicht vor. Denn es ist nicht "unwahrscheinlich", dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit bei ihm behoben werden kann. "Unwahrscheinlich" im Sinne des § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI ist dahingehend zu verstehen, dass schwerwiegende medizinische Gründe gegen eine - rentenrechtlich relevante - Besserungsaussicht sprechen müssen, so dass ein Dauerzustand vorliegt. Von solchen Gründen kann jedoch erst dann ausgegangen werden, wenn alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und auch hiernach ein aufgehobenes Leistungsvermögen besteht. Diese schließen alle Therapiemöglichkeiten nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V)) ein, also auch Operationen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese duldungspflichtig sind (zum Ganzen Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-2600 § 102 Nr. 2). Die beim Kläger im Vordergrund stehenden Beschwerden beider Kniegelenke sind einer weiteren Behandlung durch eine operative Versorgung mit Totalendoprothesen und damit Therapiemöglichkeiten nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zugänglich.
Nach § 101 Abs. 1 SGB VI werden befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Von dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist jedenfalls im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit am 15. Oktober 2001 auszugehen, sodass die Rente ab 1. Mai 2002 beginnt. Sie war auf drei Jahre zu befristen, mithin bis 30. April 2005. Da zu jenem Zeitpunkt eine Änderung, insbesondere eine Besserung nicht eingetreten war, ist sie um weitere drei Jahre bis 30. April 2008 zu verlängern. Es kann aber auch bis dahin nicht davon ausgegangen werden, dass die zur Verbesserung des Leistungsvermögens in Betracht kommenden operativen Behandlungen durchgeführt sein werden. Der gerichtliche Sachverständige Dr. Pe. geht von einem sechsmonatigen Zeitraum aus, in welchen die indizierten operativen Interventionen durchgeführt werden könnten. Deshalb hält der Senat eine weitere sechsmonatige Verlängerung für angemessen, mithin bis 31. Oktober 2008.
Kein Anspruch auf Zahlung von Rente besteht für den Zeitraum vom 21. November bis 20. Dezember 2003, weil der Kläger in diesem Zeitraum wegen der stationären Rehabilitationsbehandlung seinem eigenen Vorbringen nach Leistungen (Übergangsgeld) erhalten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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