Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 65 AS 27813/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 57/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 21. November 2007 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 1. Juni 2007 bis zum 31. Januar 2008 Leistungen für die Kosten der Heizung in Höhe von insgesamt 208,00 Euro und ein Darlehen in Höhe von 196,61 Euro zur Tilgung der bei der V AG entstandenen weiteren Stromkosten durch Überweisung unmittelbar an den Stromversorger sowie ein Darlehen für die Kosten für die Wiedereinschaltung der Stromversorgung in Höhe von 94,06 Euro zu gewähren. Die Anordnung wird davon abhängig gemacht, dass der Antragsteller unverzüglich, spätestens aber bis zum 29. Januar 2008 gegenüber dem Antragsgegner unter Angabe seiner Kundendaten bei seinem Stromversorger unwiderruflich und schriftlich zunächst für das Jahr 2008 sein Einverständnis mit der direkten Überweisung von Abschlagszahlungen in Höhe von 62,00 Euro monatlich an die V AG durch den Antragsgegner beginnend mit dem 1. Februar 2008 unter Anrechnung von 26,00 Euro auf seine Leistungen für die Kosten der Unterkunft und der Heizung und unter Anrechnung von 36,00 Euro auf die monatliche Regelleistung erklärt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die Kosten des gesamten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist im Wesentlichen begründet.
Das Sozialgericht, das die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung in Bezug auf einen Streitgegenstand nach § 86 b Abs. 2. SGG zutreffend dargelegt hat, hat bei der vorzunehmenden Prüfung des Anordnungsanspruchs aus Sicht des Senats zwar im Ansatz dargelegt, dass der Antragsteller offensichtlich seinen Pflichten aus dem mit der V AG geschlossenen Stromlieferungsvertrag in unvertretbarer Weise in der Vergangenheit nicht nachgekommen ist, so dass sein Versorger wohl nunmehr am 21. Januar 2008 den Strom gesperrt hat. Gleichwohl liegen die Voraussetzung für die darlehensweise Übernahme von Energieschulden nach § 22 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hier vor. Die gesetzliche Regelung zur Übernahme von Schulden für Energiekostenrückstände nach § 22 Abs. 5 SGB II dient dem Zweck, die gegenwärtig genutzte Unterkunft zu sichern und damit Wohnungslosigkeit zu vermeiden. Insoweit ist das Ermessen des Antragsgegners nach § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II, soweit jedenfalls u. a. Wohnungslosigkeit bzw. eine der Wohnungslosigkeit nahe kommende Notlage durch Verlust der Energieversorgung (dazu nur LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 26. Juni 2006 - L 25 B 459/06 AS ER -) droht, auch eingeschränkt ("soll"). Das bedeutet, dass der Leistungsträger in der Regel entsprechende Schulden zu übernehmen hat und lediglich in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann. Zwar drängen sich bezogen auf die Verhaltensweise des Antragstellers Gesichtspunkte für die Annahme eines solchen atypischen Falles auf. Indes trifft nach Aktenlage den Antragsgegner eine dem Antragsteller nicht zurechenbare erhebliche Mitschuld an dem Schuldenstand des Antragstellers. Denn nach Aktenlage hat der Antragsgegner, der bis zum 31. Mai 2007 den Anteil des Antragstellers an den Kosten der Nachtspeicherheizung in Höhe von monatlich 26,00 Euro direkt an seinen Versorger überwiesen hat, diese Zahlungen vom 1. Juni 2007 an eingestellt und dem Antragsteller mit Bescheid vom 18. Juli 2007 von diesem Zeitpunkt an ausschließlich noch Leistungen für seine Unterkunft in Höhe von 153, 75 Euro, statt wie bis zum 31. Mai 2007, Leistungen für die Unterkunft und die Heizung in Höhe von 179,75 Euro, bewilligt. Der Antragsteller hat damit nach Aktenlage in der Zeit vom 1. Juni 2007 bis zum 31. Januar 2008 keine Leistungen für die Kosten der Heizung erhalten. In dem Bescheid vom 18. Juli 2007 hat der Antragsteller lediglich darauf hingewiesen, dass "erst nach Vorlage des aktuellen Vbescheides weitere Abschlagszahlungen geprüft und gegebenenfalls ab 6/07 berücksichtigt werden (könnten)".
Im Hinblick auf die nunmehr erfolgte Sperrung der Stromversorgung ist jedenfalls auch ein Anordnungsgrund gegeben.
Allerdings sind bei einer entsprechenden Verpflichtung des Antragsgegners dessen Interessen weitergehend zu schützen (Beschluss des Senats vom 11. Dezember 2007 - L 28 B 2169/07 AS ER -, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Der Senat macht von der in § 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG in Verbindung mit § 938 Zivilprozessordnung (ZPO) eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, zur Erreichung des Zwecks der Anordnung diese von einer weitergehenden Mitwirkungshandlung des Antragstellers abhängig zu machen. Die dauerhafte Versorgung mit Strom aus der Regelleistung und damit der dauerhafte Erhalt der Wohnung, der Zweck der Schuldenübernahme nach § 22 Abs. 5 SGB II sein muss (dazu etwa Beschluss des Senats vom 13. August 2007 - L 28 B 919/07 AS ER -), kann nur erreicht werden, wenn flankierend zur Übernahme von Stromkosten der Antragsteller bereit ist, einer Erbringung der Stromkosten als Sachleistung (durch direkte Überweisung der Abschlagszahlungen an den Stromversorger) nach § 23 Abs. 2 SGB II zuzustimmen und so ein weiteres langwieriges Verfahren darüber, ob der Antragsgegner dazu auch ohne Zustimmung berechtigt wäre, zu vermeiden. Die Voraussetzungen einer Leistungsgewährung nach § 23 Abs. 2 SGB II liegen im Hinblick auf die Kosten für Haushaltsenergie nach Ansicht des Senats vor (allgemein dazu etwa Hengelhaupt in Hauck/Noftz SGB II § 23 RdNr. 291 ff. und 300 ff.). Der Antragsteller hat sich durch sein Verhalten als ungeeignet erwiesen, mit der Regelleistung seinen Bedarf zu decken. Unter unwirtschaftlichem Verhalten wird ein vorwerfbares Verhalten verstanden, das von einem verschwenderischen, sinnlosen und mit normalen Maßstäben überhaupt nicht zu vereinbarenden Umgang mit den bereitgestellten Mitteln gekennzeichnet ist (vgl. Lang in Eicher/Spellbrink § 23, RdNr. 81 ff.; Sauer in Jahn, SGB II, § 23, Rdnr. 17; ferner BT-Drucks. 15/1516, S. 61 zu Abs. 3). Abgesehen davon, dass neben den Schulden für die Stromversorgung nach Aktenlage zum 25. Juni 2007 ein Mietrückstand in Höhe von 3.896,00 Euro bestand, hat der Antragsteller entweder die anteiligen Zahlungen seines Untervermieters nicht an seine Gläubiger weitergeleitet und damit zweckwidrig verbraucht oder er hat seine offenen Forderungen gegen seinen Untervermieter nicht durchgesetzt. Insoweit ist es jedenfalls nicht gerechtfertigt, hierfür den Antragsgegner einstehen zu lassen. Um zu verhindern, dass deshalb zukünftig nochmals Schulden für Energie entstehen, muss der Antragsgegner in die Lage versetzt werden, sämtliche Stromkosten an den Versorger direkt zu zahlen. Es obliegt dann dem Antragsteller, seine Forderungen gegen seinen Untervermieter durchzusetzen oder das Untermietverhältnis gegebenenfalls zu kündigen.
Die Beschwerde hinsichtlich der Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren kann keinen Erfolg haben. Das Verfahren hat sich erledigt. Im Hinblick auf den in diesem Beschluss ausgesprochenen Kostenerstattungsanspruch des Antragstellers für das gesamte einstweilige Rechtschutzverfahren besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mehr an der Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Für das Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller nicht die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog und § 73 a SGG in Verbindung mit §§ 118 Abs. 1 Satz 4, 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist im Wesentlichen begründet.
Das Sozialgericht, das die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung in Bezug auf einen Streitgegenstand nach § 86 b Abs. 2. SGG zutreffend dargelegt hat, hat bei der vorzunehmenden Prüfung des Anordnungsanspruchs aus Sicht des Senats zwar im Ansatz dargelegt, dass der Antragsteller offensichtlich seinen Pflichten aus dem mit der V AG geschlossenen Stromlieferungsvertrag in unvertretbarer Weise in der Vergangenheit nicht nachgekommen ist, so dass sein Versorger wohl nunmehr am 21. Januar 2008 den Strom gesperrt hat. Gleichwohl liegen die Voraussetzung für die darlehensweise Übernahme von Energieschulden nach § 22 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hier vor. Die gesetzliche Regelung zur Übernahme von Schulden für Energiekostenrückstände nach § 22 Abs. 5 SGB II dient dem Zweck, die gegenwärtig genutzte Unterkunft zu sichern und damit Wohnungslosigkeit zu vermeiden. Insoweit ist das Ermessen des Antragsgegners nach § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II, soweit jedenfalls u. a. Wohnungslosigkeit bzw. eine der Wohnungslosigkeit nahe kommende Notlage durch Verlust der Energieversorgung (dazu nur LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 26. Juni 2006 - L 25 B 459/06 AS ER -) droht, auch eingeschränkt ("soll"). Das bedeutet, dass der Leistungsträger in der Regel entsprechende Schulden zu übernehmen hat und lediglich in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann. Zwar drängen sich bezogen auf die Verhaltensweise des Antragstellers Gesichtspunkte für die Annahme eines solchen atypischen Falles auf. Indes trifft nach Aktenlage den Antragsgegner eine dem Antragsteller nicht zurechenbare erhebliche Mitschuld an dem Schuldenstand des Antragstellers. Denn nach Aktenlage hat der Antragsgegner, der bis zum 31. Mai 2007 den Anteil des Antragstellers an den Kosten der Nachtspeicherheizung in Höhe von monatlich 26,00 Euro direkt an seinen Versorger überwiesen hat, diese Zahlungen vom 1. Juni 2007 an eingestellt und dem Antragsteller mit Bescheid vom 18. Juli 2007 von diesem Zeitpunkt an ausschließlich noch Leistungen für seine Unterkunft in Höhe von 153, 75 Euro, statt wie bis zum 31. Mai 2007, Leistungen für die Unterkunft und die Heizung in Höhe von 179,75 Euro, bewilligt. Der Antragsteller hat damit nach Aktenlage in der Zeit vom 1. Juni 2007 bis zum 31. Januar 2008 keine Leistungen für die Kosten der Heizung erhalten. In dem Bescheid vom 18. Juli 2007 hat der Antragsteller lediglich darauf hingewiesen, dass "erst nach Vorlage des aktuellen Vbescheides weitere Abschlagszahlungen geprüft und gegebenenfalls ab 6/07 berücksichtigt werden (könnten)".
Im Hinblick auf die nunmehr erfolgte Sperrung der Stromversorgung ist jedenfalls auch ein Anordnungsgrund gegeben.
Allerdings sind bei einer entsprechenden Verpflichtung des Antragsgegners dessen Interessen weitergehend zu schützen (Beschluss des Senats vom 11. Dezember 2007 - L 28 B 2169/07 AS ER -, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Der Senat macht von der in § 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG in Verbindung mit § 938 Zivilprozessordnung (ZPO) eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, zur Erreichung des Zwecks der Anordnung diese von einer weitergehenden Mitwirkungshandlung des Antragstellers abhängig zu machen. Die dauerhafte Versorgung mit Strom aus der Regelleistung und damit der dauerhafte Erhalt der Wohnung, der Zweck der Schuldenübernahme nach § 22 Abs. 5 SGB II sein muss (dazu etwa Beschluss des Senats vom 13. August 2007 - L 28 B 919/07 AS ER -), kann nur erreicht werden, wenn flankierend zur Übernahme von Stromkosten der Antragsteller bereit ist, einer Erbringung der Stromkosten als Sachleistung (durch direkte Überweisung der Abschlagszahlungen an den Stromversorger) nach § 23 Abs. 2 SGB II zuzustimmen und so ein weiteres langwieriges Verfahren darüber, ob der Antragsgegner dazu auch ohne Zustimmung berechtigt wäre, zu vermeiden. Die Voraussetzungen einer Leistungsgewährung nach § 23 Abs. 2 SGB II liegen im Hinblick auf die Kosten für Haushaltsenergie nach Ansicht des Senats vor (allgemein dazu etwa Hengelhaupt in Hauck/Noftz SGB II § 23 RdNr. 291 ff. und 300 ff.). Der Antragsteller hat sich durch sein Verhalten als ungeeignet erwiesen, mit der Regelleistung seinen Bedarf zu decken. Unter unwirtschaftlichem Verhalten wird ein vorwerfbares Verhalten verstanden, das von einem verschwenderischen, sinnlosen und mit normalen Maßstäben überhaupt nicht zu vereinbarenden Umgang mit den bereitgestellten Mitteln gekennzeichnet ist (vgl. Lang in Eicher/Spellbrink § 23, RdNr. 81 ff.; Sauer in Jahn, SGB II, § 23, Rdnr. 17; ferner BT-Drucks. 15/1516, S. 61 zu Abs. 3). Abgesehen davon, dass neben den Schulden für die Stromversorgung nach Aktenlage zum 25. Juni 2007 ein Mietrückstand in Höhe von 3.896,00 Euro bestand, hat der Antragsteller entweder die anteiligen Zahlungen seines Untervermieters nicht an seine Gläubiger weitergeleitet und damit zweckwidrig verbraucht oder er hat seine offenen Forderungen gegen seinen Untervermieter nicht durchgesetzt. Insoweit ist es jedenfalls nicht gerechtfertigt, hierfür den Antragsgegner einstehen zu lassen. Um zu verhindern, dass deshalb zukünftig nochmals Schulden für Energie entstehen, muss der Antragsgegner in die Lage versetzt werden, sämtliche Stromkosten an den Versorger direkt zu zahlen. Es obliegt dann dem Antragsteller, seine Forderungen gegen seinen Untervermieter durchzusetzen oder das Untermietverhältnis gegebenenfalls zu kündigen.
Die Beschwerde hinsichtlich der Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren kann keinen Erfolg haben. Das Verfahren hat sich erledigt. Im Hinblick auf den in diesem Beschluss ausgesprochenen Kostenerstattungsanspruch des Antragstellers für das gesamte einstweilige Rechtschutzverfahren besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mehr an der Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Für das Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller nicht die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog und § 73 a SGG in Verbindung mit §§ 118 Abs. 1 Satz 4, 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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