L 5 R 3263/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 1661/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3263/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24.5.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1952 geborene Kläger hat den Beruf des Maurers erlernt und war als solcher bis 1980 versicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss daran war er bis August 2003 als Bauhofarbeiter bei der Gemeinde D. tätig; dabei handelte es sich um eine ungelernte Arbeit (Schwerpunkt: Straßenbau und Schneeräumung, SG-Akte S. 127) mit weniger als 3 Monaten Anlernzeit (Arbeitgeberauskunft vom 2.9.2003,Verwaltungsakte S. 9).

Am 12.8.2003 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Zuvor hatte er vom 26.11. bis 24.12.2002 eine medizinische Rehabilitationsbehandlung in der Rheumaklinik Bad W. absolviert. Im Entlassungsbericht vom 30.12.2002 sind die Diagnosen verbesserte Mobilität bei Zustand nach Schulter-OP links nach Neer 6/02, rezidivierendes lokales Lumbalsyndrom bei Fehlstatik und neuromuskulärer Dysbalance, bekannte koronare Herzkrankheit, rezidivierende Angina pectoris, bifaszikulärer Schenkelblock, alimentäre Adipositas und Hypercholesterinämie festgehalten. Seit ca. 2 Jahren bestünden zunehmende bewegungs- und belastungsabhängige Schmerzen im Bereich des linken Schultergelenks, manchmal auch rechts; außerdem seien seit Jahren bestehende rezidivierende bewegungs- und belastungsabhängige lokale Thoracolumbalgien berichtet worden. Einseitige und körperlich anspruchsvolle Tätigkeiten am Arbeitsplatz fielen dem Kläger zunehmend schwerer und könnten teilweise nicht uneingeschränkt ausgeübt werden. Die zuletzt verrichtete Arbeit als Gemeindearbeiter (mitteschwere, teilweise schwere Arbeit im Außendienst, die der Kläger noch fortsetzen wolle; Entlassungsbericht S. 2) sei nur 3 bis 6 Stunden täglich zumutbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (ohne häufiges Bücken, ohne häufige Überkopfarbeiten, ohne häufige einseitige Wirbelsäulenzwangshaltungen) könne der Kläger aber mindestens 6 Stunden täglich leisten.

Die Beklagte erhob das Gutachten des Orthopäden Z. vom 17.11.2003. Dieser führte aus, nach Angaben des Klägers zur medizinischen Anamnese seien seit der 2. Hälfte der 80er Jahre zunehmend Rückenbeschwerden aufgetreten, weshalb der Kläger (der als Bauhofarbeiter u.a. Kanalarbeiten, Gartenbau- und Maurertätigkeiten sowie Arbeiten im Tiefbau verrichtet habe) im Jahr 1992 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme absolviert habe. Der Gutachter diagnostizierte ein rezidivierendes Lumbalsyndrom bei erheblicher Hohl-Rundrückenfehlstatik, eine sternosynphysiale Fehlhaltung, PHS beidseits bei Zustand nach Neer-Plastik links 6/2002, initiale Coxarthrose beidseits, ein intermittierendes sensibles Cervicalsyndrom bei beginnender degenerativer Spondylopathie der HWS und Adipositas. Die Wirbelsäulenbeschwerden seien im Wesentlichen statisch-muskulär zu verstehen. Die derzeitige Tätigkeit als Bauhofarbeiter, die der Kläger weiterführen wolle, sei nicht ausreichend situationsgerecht, könne aber 6 Stunden täglich und mehr verrichtet werden. Mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts seien (unter qualitativen Einschränkungen) ebenfalls 6 Stunden täglich und mehr möglich.

Mit Bescheid vom 29.12.2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, er habe den Maurerberuf (zunächst Baustellentätigkeit, sodann Herstellung von Fertigteilen in einer Montagehalle) seinerzeit aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben; weshalb ihm Berufsschutz als Facharbeiter zustehe. Außerdem seien seine Schmerzen an der Wirbelsäule nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Auf telefonische Rückfrage teilte der Gutachter der Beklagten am 16.3.2004 (Verwaltungsakte, ärztliche Unterlagen S. M8) mit, die im Vordergrund der Leistungseinschränkungen stehenden Schulterbeschwerden stammten aus der Zeit um Juni 2000, die übrigen Veränderungen seien gering ausgeprägt und daher in früherer Zeit noch geringfügiger gewesen. Die Aufgabe des Maurerberufs sei nicht aus gesundheitlichen Gründen erfolgt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.5.2004 (ohne Zustellungsnachweis) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Leistungsminderung des Klägers beruhe im Wesentlichen auf Schulterveränderungen, die etwa im Jahr 2000 aufgetreten seien. Die Wirbelsäulenveränderungen seien gering ausgeprägt; der Maurerberuf sei daher nicht aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben worden.

Am 14.7.2004 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Konstanz; zur Begründung wiederholte er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Außerdem legte er das für das Sozialgericht Konstanz im Verfahren S 1 SB 779/02 erstattete Gutachten des Prof. Dr. B. vom 18.2.2005 (SG-Akte S. 115) vor. Darin ist (u.a.) ausgeführt, der Kläger, der neben seiner Berufstätigkeit die elterliche Landwirtschaft (bis 1984) mitbetrieben habe (danach Verpachtung) und 10 Jahre (ehrenamtlich) Kommandant der freiwilligen Feuerwehr, zuletzt mit organisatorischen Aufgaben, gewesen sei, habe seine mehrfachen beruflichen Wechsel mit dem Interesse, andere Betriebe kennen zu lernen, begründet (SG-Akte S. 127, 128).

Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte (Orthopäde Dr. M. vom 16.8.2005: einmalige Behandlung am 3.11.1999, leichte Arbeiten vollschichtig zumutbar; Allgemeinarzt Dr. Ma. vom 16.9.2005: Arbeit als Bauhofmitarbeiter 3 bis unter 6 Stunden täglich) und erhob das Gutachten des Orthopäden Dr. Kn. vom 29.8.2006 (SG-Akte S. 152). Dieser diagnostizierte eine Bewegungseinschränkung der rechten Schulter bei Omarthrosen beidseits und degenerativen Veränderungen der Rotatorenmanschette, Cubitalarthrose beidseits, ein degeneratives cervicales, thorakales und lumbales Wirbelsäulensyndrom bei Rundrücken sowie Osteochondrose C3 bis C7 und L4/L5 und eine Coxarthrose beidseits. Als Bauhofarbeiter könne der Kläger höchstens halbschichtig tätig sein, geeignete (leichte) Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) aber noch vollschichtig verrichten.

Mit Verfügung vom 19.4.2007 benannte das Sozialgericht dem Kläger – für den Fall einer Lösung vom Maurerberuf aus gesundheitlichen Gründen – die Verweisungsberufe des Registrators bzw. gehobener Bürotätigkeiten.

Mit Urteil vom 24.5.2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dem Kläger stehe Rente weder wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu (§§ 43, 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI). Das Leistungsvermögen des Klägers sei nicht in rentenberechtigendem Maße gemindert, da er körperlich leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig verrichten könne. Das gehe aus den vorliegenden Gutachten (bzw. dem Entlassungsbericht der Rheumaklinik Bad W.) überzeugend hervor. Berufsschutz als Facharbeiter könne der Kläger nicht beanspruchen, da er sich sozial zumutbar auf den Beruf des Registrators verweisen lassen müsse; er werde sowohl dem gesundheitlichen Belastungsprofil und dem fachlichen Anforderungsprofil dieses Berufs gerecht. Deshalb könne dahin stehen, ob sich der Kläger im Jahr 1980 vom Maurerberuf aus gesundheitlichen Gründen gelöst habe.

Auf das ihm am 1.6.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am (Montag, dem) 2.7.2007 Berufung eingelegt. Eine Berufungsbegründung hat er nicht vorgelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24.5.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.5.2004 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Mit Verfügung vom 8.10.2007 wurden die Beteiligten - unter erneutem Hinweis darauf, dass sich Facharbeiter zumutbar auf den Beruf des Registrators verwiesen lassen müssen, und unter Hinweis auf die entsprechende Senatsrechtsprechung (etwa Senatsurteil vom 11.10.2006, - L 5 R 4635/05 -) - darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung, was vorliegend in Betracht komme, gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme; sie haben nichts vorgetragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43 240 SGB VI) das Rentenbegehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb ihm danach Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:

Der Kläger hat sich nach Auffassung des Senats im Jahr 1980 nicht aus gesundheitlichen Gründen vom erlernten und bis dahin ausgeübten Maurerberuf gelöst. Das geht aus den vorliegenden Gutachten und Arztunterlagen hervor und wird durch zusätzliche Tatsachen bestätigt. So hat der Orthopäde Z., der den Kläger im Verwaltungsverfahren (im November 2003) begutachtet hatte, der Beklagten am 16.3.2004 auf Nachfrage mitgeteilt, die hinsichtlich der Leistungseinschränkungen im Vordergrund stehenden Schulterbeschwerden stammten aus der Zeit um Juni 2000. Gesundheitliche Veränderungen im Übrigen seien nur geringfügig ausgeprägt und hätten zu früherer Zeit deshalb noch geringfügiger sein müssen. Die Annahme des Gutachters, der Kläger habe sich im Jahr 1980 nicht aus gesundheitlichen Gründen vom Maurerberuf gelöst, ist im Hinblick darauf schlüssig und überzeugend. Sie wird außerdem dadurch bestätigt, dass Rückenbeschwerden nach Angaben des Klägers (bei der Begutachtung durch den Orthopäden Z.) – erst – seit der 2. Hälfte der 80er Jahre zunehmend aufgetreten seien und – wiederum erst Jahre später – im Jahr 1992 erstmals eine Rehabilitationsbehandlung absolviert wurde; intensivere ambulante (fachärztliche) Behandlungen orthopädischer Beschwerden aus der Zeit um den Berufswechsel im Jahr 1980 sind nicht dokumentiert. Schließlich hat der Kläger auch nach dem Wechsel zur Gemeinde D. als Bauhofarbeiter teils schwere Arbeiten (von Kanalarbeiten über Maurertätigkeiten bis hin zum Tiefbau) verrichtet und daneben außerdem bis 1984 noch im Nebenberuf die elterliche Landwirtschaft fortgeführt. Für eine – ohne stichhaltige Begründung behauptete – Aufgabe des Maurerberufs aus gesundheitlichen Gründen ist danach nichts ersichtlich.

Davon abgesehen hat das Sozialgericht auch zutreffend angenommen, dass der Kläger sich – Berufsschutz als Facharbeiter unterstellt – auf den Beruf des Registrators verweisen lassen müsste (dazu: Senatsurteil vom 11.10.2006, - L 5 R 4635/05 -). Er ist sowohl dem körperlichen Belastungsprofil dieser – körperlich leichten – Tätigkeit wie deren fachlichem Anforderungsprofil gewachsen, zumal er 10 Jahre Kommandant einer freiwilligen Feuerwehr und als solcher zuletzt mit organisatorischen Aufgaben befasst war.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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