L 3 AL 29/06

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 27 AL 887/03
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 29/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 16. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Bewilligung von Lohnkostenzuschüssen im Rahmen der Förderung einer Strukturanpassungsmaßnahme für den Zeitraum vom 01.09.2001 bis zum 30.10.2001 und die sich hieraus ergebende Erstattungsforderung in Höhe von 4.294,85 EUR.

Die Klägerin beabsichtigte – als Privatperson – eine unter Denkmalschutz stehende Industriemühle, die Mühle L., umzubauen, um diese für die Süßwasserfischzucht zu nutzen. Für die Durchführung dieser Maßnahme war insbesondere die Beräumung eines 5-Etagen-Silos sowie die Demontage weiterer Silo-Anlagen, die zum Zeitpunkt der Antragstellung noch vorhanden waren, erforderlich.

Hierzu stellte die Klägerin am 21.12.2000 einen Antrag auf Förderung einer Strukturan-passungsmaßnahme (SAM). Sie beantragte Lohnkostenzuschüsse für zwei vollbeschäftigte Arbeitnehmer (Bauhelfer) für 12 Monate ab dem 15.02.2001. Auf dem von der Klägerin unterzeichneten Antragsformular befand sich u.a. (unter Pkt. 5) folgende Erklärung:

"5. Ich/wir verpflichte(n) mich/uns, dem Arbeitsamt jede Änderung gegenüber meinen/unseren Angaben im Antrag mitzuteilen, die sich auf die Zahlung des Lohnkostenzuschusses auswirkt, insbesondere die Lösung des Arbeitsverhältnisses während des Förderungszeitraumes sowie die hierfür maßgebenden Gründe, eine Verringerung der der Bemessung des Lohnkostenzuschusses zugrunde liegenden Arbeitszeit, eine Veränderung des gezahlten Arbeitsentgeltes, eine Unterbrechung der Zahlung des Arbeitsentgeltes, den zweckfremden Einsatz eines zugewiesenen Arbeitnehmers."

Des Weiteren gab die Klägerin in diesem Zusammenhang auch an, dass sie mit der Durchführung der Arbeiten ein Wirtschaftsunternehmen beauftrage.

Entsprechend stellte die Beklagte Stellenangebote für Bauhelfer ab dem 01.01.2001 bei der Firma "G. GmbH" aus.

Eingestellt wurden sodann ab dem 01.03.2001 als Arbeitnehmer der G. GmbH J. und H ...

Mit Bescheid vom 09.02.2001 bewilligte die Beklagte der Klägerin Lohnkostenzuschüsse für die Förderungsdauer von 12 Monaten vom 01.03.2001 bis 28.02.2002 für zwei vom Arbeitsamt zugewiesene vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer. Bei dem Bescheidformular handelte es sich um ein, in einer Vielzahl von Fällen verwendeten Text, welcher durch Ankreuzen und Vervollständigen an die Gegebenheiten des Ein-zelfalles angepasst werden kann. Als Förderhöchstbetrag bewilligte die Beklagte unter Pkt. 4. 2.100,00 DM/monatlich pro Arbeitnehmer. Insgesamt betrage die Förderung "voraussichtlich" 50.400,00 DM (Pkt. 5). Nach Pkt. 6 sind die Arbeiten von einem Wirtschaftsunternehmen durchzuführen. Zudem enthielt der Bescheid u.a. noch folgende Erklärungen:

8. Der Bescheid ergeht mit der Auflage, dass 8.1 ... 8.2 ... 8.3 ... 8.4. dem umseitig bezeichneten Arbeitsamt unverzüglich mitgeteilt wird, wenn Änderungen eintreten, die sich auf die Zahlung des Lohnkostenzuschusses auswirken können, z.B. a) zugewiesene Arbeitnehmer sollen mit nicht förderungsfähigen Arbeiten beschäftigt werden, b) die Beschäftigung zugewiesener Arbeitnehmer wird für längere Zeit unterbrochen (z.B. Krankheit über 6 Wochen, Mutterschutzfristen), c) die Arbeitszeit und/oder das Arbeitsentgelt des zugewiesenen Arbeitnehmers verändert sich, d) das Arbeitsverhältnis zugewiesener Arbeitnehmer wird vor Ablauf der vorgesehenen Beschäftigungsdauer gelöst (bitte auch die Gründe hierfür benennen). 8.5 ... 8.6 ... Wird eine Auflage nicht eingehalten, kann der Bewilligungsbescheid ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit aufgehoben werden.

9. Alle Zahlungen bis zur Erteilung des Schlussbescheides erfolgen unter der Bedingung, dass 9.1. jeweils bis zum die beigefügte Erklärung (Vordruck SAM 6) vorgelegt wird, 9.2. das Ergebnis der nachträglichen Prüfung die Richtigkeit ihrer Angaben bestätigt.

10. Zu Unrecht gezahlte Beträge sind zu erstatten oder werden vom Arbeitsamt aufgerechnet.

In der Folgezeit wurde die Maßnahme durchgeführt; hierfür zahlte die Beklagte für zwei Arbeitnehmer jeweils monatlich den Betrag von 2100,00 DM an die Klägerin aus.

Durch ein Schreiben der Arbeitsvermittlung vom 12.11.2001 erhielt die Beklagte davon Kenntnis, dass die mit der Durchführung der Maßnahme beauftragte G.GmbH Insolvenz angemeldet habe und sich die zugewiesenen Arbeitnehmer - nach Kündigung zum 15.11.2001 - arbeitslos gemeldet hätten.

Hierauf teilte die Beklagte der Klägerin durch Schreiben vom 22.01.2002 mit, das Amtsgericht D., Insolvenzgericht, habe mit Beschluss vom 29.11.2001 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Vergabeunternehmens eröffnet. Bis einschließlich Oktober 2001 seien die Lohnkostenzuschüsse an die Klägerin ausgezahlt worden. Die Beklagte fordere die Klägerin auf, zum Nachweis über den zweckentsprechenden Einsatz der Lohnkosten-zuschüsse die Lohnnachweise für die Monate März 2001 bis Januar 2002 vorzulegen. Gleichzeitig teilte sie der Klägerin mit, sie beabsichtige, die Bewilligung der Förderung gemäß § 47 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.mit den §§ 415 Abs. 3, 272 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zu widerrufen und die zuviel gezahlten Lohnkostenzuschüsse zurückzufordern. Hierzu werde der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Hierzu erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 28.01.2002, bis einschließlich Ende Okto-ber 2002 habe sie die von der Beklagten erhaltenen Zuschüsse unmittelbar an das beauf-tragte Wirtschaftsunternehmen weiter geleitet. Erst am 12.11.2002 habe sie die Mitteilung erhalten, dass dieses Wirtschaftsunternehmen Insolvenz angemeldet habe. Hierauf habe sie unverzüglich am 13.11.2001 telefonisch die zuständige Mitarbeiterin der Beklagten infor-miert. Gleichzeitig legte die Klägerin insbesondere Quittungen über Barauszahlungen – empfangen von J. von der G. GmbH – in Höhe von jeweils 4.200,00 DM für die Monate März 2001 bis einschließlich Oktober 2001 sowie Beschäftigungsnachweise für die beiden Arbeitnehmer bis einschließlich zum 31.10.2001 vor.

Auf den Formularen "Erklärung über die Gewährung von Lohnkostenzuschüssen bei Strukturanpassungsmaßnahmen (SAM)" hatte die Klägerin eine Auszahlung des Arbeitsentgelts an beide Arbeitnehmer bis zum 15.11.2001 unterzeichnet. Sie erläutert hierzu, diese Erklärung hätte auf den Angaben des Bauleiters der G. GmbH, J., beruht.

Durch Bescheid vom 13.03.2002 widerrief die Beklagte die Bewilligung der Förderung der Strukturanpassungsmaßnahme durch den Bescheid vom 09.02.2001 gemäß § 47 Abs. 2 SGB X mit Wirkung zum 16.11.2001 vollständig. Eine Förderung könne nur erfolgen, wenn die Lohnkostenzuschüsse zweckentsprechend eingesetzt würden, was der Klägerin durch die Antragstellung auch bekannt gewesen sei.

Mit Erstattungs- und Schlussbescheid vom 13.03.2002 setzte die Beklagte die Förderung der Strukturanpassungsmaßnahme für den Abrechnungszeitraum vom 01.03.2001 bis zum 15.11.2001 auf 25.200,00 DM fest und stellte eine Überzahlung und damit Rückerstat-tungsforderung in Höhe von 4.294,85 EUR fest. Zur Begründung führte sie aus, der Lohnkostenzuschuss für den Zeitraum vom 01.09. bis 15.11.2001 könne wegen Insolvenzgeldzahlung nicht berücksichtigt werden.

Mit Schreiben vom 20.03.2002 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Die Förderung der Maßnahme hätte die Beauftragung eines fremden Wirtschaftsunternehmens vor-ausgesetzt. Ihr sei es nicht gestattet gewesen, die Arbeitnehmer selbst einzustellen. Sie habe damit die Auszahlung auch nicht direkt an die Arbeitnehmer vornehmen können. Die erhaltenen Lohnkostenzuschüsse habe sie direkt an den Trägerbetrieb monatlich weiter geleitet, in dem sie diese an den Bauleiter Junge übergeben habe. Sie habe auch unmittelbar nach Kenntnis der Insolvenz des Vergabeunternehmens dies der Beklagten mitgeteilt. Ihr sei zu keinem Zeitpunkt bekannt gewesen, dass die Arbeitnehmer keinen Lohn erhalten hätten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.05.2003 wies die Beklagte diesen Widerspruch als un-begründet zurück. Zugleich stellte sie richtig, dass der Widerruf – entgegen der Formulierung im Widerrufsbescheid – für den Zeitraum ab dem 01.09.2001 und nicht erst ab 16.11.2001 erfolge. Die zweckentsprechende Verwendung der Lohnkostenzuschüsse sei nicht nachgewiesen worden. Ab 01.09.2001 seien keine Lohnkostenzuschüsse an die geförderten Arbeitnehmer ausgezahlt worden. Insofern sei unerheblich, dass die Klägerin die Zahlungen an das Vergabeunternehmen nachgewiesen habe. Die Klägerin sei als Maß-nahmeträger verpflichtet, die zweckentsprechende Verwendung der Lohnkostenzuschüsse nachzuweisen. Dies sei ihr nicht gelungen. Darüber hinaus habe sich die Klägerin mit der Unterschrift unter dem Antrag dazu verpflichtet, der Beklagten jede Änderung mitzuteilen, die sich auf die Zahlung des Lohnkostenzuschusses auswirke, insbesondere eine Verringerung des dem Lohnkostenzuschuss zu Grunde liegenden Arbeitsentgelts. Auch der Bewilligungsbescheid sei mit einer entsprechenden Auflage zur unverzüglichen Mitteilung feh-lender Lohnzahlungen ergangen. Diese Pflichten habe die Klägerin verletzt, weswegen die Bewilligung nach § 47 Abs. 2 SGB X zu widerrufen gewesen sei. Die infolge des Widerrufs zu Unrecht gezahlten Zuschüsse in Höhe von 4.294,85 EUR seien zurückzufordern.

Hiergegen hat sich die Klägerin am 11.06.2003 an das Sozialgericht Dresden (SG) gewandt. Sie habe die Lohnkostenzuschüsse für die beiden streitigen Monate September/Oktober 2001 – ausweislich der Barzahlungsquittungen vom 09.10.2001 und 11.02.2001 – an den Bevollmächtigten des beauftragten Unternehmens G. GmbH überge-ben. Anlässlich der Anhörung durch die Beklagte habe sie Kenntnis davon erlangt, dass die Lohnkostenzuschüsse nicht an die Arbeitnehmer weitergeleitet worden seien. Dies könne ihr jedoch nicht zugerechnet werden. Sie habe für die Insolvenz keinerlei Anhaltspunkte gehabt und sei insoweit von dem Vergabeunternehmen getäuscht worden. Andernfalls hätte sie die Zuschüsse nicht an den Betrieb ausgezahlt. Die Klägerin habe keine der in Ziffer 8 des Bewilligungsbescheides genannten Auflagen verletzt.

Hiergegen hat die Beklagte eingewandt, nach Pkt. 8.4 des Bewilligungsbescheides habe sich die Klägerin verpflichtet, jede Änderung mitzuteilen, die sich auf die Zahlung des Lohnkostenzuschusses auswirke, insbesondere, wenn eine Unterbrechung der Zahlung des Arbeitsentgeltes eintrete. Dieser Auflage und Verpflichtung sei die Klägerin nicht nachgekommen, denn sie habe nicht mitgeteilt, dass die Arbeitnehmer ab dem 01.09.2001 kein Arbeitsentgelt mehr erhielten. Der Widerruf des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit sei auch nicht gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 SGB X ausgeschlossen, denn die Klägerin könne sich nicht auf schutzwürdi-ges Vertrauen berufen. Nach dem Wortlaut der Auflage hätte ihr von vornherein klar sein müssen, dass Leistungen zurückgefordert werden können, soweit die Auflagen nicht erfüllt würden. Unter diesen Umständen könne sie sich nicht darauf berufen, sie sei davon ausge-gangen, dass das beauftragte Unternehmen die Arbeitsentgelte ordnungsgemäß auszahle. Vielmehr müsse sie sich vorhalten lassen, dass sie trotz der gegenüber der Beklagten ein-gegangenen Verpflichtung keinerlei Vorkehrung getroffen habe, um die Auszahlungen der gewährten Mittel an die geförderten Arbeitnehmer zu überprüfen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 24.06.2005 hat die Klägerin u.a. ausge-sagt, sie habe mit dem Unternehmen keinen Vergabevertrag abgeschlossen. Es seien auch keine schriftlichen Vereinbarungen darüber getroffen worden, wie die Zuschüsse an die zugewiesenen Arbeitnehmer auszuzahlen sind. Es sei mündlich vereinbart worden, dass sie das Geld an den Unternehmer überweise. Später sei ihr jedoch mitgeteilt worden, sie soll den Zuschuss nicht mehr überweisen, das Geld sei vielmehr in bar zu übergeben. Hierfür habe sie jeweils Quittungen erhalten. Sie habe das Geld immer unmittelbar nach Erhalt an das Unternehmen weiter geleitet. Eine nähere Information über die Rechte und Pflichten des Trägers und die Organisation im Falle der Beschäftigung eines Vergabeunternehmers habe sie vom Arbeitsamt nicht erhalten. Die Beschäftigungsnachweise habe sie monatlich eingereicht. Am 13.11.2001 habe sie schriftlich die Information über die Insolvenz erhalten und diese dem Arbeitsamt unmittelbar telefonisch mitgeteilt. Vorher sei ihr schon münd-lich angekündigt worden, dass die Arbeitnehmer voraussichtlich entlassen würden.

In der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2005 hat die Klägerin nochmals ergänzend mitgeteilt, sie wisse, dass die Auszahlung vom 02.11.2001 unter Druck erfolgt sei. Sie ha-be die Zahlung an J. vorgenommen, weil er das Geld ganz dringend benötigt habe. Aus diesem Grunde habe sie auf die Quittung ausdrücklich geschrieben, dass die Zahlung für die Lohnkostenzuschüsse erfolge. Dies sei auch von J. so quittiert worden. Auch in diesem Gespräch wurde ihr nichts davon mitgeteilt, dass die Firma insolvent sei bzw. an die Arbeitnehmer keinen Lohn mehr bezahle. Sie habe für finanzielle Schwierigkeiten der Firma keinerlei Anhaltspunkte gehabt.

In dem Merkblatt 9a) "Leistungen an Träger" finden sich u.a. folgende Hinweise:

11. Auszahlung der Förderung Die Lohnkostenzuschüsse zum Arbeitsentgelt werden in der Regel monatlich nachträglich unter dem Vorbehalt der Rückforderung ausgezahlt. Die Auszahlung wird mit Daueranordnung in der Regel bis zum vorletzten Monat der Förderung vorgenommen.

12. Nachweis Nach jeweils einem Jahr oder auf Verlangen des Arbeitsamtes hat der Träger nachzuweisen, dass der Lohnkostenzuschuss bestimmungsgemäß verwendet wurde, dass das Arbeitsverhältnis mit dem zugewiesenen Arbeitnehmer ununterbrochen bestanden hat, die Zahl der Arbeitstage, für die kein Arbeitsentgelt gezahlt wurde, die Höhe des tatsächlich gezahlten Bruttoarbeitsentgeltes. Auf Verlangen des Arbeitsamtes hat der Träger hierzu eine Stellungnahme des Personal/Betriebsrates vorzu-legen.

Durch Urteil vom 16.12.2005 hat das SG dem Begehren der Klägerin entsprochen und den Schlussbescheid sowie den Widerrufsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2003 aufgehoben. Streitgegenstand seien sowohl der Widerrufsbescheid vom 13.03.2002 als auch der Schluss- und Erstattungsbescheid vom 13.03.2002. Zwar habe die Klägerin im Wider-spruchsschreiben ausdrücklich nur den Widerrufsbescheid vom 13.03.2002 benannt und hiergegen ausdrücklich Widerspruch eingelegt. Dem Widerspruch sei jedoch zu entneh-men, dass sie sich gegen die Rückerstattungsforderung wehre, welche allein in dem Schluss- und Erstattungsbescheid in Höhe von 4.294,85 EUR festgelegt worden sei. Der Widerspruch sei daher so auszulegen, dass er sich sowohl gegen den Widerrufsbescheid als auch gegen den Schluss- und Erstattungsbescheid richte. Entsprechend sei auch die Klage gegen beide Bescheide – in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2003 – gerichtet. Die Beklagte sei jedoch nicht zum Widerruf gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 und/oder Nr. 2 SGB X berechtigt gewesen. Zunächst handele es sich nicht lediglich um eine Bewilligung unter Vorbehalt im Sinne von § 42 Abs. 2 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Eine Vorbehaltszahlung in diesem Sinne könne aus dem Bescheidtext nicht entnommen werden. Auch eine Rückforderung gemäß § 50 Abs. 2 SGB X könne nicht angenommen werden, da nicht von einer auflösenden Bedingung auszugehen sei. Weiterhin könne auch nicht von einem Widerruf nach § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X ausgegangen werden. Denn eine entsprechende Zweckbestimmung liege hier nicht vor. Voraussetzung hierfür sei, dass die Geld- oder Sachleistung nur für einen bestimmten Zweck verwendet werden dürfe und diese Zweckbestimmung in dem Verwaltungsakt selbst festgelegt worden sei. Der allgemeine Hinweis auf die Rechtsgrundlage, auf Grund der die Leistung erbracht werde, genüge für die Anwendung dieser Vorschrift nicht. Zwar ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Zuschussregelung, dass die mit dem Arbeitsplatz verbundenen Lohnkosten bezuschusst werden sollten. Dies sei jedoch für eine Zweckbestimmung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X nicht ausreichend. Auch ein Widerruf nach § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB X sei nicht gerechtfertigt. Zwar könne trotz fehlender ausdrücklicher Benennung davon ausgegangen werden, dass in Pkt. 8.4. des Bewilligungsbescheides auch die Auflage enthalten gewesen sei, eine Einstellung der Lohnzahlungen unmittelbar der Beklagten mitzuteilen. Diese Auflage habe die Klägerin nicht erfüllt. Einem Widerruf für die Vergangenheit stünden jedoch Gründe des Vertrauensschutzes entgegen. Auf Vertrauen könne sich der Begünstigte dann nicht berufen, wenn er die Umstände, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben, kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Hierfür sei die Kenntnis der Tatsachen entscheidend, die einen Widerruf nach § 47 Abs. 2 SGB X rechtfertigten. Der Klägerin könne keine grobe Fahrlässigkeit in der beschriebenen Weise vorgeworfen werden. Sie sei auf Grund des Bewilligungsbescheides gezwungen gewesen, ein Wirtschaftsunternehmen mit der Durchführung der Maßnahme zu beauftragen. Ihr sei es nicht gestattet gewesen, die Arbeitnehmer selbst anzustellen und für deren Entlohnung zu sorgen. Zwischen der Kläge-rin und den Arbeitnehmern habe unmittelbar kein Rechtsverhältnis bestanden. Die arbeitsrechtlichen Beziehungen hätten lediglich zu dem Vergabeunternehmen bestanden. Zudem habe die Klägerin keine Anhaltspunkte dafür gehabt, dass die von ihr gegen Quittung aus-gezahlten Lohnkostenzuschüsse nicht zu den Arbeitnehmern gelangten. Selbst wenn man davon ausgehen würde, es sei grobe Fahrlässigkeit der Klägerin gegeben gewesen, dann fehle es an einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung. Schließlich könne auch keine Umdeutung in eine Aufhebung nach § 48 Abs. 2 Nr. 2 oder 4 SGB X vorgenommen werden. Denn auch hierfür fehle es an der subjektiven Vorwerfbar-keit.

Das Urteil ist der Beklagten am 25.01.2006 zugegangen.

Hiergegen hat die Beklagte am 09.02.2006 Berufung eingelegt. Die Bewilligung sei unter einem Vorbehalt im Sinne des § 42 Abs. 1 SGB I gestellt worden. Dies ergebe sich aus Pkt. 9.2 des Bewilligungsbescheides, da danach alle Zahlungen bis zur Erteilung des Schlussbescheides unter der Bedingung erfolgten, dass das Ergebnis der nachträglichen Prüfung die Richtigkeit der Angaben bestätige. Damit lägen sowohl die Voraussetzungen eines Widerrufs nach § 47 SGB X als auch eine Aufhebung nach § 48 SGB X vor. Der Widerruf für die Vergangenheit lasse sich auf § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB X stützen, da die Klägerin die Auflage, die Einstellungen der Lohnzahlung mitzuteilen, nicht erfüllt habe. Dies sei auch subjektiv vorwerfbar. Die Klägerin habe keinerlei vertragliche Vorkehrungen dafür getroffen, dass das beauftragte Unternehmen die sich durch die Lohnsubvention ergebenden Pflichten ordnungsgemäß erfülle. Es habe weder einen Vergabevertrag gegeben, noch seien schriftliche Vereinbarungen darüber getrof-fen worden, wie die Zuschüsse an die Arbeitnehmer gelangten. Die Klägerin müsse sich vorhalten lassen, dass sie trotz der gegenüber der Beklagten eingegangenen Verpflichtungen als Trägerin keinerlei Vorkehrungen getroffen habe, die Auszahlung der gewährten Mittel an die Arbeitnehmer und damit deren zweckentsprechende Verwendung zu überprü-fen. Die Klägerin habe ohne einen Auszahlungsnachweis über das gezahlte Arbeitsentgelt die Lohnkostenzuschüsse in bar "quasi blind" an einen Dritten ausgezahlt und daher keine Kenntnisse von Lohnrückständen gehabt. Entgegen der Auffassung des SG habe die Beklagte auch eine Ermessensentscheidung, die aus dem Widerspruchsbescheid ersichtlich sei, getroffen. Schließlich könne als Rechtsgrundlage auch von einer Aufhebung gemäß § 48 Abs. 2 Nr. 2 und 4 SGB X ausgegangen werden. Die wesentliche Änderung habe unstreitig im Wegfall der Lohnzahlungen ab dem 01.09.2001 gelegen. Zudem sei die individuelle Sorgfaltspflicht zumindest grob fahrlässig verletzt worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 16. Dezember 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich hierfür im Wesentlichen auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat – im Ergebnis – zu Recht die streitigen Bescheide der Beklagten auf-gehoben. Denn diese verletzen die Klägerin in ihren Rechten.

Die Beklagte hat keinen Anspruch auf Erstattung von 4.294,85 EUR.

1. Die Erstattungsforderung der Beklagten kann nicht auf § 42 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) gestützt werden. Nach dieser Bestimmung sind die gemäß § 42 Abs. 1 SGB I gezahlten Vorschüsse auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit sie diese übersteigen, sind sie vom Empfänger zu erstatten. Nach Auffassung des erkennenden Se-nats scheidet diese Regelung bereits deshalb als Rechtsgrundlage für die von der Beklagten geforderte Erstattung aus, weil es sich bei der im Bescheid vom 20.12.2000 geregelten Bewilligung nicht um einen Vorschuss im Sinne des § 42 SGB I gehandelt hat. Es ist darin nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen, dass ein Vorschuss nach Maßgabe des § 42 SGB I bewilligt werden sollte.

Maßstab für die Auslegung eines Verwaltungsaktes ist die Sicht eines verständigen Empfängers, der als Beteiligter die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem Willen in die Entscheidung einbezogen hat (vgl. BSG SozR 1200 § 42 Nr. 4 Sei-te 14; BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr. 2). Da ein Verwaltungsakt gemäß § 33 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinreichend bestimmt sein muss, gehen Unklarheiten zu Lasten der Behörde (vgl. BSGE 37, 155, 160 = SozR 4600 § 143 Nr. 1). Dies gilt auch, soweit Inhalt und Umfang der Vorläufigkeit eines Bescheides betroffen sind (vgl. hierzu BSG SozR 1200 § 42 Nr. 4 S. 14). Dabei müssen an die Bestimmtheit des Verwaltungsaktes bereits deshalb hohe Anforderungen gestellt werden, weil eine einstweilige Regelung im Sinne von § 42 Abs. 1 SGB I mit der Erteilung einer endgültigen Feststellung ohne weiteres erledigt ist (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X) und eine Rückforderung bereits geleisteter Zahlungen gemäß § 42 Abs. 2 SGB I ohne Vertrauensschutzprüfung (entsprechend den §§ 45, 48 SGB X) möglich sein soll. Je größer das Erstattungsrisiko für den Leistungsempfänger ist, desto deutlicher muss er auf die Vorläufigkeit der Bewilligung hingewiesen werden.

Wie der vorliegende Fall gezeigt hat, unterlag die bewilligte Zahlung – insbesondere auf Grund der Durchführung über ein Vergabeunternehmen – einem nicht unerheblichen, von der Klägerin selbst nur schwer beherrschbaren Förderungsrisiko. Durch die Beschäftigung der geförderten Arbeitnehmer war das Vergabeunternehmen unmittelbar in die bewilligte Leistung eingeschaltet, andererseits waren dessen Liquidität und Zuverlässigkeit für die Klägerin vorab nicht prüfbar. Wenn die Beklagte unter diesen Bedingungen eine Vorschussbewilligung im Sinne von § 42 SGB I beabsichtigte, so hätte sie deren Vorläufigkeit und die Möglichkeit einer Rückforderung besonders deutlich machen müssen.

Gemessen an diesen Kriterien reichen die in dem Bescheid vom 20.12.2000 enthaltenen Angaben nicht aus, um im Hinblick auf § 42 SGB I eine hinreichende Bestimmtheit bejahen zu können. So wird darin weder ausdrücklich auf § 42 SGB I Bezug genommen, noch erfolgten sonstige eindeutige Hinweise darauf, dass die "voraussichtliche Förderung" von insgesamt 50.400,00 DM in dem Sinne vorläufig sein solle, dass auch mit einer (gegebe-nenfalls vollständigen) Rückforderung der gezahlten Leistungen gerechnet werden müsste. Eine solche Rechtswirkung des Bescheides lässt sich unter Berücksichtigung eines laienhaften Empfängerhorizontes insbesondere nicht allein aus der Bezeichnung "voraussichtlich" herleiten. Zwar mag aus diesem Begriff erkennbar sein, dass die abschließende Höhe noch nicht erkennbar ist, die notwendige Verknüpfung mit einer Rückforderung – ohne Vertrauensschutzprüfung – wird hieraus jedoch nicht ausreichend deutlich.

Anderes ergibt sich auch nicht aus der Aufstellung einer "Bedingung" auf der Rückseite des Bescheides unter Pkt. 9. Zwar kann der Eintritt einer Bedingung in ähnlicher Weise zu einer für den Empfänger der Leistung ungewissen Situation führen. Der Begriff der "Bedingung" knüpft jedoch nicht an § 42 SGB I, sondern an die eigenständige rechtliche Re-gelung des § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X an.

2. Auch auf § 50 Abs. 2 SGB X i.V.m. § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X kann die Beklagte jedoch ihre geltend gemachte Erstattungsforderung nicht stützen. Eine Bedingung liegt nach der Legaldefinition des § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X vor, wenn der Eintritt oder der Wegfall einer Rechtsfolge von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt. Entsprechend § 158 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist zwischen aufschiebenden und auflösenden Bedingungen zu unterscheiden. Tritt die Rechtsfolge erst auf Grund eines zukünftigen ungewissen Ereignisses ein, handelt es sich um eine aufschiebende Bedingung. Fällt die Rechtsfolge beim Eintritt eines Ereignisses weg, liegt eine auf-lösende Bedingung vor. Ungewiss ist der Eintritt eines zukünftigen Ereignisses, wenn man nicht weiß, ob und/oder wann es eintreten wird. Keine Bedingungen sind demgegenüber gegenwärtige oder vergangene Umstände, auch wenn sie den Beteiligten im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes nicht bekannt sind oder ihnen ungewiss erscheinen.

Den Begriff "Bedingung" hat die Beklagte hier nur unter Pkt. 9 des Bescheides vom 20.12.2000 verwandt. Daraus ergibt sich jedoch mangels hinreichender Bestimmtheit keine Bedingung im Sinne von § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X. Die erste der in Betracht kommenden Erklärungen unter Pkt. 9.1. stellt bereits deshalb keine Bedingung im o.g. Sinne dar, weil die Beklagte diese nicht vollständig ausgefüllt hat. Dies macht auf den verständigen Empfänger den Eindruck, dass dieser Umstand hier nicht relevant werden solle. Die weitere Erklärung unter 9.2. lautet: "Das Ergebnis der nachträglichen Prüfung die Richtigkeit ihrer Angaben bestätigt." Hierbei ist unklar, welche Angaben gemeint sein sollten. Wären dies die Angaben zur An-tragstellung, dann läge deshalb keine Bedingung im Sinne von § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X vor, weil es sich um vergangene Umstände handelte. Sollte es sich jedoch um die abschlie-ßenden Angaben zur Beschäftigung der Arbeitnehmer und zur Zahlung des Arbeitsentgel-tes handeln, so wird hiermit nicht deutlich gemacht, was im Falle einer etwaigen Unrichtigkeit geschehen soll. Es müsste hierzu deutlich werden, ob es sich bei der Richtigkeit der Schlussangaben um eine aufschiebende oder eine auflösende "Bedingung" handeln solle und welche Rechtsfolgen jeweils genau hieran geknüpft sein sollten. Aber auch dies würde – wie gerade dieser Fall zeigt – letztlich hier nicht weiter führen, denn wenn die Klägerin in der Abschlusserklärung richtigerweise eingetragen hätte, dass ab September 2001 keine Auszahlung der Arbeitsentgelte mehr erfolgte, könnte dies nicht mehr zu einer Sicherung der gesetzlichen Voraussetzung der Bewilligung führen. Dies macht deutlich, dass zu Pkt. 9.2. bereits vom Ansatz her das Vorliegen einer Bedingung im Sinne einer Nebenbe-stimmung im Sinne nach § 32 Abs. 1 und 2 SGB X zweifelhaft ist, denn Gegenstand einer Nebenbestimmung kann nicht sein, was zu den vom Gesetzgeber bestimmten Voraussetzungen eines Anspruchs gehört (BSG SozR 3-1300 § 32 Nr. 1).

3. Mangels Vorliegens einer "Auflage" im Sinne von § 32 Abs. 2 Nr. 4 SGB X entfällt als Rechtsgrundlage – unabhängig von weiteren, hierzu problematischen Umständen – ein Widerruf nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB X. Um eine Auflage nach § 32 Abs. 2 Nr. 4 SGB X kann es sich nur dann handeln, wenn die Beklagte der Klägerin zusätzlich zur Bewilligung des Lohnkostenzuschusses durch einen weiteren, wenn auch vom Hauptakt abhängigen, selbstständig anfechtbar und selbstständig erzwingbaren belastenden Verwaltungsakt im Interesse der Allgemeinheit ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben hätte (Eyermann/Fröhler, VWGO 7.Aufl., Rdnr. 26 zu § 43 Anhang; Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 36 Anm. 14 ff.). Gegen-stand oder Auflage im Sinne einer abgrenzbaren Nebenbestimmung zum begünstigenden Hauptakt kann daher nicht eine Pflicht sein, deren Erfüllung unmittelbar von dem gesetzlichen Leistungstatbestand vorausgesetzt wird. Denn bei Nichterfüllung schon des gesetzlichen Tatbestandes darf der begünstigende Verwaltungsakt nicht nur nicht erlassen werden, sondern er kann bei Wegfall der Voraussetzungen – gegebenenfalls – im Rahmen der §§ 45, 48 SGB X aufgehoben werden. Der Konstruktion einer Auflage zum Zwecke des Widerrufs in Anwendung des § 47 Satz 2 Nr. 2 SGB X bedarf es in den Fällen einer bereits durch den gesetzlichen Leistungstatbestand auferlegten Pflicht nicht (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.1981, Az: 1 RJ 112/80, JURIS, S. 4).

So liegt der Fall auch hier: Unabhängig davon, dass die von der Beklagten nunmehr angenommene "Auflage", nämlich die mangelnde Auszahlung des Lohnes an die geförderten Arbeitnehmer unmittelbar mitzuteilen, da nicht explizit in dem Bescheid genannt ist (wie auch das SG bereits darge-stellt hat) ist eine solche Mitteilungspflicht nicht als eine Auflage im dargestellten Sinne zu bewerten. Denn die Zahlung des Arbeitsentgeltes ist eine Tatbestandsvoraussetzung für die Förderung. Dies ergibt sich ausdrücklich aus § 415 Abs. 3 Satz 8 SGB III. Diese Norm lautet: "Der Zuschuss wird höchstens bis zur Höhe des monatlich ausgezahlten Ar-beitsentgelts gezahlt."

Die Mitteilung der fehlenden Lohnzahlung stellt daher lediglich eine Mitteilung des Wegfalls der wesentlichen Anspruchsvoraussetzung der Auszahlung des Arbeitsentgeltes dar und ist mithin keine Auflage im Sinne einer gesonderten Pflicht zur Sicherung des Zweckes der Bewilligung.

Darüber hinaus hat das SG – soweit man entgegen der Auffassung des Senats eine wirksame Auflage bejahen würde – auf den Vertrauensschutz mangels subjektiver Vorwerfbarkeit gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 bis 4 SGB X (siehe hierzu im Folgenden noch zu § 48 SGB X) sowie das Fehlen des Ermessens hingewiesen.

4. Weiterhin kann die Beklagte sich auch nicht auf die Rechtsgrundlage des § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X i.V.m. § 50 Abs. 1 SGB X stützen. Der Wille des Gesetzgebers, die Widerrufsmöglichkeit bei Verfehlung eines mit der Ver-wendung der Leistung zusammenhängenden Zweckes zuzulassen, hat seinen Niederschlag im Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 gefunden. Danach werden nur Verwaltungsakte in den Regelungsgehalt einbezogen, mit denen eine Geld- oder Sachleistung für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck gewährt wird. Die Anknüpfung an die Verwendung der Leistung wird durch die Ausgestaltung der Widerrufsmöglichkeiten bestätigt, welche nur eröffnet sind, wenn die Leistung nicht zu dem im Verwaltungsakt bestimmten Zweck "verwendet" wird. Folglich kommt der Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsaktes nach § 47 Abs. 2 SGB X nur in Betracht, wenn der Empfänger der Leistung den im Verwaltungsakt festgelegten "Leistungsverwendungszweck" nicht erfüllt. Denn nicht der abstrakt – generelle Zweck des Gesetzes, sondern die verhaltenssteuernde Zweckbestimmung im Verwaltungsakt eröffnet ggf. die Widerrufsmöglichkeit.

Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass eine solche, zum Widerruf berechtigende Zweckbe-stimmung hier in dem Bewilligungsbescheid nicht enthalten ist. Zwar trifft es zu, dass es dem Sinn und Zweck der Förderung nach § 415 Abs. 3 SGB III entspricht, einen Zuschuss zur Arbeitsentgeltzahlung an den eingestellten Arbeitnehmer zu leisten. Entsprechend diesem Zweck wird diese Förderung als "Lohnkostenzuschuss" bezeichnet. Gleichwohl wird damit kein Zweck beschrieben, der die Beklagte zum Widerruf der Leistungsbewilligung berechtigen könnte, denn die fragliche Zweckbestimmung, im Sinne einer Verwendung gerade der zuerkannten Leistung, wurde in dem Bewilligungsbescheid vom 20.12.2000 nicht konkret benannt.

Im Übrigen wäre auch hier ein Entfallen des Vertrauensschutzes - mangels subjektiver Vorwerfbarkeit - sowie die Ermessensausübung zweifelhaft.

5. Schließlich ergibt sich aus § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und/oder Nr. 4 SGB X i.V.m. § 50 Abs. 1 SGB X ebenfalls keine Rechtsgrundlage zu Gunsten der Beklagten.

Allerdings liegen zunächst die Voraussetzungen § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X vor. Bei der Bewilligung vom 20.12.2000 handelte es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Ab September 2001 war auch eine wesentliche Änderung eingetreten, denn das Arbeitsentgelt wurde nicht mehr an die Arbeitnehmer J. und H. ausgezahlt. Damit waren insoweit die Anspruchsvoraussetzungen entfallen.

Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse auf-gehoben werden, soweit u.a. 1. , 2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, sowie 3. , 4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.

Die Klägerin ist entgegen § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen, die fehlende Zahlung des Arbeitentgelts an die Arbeitnehmer unmittelbar mitzuteilen. Speziell auf diese Verpflichtung war sie in dem Antragsformular unter Pkt. 5 der Erklärung des Trägers der Maßnahme ausdrücklich hingewiesen worden. Ursache für die unterbliebene unmittelbare Mitteilung war die Unkenntnis der Klägerin von diesem Umstand. Weiter wusste sie auch – mangels Kenntnis von dem tatsächlichen Geschehen – nicht, dass der Anspruch weggefallen war.

Diese Unkenntnis konnte der Senat jedoch als nicht grob fahrlässig bewerten. Nach der Legaldefinition gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Eine solche Sorgfaltsverletzung lag auf Seiten der Klägerin nicht vor. Hierbei war insbesondere die Sondersituation der Einschaltung eines Wirtschaftsunternehmens, bei dem die Arbeitnehmer unmittelbar beschäftigt waren, wohingegen gegenüber der Klägerin keinerlei arbeitsvertragliche Verpflichtungen bestanden, zu berücksichtigen. Diese Einschaltung der G. GmbH war auch der Beklagten bekannt. Hierbei hätte die Klägerin die letztlich eingetretene Situation nur dann verhindern können, wenn sie entweder die Auszahlung oder Überweisung des Arbeitsentgeltes an die Arbeit-nehmer selber vorgenommen hätte, bei der Barzahlung durch die G. GmbH jeweils persön-lich anwesend gewesen wäre oder wenn sie die Vergabefirma zur Vorleistung an die Arbeitnehmer und zur vorherigen Vorlage eines Nachweises der Auszahlung verpflichtet hätte. Allein der Abschluss eines Vergabevertrages zwischen der Klägerin und der G. GmbH hätte hierzu nicht ausgereicht; in diesem hätten zudem spezielle Bedingungen für Kontrollrechte der Klägerin festgelegt werden müssen.

Trotz der Lektüre des Merkblattes 9a "Leistungen an Träger" und der von der Klägerin zum Antragsformular unterzeichneten Erklärung musste sich dieser jedoch nicht gleichsam aufdrängen, dass sie bei ihrer Verfahrensweise der Barzahlung gegen Quittung – ohne vorab einen Nachweis der Arbeitsentgeltzahlung zu haben – keine ausreichende Kontrolle über das eingeschaltete Unternehmen haben werde und daher gleichsam selber hinsichtlich der an dieses ausgezahlten Lohnkostenzuschüsse das Insolvenzrisiko des Unternehmens tragen werde. Dann hätte nämlich die Klägerin voraussehen müssen, dass eventuell die Gefahr einer Insolvenz bestehe und zudem seitens des Vergabeunternehmens das ausgezahlte Geld verun-treut werden könnte. Eine solche Erkenntnis möglicher Gefahren konnte jedoch von der Klägerin nicht erwartet werden, zumal die sich in dem Merkblatt 9a enthaltenen Hinweise durchweg auf geförderte Arbeitgeber beziehen. Die Klägerin konnte daher davon ausgehen, dass sie bei normalem und korrektem Ablauf alle eingegangenen Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllen werde. In dieser Situation konnte ihr die Unkenntnis nicht als schwerwiegende Verletzung der Sorgfaltspflicht angelastet werden, zumal die Beklagte viel eher die Möglichkeit gehabt hätte, entsprechende Risiken zu erkennen und daher auch auf die Erforderlichkeit sichernder Bedingungen in einem Vergabevertrag hätte hinweisen können.

Nach alledem ergab sich für die Beklagte keine Rechtsgrundlage zum Widerruf – oder im Wege der Umdeutung nach § 43 SGB X zur Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 20.12.2000 sowie ebenfalls keine Rechtsgrundlage zur Erstattung der geforderten 4.294,85 EUR.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war zuzulassen gemäß § 160 Abs. 2 SGG. In Anbetracht der gerichtsbekannten Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle ist der Senat – auch wenn die grobe Fahrlässigkeit regelmäßig nach subjektiven Kriterien zu bewerten ist – von einer grundsätzlichen Bedeutung ausgegangen.
Rechtskraft
Aus
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