L 9 SO 18/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 6 SO 146/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 18/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei gemeinsamer Wohnungsnahme von erwerbsunfähigem, Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII beziehenden Elternteil und erwebsfähigem, über 25 Jahre alten, Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II beziehenden Kind bemisst sich die Höhe des dem Elternteil zustehenden Regelsatzes nur danach, ob dieser Haushaltsvorstand oder Haushaltsangehöriger i.S.v. § 3 RSV ist.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 08.08.2006 geändert. Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 23.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2005, der Bescheide vom 22.06. und 22.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2007 und des Bescheides vom 22.03.2006 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01.06.2005 bis zum 31.05.2006 Leistungen der Grundsicherung im Alter unter Zugrundelegung eines Regelsatzes von 345,00 Euro zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) auf der Grundlage eines Regelsatzes von 345,00 Euro statt 276,00 Euro für die Zeit vom 01.06.2005 bis zum 31.05.2006 zu erhalten.

Die am 00.00.1940 geborene Klägerin bezog bis einschließlich Mai 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung eines Regelsatzes von 345,00 Euro. Ihr 1969 geborener, unverheirateter und kinderloser Sohn B M, der Beigeladene zu 1), mit dem die Klägerin in einem gemeinsamen Haushalt lebt, bezieht durchgängig seit dem 01.01.2005 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Regelsatzes von 345,00 Euro.

Am 13.05.2005 beantragte die Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII aufgrund der Vollendung des 65. Lebensjahres. Mit Bescheid vom 23.05.2005 bewilligte ihr die Beklagte zunächst ab dem 01.06.2005 bis zum 31.05.2006 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII i. H. v. 410,52 Euro monatlich unter Zugrundelegung des 80%-igen Regelsatzes i. H. v. 276,00 Euro.

Ab dem 01.07.2005 bezog die Klägerin von der (seinerzeitigen) Landesversicherungsanstalt Westfalen Altersruhegeld. Im Juli 2005 bezog sie die Rentenleistung i. H. v. 136,43 Euro. Für August 2005 gewährte die LVA Westfalen der Klägerin 139,63 Euro Altersrente, was daran lag, dass die LVA der Klägerin die ihr bereits ab Juli 2005 zustehende Rentenerhöhung (monatlich 1,60 Euro) mit Auszahlung von August auch für Juli 2005 nachgewährte. Ab September 2005 bezog die Klägerin eine monatliche Altersrente i. H. v. 138,03 Euro.

Unter Abzug der von der Klägerin jeweils bezogenen Rente gewährte die Beklagte ihr mit Bescheid vom 22.06.2005 Grundsicherungsleistungen i. H. v. 274,08 Euro, für August 2005 mit Bescheid vom 22.07.2005 Grundsicherungsleistungen i. H. v. 270,88 Euro, für September 2005 bis März 2006 mit Bescheid vom 22.07.2005 Grundsicherungsleistungen i. H. v. 272,48 Euro sowie für April und Mai 2006 mit Bescheid vom 22.03.2006 Grundsicherungsleistungen i. H. v. 272,48 Euro.

Gegen den Bescheid vom 23.05.2005 legte die Klägerin am 01.06.2005 Widerspruch ein und meinte, ihr stehe ein Regelsatz von 345,00 Euro zu. Sie beziehe bereits seit 29 Jahren Sozialhilfe als Haushaltsvorstand. Ihr Sohn sei immer Haushaltsangehöriger gewesen. Es sei nicht verständlich, weshalb sie nun den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen i. H. v. 276,00 Euro erhalte, ihr Sohn - der Beigeladene zu 1) - dagegen nach dem SGB II den Regelsatz des Haushaltsvorstandes.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2005 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.05.2005 zurück. Der Regelsatz für den Haushaltsvorstand betrage 100% des Eckregelsatzes (345,00 Euro) und der Regelsatz für einen Haushaltsangehörigen ab Vollendung des 14. Lebensjahres betrage 80% des Eckregelsatzes, also 276,00 Euro. Für die Klägerin und den Beigeladenen zu 1), mit dem sie in einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft lebe, seien daher beiden gemeinsam zustehende Regelsätze i. H. v. insgesamt 621,00 Euro zu berücksichtigen. Der Beigeladene zu 1) erhalte jedoch bereits nach dem SGB II einen Regelsatz i. H. v. 345,00 Euro. Demnach sei für die Klägerin im Rahmen der Berechnung der Grundsicherungsleistungen nur noch ein Regelsatz von 276,00 Euro zu berücksichtigen, der dem eines Haushaltsangehörigen entspreche. Ein Ausgleich, z. B. über die Gewährung eines "Mischregelsatzes" (311,00 Euro für jede Person der Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft) sei im Rahmen der Vorschriften des SGB II nicht möglich, so dass der erforderliche Ausgleich im Rahmen der Regelsatzfestlegung nach dem SGB XII herzustellen sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 13.09.2005 Klage erhoben und es weiterhin für unverständlich gehalten, dass ihr jetzt nur ein Regelsatz i. H. v. 276,00 Euro gewährt werde.

Mit Urteil vom 08.08.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Regelsätze seien gemäß § 3 der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII festzusetzen. Der Regelsatz für den Haushaltsvorstand betrage demnach 100% des Eckregelsatzes, also 345,00 Euro, während der Regelsatz für einen Haushaltsangehörigen ab Vollendung des 14. Lebensjahres 80% des Eckregelsatzes, also 276,00 Euro betrage. Daraus werde deutlich, dass für zwei Personen, die in einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft lebten, Regelsätze i. H. v. insgesamt 621,00 Euro zu gewähren seien. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1) lebten in einem gemeinsamen Haushalt und bewirtschafteten diesen gemeinsam (§ 36 Satz 1 SGB XII). Wer Haushaltsvorstand sei, sei nicht offensichtlich. Jedenfalls aber stehe dem Beigeladenen zu 1) ein Regelsatz von 345,00 Euro zu, ohne dass die Möglichkeit einer Mischregelsatzbildung nach dem SGB II gegeben sei. Denn die Klägerin und der Beigeladene zu 1) seien keine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II. Da also dem Beigeladenen zu 1) nach dem SGB II 345,00 Euro Regelsatz zustünden, könne der Klägerin nach dem SGB XII, wonach sie mit dem Beigeladenen zu 1) eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft bilde, nur ein Regelsatz von 276,00 Euro gewährt werden, weil insgesamt der Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft keine höheren Regelsätze als 621,00 Euro zu gewähren seien. Eine andere Aufteilung der Regelsätze sei nicht möglich.

Gegen dieses ihr am 06.09.2006 zugestellte Urteil richtet sich die von der Klägerin am 02.10.2006 eingelegte Berufung. Sie meint, wenn eine Leistung nach dem SGB XII beziehende Mutter und ihr Leistungen nach dem SGB II beziehender Sohn in einem Haushalt lebten, sei jeder eine eigene Bedarfsgemeinschaft und habe Anspruch auf 345,00 Euro Regelsatz. Es könne nicht richtig sein, dass der Beigeladene zu 1) von seinen 345,00 Euro Arbeitslosengeld ihr noch Geld für den Haushalt abgeben müsse, weil ihr angeblich als bloße Haushaltsangehörige nur 276,00 Euro zustünden. Die Grundsicherung im Alter solle schließlich Altersarmut verhindern, und die alten Leute sollten nicht auf Geld oder Unterhalt von ihren Kindern angewiesen seien. Die Wohnung, in der sie jetzt zusammen mit dem Beigeladenen zu 1) lebe, habe sie schon 1978 angemietet. Der Mietvertrag habe nur sie unterschrieben. Auf sie liefen auch sonst alle anderen Verträge. Man habe kein Telefon, wohl aber Fernsehen. Die entsprechenden Gebühren würden von ihr eingezogen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 08.08.2006 abzuändern und die Beklagte unter entsprechender Änderung des Bescheides vom 23.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2005, der Bescheide vom 22.06. und 22.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2007 sowie des Bescheides vom 22.03.2006 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01.06.2005 bis zum 31.05.2006 Grundsicherungsleistung unter Berücksichtigung eines Regelsatzes i. H. v. 345,00 Euro zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, die Klägerin sei weiterhin wie eine Haushaltsangehörige zu behandeln und hält das angefochtene Urteil für richtig.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Die Beigeladene zu 2) hat mit Schriftsatz vom 07.09.2007 mitgeteilt, dass der Beigeladene zu 1) seit dem 01.01.2005 durchgängig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Zugrundelegung einer Regelleistung i. H. v. 345,00 Euro monatlich bezieht.

In der öffentlichen Sitzung des Senats vom 06.12.2007 hat die Beklagte ihren Widerspruchsbescheid vom 09.11.2007 überreicht, mit dem sie den Widerspruch der Klägerin gegen die Bescheide vom 22.06. und 22.07.2005 zurückgewiesen hat. Sie meint weiterhin, für zwei Personen, die wie die Klägerin und der Beigeladene zu 1) in einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft lebten, seien Regelsätze i. H. v. insgesamt 621,00 Euro zu gewähren. Zwar sei nach den Angaben der Klägerin diese Haushaltsvorstand. Angesichts dessen, dass der Beigeladene zu 1) Leistungen nach dem SGB II auf der Grundlage eines Regelsatzes von 345,00 Euro beziehe, könne für die Klägerin aber dennoch nur der Regelsatz eines Haushaltsangehörigen (276,00 Euro) berücksichtigt werden, um die beiden nach dem Gesetz zustehenden Regelsätze i. H. v. insgesamt 621,00 Euro nicht zu überschreiten. Ein Ausgleich etwa über die Gewährung eines Mischregelsatzes sei nicht möglich.

Die Klägerin hat bestätigt, diesen Widerspruchsbescheid erhalten zu haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakte des Sozialgerichts Detmold zu Az.: S 19 SO 12/05 und den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Sie hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihr für die Zeit vom 01.06.2005 bis zum 31.05.2006 Leistungen der Grundsicherung im Alter unter Zugrundelegung eines Regelsatzes von 345,00 Euro gewährt.

Streitbefangen ist der Zeitraum vom 01.06.2005 bis zum 31.05.2006, weil die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden für diesen Zeitraum der Klägerin Leistungen bewilligt hat. Die Änderungsbescheide vom 22.06.2005 und 22.07.2005 sind gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Vorverfahrens geworden. Eine ausdrückliche Widerspruchseinlegung hiergegen von Seiten der Klägerin war nicht erforderlich (Leitherer in Meyer-Ladewig, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage, 2005, Rn. 4 zu § 86 SGG). Über die Rechtmäßigkeit auch dieser Bescheide hatte der Senat mit zu entscheiden, weil die Beklagte den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2007 beschieden und diesen auch rechtzeitig - nämlich im Termin zur mündlichen Verhandlung am 06.12.2007 - zu den Akten gereicht hat. Der Bescheid vom 22.03. 2006 ist gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Auch dieser Bescheid unterliegt damit der Beurteilung durch den Senat.

Die Klägerin wendet sich ausdrücklich nur gegen die Höhe des Regelsatzes, beschränkt ihr Begehren also hierauf. Für Streitigkeiten hinsichtlich der Leistungshöhe nach dem SGB II hat das Bundessozialgericht (Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 8/06 R, Rn. 18) dies für zulässig gehalten, weil es sich bei den Verfügungen betreffend die Regelleistung (§ 20 SGB II) einerseits und die Unterkunfts- und Heizkosten (§ 22 SGB II) andererseits um abtrennbare Verwaltungsakte (§ 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch/SGB X) handelt. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an, weil beiden Verfügungen eine eigenständige Regelungswirkung zukommt. Soweit der 11b-Senat des Bundessozialgerichts (Urteil vom 23.11.2006, Az.: B 11b AS 9/06 R, Rn. 17 = SozR 4 - 4300 § 428 Nr. 3) es mit der Begründung hat dahingestellt sein lassen, ob er sich der Beurteilung des 7b-Senats anschließt, dass keinenfalls eine Einigung der Beteiligten auf einen rechtlichen Prüfungsmaßstab den Streitgegenstand begrenzen kann, sieht der Senat hierin keinen Anlass, der zitierten Rechtsprechung des 7b-Senats nicht zu folgen. Denn mit der Anfechtung allein der Höhe der Regelleistung wird eben ein eigenständiger Verwaltungsakt angefochten. Davon, dass die Beteiligten sich hiermit lediglich auf einen rechtlichen Prüfungsmaßstab geeinigt hätten, kann demzufolge keine Rede sein. Auch angesichts der Ausführungen des 8/9b-Senats des Bundessozialgerichts mit Urteil vom 16.10.2007 (Az.: B 8/9b SO 2/06 R, Rn. 10 (a. E.)), "dabei beschränkt sich die Klage allerdings nicht auf den Regelsatz, sondern erfasst die gesamte Grundsicherungsleistung", sieht der Senat keinen Anlass zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung.

Nichts anderes als für die Verfügungen über die in § 22 SGB II geregelten Kosten der Unterkunft und die in § 20 SGB II geregelte Regelleistung kann für die Verfügung über die in § 29 SGB XII geregelten Leistungen für die Unterkunft und Heizung einerseits und die in § 28 SGB XII geregelte Verfügung über den Regelsatz andererseits gelten. Auch hierbei handelt es sich um abtrennbare Verwaltungsakte im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X, so dass die von der Klägerin vorgenommene Beschränkung des Streitgegenstandes auf den Regelsatz nach dem SGB XII somit zulässig ist.

Die Berufung ist statthaft. Für den streitigen Zeitraum vom 01.06.2005 bis zum 31.05.2006 begehrt die Klägerin den vollen Regelsatz von 345,00 Euro statt des 80%-igen Regelsatzes von 276,00 Euro. Die Klägerin begehrt damit im streitigen Zeitraum um 828,00 Euro höhere Leistungen (12 x 69,00 Euro), so dass der Berufungsstreitwert (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten wird.

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Klägerin steht im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 19 Abs. 2 SGB XII i. V. m. § 41 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII (beide in der Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB), § 42 Satz 1 Nr. 1 SGB XII (in der Fassung des Gesetzes vom 21.03.2005, BGBl. I, S. 818) sowie § 28 SGB XII (in der Fassung, die der Norm durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialgerichts in das SG vom 09.12.2004, BGBl. I, S. 3305 f., erhalten hat) ein Regelsatz von 100 von Hundert statt 80 von Hundert des Eckregelsatzes und damit gemäß den nordrhein-westfälischen Verordnungen über die Regelsätze der Sozialhilfe vom 30.11.2004 und vom 31.05.2005 (GV.NRW 2004, 747 und GV.NRW 2005, 612) ein monatlicher Eckregelsatz von 345,00 Euro zu.

Auszugehen ist davon, dass die Klägerin und der Beigeladene zu 1) entgegen der Annahme des Sozialgerichts gerade nicht in einer nach § 36 Satz 1 SGB XII zu beurteilenden Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft leben, weil angesichts des Einkommens des Beigeladenen zu 1) gerade nicht vermutet werden kann, dass die Klägerin von ihm Leistungen zum Lebensunterhalt erhält. Vielmehr bildet der Beigeladene zu 1) wegen § 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II eine eigene, nach dem SGB II zu beurteilende Bedarfsgemeinschaft. Insbesondere ist die Klägerin weder Partnerin des Beigeladenen zu 1) nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II noch über § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II Mitglied der Bedarfsgemeinschaft des Beigeladenen zu 1) geworden. Für die Zeit ab dem Altersrentenbezug (01.07.2005) ergibt sich dies bereits aus § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II. Unabhängig von der in der Literatur umstrittenen Frage, ob Personen über 65 Jahren generell dem Leistungssystem des SGB XII unterworfen sind (Darstellung des Streitstandes im Urteil des BSG vom 16.10.2007, a. a. O., Rn. 18), galt diese Beurteilung aber auch schon für den Monat Juni 2005, in dem die Klägerin noch keine Altersrente bezogen hat. Denn Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft kann sie nur Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Zuweisung werden. Eine solche ist aber auch in § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II für die Klägerin nicht enthalten, weil der Beigeladene zu 1) auch im Jahre 2005 das 25. Lebensjahr bereits vollendet hatte. Vielmehr stand dem Beigeladenen zu 1), was die Beigeladene zu 2) auch offenbar richtig erkannt hat, aufgrund dessen, dass allein er die nach dem SGB II zu beurteilende Bedarfsgemeinschaft bildete, die volle monatliche Regelleistung für alleinstehende wovon 345,00 Euro nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II zu.

Hierin liegt auch der Unterschied zu der vom BSG mit Urteil vom 16.10.2007 (a. a. O.) entschiedenen Konstellation, in der der Kläger mit seiner Ehefrau trotz des Bezugs von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung eine Bedarfsgemeinschaft Kraft einer ausdrücklichen Zuweisung in § 7 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 a SGB II bildete. Da eine solche Zuweisung zu einer Bedarfsgemeinschaft für die Klägerin in dem hier zu beurteilenden Fall gerade nicht besteht, können auch die weiteren Ausführungen des Bundessozialgerichts jedenfalls nicht ungesehen auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Festzuhalten ist vielmehr, dass zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) weder einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft nach dem SGB XII noch eine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II besteht. Deshalb liegt auch - anders als in den Urteilen des BSG vom 29.03.2007 (Az.: B 7b AS 2/06 R) und vom 16.10.2007 (a. a. O.) keine "gemischte Bedarfsgemeinschaft" vor, für die eine "Gesamtleistung" zu berechnen und das hiernach gefundene Ergebnis ggf. unter Gleichheitsgesichtspunkten zu korrigieren wäre (dazu: BSG, Urteil vom 16.10.2007, a. a. O. Rn. 14 f.).

Die hier vorliegende Konstellation der gemeinsamen Wohnungsnahme von (erwerbsunfähiger) Mutter und (erwerbsfähigem, über 25 Jahre altem Sohn) ist in den in Betracht kommenden Kommulationsnormen (§ 20 Abs. 2 - 3 SGB II, § 3 Abs. 2 RSV) nicht geregelt.

Eine erweiternde Anwendung der genannten Normen im Wege der Auslegung scheitert an den nicht vergleichbaren Personengruppen der geregelten Sachverhalte im Verhältnis zu dem hier vorliegenden. Im Übrigen verbietet eine weitergehende einschränkende Interpretation der die maßgeblichen Ansprüche von Klägerin und Beigeladenen zu 1) regelnden Normen § 31 SGB I.

Eben dieses Argument steht auch einer etwaigen verfassungskonform Auslegung vor dem Hintergrund von Art. 3 Abs. 1 GG entgegen.

Vielmehr richtet sich die Höhe des der Klägerin zu gewährenden Eckregelsatzes gemäß § 28 Abs. 1 und 2 SGB XII i. V. m. § 3 Abs. 1 und 2 der Regelsatzverordnung (RSV - in der Fassung des Gesetzes vom 03.06.2004, BGBl. I 2004, S. 1067) allein danach, ob die Klägerin als Haushaltsvorstand oder als sonstige Haushaltsangehörige anzusehen ist. Haushaltsvorstand ist neben einem Alleinstehenden derjenige, der die Generalunkosten des Haushalts trägt (BSG, Urteil vom 16.10.2007, a. a. O., Rn. 16; BVerwG, FEVS 14, 241 ff.). Diese Generalumkosten trägt - was auch die Beklagte einräumt - die Klägerin. Der Mietvertrag lautet weiterhin allein auf die Klägerin. Die Rechnungen der Energieversorgungsunternehmen sind an die Klägerin gerichtet. Die Miete wird ebenfalls von ihrem Konto abgebucht. An der Stellung der Klägerin als Haushaltsvorstand hat deshalb auch der Senat keinen Zweifel. Sie hat deshalb gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 RSV Anspruch auf 100 von Hundert des Eckregelsatzes, also auf einen monatlichen Regelsatz von 345,00 Euro.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie trägt dem Obsiegen der Klägerin Rechnung. Für eine Kostenbeteiligung der Beigeladenen bestand kein Anlass.

Die Revision hat der Senat zugelassen, weil er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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