Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 13 SO 66/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 B 76/07 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Arbeitnehmer nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II sind Personen, die über ein Einkommen von mindestens 25 v.H. der Regelleistung aus einer Tätigkeit erzielen.
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 13.06.2007 wird zurückgewiesen. Die Beigeladene trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerinnen.
Gründe:
I.
Die Antragstellerinnen sind bulgarische Staatsangehörige. Die am 00.00.1979 geborene Antragstellerin zu 1) reiste im März 2004 in die Bundesrepublik ein; sie gab dabei an, in Deutschland ein Studium aufnehmen zu wollen.
Am 24.09.2004 beantragte sie bei der Antragsgegnerin Sozialhilfe mit der Begründung, sie sei schwanger. Ihre Eltern könnten diese Situation nicht mit ihrer Religion vereinbaren. Sie könne aufgrund der Schwangerschaft nicht nach Hause zurückkehren. Am 00.10.2004 wurde die Antragstellerin zu 2) geboren.
Die Antragsgegnerin leistete für die Antragstellerinnen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) insgesamt bis zum 14.05.2007. Mit Bescheid vom 15.05.2007 stellte sie diese Leistungen mit Ablauf des 14.05.2007 unter Hinweis auf den Beitritt Bulgariens zur Europäischen Union (01.01.2007) ein, weil die Antragstellerinnen nicht zu dem nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 - 7 AsylbLG leistungsberechtigten Personenkreis gehörten. Darüber hinaus bestehe gemäß § 21 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) kein Anspruch auf Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII für Personen, die nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Erwerbsfähige oder als deren Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt seien.
Die Beigeladene lehnte mit Bescheid vom 05.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2007 einen Antrag der Antragstellerinnen auf Leistungen nach dem SGB II ab. Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsmarktsuche ergebe, sowie deren Familienangehörige seien nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.
Die Antragstellerin zu 1) ist im Besitz einer Bescheinigung gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU vom 24.05.2007, die sich auf eine Anmeldung vom 15.06.2006 bezieht und bis zum 23.05.2012 befristet ist. Daneben wurde der Antragstellerin zu 1) eine Arbeitserlaubnis-EU für die Zeit vom 30.05.2007 bis 29.05.2008 für eine Tätigkeit bei der Firma S I in L als Reinigungskraft bei einer Arbeitszeit dienstags von 09.00 Uhr bis 13.00 Uhr erteilt. Für diese Tätigkeit erzielt die Antragstellerin zu 1) monatlich einen Verdienst von 160,00 EUR.
Auf Antrag vom 16.05.2007 verpflichtete das Sozialgericht Köln mit Beschluss vom 13.06.2007 die Beigeladene im Wege der einstweiligen Anordnung, den Antragstellerinnen ab dem 30.05.2007 bis zum 30.11.2007 Leistungen nach Maßgabe der Bestimmungen des SGB II zu gewähren. Ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin scheide nach § 21 Satz 1 SGB XII zwar aus. Denn die Antragstellerin zu 1) sei im Besitz einer Arbeitsgenehmigung/EU und deshalb seit dem 30.05.2007 dem Grunde nach leistungsberechtigt nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Antragstellerinnen hätten jedoch als Bedarfsgemeinschaft Anspruch auf Leistungen nach dem SGG II gegen die Beigeladene. Dieser Anspruch entfalle bei summarischer Prüfung nicht etwa wegen § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Denn es spreche vieles dafür, dass diese Regelung wegen Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gegen europäisches Recht verstoße und deshalb unanwendbar sei. Da der Antragstellerin zu 1) ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik aufgrund der Bescheinigung nach § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU zustehe, müsse sie ebenso behandelt werden wie ein Bundesbürger. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Sozialgerichts Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss hat die Beigeladene am 28.06.2007 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht mit Beschluss vom 09.07.2007 nicht abgeholfen hat. Sie ist der Auffassung, Leistungen für die Antragstellerinnen seien nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgeschlossen, da sich das Aufenthaltsrecht der Antragstellerin zu 1) allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe. So habe der erkennende Senat im Beschluss vom 22.03.2007 - S 27 AS 20/07 ER in einem entsprechenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einen Leistungsauschluss für polnische Staatsangehörige, die sich zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik aufhielten, mit europäischem Recht für vereinbar gehalten. Gleiches müsse auch für die Antragstellerin zu 1) gelten. Daran ändere nichts, dass sie sich bereits seit 2004 in der Bundesrepublik aufhalte. Denn dieser Aufenthalt sei nur geduldet worden, und die Antragstellerin könne nicht besser gestellt werden als ein neu eingereister EU-Bürger.
Die Antragstellerinnen weisen demgegenüber darauf hin, dass die Antragstellerin zu 1) einer Teilzeitbeschäftigung als Reinigungskraft nachgehe, freizügigkeitsberechtigt und im Besitz einer Freizügigkeitsbescheinigung sowie einer Arbeitserlaubnis für die von ihr ausgeübte Tätigkeit sei. Sie sei Arbeitnehmerin im gemeinschaftsrechtlichen Sinne. Die Regelung des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 lasse nur Abweichungen für solche Personen zu, die keine Arbeitnehmer seien. Als Arbeitnehmerin sei sie jedoch einem Bundesbürger gleich zu behandeln; alles andere würde gegen Art. 12 Abs. 1 des EG-Vertrages verstoßen, der jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verbiete, sowie gegen Art. 39 Abs. 3 des EU-Vertrages. Sie halte sich nicht zur Arbeitssuche im Bundesgebiet auf, sondern sei bereits Arbeitnehmerin. Sie sei seinerzeit auch gar nicht zur Arbeitssuche ins Bundesgebiet eingereist, sondern zu Studienzwecken. Zuletzt sei sie im März 2004 visumfrei eingereist; dies wäre gar nicht möglich gewesen, wenn sie zum Zwecke der Arbeitssuche eingereist wäre. Eine Duldung sei ihr dann zunächst wegen Reiseunfähigkeit erteilt worden; auch in der Folgezeit sei eine Abschiebung aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen unmöglich gewesen. Da der Leistungsausschluss für Ausländer nach dem SGB II nur gelte, sofern jemand allein zum Zweck der Arbeitssuche eingereist sei, treffe dieser Ausschlussgrund auf sie nicht zu. Im Übrigen sei sie auch vor Neufassung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II eingereist, so dass eine Anwendung dieser Vorschrift auf sie schon am Rückwirkungsverbot scheitere. Ihr Aufenthaltsstatus nach Einreise sei irrelevant, weil § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II auf den Zweck der Einreise und nicht auf den Aufenthaltsstatus abstelle. Die Antragstellerin zu 1) verweist durch Bezugnahme auf frühere Korrespondenz mit der Antragsgegnerin darauf, dass sie aus psychischen Gründen (reaktive und inzwischen chronifizierte Depression mit fachärztlicher psychiatrischer Behandlung) nicht nach Bulgarien zurück könne; sie stamme aus einer streng gläubigen moslemischen Familie und habe ein Kind von einem katholischen Mann geboren. Sie sei in Deutschland von ihrem Bruder bedroht und geschlagen worden und habe deswegen polizeiliche Hilfe in Anspruch genommen.
Der Senat hat die Beteiligten auf seinen Beschluss vom 07.11.2007 - L 20 B 184/07 AS ER hingewiesen. Dort sei für den Fall einer Antragstellerin, die eine geringfügige Beschäftigung im Umfang von bis zu 14 Wochenstunden ausübe und monatlich 286,10 EUR verdiene, ausgeführt worden, der Aufenthalt dieser Antragstellerin ergebe sich nicht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche. Sie habe daher als Staatsangehörige eines EU-Auslandes gemäß § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU unabhängig von der Arbeitssuche ein Aufenthaltsrecht. Denn sie sei als Arbeitnehmerin im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) falle jeder Arbeitnehmer, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübe, mit Ausnahme derjenigen Arbeitnehmer, deren Tätigkeit einen so geringen Umfang habe, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstelle, unter die Vorschriften der Freizügigkeit.
Im Anschluss daran ist die Beigeladene der Ansicht, die von der Antragstellerin zu 1) dienstags in der Zeit von 09:00 Uhr bis 13:00 Uhr gegen ein monatliches Entgelt von 160,00 EUR ausgeübte Tätigkeit sei im Sinne der Rechtsprechung des EuGH sowohl bei wirtschaftlicher als auch bei zeitlicher Betrachtung eine völlig untergeordnete und unwesentli-che Tätigkeit. Die Antragsgegnerin schließt sich dieser Ansicht der Beigeladenen an; in jedem Falle aber bestehe kein Leistungsanspruch nach dem SGB XII. Demgegenüber hält sich die Antragstellerin zu 1) für eine Arbeitnehmerin und verweist darauf, dass nach der Rechtsprechung des EuGH Ausnahmen und Abweichungen vom Grundsatz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer eng auszulegen seien. Insbesondere habe der EuGH entschieden, dass bei Ausübung einer Tätigkeit im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates, welches für sich genommen eine tatsächliche und echte Erwerbstätigkeit sei, die Inanspruchnahme ergänzender finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln dieses Mitgliedsstaates nicht dazu führe, dass die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer für ihn nicht gälten (EuGH, Urteil vom 03.06.1986, Rs. 139/85, Slg. 1986, 1741 - R. H. Kempf./. staatssecretaris van justitie, Leitsatz).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und der Beigeladenen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet.
Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 15.06.2007 - L 20 B 59/07 AS ER), dass nach nationalem deutschen Recht EU-Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche herleitet und die nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind, weder nach dem SGB XII noch dem SGB II leistungsberechtigt sind, und dass bei summarischer Prüfung die entsprechenden Regelungen auch nicht gegen Gemeinschaftrecht verstoßen.
Anderes ergibt sich im Hinblick auf das SGB II jedoch, wenn ein ausweislich einer Bescheinigung gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU freizügigkeitsberechtigter Ausländer sein Aufenthaltsrecht nicht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche herleitet. Denn nach der bis zum 27.08.2007 geltenden Fassung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II waren (nur) Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergab, ihre Familienangehörigen sowie Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Nach der seit dem 28.08.2007 geltenden Fassung der Norm sind von Leistungen ausgeschlossen (1.) Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate des Aufenthalts, (2.) Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, und (3.) Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG.
Die Antragstellerin zu 1) hielt sich - unabhängig vom (vom Senat offen gelassenen) Zweck ihres diesem Tag vorhergehenden Aufenthalts - jedenfalls ab Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der Firma S I als Reinigungskraft am 30.05.2007 (dem Tag, ab dem das Sozialgericht den Antragstellerinnen einstweilen Leistungen zuerkannt hat) nicht mehr allein zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland. Vielmehr war sie bei summarischer Prüfung seither (zumindest auch) Arbeitnehmerin und damit nach § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU als "Arbeitnehmerin" aufenthaltsberechtigt:
Bei der in dem vom Senat mit Beschluss vom 07.11.2007 - L 20 B 184/07 AS ER entschiedenen Fall bestehenden (geringfügigen) Beschäftigung im Umfang bis zu 14 Wochenstunden bei einem Lohn monatlich 286,10 EUR hat der Senat ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU unabhängig von der Arbeitssuche angenommen, weil die betreffende Antragstellerin jedenfalls Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift sei. Denn im Freizügigkeitsgesetz/EU findet sich eine Definition des Arbeitnehmerbegriffes nicht; demzufolge fehlt auch auch eine Bestimmung, derzufolge nur ein mehr als geringfügig Beschäftigter Arbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU sein kann. Der Arbeitnehmerbegriff ist unter Berücksichtigung der Zielrichtung des Freizügigkeitsgesetzes/EU als Umsetzung der Richtlinie 2004/38/EG vom 29.04.2004 gemeinschaftsrechtlich auszulegen. Nach der Rechtsprechung des EuGH fällt jeder Arbeitnehmer, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, mit Ausnahme derjenigen Arbeitnehmer, deren Tätigkeit einen so geringen Umfang hat, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt, unter die Vorschriften über die Freizügigkeit (so etwa EuGH, Urteil vom 23.03.1982, Levin, 53/81, Slg. 1982, 1035, Rn. 17). Die Tätigkeit von bis zu 14 Wochenstunden bei einem Monatslohn von 286,10 EUR ist nach dieser Entscheidung des Senats nicht völlig untergeordnet und unwesentlich im Sinne der Rechtsprechung des EuGH. Denn unter die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer fällt auch, wer eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis ausübt, mit der er weniger verdient, als in dem Mitgliedsstaat, in dem er sich aufhält, als Existenzminimum angesehen wird (EuGH, a.a.O.). Im Übrigen geht der EuGH in gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass auch geringfügig Beschäftigte i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 39 EG-Vertrag (ehedem Artikel 48) sein können; dieser Artikel gewährleistet in Absatz 1 die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (etwa EuGH, Urteil vom 18.07.2007, Geven, C-213/05).
Der Senat hat in jenem Beschluss darauf verzichtet, eine Festlegung "nach unten" dahingehend vorzunehmen, wann eine Beschäftigung im Sinne der Rechtsprechung des EuGH einen so geringen Umfang hat, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt. Der Beigeladenen ist insoweit zuzugeben, dass die Beschäftigung der Antragstellerin zu 1) im vorliegenden Fall sowohl in zeitlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht mit vier Stunden pro Woche und einem Monatslohn von 160,00 EUR noch deutlich unter derjenigen liegt, welche die Antragstellerin im mit Beschluss vom 07.11.2007 - L 20 B 184/07 AS ER entschiedenen Fall ausgeübt hat.
Allerdings hält der Senat bei summarischer Prüfung auch die Beschäftigung der jetzigen Antragstellerin für wirtschaftlich ausreichend beachtlich, um die Arbeitnehmereigenschaft der Antragstellerin zu 1) i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU sowie im Sinne der Rechtsprechung des EuGH zu begründen:
Mangels jeglicher national-gesetzlicher oder gemeinschaftsrechtlicher Anhaltspunkte sieht es der Senat bei summarischer Prüfung insoweit für gerechtfertigt an, sich bei der Frage, ob die Beschäftigung noch einen beachtenswürdigen Umfang hat, an Umständen zu orientieren, die innerhalb des deutschen Sozialleistungsrechts an anderer Stelle noch für sozialrechtlich bedeutsam angesehen worden sind. Mangels anderer ersichtlicher Anhaltspunkte orientiert sich der Senat insoweit am Verständnis des "Unterhalts" i.S.v. § 243 Abs. 2 Nr. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Nach dieser Vorschrift besteht eine Anspruch auf sog. große Witwenrente für geschiedene und nicht wiederverheiratete bzw. in eine Lebenspartnerschaft getretene Ehegatten, die das 45. Lebensjahr vollendet haben, wenn die Ehe vor dem 01.07.1977 geschieden worden ist, sofern der Versicherte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat und nach dem 30.04.1942 verstorben ist. Weitere Voraussetzung für ein Recht auf die anteilige große Witwenrente nach § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI ist, dass der betreffende "geschiedene Ehegatte" von dem (zwischenzeitlich verstorbenen) Versicherten im letzten Jahr vor dessen Tod "Unterhalt" i.S.d Gesetzes erhalten hat oder im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dessen Tod einen Anspruch hierauf hatte.
Unter diesem "Unterhalt" ist allerdings nur ein "sozialrechtlich bedeutsamer Unterhalt" zu verstehen. Nach ständiger Rechtsprechung, die vom Bundessozialgericht (BSG) bereits zur insoweit gleichlautenden Vorschrift des § 1265 Reichsversicherungsordnung (RVO) entwickelt worden ist, ist nicht schon jeder als Unterhalt geschuldete oder gezahlte Geldbetrag bereits als "Unterhalt" im Sinne der fraglichen Vorschrift sozialrechtlichlich bedeutsam, sondern nur ein Betrag in Höhe von mindestens 25 v.H. des zeitlich und örtlich maßgebenden Regelsatzes nach dem (damaligen) Bundessozialhilfegesetz (BSHG; vgl. § 22 BSHG). Damit hat das BSG eine Grenze gezogen, bei deren Überschreiten erst von einem ins Gewicht fallenden Unterhalt auszugehen ist, mithin erst ein sozialrechtlich relevanter Unterhaltsbeitrag erreicht wird. Dieser Beitrag orientiert sich an einem objektiven Maßstab unter Zugrundelegung der jeweiligen zeitlichen und örtlichen Gegebenheiten. Damit sollen Zufälligkeiten, die sich bei einer individuellen Betrachtung ergeben könnten, ausgeschlossen und eine einheitliche Handhabung gewährleistet werden (vgl. etwa BSG, Urteil vom 31.08.2000 - B 4 RA 44/99 R m.w.N.).
Hat das BSG in dieser zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung ergangenen Rechtsprechung eine Grenze gezogen, ab der ein von einem geschiedenen Ehepartner geleisteter bzw. zu beanspruchender Unterhalt einen Umfang erreicht, der als sozialrechtlich bereits relevanter, zum Lebensunterhalt beitragender Betrag als beachtlich anzusehen ist, so kann die entsprechende Wertung bei summarischer Prüfung auf die Frage übertragen werden, ab wann ein in einer Beschäftigung erzielter Verdienst einen solchen Umfang erreicht hat, dass er im Sinne der genannten Rechtsprechung des EuGH nicht mehr so gering ist, dass er sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellte.
Dabei kann im vorliegenden Fall dahin stehen, ob insoweit 25 v.H. des heute geltenden Regelsatzes nach § 28 SGB XII (der im Übrigen der Regelleistung nach § 20 SGB II der Höhe nach exakt entspricht) in Ansatz zu bringen sind (obwohl in diesen Regelsatz - anders als in denjenigen nach § 22 des früheren BSHG - auch ein pauschaler Leistungsbetrag für die zu Zeiten der Geltung des BSHG über einmalige Leistungen berücksichtigten einmaligen Bedarfe hineingerechnet ist), oder ob insofern von den um den pauschalen Betrag für einmalige Bedarfe gekürzten niedrigeren Leistungssätzen auszugehen ist, wie sie als Regelsatz noch dem BSHG zugrunde gelegen haben. Denn selbst wenn man die - höheren - Regelsätze des SGB XII zugrunde legt, erzielt die Antragstellerin zu 1) monatlich einen Verdienst, der oberhalb von 25 v.H. dieses Regelsatzes liegt (25 v.H. von derzeit 347,00 EUR = 86,75 EUR; demgegenüber erzielt die Antragstellerin zu 1) fast das Doppelte, nämlich monatlich 160,00 EUR).
Der Senat hält es auch für sachgerecht, in erster Linie auf den wirtschaftlichen Wert der ausgeübten Tätigkeit und damit auf den monatlichen Verdienst abzustellen, da dieser allein maßgebend dafür ist, in welchem Verhältnis zur Bestreitung des Lebensnotwendigen darüber hinaus noch Sozialleistungen notwendig sind. Jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in denen die gegen einen Verdienst von mehr als 25 v.H. des sozialhilferechtlich maßgebenden Regelsatzes ausgeübte Tätigkeit zeitlich nicht so untergeordnet ist, als dass von einer unangemessen hohen Entlohnung gesprochen werden könnte, und in dem mithin eine dem Verdienst in zeitlicher Hinsicht noch angemessene Tätigkeit ausgeübt wird (monatlich 16 bzw. 20 Stunden bei einem Verdienst von 160,00 EUR für Reinigungstätigkeiten), reicht die Tätigkeit bei summarischer Prüfung für eine Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Freizügigkeitsgesetz/EU und der genannten Rechtsprechung des EuGH aus. Eine weitere Überprüfung dieser Grenzziehung kann in für die Beigeladene zumutbarer Weise dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragstellerinnen sind bulgarische Staatsangehörige. Die am 00.00.1979 geborene Antragstellerin zu 1) reiste im März 2004 in die Bundesrepublik ein; sie gab dabei an, in Deutschland ein Studium aufnehmen zu wollen.
Am 24.09.2004 beantragte sie bei der Antragsgegnerin Sozialhilfe mit der Begründung, sie sei schwanger. Ihre Eltern könnten diese Situation nicht mit ihrer Religion vereinbaren. Sie könne aufgrund der Schwangerschaft nicht nach Hause zurückkehren. Am 00.10.2004 wurde die Antragstellerin zu 2) geboren.
Die Antragsgegnerin leistete für die Antragstellerinnen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) insgesamt bis zum 14.05.2007. Mit Bescheid vom 15.05.2007 stellte sie diese Leistungen mit Ablauf des 14.05.2007 unter Hinweis auf den Beitritt Bulgariens zur Europäischen Union (01.01.2007) ein, weil die Antragstellerinnen nicht zu dem nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 - 7 AsylbLG leistungsberechtigten Personenkreis gehörten. Darüber hinaus bestehe gemäß § 21 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) kein Anspruch auf Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII für Personen, die nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Erwerbsfähige oder als deren Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt seien.
Die Beigeladene lehnte mit Bescheid vom 05.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2007 einen Antrag der Antragstellerinnen auf Leistungen nach dem SGB II ab. Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsmarktsuche ergebe, sowie deren Familienangehörige seien nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.
Die Antragstellerin zu 1) ist im Besitz einer Bescheinigung gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU vom 24.05.2007, die sich auf eine Anmeldung vom 15.06.2006 bezieht und bis zum 23.05.2012 befristet ist. Daneben wurde der Antragstellerin zu 1) eine Arbeitserlaubnis-EU für die Zeit vom 30.05.2007 bis 29.05.2008 für eine Tätigkeit bei der Firma S I in L als Reinigungskraft bei einer Arbeitszeit dienstags von 09.00 Uhr bis 13.00 Uhr erteilt. Für diese Tätigkeit erzielt die Antragstellerin zu 1) monatlich einen Verdienst von 160,00 EUR.
Auf Antrag vom 16.05.2007 verpflichtete das Sozialgericht Köln mit Beschluss vom 13.06.2007 die Beigeladene im Wege der einstweiligen Anordnung, den Antragstellerinnen ab dem 30.05.2007 bis zum 30.11.2007 Leistungen nach Maßgabe der Bestimmungen des SGB II zu gewähren. Ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin scheide nach § 21 Satz 1 SGB XII zwar aus. Denn die Antragstellerin zu 1) sei im Besitz einer Arbeitsgenehmigung/EU und deshalb seit dem 30.05.2007 dem Grunde nach leistungsberechtigt nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Antragstellerinnen hätten jedoch als Bedarfsgemeinschaft Anspruch auf Leistungen nach dem SGG II gegen die Beigeladene. Dieser Anspruch entfalle bei summarischer Prüfung nicht etwa wegen § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Denn es spreche vieles dafür, dass diese Regelung wegen Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gegen europäisches Recht verstoße und deshalb unanwendbar sei. Da der Antragstellerin zu 1) ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik aufgrund der Bescheinigung nach § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU zustehe, müsse sie ebenso behandelt werden wie ein Bundesbürger. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Sozialgerichts Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss hat die Beigeladene am 28.06.2007 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht mit Beschluss vom 09.07.2007 nicht abgeholfen hat. Sie ist der Auffassung, Leistungen für die Antragstellerinnen seien nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgeschlossen, da sich das Aufenthaltsrecht der Antragstellerin zu 1) allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe. So habe der erkennende Senat im Beschluss vom 22.03.2007 - S 27 AS 20/07 ER in einem entsprechenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einen Leistungsauschluss für polnische Staatsangehörige, die sich zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik aufhielten, mit europäischem Recht für vereinbar gehalten. Gleiches müsse auch für die Antragstellerin zu 1) gelten. Daran ändere nichts, dass sie sich bereits seit 2004 in der Bundesrepublik aufhalte. Denn dieser Aufenthalt sei nur geduldet worden, und die Antragstellerin könne nicht besser gestellt werden als ein neu eingereister EU-Bürger.
Die Antragstellerinnen weisen demgegenüber darauf hin, dass die Antragstellerin zu 1) einer Teilzeitbeschäftigung als Reinigungskraft nachgehe, freizügigkeitsberechtigt und im Besitz einer Freizügigkeitsbescheinigung sowie einer Arbeitserlaubnis für die von ihr ausgeübte Tätigkeit sei. Sie sei Arbeitnehmerin im gemeinschaftsrechtlichen Sinne. Die Regelung des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 lasse nur Abweichungen für solche Personen zu, die keine Arbeitnehmer seien. Als Arbeitnehmerin sei sie jedoch einem Bundesbürger gleich zu behandeln; alles andere würde gegen Art. 12 Abs. 1 des EG-Vertrages verstoßen, der jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verbiete, sowie gegen Art. 39 Abs. 3 des EU-Vertrages. Sie halte sich nicht zur Arbeitssuche im Bundesgebiet auf, sondern sei bereits Arbeitnehmerin. Sie sei seinerzeit auch gar nicht zur Arbeitssuche ins Bundesgebiet eingereist, sondern zu Studienzwecken. Zuletzt sei sie im März 2004 visumfrei eingereist; dies wäre gar nicht möglich gewesen, wenn sie zum Zwecke der Arbeitssuche eingereist wäre. Eine Duldung sei ihr dann zunächst wegen Reiseunfähigkeit erteilt worden; auch in der Folgezeit sei eine Abschiebung aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen unmöglich gewesen. Da der Leistungsausschluss für Ausländer nach dem SGB II nur gelte, sofern jemand allein zum Zweck der Arbeitssuche eingereist sei, treffe dieser Ausschlussgrund auf sie nicht zu. Im Übrigen sei sie auch vor Neufassung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II eingereist, so dass eine Anwendung dieser Vorschrift auf sie schon am Rückwirkungsverbot scheitere. Ihr Aufenthaltsstatus nach Einreise sei irrelevant, weil § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II auf den Zweck der Einreise und nicht auf den Aufenthaltsstatus abstelle. Die Antragstellerin zu 1) verweist durch Bezugnahme auf frühere Korrespondenz mit der Antragsgegnerin darauf, dass sie aus psychischen Gründen (reaktive und inzwischen chronifizierte Depression mit fachärztlicher psychiatrischer Behandlung) nicht nach Bulgarien zurück könne; sie stamme aus einer streng gläubigen moslemischen Familie und habe ein Kind von einem katholischen Mann geboren. Sie sei in Deutschland von ihrem Bruder bedroht und geschlagen worden und habe deswegen polizeiliche Hilfe in Anspruch genommen.
Der Senat hat die Beteiligten auf seinen Beschluss vom 07.11.2007 - L 20 B 184/07 AS ER hingewiesen. Dort sei für den Fall einer Antragstellerin, die eine geringfügige Beschäftigung im Umfang von bis zu 14 Wochenstunden ausübe und monatlich 286,10 EUR verdiene, ausgeführt worden, der Aufenthalt dieser Antragstellerin ergebe sich nicht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche. Sie habe daher als Staatsangehörige eines EU-Auslandes gemäß § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU unabhängig von der Arbeitssuche ein Aufenthaltsrecht. Denn sie sei als Arbeitnehmerin im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) falle jeder Arbeitnehmer, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübe, mit Ausnahme derjenigen Arbeitnehmer, deren Tätigkeit einen so geringen Umfang habe, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstelle, unter die Vorschriften der Freizügigkeit.
Im Anschluss daran ist die Beigeladene der Ansicht, die von der Antragstellerin zu 1) dienstags in der Zeit von 09:00 Uhr bis 13:00 Uhr gegen ein monatliches Entgelt von 160,00 EUR ausgeübte Tätigkeit sei im Sinne der Rechtsprechung des EuGH sowohl bei wirtschaftlicher als auch bei zeitlicher Betrachtung eine völlig untergeordnete und unwesentli-che Tätigkeit. Die Antragsgegnerin schließt sich dieser Ansicht der Beigeladenen an; in jedem Falle aber bestehe kein Leistungsanspruch nach dem SGB XII. Demgegenüber hält sich die Antragstellerin zu 1) für eine Arbeitnehmerin und verweist darauf, dass nach der Rechtsprechung des EuGH Ausnahmen und Abweichungen vom Grundsatz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer eng auszulegen seien. Insbesondere habe der EuGH entschieden, dass bei Ausübung einer Tätigkeit im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates, welches für sich genommen eine tatsächliche und echte Erwerbstätigkeit sei, die Inanspruchnahme ergänzender finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln dieses Mitgliedsstaates nicht dazu führe, dass die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer für ihn nicht gälten (EuGH, Urteil vom 03.06.1986, Rs. 139/85, Slg. 1986, 1741 - R. H. Kempf./. staatssecretaris van justitie, Leitsatz).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und der Beigeladenen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet.
Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 15.06.2007 - L 20 B 59/07 AS ER), dass nach nationalem deutschen Recht EU-Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche herleitet und die nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind, weder nach dem SGB XII noch dem SGB II leistungsberechtigt sind, und dass bei summarischer Prüfung die entsprechenden Regelungen auch nicht gegen Gemeinschaftrecht verstoßen.
Anderes ergibt sich im Hinblick auf das SGB II jedoch, wenn ein ausweislich einer Bescheinigung gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU freizügigkeitsberechtigter Ausländer sein Aufenthaltsrecht nicht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche herleitet. Denn nach der bis zum 27.08.2007 geltenden Fassung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II waren (nur) Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergab, ihre Familienangehörigen sowie Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Nach der seit dem 28.08.2007 geltenden Fassung der Norm sind von Leistungen ausgeschlossen (1.) Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate des Aufenthalts, (2.) Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, und (3.) Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG.
Die Antragstellerin zu 1) hielt sich - unabhängig vom (vom Senat offen gelassenen) Zweck ihres diesem Tag vorhergehenden Aufenthalts - jedenfalls ab Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der Firma S I als Reinigungskraft am 30.05.2007 (dem Tag, ab dem das Sozialgericht den Antragstellerinnen einstweilen Leistungen zuerkannt hat) nicht mehr allein zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland. Vielmehr war sie bei summarischer Prüfung seither (zumindest auch) Arbeitnehmerin und damit nach § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU als "Arbeitnehmerin" aufenthaltsberechtigt:
Bei der in dem vom Senat mit Beschluss vom 07.11.2007 - L 20 B 184/07 AS ER entschiedenen Fall bestehenden (geringfügigen) Beschäftigung im Umfang bis zu 14 Wochenstunden bei einem Lohn monatlich 286,10 EUR hat der Senat ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU unabhängig von der Arbeitssuche angenommen, weil die betreffende Antragstellerin jedenfalls Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift sei. Denn im Freizügigkeitsgesetz/EU findet sich eine Definition des Arbeitnehmerbegriffes nicht; demzufolge fehlt auch auch eine Bestimmung, derzufolge nur ein mehr als geringfügig Beschäftigter Arbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU sein kann. Der Arbeitnehmerbegriff ist unter Berücksichtigung der Zielrichtung des Freizügigkeitsgesetzes/EU als Umsetzung der Richtlinie 2004/38/EG vom 29.04.2004 gemeinschaftsrechtlich auszulegen. Nach der Rechtsprechung des EuGH fällt jeder Arbeitnehmer, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, mit Ausnahme derjenigen Arbeitnehmer, deren Tätigkeit einen so geringen Umfang hat, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt, unter die Vorschriften über die Freizügigkeit (so etwa EuGH, Urteil vom 23.03.1982, Levin, 53/81, Slg. 1982, 1035, Rn. 17). Die Tätigkeit von bis zu 14 Wochenstunden bei einem Monatslohn von 286,10 EUR ist nach dieser Entscheidung des Senats nicht völlig untergeordnet und unwesentlich im Sinne der Rechtsprechung des EuGH. Denn unter die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer fällt auch, wer eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis ausübt, mit der er weniger verdient, als in dem Mitgliedsstaat, in dem er sich aufhält, als Existenzminimum angesehen wird (EuGH, a.a.O.). Im Übrigen geht der EuGH in gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass auch geringfügig Beschäftigte i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 39 EG-Vertrag (ehedem Artikel 48) sein können; dieser Artikel gewährleistet in Absatz 1 die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (etwa EuGH, Urteil vom 18.07.2007, Geven, C-213/05).
Der Senat hat in jenem Beschluss darauf verzichtet, eine Festlegung "nach unten" dahingehend vorzunehmen, wann eine Beschäftigung im Sinne der Rechtsprechung des EuGH einen so geringen Umfang hat, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt. Der Beigeladenen ist insoweit zuzugeben, dass die Beschäftigung der Antragstellerin zu 1) im vorliegenden Fall sowohl in zeitlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht mit vier Stunden pro Woche und einem Monatslohn von 160,00 EUR noch deutlich unter derjenigen liegt, welche die Antragstellerin im mit Beschluss vom 07.11.2007 - L 20 B 184/07 AS ER entschiedenen Fall ausgeübt hat.
Allerdings hält der Senat bei summarischer Prüfung auch die Beschäftigung der jetzigen Antragstellerin für wirtschaftlich ausreichend beachtlich, um die Arbeitnehmereigenschaft der Antragstellerin zu 1) i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU sowie im Sinne der Rechtsprechung des EuGH zu begründen:
Mangels jeglicher national-gesetzlicher oder gemeinschaftsrechtlicher Anhaltspunkte sieht es der Senat bei summarischer Prüfung insoweit für gerechtfertigt an, sich bei der Frage, ob die Beschäftigung noch einen beachtenswürdigen Umfang hat, an Umständen zu orientieren, die innerhalb des deutschen Sozialleistungsrechts an anderer Stelle noch für sozialrechtlich bedeutsam angesehen worden sind. Mangels anderer ersichtlicher Anhaltspunkte orientiert sich der Senat insoweit am Verständnis des "Unterhalts" i.S.v. § 243 Abs. 2 Nr. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Nach dieser Vorschrift besteht eine Anspruch auf sog. große Witwenrente für geschiedene und nicht wiederverheiratete bzw. in eine Lebenspartnerschaft getretene Ehegatten, die das 45. Lebensjahr vollendet haben, wenn die Ehe vor dem 01.07.1977 geschieden worden ist, sofern der Versicherte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat und nach dem 30.04.1942 verstorben ist. Weitere Voraussetzung für ein Recht auf die anteilige große Witwenrente nach § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI ist, dass der betreffende "geschiedene Ehegatte" von dem (zwischenzeitlich verstorbenen) Versicherten im letzten Jahr vor dessen Tod "Unterhalt" i.S.d Gesetzes erhalten hat oder im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dessen Tod einen Anspruch hierauf hatte.
Unter diesem "Unterhalt" ist allerdings nur ein "sozialrechtlich bedeutsamer Unterhalt" zu verstehen. Nach ständiger Rechtsprechung, die vom Bundessozialgericht (BSG) bereits zur insoweit gleichlautenden Vorschrift des § 1265 Reichsversicherungsordnung (RVO) entwickelt worden ist, ist nicht schon jeder als Unterhalt geschuldete oder gezahlte Geldbetrag bereits als "Unterhalt" im Sinne der fraglichen Vorschrift sozialrechtlichlich bedeutsam, sondern nur ein Betrag in Höhe von mindestens 25 v.H. des zeitlich und örtlich maßgebenden Regelsatzes nach dem (damaligen) Bundessozialhilfegesetz (BSHG; vgl. § 22 BSHG). Damit hat das BSG eine Grenze gezogen, bei deren Überschreiten erst von einem ins Gewicht fallenden Unterhalt auszugehen ist, mithin erst ein sozialrechtlich relevanter Unterhaltsbeitrag erreicht wird. Dieser Beitrag orientiert sich an einem objektiven Maßstab unter Zugrundelegung der jeweiligen zeitlichen und örtlichen Gegebenheiten. Damit sollen Zufälligkeiten, die sich bei einer individuellen Betrachtung ergeben könnten, ausgeschlossen und eine einheitliche Handhabung gewährleistet werden (vgl. etwa BSG, Urteil vom 31.08.2000 - B 4 RA 44/99 R m.w.N.).
Hat das BSG in dieser zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung ergangenen Rechtsprechung eine Grenze gezogen, ab der ein von einem geschiedenen Ehepartner geleisteter bzw. zu beanspruchender Unterhalt einen Umfang erreicht, der als sozialrechtlich bereits relevanter, zum Lebensunterhalt beitragender Betrag als beachtlich anzusehen ist, so kann die entsprechende Wertung bei summarischer Prüfung auf die Frage übertragen werden, ab wann ein in einer Beschäftigung erzielter Verdienst einen solchen Umfang erreicht hat, dass er im Sinne der genannten Rechtsprechung des EuGH nicht mehr so gering ist, dass er sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellte.
Dabei kann im vorliegenden Fall dahin stehen, ob insoweit 25 v.H. des heute geltenden Regelsatzes nach § 28 SGB XII (der im Übrigen der Regelleistung nach § 20 SGB II der Höhe nach exakt entspricht) in Ansatz zu bringen sind (obwohl in diesen Regelsatz - anders als in denjenigen nach § 22 des früheren BSHG - auch ein pauschaler Leistungsbetrag für die zu Zeiten der Geltung des BSHG über einmalige Leistungen berücksichtigten einmaligen Bedarfe hineingerechnet ist), oder ob insofern von den um den pauschalen Betrag für einmalige Bedarfe gekürzten niedrigeren Leistungssätzen auszugehen ist, wie sie als Regelsatz noch dem BSHG zugrunde gelegen haben. Denn selbst wenn man die - höheren - Regelsätze des SGB XII zugrunde legt, erzielt die Antragstellerin zu 1) monatlich einen Verdienst, der oberhalb von 25 v.H. dieses Regelsatzes liegt (25 v.H. von derzeit 347,00 EUR = 86,75 EUR; demgegenüber erzielt die Antragstellerin zu 1) fast das Doppelte, nämlich monatlich 160,00 EUR).
Der Senat hält es auch für sachgerecht, in erster Linie auf den wirtschaftlichen Wert der ausgeübten Tätigkeit und damit auf den monatlichen Verdienst abzustellen, da dieser allein maßgebend dafür ist, in welchem Verhältnis zur Bestreitung des Lebensnotwendigen darüber hinaus noch Sozialleistungen notwendig sind. Jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in denen die gegen einen Verdienst von mehr als 25 v.H. des sozialhilferechtlich maßgebenden Regelsatzes ausgeübte Tätigkeit zeitlich nicht so untergeordnet ist, als dass von einer unangemessen hohen Entlohnung gesprochen werden könnte, und in dem mithin eine dem Verdienst in zeitlicher Hinsicht noch angemessene Tätigkeit ausgeübt wird (monatlich 16 bzw. 20 Stunden bei einem Verdienst von 160,00 EUR für Reinigungstätigkeiten), reicht die Tätigkeit bei summarischer Prüfung für eine Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Freizügigkeitsgesetz/EU und der genannten Rechtsprechung des EuGH aus. Eine weitere Überprüfung dieser Grenzziehung kann in für die Beigeladene zumutbarer Weise dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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