Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 9 R 703/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 B 83/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 15. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
In dem beim Sozialgericht Landshut anhängig gewesenen Verfahren war die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung streitig. Zur Aufklärung des Sachverhalts hatte das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. Sch., Dres Z. und St., Dr. Th., Dr. P., Dr. W1 und Dr. B. beigezogen und von Amts wegen ein Gutachten von Dr. W2, Arzt für Psychiatrie und Neurologie, eingeholt. Dr. W2 stellte in seinem Gutachten vom 22.03.2004 auf der Grundlage einer Untersuchung der Beschwerdeführerin am 17.03.2004 fest, dass diese aus neurologischer Sicht an einer einfachen Migräne mit relativ seltener Anfallsfrequenz und einer distalen Kompression des Nervus medianus rechts im Sinn eines Karpaltunnelsyndroms sowie aus psychiatrischer Sicht an einer Neurasthenie (Erschöpfungssyndrom) leide. Ein Morbus Bechterew und eine Persönlichkeitsstörung könnten nicht bestätigt werden. Derzeit könne die Beschwerdeführerin wegen der Beschwerden am linken Knie sowie wegen der Kompression des rechten Mittelnervs auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Arbeiten verrichten; auch sei ihre Wegefähigkeit eingeschränkt. Bei einer erfolgreichen Operation sei aber mit einer wesentlichen Besserung innerhalb eines Jahres zu rechnen. Die Beschwerdeführerin dürfte dann leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne schweres Heben und Tragen mindestens 6 h täglich verrichten können. Ungewiß bleibe die Auswirkung der Neurasthenie bei einer erfolgreichen orthopädischen Behandlung. Wegen der bestehenden erheblichen orthopädischen Beschwerden und der beabsichtigten Knieoperation hielt Dr. W2 die Einholung eines orthopädischen Gutachtens für erforderlich.
Am 22.03.2004 wurde die Knie-Implantation links durchgeführt. Aus der anschließenden Anschlussheilbehandlung wurde die Beschwerdeführerin am 27.04.2004 als mindestens 6 h täglich ein- satzfähig für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus und für ihre letzte Tätigkeit als Bürogehilfin entlassen.
Der Chirurg und Sozialmediziner Dr. P1 stellte auf Grund einer Untersuchung der Beschwerdeführerin in seinem Gutachten vom 13.05.2004 auf orthopädischem Fachgebiet ein HWS-, BWS- und LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und Skoliose, Osteopenie, Schulter-Arm-Syndrom rechts, TEP linkes Kniegelenk, Beschwerden rechtes Kniegelenk, operativ versorgte Unterschenkelbrüche beidseits und degenerative Veränderungen der Hüftgelenke sowie auf internistischem Fachgebiet einen Bluthochdruck und eine hypertensive Herzkrankheit fest. Auf Grund der TEP-Operation beständen am linken Kniegelenk keine Beschwerden mehr; lediglich dessen Beweglichkeit sei endgradig eingeschränkt. Die Beschwerdeführerin könne daher ab Antragstellung noch regelmäßig leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen in wechselnder Körperhaltung mindestens 6 h täglich verrichten. Zu beachten seien folgende zusätzliche Funktionseinschränkungen: keine Gefährdung durch Kälte, Zugluft und Nässe, kein häufiges Bücken, Knien und Hocken, keine Arbeiten in Zwangshaltungen, keine Über-Kopf-Arbeiten, nur Arbeiten zu ebener Erde und keine besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit. Der Beschwerdeführerin sei ihre letzte Tätigkeit als Bürohilfe noch mindestens 6 h täglich möglich. Eine besondere Einschränkung hinsichtlich des Weges zur Arbeit bestehe nicht.
Einwände gegen dieses Gutachten wurden von der Beschwerdeführerin nicht vorgetragen.
Auf Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestellte das Sozialgericht Landshut mit Beweisanordnung vom 02.08.2004 den die Beschwerdeführerin behandelnden Orthopäden und Unfallarzt Dr. Th. zum gerichtlichen Sachverständigen. Dieser bestätigte in seinem Gutachten vom 18.08.2004, basierend auf einer Untersuchung der Beschwerdeführerin, im Wesentlichen die von Dr. W2 festgestellten Gesundheitsstörungen (Ergänzung um Karpaltunnelsyndrom, rechts mehr als links, Gonarthrose rechts mit Verdacht auf Innenmeniscusläsion und geringgradige Epikondylitis humeri radialis beidseits). Eine wesentliche Änderung dieser Gesundheitsstörungen sei nicht eingetreten. Am linken Knie bestehe ein Streckdefizit mit anhaltenden Restbeschwerden. Dr. W2 habe die chronischen Beschwerden und Schmerzen der Beschwerdeführerin nicht ausreichend gewürdigt. Da diese seit 2001 nie beschwerdefrei gewesen sei, habe sich ihr psychovegetativer Erschöpfungszustand verschlechtert. Aufgrund einer Zusammenschau der orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Gutachten könne die Beschwerdeführerin daher seit 2001 maximal noch 2 h täglich leichte Tätigkeiten verrichten.
Die Beklagte führte in ihrer Stellungnahme zum Gutachten von Dr. Th. aus, dass seine Leistungsbeurteilung auf Grund der von ihm festgestellten objektiven Befunde nicht nachvollziehbar sei. Es sei insbesondere auch keine Medikation dargestellt, die eine Leistungsminderung begründen könnte.
Dr. W2 stellte in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22.11.2000 zum Gutachten von Dr. Th. fest, dass die Operation und der Rehabilitationsverlauf komplikationslos und erfolgreich gewesen seien. Auch das Karpaltunnelsyndrom habe an Intensität abgenommen. Entsprechend der Prognose sei eine Besserung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin eingetreten, so dass sie nunmehr mindestens 6 h täglich als Sekretärin und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein könne. Der psychische Apparat sei voll funktionsfähig.
Die Beschwerdeführerin machte unter Vorlage eines Attestes von Dr. Th. vom 04.01.2005 mit dem Inhalt, dass infolge der Operation am linken Kniegelenk eine Schleimhautentzündung entstanden sei, sowie eines Ambulanzberichtes des Krankenhauses G. vom 30.12.2004 über anhaltende Beschwerden bei Knie-TEP mit anhaltendem Erguß bei Gonarthrose eine Verschlechterung ihrer Beschwerden im Bereich der Kniegelenke geltend. Dr. Ziemann bestätigte in der vorgelegten nervenärztlichen Stellungnahme vom 11.01.2005 ein eigenständiges Vorliegen einer psychischen Erkrankung, die wiederholt in Phasen auftrete. Ferner wies die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2005 darauf hin, dass sie zur Abklärung, ob ein Morbus Bechterew vorliege, bei dem Orthopäden Dr. G1. in Behandlung sei.
Das Sozialgericht holte nach der Beiziehung aktueller Befundberichte von Dr. S1., Dr. Th., Dr. B. und Dr. G1. von Amts wegen ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. Dr. W3 ein, der die von Dr. W2 festgestellten Gesundheitsstörungen sowie dessen Einschätzung der Erwerbsfähigkeit der Beschwerdeführerin in vollem Umfang bestätigte.
Auf Grund des im Juli 2005 erlittenen Herzinfarkts der Beschwerdeführerin erholte das Sozialgericht ein Gutachten von der Internistin und Ärztin für öffentliches Gesundheitswesen Dr. L ... Diese diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 09.10.2006 auf internistischem Fachgebiet eine Durchblutungsstörung des Herzens - koronare 3-Gefäßerkrankung bei Zustand nach nicht transmuralem Herzinfarkt und Zustand nach Dilatation und Stent-Implantation im Juli 2005, einen gut therapierten Bluthochdruck, eine leichtgradig ausgeprägte Speiseröhrenrefluxerkrankung, einen Zustand nach akuter Magenschleimhautentzündung, eine gut kontrollierte Zuckerstoffwechselstörung und eine leichtgradige chronisch-obstruktive Bronchitis. Hinsichtlich der Leistungsbeurteilung schloss sie sich der Einschätzung von Dr. Dr. W3 an. Auf orthopädischem Fachgebiet stellte sie einen deutlich besseren Untersuchungsbefund als im Gutachten von Dr. Th. dargestellt fest. Die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule und der Gelenke der Extremitäten seien wesentlich geringgradiger ausgeprägt und entsprächen der Befundlage im Gutachten von Dr. P1, wobei im Bereich des linken Kniegelenks jetzt eine noch bessere Funktion nachweisbar sei und sich keine Hinweise für eine Schwellung, Deformierung, Ergussbildung oder Instabilität ergäben. Die quantitative Leistungseinschränkung auf unter 2 h täglich durch Dr. Th. sei unter Berücksichtigung der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem, internistischem und neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet medizinisch nicht nachvollziehbar.
Die Beschwerdeführerin nahm in der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2006 die Klage zurück.
Sie beantragte mit Schriftsatz vom 12.12.2006, die Kosten für das Gutachten von Dr. Th. vom 18.08.2004 der Staatskasse aufzuerlegen. Denn dieses Gutachten habe wesentlich zur Sachaufklärung und damit zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens beigetragen. Das Sozialgericht habe auf Grund der Einschätzung von Dr. Th., der eine Verschlechterung des psychovegetativen Erschöpfungszustandes angenommen habe, eine ergänzende neurologisch-psychiatrische Stellungnahme von Dr. W2, der eine Besserung der orthopädischen Leiden der Beschwerdeführerin festgestellt habe, veranlasst. Die vorgelegten ärztlichen Unterlagen des Krankenhauses G. vom Dezember 2004 sowie der Nervenärztin Dr. Ziemann bestätigten eher die Einschätzung von Dr. Th. als von den gerichtlichen Sachverständigen Dr. W2 und Dr. P1. Auf Grund des vorgelegten Attestes von Dr. Th. vom 04.01.2005 habe sich das Sozialgericht zur weiteren medizinischen Sachaufklärung durch Einholung neuester ärztlicher Befundberichte sowie weiterer Gutachten von Dr. Dr. W3 und Dr. L. veranlasst gesehen.
Das Sozialgericht Landshut lehnte in seinem Beschluss vom 15.12.2006 die Übernahme der Kosten für das von Dr. Th. erstellte Gutachten vom 18.08.2004 auf die Staatskasse ab. Denn die Ausführungen von Dr. Th. seien für die medizinische Sachaufklärung ohne Bedeutung gewesen, weil sie auf orthopädischem Fachgebiet keinen neuen Sachverhalt erbracht hätten. Die erneute Sachaufklärung habe auf dem Vortrag der Klägerin, dass der Verdacht eines Morbus Bechterew diagnostiziert worden sei, zur Abklärung eines Schmerzsyndroms und auf dem im Juli 2005 erlittenen Herzinfarkt beruht.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass Dr. Th. eine massiv eingeschränkte Beweglichkeit und Belastbarkeit der Wirbelsäule sowie eine beidseits reduzierte Gehfähigkeit festgestellt habe, die im Einklang mit dem Ambulanzbericht des Krankenhauses G. vom 30.12.2004 sowie dem Attest von Dr.Th. vom 04.01.2005 ständen. Auf Grund der Leistungseinschätzung von Dr. Th., die auf einer Zusammenschau der orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Gesundheitsstörungen beruhe, habe das Sozialgericht die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Dr. W2 veranlasst, so dass das Gutachten von Dr. Th. die Aufklärung des Sachverhalts gefördert habe.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG). Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Kosten für das gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholte Gutachten von Dr. Th. vom 18.08.2004 sind nicht der Staatskasse aufzuerlegen.
Auf Antrag des Versicherten muss ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann (und wird in der Regel auch) davon abhängig gemacht, dass der Versicherte die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt (§ 109 Abs. 1 SGG). Die Entscheidung über die endgültige Kostentragung hat - auf Antrag des Versicherten - durch Beschluss zu ergehen. Voraussetzung für die Entscheidung, ob der Beteiligte so zu stellen ist, als sei der von ihm benannte Sachverständige von Amts wegen gemäß § 106 SGG mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt worden, bzw. ob ihm wenigstens ein Teil der Kosten erstattet werden muss, ist, dass das Gutachten wesentlich zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen hat bzw. diese objektiv gefördert hat. Die Entscheidung über die Kostentragung ergeht unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits. Es ist auch die Übernahme lediglich eines Teils der Kosten möglich. Letzteres wird zum Beispiel dann zu erwägen sein, wenn das gemäß § 109 SGG erstattete Gutachten neue Gesichtspunkte aufzeigt, indem es entweder neue, bisher noch nicht ermittelte krankhafte Befunde darstellt oder neue entscheidungserhebliche Erkenntnisse vermittelt.
Das Gutachten von Dr. Th. hat hinsichtlich der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit der Beschwerdeführerin keine neuen entscheidungserheblichen Erkenntnisse erbracht und so auch nicht zur Förderung der Aufklärung des Sachverhalts beigetragen.
Dr. Th. hat keine neuen entscheidungserheblichen krankhaften Befunde festgestellt. Er hat lediglich im Wesentlichen die von Dr. P1 festgestellten Diagnosen, die sich nach seiner Ansicht nicht wesentlich geändert haben, bestätigt. Nach den schlüssigen Gutachten von Dr. P1 und Dr. L. lag bei deren Untersuchungen jeweils ein deutlich besserer objektiver Untersuchungsbefund als der von Dr. Th. festgestellte Befund vor; die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule und der Gelenke der Extremitäten waren wesentlich geringgradiger ausgeprägt. Eine dauerhafte, d.h. mindestens 26 Wochen andauernde, massive Einschränkung der Beweglichkeit und Belastbarkeit der Wirbelsäule, wie von Dr. Th. in seinem Gutachten beschrieben, ist daher nicht nachgewiesen. Auch hat er keine neuen entscheidungserheblichen Kenntnisse vermittelt. Er ist lediglich aufgrund einer wertenden Zusammenschau der orthopädischen und neurologischen-psychiatrischen Gutachten zu einer anderen Beurteilung des Leistungsvermögens der Beschwerdeführerin gelangt. Neue Gesichtspunkte hat er hierbei nicht überzeugend aufgezeigt. Die von Dr. Th. angenommene quantitative Leistungseinschränkung auf unter 2 h täglich vermag daher aufgrund der objektiven Befundlage nicht zu überzeugen.
Sein Gutachten hat auch nicht weitere Ermittlungen von Amts wegen zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erforderlich gemacht. Die Einholung der ergänzenden Stellungnahme von Dr. W2 war nur zur Überprüfung der abweichenden Einschätzung des Leistungsvermögens durch Dr. Th. veranlasst. Die Beiziehung aktueller Befundberichte und die Einholung eines weiteren neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Dr. Dr. W3 und eines internistischen Gutachtens von Dr. L. beruhten ebenfalls nicht auf dem Gutachten von Dr. Th., sondern ausschließlich auf der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Verschlechterung ihrer Kniebeschwerden (Schleimhautentzündung), der Verdachtsdiagnose eines Morbus Bechterew sowie des im Juli 2005 erlittenen Herzinfarkts. Im übrigen hat Dr. Th. die Beweisfrage nach der Erforderlichkeit der Einholung weiterer Gutachten verneint.
Das Gutachten von Dr. Th. ist daher nicht beweiserheblich geworden.
Aus oben genannten Gründen war deshalb die Beschwerde zurückzuweisen.
Diese Entscheidung, die ohne mündliche Verhandlung ergehen konnte (§ 176 i.V.m. § 124 Abs.3 SGG), ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
In dem beim Sozialgericht Landshut anhängig gewesenen Verfahren war die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung streitig. Zur Aufklärung des Sachverhalts hatte das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. Sch., Dres Z. und St., Dr. Th., Dr. P., Dr. W1 und Dr. B. beigezogen und von Amts wegen ein Gutachten von Dr. W2, Arzt für Psychiatrie und Neurologie, eingeholt. Dr. W2 stellte in seinem Gutachten vom 22.03.2004 auf der Grundlage einer Untersuchung der Beschwerdeführerin am 17.03.2004 fest, dass diese aus neurologischer Sicht an einer einfachen Migräne mit relativ seltener Anfallsfrequenz und einer distalen Kompression des Nervus medianus rechts im Sinn eines Karpaltunnelsyndroms sowie aus psychiatrischer Sicht an einer Neurasthenie (Erschöpfungssyndrom) leide. Ein Morbus Bechterew und eine Persönlichkeitsstörung könnten nicht bestätigt werden. Derzeit könne die Beschwerdeführerin wegen der Beschwerden am linken Knie sowie wegen der Kompression des rechten Mittelnervs auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Arbeiten verrichten; auch sei ihre Wegefähigkeit eingeschränkt. Bei einer erfolgreichen Operation sei aber mit einer wesentlichen Besserung innerhalb eines Jahres zu rechnen. Die Beschwerdeführerin dürfte dann leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne schweres Heben und Tragen mindestens 6 h täglich verrichten können. Ungewiß bleibe die Auswirkung der Neurasthenie bei einer erfolgreichen orthopädischen Behandlung. Wegen der bestehenden erheblichen orthopädischen Beschwerden und der beabsichtigten Knieoperation hielt Dr. W2 die Einholung eines orthopädischen Gutachtens für erforderlich.
Am 22.03.2004 wurde die Knie-Implantation links durchgeführt. Aus der anschließenden Anschlussheilbehandlung wurde die Beschwerdeführerin am 27.04.2004 als mindestens 6 h täglich ein- satzfähig für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus und für ihre letzte Tätigkeit als Bürogehilfin entlassen.
Der Chirurg und Sozialmediziner Dr. P1 stellte auf Grund einer Untersuchung der Beschwerdeführerin in seinem Gutachten vom 13.05.2004 auf orthopädischem Fachgebiet ein HWS-, BWS- und LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und Skoliose, Osteopenie, Schulter-Arm-Syndrom rechts, TEP linkes Kniegelenk, Beschwerden rechtes Kniegelenk, operativ versorgte Unterschenkelbrüche beidseits und degenerative Veränderungen der Hüftgelenke sowie auf internistischem Fachgebiet einen Bluthochdruck und eine hypertensive Herzkrankheit fest. Auf Grund der TEP-Operation beständen am linken Kniegelenk keine Beschwerden mehr; lediglich dessen Beweglichkeit sei endgradig eingeschränkt. Die Beschwerdeführerin könne daher ab Antragstellung noch regelmäßig leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen in wechselnder Körperhaltung mindestens 6 h täglich verrichten. Zu beachten seien folgende zusätzliche Funktionseinschränkungen: keine Gefährdung durch Kälte, Zugluft und Nässe, kein häufiges Bücken, Knien und Hocken, keine Arbeiten in Zwangshaltungen, keine Über-Kopf-Arbeiten, nur Arbeiten zu ebener Erde und keine besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit. Der Beschwerdeführerin sei ihre letzte Tätigkeit als Bürohilfe noch mindestens 6 h täglich möglich. Eine besondere Einschränkung hinsichtlich des Weges zur Arbeit bestehe nicht.
Einwände gegen dieses Gutachten wurden von der Beschwerdeführerin nicht vorgetragen.
Auf Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestellte das Sozialgericht Landshut mit Beweisanordnung vom 02.08.2004 den die Beschwerdeführerin behandelnden Orthopäden und Unfallarzt Dr. Th. zum gerichtlichen Sachverständigen. Dieser bestätigte in seinem Gutachten vom 18.08.2004, basierend auf einer Untersuchung der Beschwerdeführerin, im Wesentlichen die von Dr. W2 festgestellten Gesundheitsstörungen (Ergänzung um Karpaltunnelsyndrom, rechts mehr als links, Gonarthrose rechts mit Verdacht auf Innenmeniscusläsion und geringgradige Epikondylitis humeri radialis beidseits). Eine wesentliche Änderung dieser Gesundheitsstörungen sei nicht eingetreten. Am linken Knie bestehe ein Streckdefizit mit anhaltenden Restbeschwerden. Dr. W2 habe die chronischen Beschwerden und Schmerzen der Beschwerdeführerin nicht ausreichend gewürdigt. Da diese seit 2001 nie beschwerdefrei gewesen sei, habe sich ihr psychovegetativer Erschöpfungszustand verschlechtert. Aufgrund einer Zusammenschau der orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Gutachten könne die Beschwerdeführerin daher seit 2001 maximal noch 2 h täglich leichte Tätigkeiten verrichten.
Die Beklagte führte in ihrer Stellungnahme zum Gutachten von Dr. Th. aus, dass seine Leistungsbeurteilung auf Grund der von ihm festgestellten objektiven Befunde nicht nachvollziehbar sei. Es sei insbesondere auch keine Medikation dargestellt, die eine Leistungsminderung begründen könnte.
Dr. W2 stellte in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22.11.2000 zum Gutachten von Dr. Th. fest, dass die Operation und der Rehabilitationsverlauf komplikationslos und erfolgreich gewesen seien. Auch das Karpaltunnelsyndrom habe an Intensität abgenommen. Entsprechend der Prognose sei eine Besserung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin eingetreten, so dass sie nunmehr mindestens 6 h täglich als Sekretärin und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein könne. Der psychische Apparat sei voll funktionsfähig.
Die Beschwerdeführerin machte unter Vorlage eines Attestes von Dr. Th. vom 04.01.2005 mit dem Inhalt, dass infolge der Operation am linken Kniegelenk eine Schleimhautentzündung entstanden sei, sowie eines Ambulanzberichtes des Krankenhauses G. vom 30.12.2004 über anhaltende Beschwerden bei Knie-TEP mit anhaltendem Erguß bei Gonarthrose eine Verschlechterung ihrer Beschwerden im Bereich der Kniegelenke geltend. Dr. Ziemann bestätigte in der vorgelegten nervenärztlichen Stellungnahme vom 11.01.2005 ein eigenständiges Vorliegen einer psychischen Erkrankung, die wiederholt in Phasen auftrete. Ferner wies die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2005 darauf hin, dass sie zur Abklärung, ob ein Morbus Bechterew vorliege, bei dem Orthopäden Dr. G1. in Behandlung sei.
Das Sozialgericht holte nach der Beiziehung aktueller Befundberichte von Dr. S1., Dr. Th., Dr. B. und Dr. G1. von Amts wegen ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. Dr. W3 ein, der die von Dr. W2 festgestellten Gesundheitsstörungen sowie dessen Einschätzung der Erwerbsfähigkeit der Beschwerdeführerin in vollem Umfang bestätigte.
Auf Grund des im Juli 2005 erlittenen Herzinfarkts der Beschwerdeführerin erholte das Sozialgericht ein Gutachten von der Internistin und Ärztin für öffentliches Gesundheitswesen Dr. L ... Diese diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 09.10.2006 auf internistischem Fachgebiet eine Durchblutungsstörung des Herzens - koronare 3-Gefäßerkrankung bei Zustand nach nicht transmuralem Herzinfarkt und Zustand nach Dilatation und Stent-Implantation im Juli 2005, einen gut therapierten Bluthochdruck, eine leichtgradig ausgeprägte Speiseröhrenrefluxerkrankung, einen Zustand nach akuter Magenschleimhautentzündung, eine gut kontrollierte Zuckerstoffwechselstörung und eine leichtgradige chronisch-obstruktive Bronchitis. Hinsichtlich der Leistungsbeurteilung schloss sie sich der Einschätzung von Dr. Dr. W3 an. Auf orthopädischem Fachgebiet stellte sie einen deutlich besseren Untersuchungsbefund als im Gutachten von Dr. Th. dargestellt fest. Die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule und der Gelenke der Extremitäten seien wesentlich geringgradiger ausgeprägt und entsprächen der Befundlage im Gutachten von Dr. P1, wobei im Bereich des linken Kniegelenks jetzt eine noch bessere Funktion nachweisbar sei und sich keine Hinweise für eine Schwellung, Deformierung, Ergussbildung oder Instabilität ergäben. Die quantitative Leistungseinschränkung auf unter 2 h täglich durch Dr. Th. sei unter Berücksichtigung der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem, internistischem und neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet medizinisch nicht nachvollziehbar.
Die Beschwerdeführerin nahm in der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2006 die Klage zurück.
Sie beantragte mit Schriftsatz vom 12.12.2006, die Kosten für das Gutachten von Dr. Th. vom 18.08.2004 der Staatskasse aufzuerlegen. Denn dieses Gutachten habe wesentlich zur Sachaufklärung und damit zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens beigetragen. Das Sozialgericht habe auf Grund der Einschätzung von Dr. Th., der eine Verschlechterung des psychovegetativen Erschöpfungszustandes angenommen habe, eine ergänzende neurologisch-psychiatrische Stellungnahme von Dr. W2, der eine Besserung der orthopädischen Leiden der Beschwerdeführerin festgestellt habe, veranlasst. Die vorgelegten ärztlichen Unterlagen des Krankenhauses G. vom Dezember 2004 sowie der Nervenärztin Dr. Ziemann bestätigten eher die Einschätzung von Dr. Th. als von den gerichtlichen Sachverständigen Dr. W2 und Dr. P1. Auf Grund des vorgelegten Attestes von Dr. Th. vom 04.01.2005 habe sich das Sozialgericht zur weiteren medizinischen Sachaufklärung durch Einholung neuester ärztlicher Befundberichte sowie weiterer Gutachten von Dr. Dr. W3 und Dr. L. veranlasst gesehen.
Das Sozialgericht Landshut lehnte in seinem Beschluss vom 15.12.2006 die Übernahme der Kosten für das von Dr. Th. erstellte Gutachten vom 18.08.2004 auf die Staatskasse ab. Denn die Ausführungen von Dr. Th. seien für die medizinische Sachaufklärung ohne Bedeutung gewesen, weil sie auf orthopädischem Fachgebiet keinen neuen Sachverhalt erbracht hätten. Die erneute Sachaufklärung habe auf dem Vortrag der Klägerin, dass der Verdacht eines Morbus Bechterew diagnostiziert worden sei, zur Abklärung eines Schmerzsyndroms und auf dem im Juli 2005 erlittenen Herzinfarkt beruht.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass Dr. Th. eine massiv eingeschränkte Beweglichkeit und Belastbarkeit der Wirbelsäule sowie eine beidseits reduzierte Gehfähigkeit festgestellt habe, die im Einklang mit dem Ambulanzbericht des Krankenhauses G. vom 30.12.2004 sowie dem Attest von Dr.Th. vom 04.01.2005 ständen. Auf Grund der Leistungseinschätzung von Dr. Th., die auf einer Zusammenschau der orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Gesundheitsstörungen beruhe, habe das Sozialgericht die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Dr. W2 veranlasst, so dass das Gutachten von Dr. Th. die Aufklärung des Sachverhalts gefördert habe.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG). Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Kosten für das gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholte Gutachten von Dr. Th. vom 18.08.2004 sind nicht der Staatskasse aufzuerlegen.
Auf Antrag des Versicherten muss ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann (und wird in der Regel auch) davon abhängig gemacht, dass der Versicherte die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt (§ 109 Abs. 1 SGG). Die Entscheidung über die endgültige Kostentragung hat - auf Antrag des Versicherten - durch Beschluss zu ergehen. Voraussetzung für die Entscheidung, ob der Beteiligte so zu stellen ist, als sei der von ihm benannte Sachverständige von Amts wegen gemäß § 106 SGG mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt worden, bzw. ob ihm wenigstens ein Teil der Kosten erstattet werden muss, ist, dass das Gutachten wesentlich zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen hat bzw. diese objektiv gefördert hat. Die Entscheidung über die Kostentragung ergeht unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits. Es ist auch die Übernahme lediglich eines Teils der Kosten möglich. Letzteres wird zum Beispiel dann zu erwägen sein, wenn das gemäß § 109 SGG erstattete Gutachten neue Gesichtspunkte aufzeigt, indem es entweder neue, bisher noch nicht ermittelte krankhafte Befunde darstellt oder neue entscheidungserhebliche Erkenntnisse vermittelt.
Das Gutachten von Dr. Th. hat hinsichtlich der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit der Beschwerdeführerin keine neuen entscheidungserheblichen Erkenntnisse erbracht und so auch nicht zur Förderung der Aufklärung des Sachverhalts beigetragen.
Dr. Th. hat keine neuen entscheidungserheblichen krankhaften Befunde festgestellt. Er hat lediglich im Wesentlichen die von Dr. P1 festgestellten Diagnosen, die sich nach seiner Ansicht nicht wesentlich geändert haben, bestätigt. Nach den schlüssigen Gutachten von Dr. P1 und Dr. L. lag bei deren Untersuchungen jeweils ein deutlich besserer objektiver Untersuchungsbefund als der von Dr. Th. festgestellte Befund vor; die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule und der Gelenke der Extremitäten waren wesentlich geringgradiger ausgeprägt. Eine dauerhafte, d.h. mindestens 26 Wochen andauernde, massive Einschränkung der Beweglichkeit und Belastbarkeit der Wirbelsäule, wie von Dr. Th. in seinem Gutachten beschrieben, ist daher nicht nachgewiesen. Auch hat er keine neuen entscheidungserheblichen Kenntnisse vermittelt. Er ist lediglich aufgrund einer wertenden Zusammenschau der orthopädischen und neurologischen-psychiatrischen Gutachten zu einer anderen Beurteilung des Leistungsvermögens der Beschwerdeführerin gelangt. Neue Gesichtspunkte hat er hierbei nicht überzeugend aufgezeigt. Die von Dr. Th. angenommene quantitative Leistungseinschränkung auf unter 2 h täglich vermag daher aufgrund der objektiven Befundlage nicht zu überzeugen.
Sein Gutachten hat auch nicht weitere Ermittlungen von Amts wegen zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erforderlich gemacht. Die Einholung der ergänzenden Stellungnahme von Dr. W2 war nur zur Überprüfung der abweichenden Einschätzung des Leistungsvermögens durch Dr. Th. veranlasst. Die Beiziehung aktueller Befundberichte und die Einholung eines weiteren neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Dr. Dr. W3 und eines internistischen Gutachtens von Dr. L. beruhten ebenfalls nicht auf dem Gutachten von Dr. Th., sondern ausschließlich auf der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Verschlechterung ihrer Kniebeschwerden (Schleimhautentzündung), der Verdachtsdiagnose eines Morbus Bechterew sowie des im Juli 2005 erlittenen Herzinfarkts. Im übrigen hat Dr. Th. die Beweisfrage nach der Erforderlichkeit der Einholung weiterer Gutachten verneint.
Das Gutachten von Dr. Th. ist daher nicht beweiserheblich geworden.
Aus oben genannten Gründen war deshalb die Beschwerde zurückzuweisen.
Diese Entscheidung, die ohne mündliche Verhandlung ergehen konnte (§ 176 i.V.m. § 124 Abs.3 SGG), ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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