L 3 AL 1021/07 ER

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 25 AL 2975/07 ER
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 1021/07 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 20. August 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit bis zum 5. beziehungsweise 6. September 2006.

Das Sozialgericht hat den Antrag abgelehnt. Der Antragsteller habe lediglich Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum 6. Juli 2007 (Beschluss vom 20. August 2007).

Das Sozialgericht hat der Beschwerde des Antragstellers, eine ausreichende und qualifizierte Beschwerdebegründung werde unaufgefordert nachgereicht, wenn er physisch und psychisch dazu in der Lage sei, nicht abgeholfen und diese dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Der Berichterstatter hat den Antragsteller zunächst gebeten, mitzuteilen, wie er seit dem 6. Juli 2007 seinen Lebensunterhalt bestritten habe. Er möge auch mitteilen, aus welchen Gründen er derzeit noch Leistungen für die Vergangenheit (bis zum 6. September 2007) benötige.

Daraufhin hat der Antragsteller unter anderem folgendes mitgeteilt: " Die Fragestellung erscheint mir sehr fragwürdig, da ich jedoch nichts zu verbergen habe, beantworte ich in diese derart, dass ich mit dreimonatiger Verspätung Alg II bis zum 30. September 2007 am 24. September 2007 erhalten habe. Vorab war ich gezwungen, meine Tante zu bitten, mir darlehensweise Gelder zur Verfügung zu stellen, damit überhaupt ein Überleben möglich ist. Damit könnte die Hauptsache für erledigt betrachtet werden, wenn mir nicht Alg I bis zum 5. September 2007 zustände. "

Auf die weitere Frage des Berichterstatters, es werde nicht deutlich, warum im Eilverfahren Leistungen für die Zeit bis zum 6. September 2007 benötigt würden, hat der Antragsteller unter anderem erklärt: "Bezugnehmend auf Ihr Schreiben und der Anfrage vom 2. Oktober 2007 beantrage ich hiermit stillschweigende Fristverlängerung bis zum 30. November 2007, da vorab die nachstehend aufgeführten Tatbestände abzuklären sind beziehungsweise auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe immer noch nicht entschieden ist. Mit dem letzten Schreiben der Beklagten, das besagt, dass die gesamte Akte des Klägers beim Sozialgericht befindlich ist, erhärtet sich der Verdacht des Klägers, dass sich die Beklagte der Hilfe des Gerichts bedient. Unstreitig hat der Kläger ein Eilverfahren beantragt und auch entsprechend fundiert begründet. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten kennzeichnete sich durch immer wiederkehrende Begründungen, die mit dem eigentlichen Sachverhalt nichts zu tun hatte. Das wiederum bedeutet, dass die Widerspruchsstelle der Beklagten mit einer so genannten Einheitsbegründung die teils berechtigten Widersprüche ablehnt mit dem Wissen, dass die Beklagte dann lediglich noch die Akte zu Gericht reichen muss. Die Arbeit erledigt dann das Gericht für die Beklagte, die nicht einmal einen ordentlichen Schriftsatz zu fertigen hat. Das Gericht wiederum nimmt diese Akte als "Evangelium", ohne spezifizierte Prüfung, inwieweit darin befindliche Unterlagen der Richtigkeit entsprechen ...".

Zur Ergänzung der Gründe zu I. wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten. II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 86 b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall von § 86 Abs. 1 SGG nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG). Das Gericht entscheidet durch Beschluss (§ 86 b Abs. 4 SGG).

Ein Anordnungsantrag ist begründet, wenn das Gericht auf Grund einer hinreichenden Tatsachenbasis durch Glaubhaftmachung (§ 86b Satz 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO) und/oder im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) einen Anordnungsanspruch (gesetzlicher Anknüpfungspunkt bei der Sicherungsanordnung: ”Recht des Antragstellers”, bei der Regelungsanordnung: ”Streitiges Rechtsverhältnis”) und einen Anordnungsgrund (einerseits: ”Gefahr für die Verwirklichung des Rechts”, andererseits: ”Notwendigkeit zur Regelung eines vorläufigen Zustandes”) bejahen kann (so die herrschende Meinung zum Maßstab für die Begründetheitsprüfung von Anordnungsanträgen, vgl. Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 1996, § 123 Rz 62 f., wobei streitig ist, ob eine zusätzliche, nach der Bejahung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zu erfolgende Interessenabwägung verlangt werden kann, vgl. hierzu Schoch, a.a.O., § 123 Rz. 65).

Der Senat konnte bereits das Vorliegen des Anordnungsgrundes nicht feststellen.

Der Anordnungsgrund (die Eilbedürftigkeit oder Dringlichkeit der Rechtsschutzgewährung) liegt indes nur vor, wenn es für den Antragsteller unzumutbar erscheint, auf den (rechtskräftigen) Abschluss des Hauptsacheverfahrens verwiesen zu werden, wobei auf die Beachtung der Folgen für den Fall des Nichterlasses der begehrten einstweiligen Anordnung abzustellen ist. Es müssen ohne den Erlass der Eilentscheidung schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht in der Lage wäre.

Im Streit ist hier die Zahlung von Arbeitslosengeld für bereits abgelaufene Zeiträume in der Vergangenheit, nämlich solche, die im September 2007 liegen.

Die Zahlung des begehrten Arbeitslosengeldes dient also gerade nicht mehr der Deckung eines aktuellen Bedarfs. Leistungen sind aber im vorläufigen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich nicht für die Vergangenheit zu erbringen, weil der auf laufende Sozialleistungen gerichtete vorläufige Rechtsschutz - von Fällen eines angemessenen Nachholbedarfs abgesehen - einen aktuellen Bedarf befriedigen soll. Der Bedarf für die Vergangenheit hat sich jedoch regelmäßig in der Sache bereits erledigt. Der Senat hat keinen Anhaltspunkt, von dieser Regel eine Ausnahme zu machen (vgl. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht vom 7. März 2003 - 4 ME 60/03 -, info also 2003, S. 128; vgl. auch Keller in Meyer-Ladewig u.a., Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Aufl. 2005, § 86b Rz. 27 m.w.N.). Der Antragsteller hat im Übrigen im Beschwerdeverfahren - trotz entsprechenden Hinweises durch das Gericht - auch nichts vorgetragen, was die Eilbedürftigkeit begründen könnte.

Die Antragsgegnerin hätte dem Antragsteller im Falle seines Obsiegens in der Hauptsache das geltend gemachte Arbeitslosengeld nachzuzahlen, sodass eine möglicherweise rechtswidrige Nichtzahlung des Arbeitslosengeldes durch die Antragsgegnerin nachträglich gerade durch die Entscheidung in der Hauptsache noch beseitigt werden kann.

Der übrige Vortrag des Antragstellers war für die Frage der Eilbedürftigkeit nicht von Bedeutung.

Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung der Vorschrift des § 193 Abs. 1 SGG analog.

Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved