Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 5599/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 5731/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. September 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung des Meniskuserkrankung des Klägers als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der 1950 geborene Kläger lebt seit 1972 in der Bundesrepublik. Im Juni 1973 begann er seine Tätigkeit bei D.C. als Montagearbeiter im Werk S ... In den ersten 6 bis 8 Monaten wurde er zur Montage von Kabelsätzen in Pkws eingesetzt, die von Außen stehend in die Karosserien eingebaut wurden. Anschließend war der Kläger etwa 23 Jahre bei der Montage von Schiebedächern bei verschiedenen Pkw-Typen eingesetzt. Je Schicht wurden zwischen 38 bis 44 Schiebedächer montiert. Die Taktzeit betrug 12,6 Minuten pro Fahrzeug, je 2 Mitarbeiter arbeiteten dabei zusammen. Die zu verrichtenden Tätigkeiten waren je hälftig auf jeden Mitarbeiter aufgeteilt. Ein Mitarbeiter nahm die Materialkiste in das Fahrzeug und montierte dort bestimmte Einzelteile. Währenddessen montierte der zweite Mitarbeiter den Antriebsmotor für das Schiebedach im Kofferraum, stehend hinter der Karosserie, sich dabei in den Kofferraum nach vorne bückend. Der erste Mitarbeiter hatte abschließend den Seilzug für das Schiebedach im Innenraum der Karosserie in Richtung des Kofferraums zu montieren. Nach Abschluss dieser Arbeiten wurde der Schiebedachrahmen vom ersten Mitarbeiter durch das Heckfenster aufgenommen und stehend an den Dachausschnitt des Schiebedachs gedrückt. Von außen schraubte der zweite Mitarbeiter die erste Befestigungsschraube fest und begab sich dann ebenfalls in das Fahrzeug, um die maximal 16 Befestigungsschrauben zu montieren. Zur Montage der Ablaufschläuche an der linken und rechten Karosserieseite war es notwendig, sich in der Karosserie hinzuknien. Anschließend mussten die Mitarbeiter die Karosserie verlassen und dabei im Wesentlichen springend eine Höhe von mindestens 70 cm überwinden. Seit 1992 werden die Schiebedachrahmen von Robotern montiert, ebenfalls der Antriebsmotor. Seit 1997 ist der Kläger wegen seiner Beschwerden im Bereich der Kommissionierung, dem Türschlosseinbau und der Montage der Schalldämmung eingesetzt. Es handelt sich um stehende Tätigkeiten.
Mit Schreiben vom 14. Juli 2003 meldete die AOK – Die Gesundheitskasse für den Kreis B. - bei der Süddeutschen Metallberufsgenossenschaft, einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten (künftig nur noch als Beklagte bezeichnet) einen Erstattungsanspruch für die Behandlungskosten eines am 27. Mai 2003 entstandenen akuten Meniskusrisses an. Im Unfallfragebogen führte der Kläger aus, es läge kein Arbeitsunfall, sondern eine BK vor. Er sei schon seit 30 Jahren bei D.C. beschäftigt und verrichte davon seit 20 Jahren die gleiche Arbeit. Bei vier weiteren Kollegen von ihm, die alle am gleichen Arbeitsplatz beschäftigt waren, seien ebenfalls Meniskusschäden festgestellt worden. Im Fragebogen zur Überprüfung des Vorliegens einer BK führte der Kläger aus, er leide seit 1995 über stechende Schmerzen in Knie und Hüfte, mehr rechts als links. Er müsse für die Montage von Schiebedächern aus einer Höhe von 90 cm in Autokarossen einsteigen und wieder herausspringen und das seit 20 Jahren. Beigefügt waren u.a das Attest des Facharztes für Orthopädie Dr. G. vom 9. Januar 1997, wonach ein degenerativer Innenmeniskusschaden an beiden Kniegelenken mit Sekundärarthrose vorliege. Der Kläger wünsche deshalb, an einem Vormontageplatz zu arbeiten. Beigefügt war weiter der Bericht über die Arthroskopie vom 16. September 1997 (degenerative Innenmeniskusruptur – Hinterhorn) und vom 22. August 2001 (Zustand nach Innenmeniskusentfernung rechtes Kniegelenk; die mediale Femurcondyle zeige Knorpelschäden drittgradig, in der maximalen Belastungszone beginnend viertgradig). Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse bei. Der Präventionsdienst der Beklagten führte am 26. November 2003 eine Arbeitsplatzbesichtigung im Beisein u.a. des Klägers durch. Dabei gab der Kläger u.a. an, am meisten habe ihn das Springen aus der Karosserie nach Abschluss der Montagearbeiten belastet. Der Technische Aufsichtsbeamte G. führte in seiner zusammenfassenden Beurteilung vom 3. Dezember 2003 aus, der Kläger habe für einen Zeitraum von ca. 23 Jahren regelmäßig bei der Montage von Schiebedächern Dauerzwangshaltungen einnehmen müssen. Bei einer Taktzeit von 12,6 Minuten und einem Anteil von etwa 40% ergebe sich eine Belastungszeit von ca. 2 Stunden pro Tag.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Beratungsarztes und des Staatlichen Gewerbearztes lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. April 2004 die Anerkennung der Erkrankung als BK ab. Die durchgeführten Ermittlungen hätten gezeigt, dass der Kläger keine Dauerzwangshaltungen habe einnehmen müssen, die zugleich mit Kraftaufwendungen verbunden gewesen seien. Auch häufige Knick-, Scher- und Drehbewegungen auf grob unebener Unterlage seien nicht vorgekommen.
Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2004 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 20. August 2004 Klage zum Sozialgericht S. (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgebracht, er habe beim Einbau der Schiebedächer aus einer Höhe von ca. 1 m auf einen Betonboden springen müssen, der nicht mit dämpfenden Matten ausgestattet gewesen sei. Dies habe die bestehenden erheblichen Schmerzen ausgelöst. Auch bei mehreren Arbeitskollegen seien vergleichbare Probleme aufgetreten, so dass von einer BK auszugehen sei. Er bestehe auf der Einnahme eines Augenscheins sowie eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu den beschriebenen Arbeitsbedingungen und ihrer kniebelastenden Wirkung. Nach Auffassung der Beklagten sei die weitere Einnahme eines Augenscheins nicht geboten, da die wesentlichen arbeitstechnischen Voraussetzungen durch den Präventionsdienst erhoben worden seien. Daraufhin hat der Kläger ausgeführt, auch wenn er den Ausführungen des Präventionsdienstes nicht widersprochen habe, seien doch seine Angaben nur unvollständig bzw. nicht richtig aufgeführt worden. Darüber hinaus sollten die Arbeitskollegen als Zeugen dafür gehört werden, dass auch sie unter Kniebeschwerden litten. Er hat weiter einzelne technische Arbeitsschritte präzisiert und ausgeführt, dass er auch beim Einbau von Aktivkohlefiltern tätig gewesen sei. Der Präventionsdienst der Beklagten hat darauf die Stellungnahme vom 18. Juli 2005 vorgelegt (kniebelastende Tätigkeit pro Schicht ca. 2,5 m; Nachmessung der "Sprunghöhe" beim Einbau der Schiebedächer durch den stellvertretenden Meister: 68 cm).
Mit Urteil vom 21. September 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen seien nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen. Es sei die haftungsbegründende Kausalität nicht zu bejahen, da der Kläger keine Dauerzwangshaltungen ausgeübt habe, die mehr als ein Drittel einer Schicht umfasst hätten. Auch das Springen aus der Karosserie sei nicht als geeignete belastende Tätigkeit anzusehen, da sich dabei keine Scherkräfte entwickelt hätten, die einer Knick-, Dreh- oder Spreizbewegung auf grob unebener Unterlage entsprochen hätten.
Gegen das am 20. Oktober 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. November 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er seinen bisherigen Vortrag.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht S. vom 21. September 2006 sowie den Bescheid vom 13. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm eine BK nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Die Berichterstatterin des Verfahrens hat am 24. September 2007 den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert. Auf die Sitzungsniederschrift vom gleichen Tag wird inhaltlich verwiesen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Prof. Dr. Dr. K., Institut für Medizinische Begutachtung und Prävention, unter dem 20. November 2007 ein arbeitsmedizinisches Gutachten erstellt. Darin führt er aus, er sei seitens des Gerichts beauftragt worden, bei seiner Beurteilung von den Darstellungen des Klägers auszugehen. Die Erhebung der Arbeitsanamnese sei jedoch durch erhebliche Ausschweifungen und unpräzise Darstellungen des Klägers erschwert gewesen. Der Kläger habe darauf beharrt, dass eine aussagekräftige Tätigkeitsbeschreibung nur vor Ort möglich sei, da dann auch Kollegen als Zeugen auftreten könnten. Er habe sich des Weiteren geweigert, im Rahmen der Untersuchung die Bewegungsabläufe an seinem Arbeitsplatz, insbesondere die von ihm als kniebelastend empfundenen Bewegungen und Haltungen, aktiv darzustellen. Daher habe er bei der beschreibenden Darstellung der verrichteten Arbeiten durch den Kläger einzelne Bewegungen selbst demonstriert und sich vom Kläger bestätigen lassen, ob diese Haltungen den von ihm innegehabten entsprochen hätten. Es bestünden Hinweise auf Aggravation bei der körperlichen Untersuchung sowie eine eingeschränkte Kooperation. Beim Kläger liege eine Gonarthrose rechts mit Hinterhornläsion des Innenmeniskus bei Varus-Stellung, eine Lumbalgie bei Osteochondrose und Spondylose der Lendenwirbelsäule, eine beginnende Arthrosis deformans der Hüftgelenke, rechts mehr als links, sowie ein degenerativer Innenmeniskusschaden auch am linken Kniegelenk vor. Zusammenfassend hat er ausgeführt, beim Kläger lägen keine Meniskusschäden im Sinne einer BK nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens verwiesen.
Der Kläger ist den Schlussfolgerungen des Gutachters entgegen getreten und hat weiteren Beweis für das Herausspringen aus der Karosserie und die Tatsache, dass auch andere Mitarbeiter an Knieerkrankungen litten, durch die Vernehmung von Arbeitskollegen als Zeugen angeboten. Darüber hinaus ist aus seiner Sicht die Beurteilung der konkreten Arbeitsumstände durch einen Sachverständigen vor Ort geboten, da allein die Begutachtung nicht ausreichend sei.
Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen, weil es sie einstimmig für unbegründet erachtet (§ 153 Abs. 4 SGG). Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
Der Kläger hat einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG widersprochen, die Beklagte hat sich nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung, über die nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entschieden werden konnte, da das Gericht sie einstimmig für unbegründet erachtet, ist unbegründet. Die Knieerkrankung des Klägers ist keine BK nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [(SGB VII)]. Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV können Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten, grundsätzlich als BK anerkannt werden.
Für die Gewährung einer Rente wegen einer BK ist aber ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Sowohl hinsichtlich der haftungsbegründenden als auch hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286), d.h. es müssen die für einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände deutlich überwiegen. Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112; BSG Urt. vom 28.03.2003 B 2 U 33/03 R).
Vorliegend mangelt es bereits an der haftungsbegründenden Kausalität, d.h. der Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit einerseits und der schädigenden Einwirkung andererseits ist nicht hinreichend wahrscheinlich. Es fehlt bereits ein belastungskonformes Schadensbild. Darüber hinaus ist zwar von einer die Knie, nicht aber die Menisken übermäßig belastenden beruflichen Tätigkeit des Klägers auszugehen.
Zur Beurteilung der Frage, ob zwischen den vom Kläger beschriebenen bzw. aktenkundigen Bewegungsabläufen und den bei ihm vorliegenden Meniskuserkrankungen ein hinreichender Ursachenzusammenhang besteht, ist, wie Prof. Dr. Dr. K. anschaulich und zutreffend (vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003 S. 707 ff) dargestellt hat, der konkrete Bewegungsablauf bzw. der Belastungsablauf des Meniskus bei einer Knie- oder Sprungbewegung von wesentlicher Bedeutung. Bei den Menisken handelt es sich um hochbewegliche, halbmondförmige Scheiben von Faserknorpel. Sie verhindern seitliche Wackelbewegungen des Knies und fügen sich den Knorpelflächen des Gelenks an. Die Formanpassung der Menisken unter wechselnden Beugewinkeln erfolgt passiv und daher nicht kraftschlüssig. Sie sind daher nicht in der Lage, Teile der Körperlast aufzunehmen. Aus dieser anatomischen Grundlage folgt, dass der gesunde Innen- wie Außenmeniskus beim Springen nicht übermäßig belastet wird, insbesondere nicht bei einem Sprung auf eine ebene Fläche. Nur bei unebener Oberfläche können durch eine plötzlich unphysiologische Verdrehung im Kniegelenk schädigende Scherkräfte auf den Meniskus einwirken. Gleiches gilt bei Bewegungen, die Druckkräfte erzeugen, die zu einer Quetschung des Knorpelgewebes führen, Zugkräfte, die das Gewebe beanspruchen und Scherkräfte, die eine gegenseitige Verschiebung der Gewebsschichten untereinander zur Folge haben. Belastende Tätigkeiten sind daher solche, die entweder eine statische Belastung bedingen (Dauerzwangshaltungen, vor allem bei Belastungen durch Fersensitz, Hocken oder Knien bei gleichzeitiger Kraftaufwendung) oder eine dynamische (vielfach wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchung, insbesondere Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen auf grob unebener Unterlage). Nicht meniskusbelastend sind daher grundsätzlich kniende Positionen, da sie die Menisken weder stark verschieben, noch verformen noch erheblich mit Druck belasten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O. S. 708).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt ein belastungskonformer Meniskusschaden im Sinne der BK nach Nr. 2102 der Anlage dann vor, wenn eine Degeneration des Innenmeniskushinterhorns festzustellen ist, das bei Kniebelasteten häufig scheibenförmig ausgewalzt und aufgefasert ist. Dagegen sind Schäden am Außenmeniskus durch Knien selten und im Zusammenhang mit begleitenden Innenmeniskusschäden von geringerem Gewicht. Isolierte Schäden des Außenmeniskus sind auf Grundlage dieser funktionellen Anatomie wenig plausibel. Ein belastungskonformes Schadensbild im Sinne der BK Nr. 2102 der Anlage zur BKV zeichnet sich deshalb dadurch aus, dass Veränderungen vorliegen müssen, die sich durch erhebliche Verschiebung, Verlagerung und Verziehung der Menisken, insbesondere des Innenmeniskus, durch Druckerhöhung im Kniegelenk und durch rezidivierende Mikrotraumata erklären. Diese Mechanismen lassen einen nicht nur punktuellen vorzeitigen Gewebsverschleiß erwarten.
Berücksichtigt man die objektivierten und objektivierbaren Bewegungsabläufe, die der Kläger bei seiner Tätigkeit zu verrichten hatte, hat er zwar durchaus eine kniebelastende, nicht aber eine die Menisken besonders schädigende berufliche Tätigkeit verrichtet.
Soweit der Kläger in der Schiebedachmontage tätig war, musste bei der Montage von Schlauch und Antrieb teilweise gekniet werden, nicht aber in extremer Kniebeugung wie beim Hocken und auch nicht bei gleichzeitiger Kraftaufwendung. Bezüglich der Sprungbelastung ist bei einer Sprunghöhe zwischen 70 cm und 1 m erfahrungsgemäß davon auszugehen, dass die Arme zum Abstützen zur Hilfe genommen werden, jedenfalls aber Routinen entstehen, die zur Entlastung des muskulo-skelettalen Systems führen. Der Boden, auf dem der Kläger aufgekommen ist, war zunächst glatter Betonboden, später ein Holzrost, jedenfalls aber keine grob unebene Oberfläche. Daher ist auch bei der Sprungbewegung nicht von einer meniskusschädigenden Bewegung auszugehen.
Zwischen 1995 und 1997 hatte der Kläger Kohlefilter zu montieren. Auch dabei ist von einer knienden Tätigkeit auszugehen, jedoch nicht von einer "hockenden" oder knienden mit gleichzeitiger Kraftaufwendung, so dass auch in dieser Zeit die haftungsbegründende Kausalität nicht hinreichend wahrscheinlich ist.
Aber auch unter medizinischen Gesichtspunkten kann ein Zusammenhang der Erkrankungen mit den angeschuldigten Tätigkeiten nicht wahrscheinlich gemacht werden.
Bereits im Arthroskopiebericht vom 16. September 1997 ist von einem zweitgradigen Knorpelschaden am medialen Femurkondylus und von einem zweitgradigen Knorpelschaden am medialen Tibiaplateau berichtet worden. Außerdem hat eine degenerative Innenmeniskusruptur am Hinterhorn bestanden. Insofern ist von einer dem Alter vorauseilenden Veränderung am Innenmeniskus des rechten Kniegelenks sowie an den Gelenkflächen des medialen Femuropatellargelenks auszugehen. In Röntgenaufnahmen vom Dezember 1996 und Juni 2001 sind jedoch bis auf angedeutete osteophytäre Randwülste am medialen Femur, rechts mehr als links, und einen etwas schmaleren medialen Gelenkspalt des Femurotibialgelenks jedoch keine wesentlichen Auffälligkeiten der ossären Strukturen erkennbar. Diese Veränderungen weisen daher auf eine statische Mehrbelastung des medialen Gelenkanteils, nicht aber auf eine dynamisch bedingte Veränderung hin. Verstärkt wird dieser Eindruck durch eine Röntgenaufnahme des gesamten Beins und der Hüfte vom Oktober 2004. Daraus geht hervor, dass im rechten Kniegelenk eine Varusbelastung mit erhöhter Beanspruchung des medialen Gelenkanteils vorliegt. Darüber hinaus liegen Verknöcherungen im Sehnenansatzbereich des Trochanter majus des rechten Hüftgelenks vor. Auch die Gelenkpfanne weist osteochondrotische Veränderungen sowie eine Verschmälerung des medialen Gelenkspaltes auf. So kann jedenfalls sicher festgestellt werden, dass der Knorpelschaden wie auch der Meniskusschaden auf den Varusstress des rechten Kniegelenks (durch die beim Kläger bestehende axiale Fehlstellung wie bei O-Beinen) begründet ist. Ob das beim Kläger nunmehr bestehende, nach seinen Angaben früher nicht vorhanden gewesene Übergewicht, ebenfalls eine mitursächliche Rolle spielt, lässt das Gericht offen, da es nicht entscheidungserheblich ist. Daher sprechen auch die festgestellten Veränderungen wie die Art der Veränderungen selbst gegen ein beruflich bedingtes Geschehen.
Darüber hinaus ist weder angesichts des Krankheitsverlaufs, der aktenkundigen Vorbefunde bzw. der von Prof. Dr. Dr. K. selbst erhobenen Befunde anamnestisch, klinisch oder anhand der radiologischen Bilder hinreichend sicher festzustellen, ob beim Kläger eine - beruflich (mit)bedingte - primäre Meniskopathie (Verschleiß zunächst des Meniskusgewebes) oder eine (tätigkeitsunabhängig verursachte) sekundäre Meniskopathie (es erscheinen zunächst ausgedehnte Knorpelschäden im Kniegelenk) vorliegt. Es muss daher offen bleiben, ob die vorzeitigen Gelenkverschleißerscheinungen mit Betonung des medialen Gelenksspaltes am rechten Kniegelenks Ursache oder Folge der Innenmeniskusläsion sind. Diese Beweislosigkeit hat nach den Regeln der objektiven Beweislast, die auch im sozialgerichtlichen Verfahren gelten, der Kläger zu tragen.
Die Einvernahme der vom Kläger benannten Zeugen konnte unterbleiben, da das Gericht wie auch Prof. Dr. Dr. K. die vom Kläger geschilderten Arbeitsbedingungen, wie sie auch vor Ort bestätigt worden sind, seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Darüber hinaus ist es für die Sachentscheidung ohne wesentlichen Belang, ob Arbeitskollegen des Klägers ebenfalls Kniebeschwerden haben, da daraus keine Schlüsse auf die Ursächlichkeit der Beschwerden beim Kläger gezogen werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung des Meniskuserkrankung des Klägers als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der 1950 geborene Kläger lebt seit 1972 in der Bundesrepublik. Im Juni 1973 begann er seine Tätigkeit bei D.C. als Montagearbeiter im Werk S ... In den ersten 6 bis 8 Monaten wurde er zur Montage von Kabelsätzen in Pkws eingesetzt, die von Außen stehend in die Karosserien eingebaut wurden. Anschließend war der Kläger etwa 23 Jahre bei der Montage von Schiebedächern bei verschiedenen Pkw-Typen eingesetzt. Je Schicht wurden zwischen 38 bis 44 Schiebedächer montiert. Die Taktzeit betrug 12,6 Minuten pro Fahrzeug, je 2 Mitarbeiter arbeiteten dabei zusammen. Die zu verrichtenden Tätigkeiten waren je hälftig auf jeden Mitarbeiter aufgeteilt. Ein Mitarbeiter nahm die Materialkiste in das Fahrzeug und montierte dort bestimmte Einzelteile. Währenddessen montierte der zweite Mitarbeiter den Antriebsmotor für das Schiebedach im Kofferraum, stehend hinter der Karosserie, sich dabei in den Kofferraum nach vorne bückend. Der erste Mitarbeiter hatte abschließend den Seilzug für das Schiebedach im Innenraum der Karosserie in Richtung des Kofferraums zu montieren. Nach Abschluss dieser Arbeiten wurde der Schiebedachrahmen vom ersten Mitarbeiter durch das Heckfenster aufgenommen und stehend an den Dachausschnitt des Schiebedachs gedrückt. Von außen schraubte der zweite Mitarbeiter die erste Befestigungsschraube fest und begab sich dann ebenfalls in das Fahrzeug, um die maximal 16 Befestigungsschrauben zu montieren. Zur Montage der Ablaufschläuche an der linken und rechten Karosserieseite war es notwendig, sich in der Karosserie hinzuknien. Anschließend mussten die Mitarbeiter die Karosserie verlassen und dabei im Wesentlichen springend eine Höhe von mindestens 70 cm überwinden. Seit 1992 werden die Schiebedachrahmen von Robotern montiert, ebenfalls der Antriebsmotor. Seit 1997 ist der Kläger wegen seiner Beschwerden im Bereich der Kommissionierung, dem Türschlosseinbau und der Montage der Schalldämmung eingesetzt. Es handelt sich um stehende Tätigkeiten.
Mit Schreiben vom 14. Juli 2003 meldete die AOK – Die Gesundheitskasse für den Kreis B. - bei der Süddeutschen Metallberufsgenossenschaft, einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten (künftig nur noch als Beklagte bezeichnet) einen Erstattungsanspruch für die Behandlungskosten eines am 27. Mai 2003 entstandenen akuten Meniskusrisses an. Im Unfallfragebogen führte der Kläger aus, es läge kein Arbeitsunfall, sondern eine BK vor. Er sei schon seit 30 Jahren bei D.C. beschäftigt und verrichte davon seit 20 Jahren die gleiche Arbeit. Bei vier weiteren Kollegen von ihm, die alle am gleichen Arbeitsplatz beschäftigt waren, seien ebenfalls Meniskusschäden festgestellt worden. Im Fragebogen zur Überprüfung des Vorliegens einer BK führte der Kläger aus, er leide seit 1995 über stechende Schmerzen in Knie und Hüfte, mehr rechts als links. Er müsse für die Montage von Schiebedächern aus einer Höhe von 90 cm in Autokarossen einsteigen und wieder herausspringen und das seit 20 Jahren. Beigefügt waren u.a das Attest des Facharztes für Orthopädie Dr. G. vom 9. Januar 1997, wonach ein degenerativer Innenmeniskusschaden an beiden Kniegelenken mit Sekundärarthrose vorliege. Der Kläger wünsche deshalb, an einem Vormontageplatz zu arbeiten. Beigefügt war weiter der Bericht über die Arthroskopie vom 16. September 1997 (degenerative Innenmeniskusruptur – Hinterhorn) und vom 22. August 2001 (Zustand nach Innenmeniskusentfernung rechtes Kniegelenk; die mediale Femurcondyle zeige Knorpelschäden drittgradig, in der maximalen Belastungszone beginnend viertgradig). Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse bei. Der Präventionsdienst der Beklagten führte am 26. November 2003 eine Arbeitsplatzbesichtigung im Beisein u.a. des Klägers durch. Dabei gab der Kläger u.a. an, am meisten habe ihn das Springen aus der Karosserie nach Abschluss der Montagearbeiten belastet. Der Technische Aufsichtsbeamte G. führte in seiner zusammenfassenden Beurteilung vom 3. Dezember 2003 aus, der Kläger habe für einen Zeitraum von ca. 23 Jahren regelmäßig bei der Montage von Schiebedächern Dauerzwangshaltungen einnehmen müssen. Bei einer Taktzeit von 12,6 Minuten und einem Anteil von etwa 40% ergebe sich eine Belastungszeit von ca. 2 Stunden pro Tag.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Beratungsarztes und des Staatlichen Gewerbearztes lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. April 2004 die Anerkennung der Erkrankung als BK ab. Die durchgeführten Ermittlungen hätten gezeigt, dass der Kläger keine Dauerzwangshaltungen habe einnehmen müssen, die zugleich mit Kraftaufwendungen verbunden gewesen seien. Auch häufige Knick-, Scher- und Drehbewegungen auf grob unebener Unterlage seien nicht vorgekommen.
Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2004 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 20. August 2004 Klage zum Sozialgericht S. (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgebracht, er habe beim Einbau der Schiebedächer aus einer Höhe von ca. 1 m auf einen Betonboden springen müssen, der nicht mit dämpfenden Matten ausgestattet gewesen sei. Dies habe die bestehenden erheblichen Schmerzen ausgelöst. Auch bei mehreren Arbeitskollegen seien vergleichbare Probleme aufgetreten, so dass von einer BK auszugehen sei. Er bestehe auf der Einnahme eines Augenscheins sowie eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu den beschriebenen Arbeitsbedingungen und ihrer kniebelastenden Wirkung. Nach Auffassung der Beklagten sei die weitere Einnahme eines Augenscheins nicht geboten, da die wesentlichen arbeitstechnischen Voraussetzungen durch den Präventionsdienst erhoben worden seien. Daraufhin hat der Kläger ausgeführt, auch wenn er den Ausführungen des Präventionsdienstes nicht widersprochen habe, seien doch seine Angaben nur unvollständig bzw. nicht richtig aufgeführt worden. Darüber hinaus sollten die Arbeitskollegen als Zeugen dafür gehört werden, dass auch sie unter Kniebeschwerden litten. Er hat weiter einzelne technische Arbeitsschritte präzisiert und ausgeführt, dass er auch beim Einbau von Aktivkohlefiltern tätig gewesen sei. Der Präventionsdienst der Beklagten hat darauf die Stellungnahme vom 18. Juli 2005 vorgelegt (kniebelastende Tätigkeit pro Schicht ca. 2,5 m; Nachmessung der "Sprunghöhe" beim Einbau der Schiebedächer durch den stellvertretenden Meister: 68 cm).
Mit Urteil vom 21. September 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen seien nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen. Es sei die haftungsbegründende Kausalität nicht zu bejahen, da der Kläger keine Dauerzwangshaltungen ausgeübt habe, die mehr als ein Drittel einer Schicht umfasst hätten. Auch das Springen aus der Karosserie sei nicht als geeignete belastende Tätigkeit anzusehen, da sich dabei keine Scherkräfte entwickelt hätten, die einer Knick-, Dreh- oder Spreizbewegung auf grob unebener Unterlage entsprochen hätten.
Gegen das am 20. Oktober 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. November 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er seinen bisherigen Vortrag.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht S. vom 21. September 2006 sowie den Bescheid vom 13. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm eine BK nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Die Berichterstatterin des Verfahrens hat am 24. September 2007 den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert. Auf die Sitzungsniederschrift vom gleichen Tag wird inhaltlich verwiesen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Prof. Dr. Dr. K., Institut für Medizinische Begutachtung und Prävention, unter dem 20. November 2007 ein arbeitsmedizinisches Gutachten erstellt. Darin führt er aus, er sei seitens des Gerichts beauftragt worden, bei seiner Beurteilung von den Darstellungen des Klägers auszugehen. Die Erhebung der Arbeitsanamnese sei jedoch durch erhebliche Ausschweifungen und unpräzise Darstellungen des Klägers erschwert gewesen. Der Kläger habe darauf beharrt, dass eine aussagekräftige Tätigkeitsbeschreibung nur vor Ort möglich sei, da dann auch Kollegen als Zeugen auftreten könnten. Er habe sich des Weiteren geweigert, im Rahmen der Untersuchung die Bewegungsabläufe an seinem Arbeitsplatz, insbesondere die von ihm als kniebelastend empfundenen Bewegungen und Haltungen, aktiv darzustellen. Daher habe er bei der beschreibenden Darstellung der verrichteten Arbeiten durch den Kläger einzelne Bewegungen selbst demonstriert und sich vom Kläger bestätigen lassen, ob diese Haltungen den von ihm innegehabten entsprochen hätten. Es bestünden Hinweise auf Aggravation bei der körperlichen Untersuchung sowie eine eingeschränkte Kooperation. Beim Kläger liege eine Gonarthrose rechts mit Hinterhornläsion des Innenmeniskus bei Varus-Stellung, eine Lumbalgie bei Osteochondrose und Spondylose der Lendenwirbelsäule, eine beginnende Arthrosis deformans der Hüftgelenke, rechts mehr als links, sowie ein degenerativer Innenmeniskusschaden auch am linken Kniegelenk vor. Zusammenfassend hat er ausgeführt, beim Kläger lägen keine Meniskusschäden im Sinne einer BK nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens verwiesen.
Der Kläger ist den Schlussfolgerungen des Gutachters entgegen getreten und hat weiteren Beweis für das Herausspringen aus der Karosserie und die Tatsache, dass auch andere Mitarbeiter an Knieerkrankungen litten, durch die Vernehmung von Arbeitskollegen als Zeugen angeboten. Darüber hinaus ist aus seiner Sicht die Beurteilung der konkreten Arbeitsumstände durch einen Sachverständigen vor Ort geboten, da allein die Begutachtung nicht ausreichend sei.
Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen, weil es sie einstimmig für unbegründet erachtet (§ 153 Abs. 4 SGG). Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
Der Kläger hat einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG widersprochen, die Beklagte hat sich nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung, über die nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entschieden werden konnte, da das Gericht sie einstimmig für unbegründet erachtet, ist unbegründet. Die Knieerkrankung des Klägers ist keine BK nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [(SGB VII)]. Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV können Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten, grundsätzlich als BK anerkannt werden.
Für die Gewährung einer Rente wegen einer BK ist aber ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Sowohl hinsichtlich der haftungsbegründenden als auch hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286), d.h. es müssen die für einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände deutlich überwiegen. Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112; BSG Urt. vom 28.03.2003 B 2 U 33/03 R).
Vorliegend mangelt es bereits an der haftungsbegründenden Kausalität, d.h. der Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit einerseits und der schädigenden Einwirkung andererseits ist nicht hinreichend wahrscheinlich. Es fehlt bereits ein belastungskonformes Schadensbild. Darüber hinaus ist zwar von einer die Knie, nicht aber die Menisken übermäßig belastenden beruflichen Tätigkeit des Klägers auszugehen.
Zur Beurteilung der Frage, ob zwischen den vom Kläger beschriebenen bzw. aktenkundigen Bewegungsabläufen und den bei ihm vorliegenden Meniskuserkrankungen ein hinreichender Ursachenzusammenhang besteht, ist, wie Prof. Dr. Dr. K. anschaulich und zutreffend (vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003 S. 707 ff) dargestellt hat, der konkrete Bewegungsablauf bzw. der Belastungsablauf des Meniskus bei einer Knie- oder Sprungbewegung von wesentlicher Bedeutung. Bei den Menisken handelt es sich um hochbewegliche, halbmondförmige Scheiben von Faserknorpel. Sie verhindern seitliche Wackelbewegungen des Knies und fügen sich den Knorpelflächen des Gelenks an. Die Formanpassung der Menisken unter wechselnden Beugewinkeln erfolgt passiv und daher nicht kraftschlüssig. Sie sind daher nicht in der Lage, Teile der Körperlast aufzunehmen. Aus dieser anatomischen Grundlage folgt, dass der gesunde Innen- wie Außenmeniskus beim Springen nicht übermäßig belastet wird, insbesondere nicht bei einem Sprung auf eine ebene Fläche. Nur bei unebener Oberfläche können durch eine plötzlich unphysiologische Verdrehung im Kniegelenk schädigende Scherkräfte auf den Meniskus einwirken. Gleiches gilt bei Bewegungen, die Druckkräfte erzeugen, die zu einer Quetschung des Knorpelgewebes führen, Zugkräfte, die das Gewebe beanspruchen und Scherkräfte, die eine gegenseitige Verschiebung der Gewebsschichten untereinander zur Folge haben. Belastende Tätigkeiten sind daher solche, die entweder eine statische Belastung bedingen (Dauerzwangshaltungen, vor allem bei Belastungen durch Fersensitz, Hocken oder Knien bei gleichzeitiger Kraftaufwendung) oder eine dynamische (vielfach wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchung, insbesondere Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen auf grob unebener Unterlage). Nicht meniskusbelastend sind daher grundsätzlich kniende Positionen, da sie die Menisken weder stark verschieben, noch verformen noch erheblich mit Druck belasten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O. S. 708).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt ein belastungskonformer Meniskusschaden im Sinne der BK nach Nr. 2102 der Anlage dann vor, wenn eine Degeneration des Innenmeniskushinterhorns festzustellen ist, das bei Kniebelasteten häufig scheibenförmig ausgewalzt und aufgefasert ist. Dagegen sind Schäden am Außenmeniskus durch Knien selten und im Zusammenhang mit begleitenden Innenmeniskusschäden von geringerem Gewicht. Isolierte Schäden des Außenmeniskus sind auf Grundlage dieser funktionellen Anatomie wenig plausibel. Ein belastungskonformes Schadensbild im Sinne der BK Nr. 2102 der Anlage zur BKV zeichnet sich deshalb dadurch aus, dass Veränderungen vorliegen müssen, die sich durch erhebliche Verschiebung, Verlagerung und Verziehung der Menisken, insbesondere des Innenmeniskus, durch Druckerhöhung im Kniegelenk und durch rezidivierende Mikrotraumata erklären. Diese Mechanismen lassen einen nicht nur punktuellen vorzeitigen Gewebsverschleiß erwarten.
Berücksichtigt man die objektivierten und objektivierbaren Bewegungsabläufe, die der Kläger bei seiner Tätigkeit zu verrichten hatte, hat er zwar durchaus eine kniebelastende, nicht aber eine die Menisken besonders schädigende berufliche Tätigkeit verrichtet.
Soweit der Kläger in der Schiebedachmontage tätig war, musste bei der Montage von Schlauch und Antrieb teilweise gekniet werden, nicht aber in extremer Kniebeugung wie beim Hocken und auch nicht bei gleichzeitiger Kraftaufwendung. Bezüglich der Sprungbelastung ist bei einer Sprunghöhe zwischen 70 cm und 1 m erfahrungsgemäß davon auszugehen, dass die Arme zum Abstützen zur Hilfe genommen werden, jedenfalls aber Routinen entstehen, die zur Entlastung des muskulo-skelettalen Systems führen. Der Boden, auf dem der Kläger aufgekommen ist, war zunächst glatter Betonboden, später ein Holzrost, jedenfalls aber keine grob unebene Oberfläche. Daher ist auch bei der Sprungbewegung nicht von einer meniskusschädigenden Bewegung auszugehen.
Zwischen 1995 und 1997 hatte der Kläger Kohlefilter zu montieren. Auch dabei ist von einer knienden Tätigkeit auszugehen, jedoch nicht von einer "hockenden" oder knienden mit gleichzeitiger Kraftaufwendung, so dass auch in dieser Zeit die haftungsbegründende Kausalität nicht hinreichend wahrscheinlich ist.
Aber auch unter medizinischen Gesichtspunkten kann ein Zusammenhang der Erkrankungen mit den angeschuldigten Tätigkeiten nicht wahrscheinlich gemacht werden.
Bereits im Arthroskopiebericht vom 16. September 1997 ist von einem zweitgradigen Knorpelschaden am medialen Femurkondylus und von einem zweitgradigen Knorpelschaden am medialen Tibiaplateau berichtet worden. Außerdem hat eine degenerative Innenmeniskusruptur am Hinterhorn bestanden. Insofern ist von einer dem Alter vorauseilenden Veränderung am Innenmeniskus des rechten Kniegelenks sowie an den Gelenkflächen des medialen Femuropatellargelenks auszugehen. In Röntgenaufnahmen vom Dezember 1996 und Juni 2001 sind jedoch bis auf angedeutete osteophytäre Randwülste am medialen Femur, rechts mehr als links, und einen etwas schmaleren medialen Gelenkspalt des Femurotibialgelenks jedoch keine wesentlichen Auffälligkeiten der ossären Strukturen erkennbar. Diese Veränderungen weisen daher auf eine statische Mehrbelastung des medialen Gelenkanteils, nicht aber auf eine dynamisch bedingte Veränderung hin. Verstärkt wird dieser Eindruck durch eine Röntgenaufnahme des gesamten Beins und der Hüfte vom Oktober 2004. Daraus geht hervor, dass im rechten Kniegelenk eine Varusbelastung mit erhöhter Beanspruchung des medialen Gelenkanteils vorliegt. Darüber hinaus liegen Verknöcherungen im Sehnenansatzbereich des Trochanter majus des rechten Hüftgelenks vor. Auch die Gelenkpfanne weist osteochondrotische Veränderungen sowie eine Verschmälerung des medialen Gelenkspaltes auf. So kann jedenfalls sicher festgestellt werden, dass der Knorpelschaden wie auch der Meniskusschaden auf den Varusstress des rechten Kniegelenks (durch die beim Kläger bestehende axiale Fehlstellung wie bei O-Beinen) begründet ist. Ob das beim Kläger nunmehr bestehende, nach seinen Angaben früher nicht vorhanden gewesene Übergewicht, ebenfalls eine mitursächliche Rolle spielt, lässt das Gericht offen, da es nicht entscheidungserheblich ist. Daher sprechen auch die festgestellten Veränderungen wie die Art der Veränderungen selbst gegen ein beruflich bedingtes Geschehen.
Darüber hinaus ist weder angesichts des Krankheitsverlaufs, der aktenkundigen Vorbefunde bzw. der von Prof. Dr. Dr. K. selbst erhobenen Befunde anamnestisch, klinisch oder anhand der radiologischen Bilder hinreichend sicher festzustellen, ob beim Kläger eine - beruflich (mit)bedingte - primäre Meniskopathie (Verschleiß zunächst des Meniskusgewebes) oder eine (tätigkeitsunabhängig verursachte) sekundäre Meniskopathie (es erscheinen zunächst ausgedehnte Knorpelschäden im Kniegelenk) vorliegt. Es muss daher offen bleiben, ob die vorzeitigen Gelenkverschleißerscheinungen mit Betonung des medialen Gelenksspaltes am rechten Kniegelenks Ursache oder Folge der Innenmeniskusläsion sind. Diese Beweislosigkeit hat nach den Regeln der objektiven Beweislast, die auch im sozialgerichtlichen Verfahren gelten, der Kläger zu tragen.
Die Einvernahme der vom Kläger benannten Zeugen konnte unterbleiben, da das Gericht wie auch Prof. Dr. Dr. K. die vom Kläger geschilderten Arbeitsbedingungen, wie sie auch vor Ort bestätigt worden sind, seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Darüber hinaus ist es für die Sachentscheidung ohne wesentlichen Belang, ob Arbeitskollegen des Klägers ebenfalls Kniebeschwerden haben, da daraus keine Schlüsse auf die Ursächlichkeit der Beschwerden beim Kläger gezogen werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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