Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 5462/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 36/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller wird zurückgewiesen.
Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern ein Fünftel ihrer außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren mit ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des SG Freiburg vom 31.10.2007 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen einer einstweiligen Anordnung.
Die 1949 und 1951 geborenen Antragsteller sind als selbständige Grafikdesigner tätig. Die Antragstellerin zu 2) bezog im streitgegenständlichen Zeitraum zur Förderung ihrer selbständigen Tätigkeit einen Existenzgründungszuschuss der Bundesagentur für Arbeit. Sie leben zusammen mit ihren beiden Kindern (ein 1986 geborener Sohn und eine 1980 geborene Tochter) in einem Reihenhaus in K., dessen Eigentümerin die Antragstellerin zu 2) ist. Bezüglich dieses Wohneigentums ist die Zwangsverwaltung angeordnet.
Die Antragsteller beantragten am 09.08.2007 erstmals laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bewilligungsbescheid vom 28.09.2007 bewilligte die Antragsgegnerin den beiden Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 03.08.2007 bis 31.01.2008. Dabei rechnete sie sowohl das für beide Kinder bezogene Kindergeld in Höhe von 308 EUR als auch den Existenzgründungszuschuss in Höhe von 360 EUR nach Abzug einer Versicherungspauschale und der Kosten für eine Kfz-Haftpflichtversicherung sowie unter Abzug der Rentenversicherungsbeiträge der Antragstellerin zu 2) als Einkommen an. Hinsichtlich der übernommenen Kosten der Unterkunft und Heizung setzte sie zunächst, in der ausdrücklich als "vorläufig" bezeichneten Entscheidung, auf den Monat umgerechnete Beträge für Grundsteuer und Müllgebühren und diese im Übrigen nur zur Hälfte an. Zur Begründung führte sie aus, dass die übrige Hälfte auf die Kinder der Antragsteller entfalle, die zwar nicht Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft seien und auch ausdrücklich keine Leistungen beantragt hätten, aber gleichwohl zur Haushaltsgemeinschaft zu zählen seien. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2007 als unbegründet zurück. Eine hiergegen gerichtete Klage ist beim Sozialgericht Freiburg anhängig (Klage v. 16.11.2007, S 13 AS 5967/07).
Am 19.10.2007 stellten die Antragsteller beim Sozialgericht Freiburg den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Mit einem Teil-Abhilfebescheid vom 22.10.2007 berechnete die Antragsgegnerin die Leistungen für die Zeit vom 03.08.2007 bis 31.01.2008 neu und nahm im Rahmen dieser Entscheidung die bislang vorgenommene Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen zurück.
Mit Beschluss vom 31.10.2007 hat das Sozialgericht Freiburg (SG) die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vom 01.10.2007 bis zum 31.01.2008 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Anrechnung des von der Antragstellerin zu 2) bezogenen Existenzgründungszuschusses als Einkommen und unter Berücksichtigung von monatlichen Kosten der Unterkunft in Höhe von 115,13 EUR zu gewähren. Die Übernahme von geltend gemachten Rückständen beim Strom- und Gasversorger EWK GmbH in Höhe von 3.594,85 EUR, der Verbindlichkeiten der Antragsteller gegenüber der GEZ sowie eine Übernahme weiterer geltend gemachter Kosten, soweit sie noch keine Berücksichtigung gefunden hätten (Grundsteuer, Müllgebühren), die Übernahme von Kreditverbindlichkeiten sowie von Wartungskosten der Heizungsanlage lehnte das SG ab.
Gegen den den Antragstellern am 05.11.2007 zugestellten Beschluss haben diese am 05.12.2007 Beschwerde erhoben.
Die Antragsgegnerin hat mit Änderungsbescheid vom 08.11.2007 den ihr ebenfalls am 05.11.2007 zugestellten Beschluss des SG umgesetzt und Leistungen in Höhe von insgesamt 739,13 EUR monatlich für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.01.2008 bewilligt. Der Bescheid enthält den Zusatz, dass ab Oktober vorläufig höhere Leistungen bewilligt würden. Die Anrechung des Existenzgründungszuschusses als Einkommen hat sie aus der Berechnung herausgenommen. Bei den Kosten der Unterkunft und Heizung sind eine Grundsteuer in Höhe von monatlich 20,95 EUR, die Müllgebühren in Höhe von monatlich 11,75 EUR, die Schornsteinfegerkosten in Höhe von monatlich 1,56 EUR und die Kosten für Gas und Wasser in Höhe von monatlich 196 EUR berücksichtigt worden. Von den Gesamtkosten für die Unterkunft und Heizung in Höhe von 230,26 EUR hat die Antragsgegnerin als Bedarf der Antragsteller insgesamt 115,13 EUR anerkannt.
Mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 05.12.2007 hat die Beklagte auch für die Zeit vom 03.08. bis 31.08.2007 sowie vom 01.09.2007 bis 30.09.2007 Leistungen ohne Anrechung des Existenzgründungszuschusses und unter Berücksichtigung der bereits im Bescheid vom 08.11.2007 angesetzten Kosten der Unterkunft und Heizung bewilligt. Eine Einschränkung dahingehend, dass diese Bewilligung nur vorläufig erfolgen sollte, enthält der Bescheid nicht.
Die Antragsteller haben ihre Beschwerde unter ausführlicher Darlegung von Einwendungen, die sie gegen die Entscheidung vorbringen, begründet. Insoweit wird auf den Schriftsatz vom 21.12.2007 nebst den beigefügten Anlagen verwiesen.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 31.Oktober.2007 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, vorläufig höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten (Schriftsatz v. 29.01.2008) und beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen sowie die Entscheidung des Sozialgerichts Freiburg aufzuheben soweit sie verpflichtet worden ist, Leistungen ohne Anrechnung des Existenzgründungszuschusses zu gewähren.
Sie verweist zur Begründung auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 06.12.2007 (B 14/7b AS 16/06 R, vgl. Terminbericht Nr. 59/07, im Volltext noch nicht veröffentlicht).
Die Akten der Antragsgegnerin, des Sozialgerichts Freiburg aus dem Verfahren S 12 AS 5462/07 ER sowie das zugehörige Hauptsacheverfahren S 13 AS 5967/07 und die Senatsakte haben vorgelegen. Auf diese wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Die gemäß den §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Antragsteller, der das Sozialgericht Freiburg nicht abgeholfen hat, ist nicht begründet.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Antragsteller auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und der Übernahme von Verbindlichkeiten als Zuschuss, Beihilfe oder Darlehen, das die Antragsteller mit ihrer Beschwerde im vorläufigen Rechtsschutz weiterverfolgen, ist § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer hier allein in Betracht kommenden Regelungsanordnung im Rahmen einer einstweiligen Anordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorwegnehmenden Eilentscheidung (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über eine existenzsichernde Leistung für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere, schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde. Der Anordnungsanspruch richtet sich nach dem voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs und erfordert eine summarische Prüfung. An diese sind umso niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen.
Ein Anspruch auf den Erlass einer weitergehenden Regelungsanordnung, wie sie das SG bereits erlassen hat, besteht nicht. Denn den Antragstellern steht ein Anspruch auf höhere Leistungen auch nach Überprüfung durch den Senat nicht zu. Der Beschluss des SG hat den Antragstellern im Hinblick auf die im Terminbericht vom 06.12.2007 veröffentlichte Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) bezüglich der Frage der Anrechnung des Existenzgründungszuschusses als Einkommen sogar höhere Leistungen zugebilligt, als sie der Senat nunmehr anordnen würde. Weitere Ausführungen erübrigen sich insoweit, da der Senat an einer Verböserung der Entscheidung des SG, also einer Abänderung zu Lasten der Antragsteller, ohnehin gehindert wäre (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 176 Rz. 4). Zu den Einwendungen der Antragsgegnerin und den Auswirkungen der unselbständigen Anschlussbeschwerde wird auf die Ausführungen weiter unten verwiesen.
Klarstellend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Antragsteller hinsichtlich der Anrechnung von Kindergeld und des Existenzgründungszuschusses als Einkommen nicht mehr beschwert sind, da die Antragsgegnerin dem durch ihre Bescheide bereits Rechnung getragen hat. Die vorgebrachten Einwendungen hierzu betreffen die Kostenentscheidung des SG und führen bereits deshalb nicht zur Gewährung eines weitergehenden Zahlungsanspruches im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Soweit das SG höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zugebilligt hat, ist dies weder dem Grunde nach noch in der festgestellten Höhe zu beanstanden. Hierzu verweist der Senat auf die vom SG dargelegte Berechnung der Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl. Bl. 7f. d. Beschlusses). Dabei braucht der Senat wegen der zu Unrecht erfolgten Verpflichtung der Antragsgegnerin, den Existenzgründungszuschuss bei der Ermittlung des Bedarfes unberücksichtigt zu lassen, nicht im einzelnen zu klären, ob - wie die Antragsteller rügen - einzelne bei den Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigte Positionen zutreffend berechnet worden sind oder nicht. Denn nach der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung sind den Antragstellern im streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen in Höhe des Existenzgründungszuschusses abzüglich entsprechender Freibeträge zu Unrecht ausbezahlt worden. Damit muss im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes insbesondere nicht mehr der Frage nachgegangen werden, ob als weitere Kosten der Unterkunft und Heizung ein Stromkostenanteil für die Heizungsanlage und Hauslicht (deren Umfang weder substantiiert dargelegt noch glaubhaft gemacht ist) anzusetzen sind oder ob aus der Schornsteinfegerrechnung über 18,68 EUR noch weitere Kosten zu erstatten sind (zur Frage der Übernahme einmaliger Bedarfe vgl. im Folgenden).
Die Antragsteller sind nicht (mehr) beschwert, wenn sie geltend machen, die ab Oktober festgestellten Leistungen seien ab August zu bewilligen. Dem ist die Antragsgegnerin mit ihrem Bescheid vom 05.12.2007 bereits nachgekommen. Im Übrigen hat sie dies uneingeschränkt getan, d.h. ohne sich eine Vorläufigkeit der Regelung (zumindest den Zeitraum bis 30.09.2007 betreffend) vorzubehalten.
Nicht beschwert sind die Antragsteller auch durch die monatliche Erbringung von Kosten der Unterkunft und Heizung, die in größeren Zeiträumen fällig werden. Für den hier streitgegenständlichen Zeitraum bis 31.01.2008 hat die Antragsgegnerin den während des Leistungsbezuges entstandenen (monatlichen) Bedarf jedenfalls zwischenzeitlich durch Ablauf des Bewilligungszeitraums und Erstattung der monatlichen Teilbeträge erbracht. Ob die Antragsteller verlangen können, den Bedarf in dem Monat vollständig erstattet zu erhalten, in dem er zur Zahlung fällig geworden ist, braucht im Beschwerdeverfahren daher nicht mehr geklärt zu werden. Anzumerken bleibt jedoch, dass die Müllgebühren beispielsweise - wenn man der Argumentation der Antragsteller folgen würde - im streitgegenständigen Zeitraum überhaupt nicht zu berücksichtigen gewesen wären. Ein entsprechender Bescheid, der eine solche Forderung erhoben haben könnte, liegt (soweit ersichtlich) im streitgegenständlichen Zeitraum gar nicht vor. Der in der Akte vorliegende Müllabfuhrgebührenbescheid für 2007 stammt vom 03.04.2007 und damit aus einer Zeit vor dem Leistungsbezug der Antragsteller. Ein Bedarf als Kosten der Unterkunft wäre daher im Zeitraum des Leistungsbezuges gar nicht entstanden, da davon auszugehen gewesen wäre, dass die Müllabfuhrgebühren für 2007 schon bezahlt sind (und wenn nicht, nur noch als Schulden bestünden). Sie wären dann erst im Jahr 2008 mit Erlass des Müllgebührenbescheides für 2008 zu ersetzen. Der Ansatz für Müllgebühren wäre damit ebenfalls zu Unrecht erfolgt.
Soweit sich die Antragsteller gegen den Ansatz der Kosten der Unterkunft und Heizung nach Kopfteilen wenden, ist ihre Beschwerde auch diesbezüglich unbegründet. Selbstverständlich geht das SGB II davon aus, dass die von der Allgemeinheit zu tragenden Kosten lediglich den Personen einer Haushalts- oder Bedarfsgemeinschaft gewährt werden, die bedürftig sind und ihre Bedürftigkeit gegenüber der Beklagten in Form eines Antrages auch geltend gemacht haben. Liegen diese Voraussetzungen (Bedürftigkeit und Antragstellung) nicht vor, muss zwingend davon ausgegangen werden, dass diese Personen ihren Lebensunterhalt und damit auch die ihnen zuzurechnenden Anteile an den Kosten der Unterkunft und Heizung selbst tragen können. Die Antragsteller machen für ihre Kinder zwar Bedürftigkeit geltend, eine Antragsstellung selbst erfolgte aber ausdrücklich gerade nicht. Dabei dürfte noch zu erwähnen sein, dass nach dem Vortrag der Antragsteller Einkommen bei den Kindern durchaus zumindest zeitweise vorhanden gewesen ist, das dann in den Grenzen, die das SGB II hierfür vorsieht, bei dem Bedarf der einzelnen Mitglieder der Haushalts- und/oder Bedarfsgemeinschaft anzurechnen gewesen wäre. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Allgemeinheit, Menschen, die ihren Lebensunterhalt ganz oder zum Teil selbst bestreiten können oder die sich der Klärung ihrer Bedürftigkeit etwa durch das Unterlassen entsprechender Antragsstellungen entziehen, zu unterstützen. Dies gilt umso mehr dann, wenn die Antragstellung deshalb unterbleibt, weil das erzielte Einkommen für andere Zwecke (wie der Aufnahme eines Studiums) dienen und die Anrechnung aus diesem Grund unterbleiben soll. Eine Privilegierung von Einkommensarten in diesem Sinne sieht das allein der Existenzsicherung dienende SGB II aber nicht vor (so wie hier BSG, vgl. Terminbericht 10/08 zu B 14/11b AS 55/06 R). Auf die Motivation, aus anderen Gründen auf die Stellung eines Antrages zu verzichten, kommt es ebenfalls nicht an.
Eine Anspruchsgrundlage besteht auch nicht für die von den Antragstellern begehrte Gewährung von Beihilfen und Darlehen. Es ist nicht Aufgabe des Grundsicherungsträgers, die Leistungsempfänger von deren Verbindlichkeiten freizustellen oder deren Gläubiger zu befriedigen, damit den Schuldnern und Leistungsempfängern "unnötig hohe Zinsen" erspart werden. Auch hier gilt, wie bereits ausgeführt, dass das Arbeitslosengeld II nur der Absicherung des Existenzminimums dient.
Die Übernahme der Verbindlichkeiten bei der RBS, der Postbank und der GEZ, wobei es sich diesbezüglich um Verbindlichkeiten handelt, die vor Eintritt des Leistungsbezuges entstanden sind, kann auch nicht, wie von den Antragstellern angeführt, auf § 22 Abs. 5 SGB II gestützt werden. § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II bezieht sich zunächst nur auf die Übernahme von Mietschulden durch den Träger der Leistungen nach dem SGB II, sofern dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt und notwendig ist. Zur Verhinderung einer Wohnungslosigkeit ist die Übernahme von Schulden nur dann gerechtfertigt und notwendig, wenn durch sie eine Obdachlosigkeit des Hilfebedürftigen verhindert werden kann und im Übrigen kein Fall eines Missbrauchs vorliegt. Diese Voraussetzungen liegen bei den genannten Verbindlichkeiten, wobei es sich einerseits um schlichte Darlehensverbindlichkeiten (RBS GmbH Privatkredit über 2006,14 EUR, Postbank Dispositionskredit, Kreditkartenabrechnung, 1104,85 EUR) und andererseits um nicht bezahlte Beiträge (GEZ 495,06 EUR) und damit schlicht um Schulden handelt, gerade nicht vor. Darüber hinaus ist nichts dafür ersichtlich, dass diesbezüglich ein Anordnungsgrund, also eine besondere Eilbedürftigkeit besteht, die es erforderlich machte, die Antragsgegnerin vorläufig zur Übernahme zu verpflichten. Zwar können zur Behebung einer vergleichbaren Notlage iSd. § § 22 Abs. 5 SGB II grundsätzlich auch Energiekostenrückstände übernommen werden. Eine Übernahme im einstweiligen Rechtsschutzverfahren und ohne dass eine diesbezügliche Entscheidung der Antragsgegnerin bislang vorliegt, ist jedoch nur dann notwendig und erforderlich, wenn eine besondere Dringlichkeit für eine sofortige Übernahme dieser Kosten zur Abwendung unmittelbar bevorstehender schwerer Nachteile hinreichend glaubhaft gemacht ist. Die vorliegenden Abrechnungen der EWK vom 13.11.2006 und 15.01.2007 weisen nicht beglichene Forderungen aus der Belieferung mit Strom, Erdgas und Wasser für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis 31.12.2006 aus. Die "Restforderung" i.H.v. 3594,85 EUR wurde bereits zum 30.01.2007 fällig gestellt. Dass der Energieversorger konkret die Einstellung der Energielieferung angedroht hat und damit unmittelbar bevor- stünde, dass die Wohnung ohne Strom, Heizung und Wasser unbewohnbar wäre, ist weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Antragsgegnerin selbst dann, wenn man vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 22 Abs. 5 SGB II ausgehen wollte, Ermessen dahingehend auszuüben hätte, ob und in welchem Umfang sie Leistungen erbringen will. Dabei kann der Senat nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des eigentlich der Antragsgegnerin zustehenden setzen, sofern nicht von einer so genannten Ermessensreduzierung auf Null auszugehen ist. Dies wäre dann der Fall, wenn nur eine der in Betracht kommenden Entscheidungen als die einzig ermessensfehlerfreie anzusehen wäre. Daran fehlt es hier jedoch. Neben der nicht konkret bevorstehenden Sperrung durch den Strom- und Gaslieferanten führt auch die angeordnete Zwangsverwaltung und der gestellte Antrag auf Entziehung des Wohnrechts nicht dazu, dass die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung gleichsam dahingehend gebunden wäre, die Kosten (vollständig) zu übernehmen. Denn die Antragsgegnerin wird bei der ausstehenden Entscheidung, ob wegen der bestehenden Rückstände ein Darlehen gerechtfertigt ist, auch einzustellen haben, ob wegen des drohenden Verlustes des Eigentums durch Verwertung der Gläubiger der Leistungsempfänger ein solches Wohnrecht auf Dauer überhaupt zu sichern wäre. Da aber auch hier eine Räumung der Wohnung nicht unmittelbar bevorsteht, sieht sich der Senat gehindert, derzeit hierüber eine vorläufige Regelung zu treffen.
Weder bei den Forderungen aus den Kreditverbindlichkeiten noch hinsichtlich der Energierückstände - soweit diese durch die Nachzahlungen der Antragsgegnerin nicht zwischenzeitlich zumindest zum Teil ausgeglichen sind - handelt es sich im Übrigen um einen von den Regelleistungen umfassten und nach den Umständen unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts, wie es § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II für die Gewährung von Sachleistungen oder Geldleistungen der Antragsgegnerin im Ausnahmefall vorschreibt.
Ein Anordnungsgrund für eine Entscheidung in einem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes besteht auch hinsichtlich der von den Antragstellern geltend gemachten Wartungskosten der Heizungsanlage nicht. Dass ein Aufschub der durchzuführenden Wartungsarbeiten zu unzumutbaren Nachteilen dann führen würde, wenn die Antragsteller auf das hierzu erforderliche Verwaltungs- und Klageverfahren verwiesen würden, ist nicht ersichtlich. Die Antragsteller haben nicht substantiiert darlegen könne, dass damit ihr notwendiger Bedarf an Versorgung mit Wärme und Warmwasser derzeit unmittelbar so gefährdet ist, dass eine solche Wartung keinen weiteren Aufschub duldet.
Die Einwendungen und die Erwiderung der Antragsgegnerin sind, da sie mit dem Begehren verbunden war, den Beschluss des SG teilweise aufzuheben, als Anschlussbeschwerde auszulegen. Da die Beschwerdefrist von einem Monat (§ 173 SGG) nicht eingehalten war, liegt eine unselbständige Anschlussbeschwerde (vgl. zur Zulässigkeit Meyer-Ladewig, Vor § 172, Rz. 4a) vor. Sie ist zulässig, in der Sache erweist sie sich jedoch als unbegründet. Denn der Anordnungsanspruch der Antragsteller in Bezug auf die vorläufige Verpflichtung zur Zahlung von Arbeitslosengeld II im Zeitraum bis 31.01.2008 ist nicht durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 06.12.2007 entfallen. Die Antragsteller können sich diesbezüglich auf den Bescheid der Antragsgegnerin vom 08.11.2007 stützen, den die Antragsgegnerin bislang nicht aufgehoben hat und der diese Leistungen - wenn auch nur vorläufig - bewilligt. Damit ist er aber zunächst und auch weiterhin Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" dieser Leistungen. Dem steht die in diesem Bescheid enthaltene Regelung über die Vorläufigkeit der Bewilligung nicht entgegen. Diese Einschränkung erfolgte im Hinblick auf die vorläufige Verpflichtung durch das SG. Die Antragsgegnerin soll danach zunächst bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verpflichtet sein, die vom SG ausgeworfenen höheren Leistungen für den streitgegenständlichen Zeitraum zu gewähren. Liegt ein Anordnungsanspruch aber durch diesen Bescheid noch vor, ist der Senat an einer teilweisen Abänderung des Beschlusses des SG zum Nachteil der Antragsteller gehindert.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Soweit sich die Antragsteller gegen die Kostenentscheidung des SG wenden, ergibt sich für den Senat keine Veranlassung, diese Kostenentscheidung abzuändern. Die Antragsteller verkennen, dass Streitgegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auch die Übernahme von Darlehensverbindlichkeiten und anderer Schulden in nicht unerheblicher Höhe gewesen ist. Außerdem haben die Antragsteller Leistungen nicht nur für die Zeit vor der Antragsstellung beim SG auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, sondern auch begehrt, die Kosten der Unterkunft und Heizung beispielsweise für die Zeit vor ihrem Antrag vom 09.08.2007 zu übernehmen. Mit all diesen Forderungen haben die Antragsteller weder im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vor dem SG noch im Beschwerdeverfahren Erfolg gehabt. Die vom SG ausgeworfene Quote ist auch nach Auffassung des Senats angemessen. Dabei weist der Senat darauf hin, dass das Verfahren für die Antragsteller gerichtskostenfrei ist und sich ihr Kostenrisiko nur auf ihre eigenen Ausgaben für das Betreiben des Verfahrens beschränkt.
Für das Beschwerdeverfahren war zu berücksichtigen, dass die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ohne Erfolg geblieben ist. Der Senat hält insoweit eine Kostenübernahme von einem Fünftel für angemessen.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern ein Fünftel ihrer außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren mit ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des SG Freiburg vom 31.10.2007 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen einer einstweiligen Anordnung.
Die 1949 und 1951 geborenen Antragsteller sind als selbständige Grafikdesigner tätig. Die Antragstellerin zu 2) bezog im streitgegenständlichen Zeitraum zur Förderung ihrer selbständigen Tätigkeit einen Existenzgründungszuschuss der Bundesagentur für Arbeit. Sie leben zusammen mit ihren beiden Kindern (ein 1986 geborener Sohn und eine 1980 geborene Tochter) in einem Reihenhaus in K., dessen Eigentümerin die Antragstellerin zu 2) ist. Bezüglich dieses Wohneigentums ist die Zwangsverwaltung angeordnet.
Die Antragsteller beantragten am 09.08.2007 erstmals laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bewilligungsbescheid vom 28.09.2007 bewilligte die Antragsgegnerin den beiden Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 03.08.2007 bis 31.01.2008. Dabei rechnete sie sowohl das für beide Kinder bezogene Kindergeld in Höhe von 308 EUR als auch den Existenzgründungszuschuss in Höhe von 360 EUR nach Abzug einer Versicherungspauschale und der Kosten für eine Kfz-Haftpflichtversicherung sowie unter Abzug der Rentenversicherungsbeiträge der Antragstellerin zu 2) als Einkommen an. Hinsichtlich der übernommenen Kosten der Unterkunft und Heizung setzte sie zunächst, in der ausdrücklich als "vorläufig" bezeichneten Entscheidung, auf den Monat umgerechnete Beträge für Grundsteuer und Müllgebühren und diese im Übrigen nur zur Hälfte an. Zur Begründung führte sie aus, dass die übrige Hälfte auf die Kinder der Antragsteller entfalle, die zwar nicht Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft seien und auch ausdrücklich keine Leistungen beantragt hätten, aber gleichwohl zur Haushaltsgemeinschaft zu zählen seien. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2007 als unbegründet zurück. Eine hiergegen gerichtete Klage ist beim Sozialgericht Freiburg anhängig (Klage v. 16.11.2007, S 13 AS 5967/07).
Am 19.10.2007 stellten die Antragsteller beim Sozialgericht Freiburg den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Mit einem Teil-Abhilfebescheid vom 22.10.2007 berechnete die Antragsgegnerin die Leistungen für die Zeit vom 03.08.2007 bis 31.01.2008 neu und nahm im Rahmen dieser Entscheidung die bislang vorgenommene Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen zurück.
Mit Beschluss vom 31.10.2007 hat das Sozialgericht Freiburg (SG) die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vom 01.10.2007 bis zum 31.01.2008 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Anrechnung des von der Antragstellerin zu 2) bezogenen Existenzgründungszuschusses als Einkommen und unter Berücksichtigung von monatlichen Kosten der Unterkunft in Höhe von 115,13 EUR zu gewähren. Die Übernahme von geltend gemachten Rückständen beim Strom- und Gasversorger EWK GmbH in Höhe von 3.594,85 EUR, der Verbindlichkeiten der Antragsteller gegenüber der GEZ sowie eine Übernahme weiterer geltend gemachter Kosten, soweit sie noch keine Berücksichtigung gefunden hätten (Grundsteuer, Müllgebühren), die Übernahme von Kreditverbindlichkeiten sowie von Wartungskosten der Heizungsanlage lehnte das SG ab.
Gegen den den Antragstellern am 05.11.2007 zugestellten Beschluss haben diese am 05.12.2007 Beschwerde erhoben.
Die Antragsgegnerin hat mit Änderungsbescheid vom 08.11.2007 den ihr ebenfalls am 05.11.2007 zugestellten Beschluss des SG umgesetzt und Leistungen in Höhe von insgesamt 739,13 EUR monatlich für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.01.2008 bewilligt. Der Bescheid enthält den Zusatz, dass ab Oktober vorläufig höhere Leistungen bewilligt würden. Die Anrechung des Existenzgründungszuschusses als Einkommen hat sie aus der Berechnung herausgenommen. Bei den Kosten der Unterkunft und Heizung sind eine Grundsteuer in Höhe von monatlich 20,95 EUR, die Müllgebühren in Höhe von monatlich 11,75 EUR, die Schornsteinfegerkosten in Höhe von monatlich 1,56 EUR und die Kosten für Gas und Wasser in Höhe von monatlich 196 EUR berücksichtigt worden. Von den Gesamtkosten für die Unterkunft und Heizung in Höhe von 230,26 EUR hat die Antragsgegnerin als Bedarf der Antragsteller insgesamt 115,13 EUR anerkannt.
Mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 05.12.2007 hat die Beklagte auch für die Zeit vom 03.08. bis 31.08.2007 sowie vom 01.09.2007 bis 30.09.2007 Leistungen ohne Anrechung des Existenzgründungszuschusses und unter Berücksichtigung der bereits im Bescheid vom 08.11.2007 angesetzten Kosten der Unterkunft und Heizung bewilligt. Eine Einschränkung dahingehend, dass diese Bewilligung nur vorläufig erfolgen sollte, enthält der Bescheid nicht.
Die Antragsteller haben ihre Beschwerde unter ausführlicher Darlegung von Einwendungen, die sie gegen die Entscheidung vorbringen, begründet. Insoweit wird auf den Schriftsatz vom 21.12.2007 nebst den beigefügten Anlagen verwiesen.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 31.Oktober.2007 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, vorläufig höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten (Schriftsatz v. 29.01.2008) und beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen sowie die Entscheidung des Sozialgerichts Freiburg aufzuheben soweit sie verpflichtet worden ist, Leistungen ohne Anrechnung des Existenzgründungszuschusses zu gewähren.
Sie verweist zur Begründung auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 06.12.2007 (B 14/7b AS 16/06 R, vgl. Terminbericht Nr. 59/07, im Volltext noch nicht veröffentlicht).
Die Akten der Antragsgegnerin, des Sozialgerichts Freiburg aus dem Verfahren S 12 AS 5462/07 ER sowie das zugehörige Hauptsacheverfahren S 13 AS 5967/07 und die Senatsakte haben vorgelegen. Auf diese wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Die gemäß den §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Antragsteller, der das Sozialgericht Freiburg nicht abgeholfen hat, ist nicht begründet.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Antragsteller auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und der Übernahme von Verbindlichkeiten als Zuschuss, Beihilfe oder Darlehen, das die Antragsteller mit ihrer Beschwerde im vorläufigen Rechtsschutz weiterverfolgen, ist § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer hier allein in Betracht kommenden Regelungsanordnung im Rahmen einer einstweiligen Anordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorwegnehmenden Eilentscheidung (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über eine existenzsichernde Leistung für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere, schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde. Der Anordnungsanspruch richtet sich nach dem voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs und erfordert eine summarische Prüfung. An diese sind umso niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen.
Ein Anspruch auf den Erlass einer weitergehenden Regelungsanordnung, wie sie das SG bereits erlassen hat, besteht nicht. Denn den Antragstellern steht ein Anspruch auf höhere Leistungen auch nach Überprüfung durch den Senat nicht zu. Der Beschluss des SG hat den Antragstellern im Hinblick auf die im Terminbericht vom 06.12.2007 veröffentlichte Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) bezüglich der Frage der Anrechnung des Existenzgründungszuschusses als Einkommen sogar höhere Leistungen zugebilligt, als sie der Senat nunmehr anordnen würde. Weitere Ausführungen erübrigen sich insoweit, da der Senat an einer Verböserung der Entscheidung des SG, also einer Abänderung zu Lasten der Antragsteller, ohnehin gehindert wäre (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 176 Rz. 4). Zu den Einwendungen der Antragsgegnerin und den Auswirkungen der unselbständigen Anschlussbeschwerde wird auf die Ausführungen weiter unten verwiesen.
Klarstellend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Antragsteller hinsichtlich der Anrechnung von Kindergeld und des Existenzgründungszuschusses als Einkommen nicht mehr beschwert sind, da die Antragsgegnerin dem durch ihre Bescheide bereits Rechnung getragen hat. Die vorgebrachten Einwendungen hierzu betreffen die Kostenentscheidung des SG und führen bereits deshalb nicht zur Gewährung eines weitergehenden Zahlungsanspruches im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Soweit das SG höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zugebilligt hat, ist dies weder dem Grunde nach noch in der festgestellten Höhe zu beanstanden. Hierzu verweist der Senat auf die vom SG dargelegte Berechnung der Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl. Bl. 7f. d. Beschlusses). Dabei braucht der Senat wegen der zu Unrecht erfolgten Verpflichtung der Antragsgegnerin, den Existenzgründungszuschuss bei der Ermittlung des Bedarfes unberücksichtigt zu lassen, nicht im einzelnen zu klären, ob - wie die Antragsteller rügen - einzelne bei den Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigte Positionen zutreffend berechnet worden sind oder nicht. Denn nach der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung sind den Antragstellern im streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen in Höhe des Existenzgründungszuschusses abzüglich entsprechender Freibeträge zu Unrecht ausbezahlt worden. Damit muss im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes insbesondere nicht mehr der Frage nachgegangen werden, ob als weitere Kosten der Unterkunft und Heizung ein Stromkostenanteil für die Heizungsanlage und Hauslicht (deren Umfang weder substantiiert dargelegt noch glaubhaft gemacht ist) anzusetzen sind oder ob aus der Schornsteinfegerrechnung über 18,68 EUR noch weitere Kosten zu erstatten sind (zur Frage der Übernahme einmaliger Bedarfe vgl. im Folgenden).
Die Antragsteller sind nicht (mehr) beschwert, wenn sie geltend machen, die ab Oktober festgestellten Leistungen seien ab August zu bewilligen. Dem ist die Antragsgegnerin mit ihrem Bescheid vom 05.12.2007 bereits nachgekommen. Im Übrigen hat sie dies uneingeschränkt getan, d.h. ohne sich eine Vorläufigkeit der Regelung (zumindest den Zeitraum bis 30.09.2007 betreffend) vorzubehalten.
Nicht beschwert sind die Antragsteller auch durch die monatliche Erbringung von Kosten der Unterkunft und Heizung, die in größeren Zeiträumen fällig werden. Für den hier streitgegenständlichen Zeitraum bis 31.01.2008 hat die Antragsgegnerin den während des Leistungsbezuges entstandenen (monatlichen) Bedarf jedenfalls zwischenzeitlich durch Ablauf des Bewilligungszeitraums und Erstattung der monatlichen Teilbeträge erbracht. Ob die Antragsteller verlangen können, den Bedarf in dem Monat vollständig erstattet zu erhalten, in dem er zur Zahlung fällig geworden ist, braucht im Beschwerdeverfahren daher nicht mehr geklärt zu werden. Anzumerken bleibt jedoch, dass die Müllgebühren beispielsweise - wenn man der Argumentation der Antragsteller folgen würde - im streitgegenständigen Zeitraum überhaupt nicht zu berücksichtigen gewesen wären. Ein entsprechender Bescheid, der eine solche Forderung erhoben haben könnte, liegt (soweit ersichtlich) im streitgegenständlichen Zeitraum gar nicht vor. Der in der Akte vorliegende Müllabfuhrgebührenbescheid für 2007 stammt vom 03.04.2007 und damit aus einer Zeit vor dem Leistungsbezug der Antragsteller. Ein Bedarf als Kosten der Unterkunft wäre daher im Zeitraum des Leistungsbezuges gar nicht entstanden, da davon auszugehen gewesen wäre, dass die Müllabfuhrgebühren für 2007 schon bezahlt sind (und wenn nicht, nur noch als Schulden bestünden). Sie wären dann erst im Jahr 2008 mit Erlass des Müllgebührenbescheides für 2008 zu ersetzen. Der Ansatz für Müllgebühren wäre damit ebenfalls zu Unrecht erfolgt.
Soweit sich die Antragsteller gegen den Ansatz der Kosten der Unterkunft und Heizung nach Kopfteilen wenden, ist ihre Beschwerde auch diesbezüglich unbegründet. Selbstverständlich geht das SGB II davon aus, dass die von der Allgemeinheit zu tragenden Kosten lediglich den Personen einer Haushalts- oder Bedarfsgemeinschaft gewährt werden, die bedürftig sind und ihre Bedürftigkeit gegenüber der Beklagten in Form eines Antrages auch geltend gemacht haben. Liegen diese Voraussetzungen (Bedürftigkeit und Antragstellung) nicht vor, muss zwingend davon ausgegangen werden, dass diese Personen ihren Lebensunterhalt und damit auch die ihnen zuzurechnenden Anteile an den Kosten der Unterkunft und Heizung selbst tragen können. Die Antragsteller machen für ihre Kinder zwar Bedürftigkeit geltend, eine Antragsstellung selbst erfolgte aber ausdrücklich gerade nicht. Dabei dürfte noch zu erwähnen sein, dass nach dem Vortrag der Antragsteller Einkommen bei den Kindern durchaus zumindest zeitweise vorhanden gewesen ist, das dann in den Grenzen, die das SGB II hierfür vorsieht, bei dem Bedarf der einzelnen Mitglieder der Haushalts- und/oder Bedarfsgemeinschaft anzurechnen gewesen wäre. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Allgemeinheit, Menschen, die ihren Lebensunterhalt ganz oder zum Teil selbst bestreiten können oder die sich der Klärung ihrer Bedürftigkeit etwa durch das Unterlassen entsprechender Antragsstellungen entziehen, zu unterstützen. Dies gilt umso mehr dann, wenn die Antragstellung deshalb unterbleibt, weil das erzielte Einkommen für andere Zwecke (wie der Aufnahme eines Studiums) dienen und die Anrechnung aus diesem Grund unterbleiben soll. Eine Privilegierung von Einkommensarten in diesem Sinne sieht das allein der Existenzsicherung dienende SGB II aber nicht vor (so wie hier BSG, vgl. Terminbericht 10/08 zu B 14/11b AS 55/06 R). Auf die Motivation, aus anderen Gründen auf die Stellung eines Antrages zu verzichten, kommt es ebenfalls nicht an.
Eine Anspruchsgrundlage besteht auch nicht für die von den Antragstellern begehrte Gewährung von Beihilfen und Darlehen. Es ist nicht Aufgabe des Grundsicherungsträgers, die Leistungsempfänger von deren Verbindlichkeiten freizustellen oder deren Gläubiger zu befriedigen, damit den Schuldnern und Leistungsempfängern "unnötig hohe Zinsen" erspart werden. Auch hier gilt, wie bereits ausgeführt, dass das Arbeitslosengeld II nur der Absicherung des Existenzminimums dient.
Die Übernahme der Verbindlichkeiten bei der RBS, der Postbank und der GEZ, wobei es sich diesbezüglich um Verbindlichkeiten handelt, die vor Eintritt des Leistungsbezuges entstanden sind, kann auch nicht, wie von den Antragstellern angeführt, auf § 22 Abs. 5 SGB II gestützt werden. § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II bezieht sich zunächst nur auf die Übernahme von Mietschulden durch den Träger der Leistungen nach dem SGB II, sofern dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt und notwendig ist. Zur Verhinderung einer Wohnungslosigkeit ist die Übernahme von Schulden nur dann gerechtfertigt und notwendig, wenn durch sie eine Obdachlosigkeit des Hilfebedürftigen verhindert werden kann und im Übrigen kein Fall eines Missbrauchs vorliegt. Diese Voraussetzungen liegen bei den genannten Verbindlichkeiten, wobei es sich einerseits um schlichte Darlehensverbindlichkeiten (RBS GmbH Privatkredit über 2006,14 EUR, Postbank Dispositionskredit, Kreditkartenabrechnung, 1104,85 EUR) und andererseits um nicht bezahlte Beiträge (GEZ 495,06 EUR) und damit schlicht um Schulden handelt, gerade nicht vor. Darüber hinaus ist nichts dafür ersichtlich, dass diesbezüglich ein Anordnungsgrund, also eine besondere Eilbedürftigkeit besteht, die es erforderlich machte, die Antragsgegnerin vorläufig zur Übernahme zu verpflichten. Zwar können zur Behebung einer vergleichbaren Notlage iSd. § § 22 Abs. 5 SGB II grundsätzlich auch Energiekostenrückstände übernommen werden. Eine Übernahme im einstweiligen Rechtsschutzverfahren und ohne dass eine diesbezügliche Entscheidung der Antragsgegnerin bislang vorliegt, ist jedoch nur dann notwendig und erforderlich, wenn eine besondere Dringlichkeit für eine sofortige Übernahme dieser Kosten zur Abwendung unmittelbar bevorstehender schwerer Nachteile hinreichend glaubhaft gemacht ist. Die vorliegenden Abrechnungen der EWK vom 13.11.2006 und 15.01.2007 weisen nicht beglichene Forderungen aus der Belieferung mit Strom, Erdgas und Wasser für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis 31.12.2006 aus. Die "Restforderung" i.H.v. 3594,85 EUR wurde bereits zum 30.01.2007 fällig gestellt. Dass der Energieversorger konkret die Einstellung der Energielieferung angedroht hat und damit unmittelbar bevor- stünde, dass die Wohnung ohne Strom, Heizung und Wasser unbewohnbar wäre, ist weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Antragsgegnerin selbst dann, wenn man vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 22 Abs. 5 SGB II ausgehen wollte, Ermessen dahingehend auszuüben hätte, ob und in welchem Umfang sie Leistungen erbringen will. Dabei kann der Senat nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des eigentlich der Antragsgegnerin zustehenden setzen, sofern nicht von einer so genannten Ermessensreduzierung auf Null auszugehen ist. Dies wäre dann der Fall, wenn nur eine der in Betracht kommenden Entscheidungen als die einzig ermessensfehlerfreie anzusehen wäre. Daran fehlt es hier jedoch. Neben der nicht konkret bevorstehenden Sperrung durch den Strom- und Gaslieferanten führt auch die angeordnete Zwangsverwaltung und der gestellte Antrag auf Entziehung des Wohnrechts nicht dazu, dass die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung gleichsam dahingehend gebunden wäre, die Kosten (vollständig) zu übernehmen. Denn die Antragsgegnerin wird bei der ausstehenden Entscheidung, ob wegen der bestehenden Rückstände ein Darlehen gerechtfertigt ist, auch einzustellen haben, ob wegen des drohenden Verlustes des Eigentums durch Verwertung der Gläubiger der Leistungsempfänger ein solches Wohnrecht auf Dauer überhaupt zu sichern wäre. Da aber auch hier eine Räumung der Wohnung nicht unmittelbar bevorsteht, sieht sich der Senat gehindert, derzeit hierüber eine vorläufige Regelung zu treffen.
Weder bei den Forderungen aus den Kreditverbindlichkeiten noch hinsichtlich der Energierückstände - soweit diese durch die Nachzahlungen der Antragsgegnerin nicht zwischenzeitlich zumindest zum Teil ausgeglichen sind - handelt es sich im Übrigen um einen von den Regelleistungen umfassten und nach den Umständen unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts, wie es § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II für die Gewährung von Sachleistungen oder Geldleistungen der Antragsgegnerin im Ausnahmefall vorschreibt.
Ein Anordnungsgrund für eine Entscheidung in einem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes besteht auch hinsichtlich der von den Antragstellern geltend gemachten Wartungskosten der Heizungsanlage nicht. Dass ein Aufschub der durchzuführenden Wartungsarbeiten zu unzumutbaren Nachteilen dann führen würde, wenn die Antragsteller auf das hierzu erforderliche Verwaltungs- und Klageverfahren verwiesen würden, ist nicht ersichtlich. Die Antragsteller haben nicht substantiiert darlegen könne, dass damit ihr notwendiger Bedarf an Versorgung mit Wärme und Warmwasser derzeit unmittelbar so gefährdet ist, dass eine solche Wartung keinen weiteren Aufschub duldet.
Die Einwendungen und die Erwiderung der Antragsgegnerin sind, da sie mit dem Begehren verbunden war, den Beschluss des SG teilweise aufzuheben, als Anschlussbeschwerde auszulegen. Da die Beschwerdefrist von einem Monat (§ 173 SGG) nicht eingehalten war, liegt eine unselbständige Anschlussbeschwerde (vgl. zur Zulässigkeit Meyer-Ladewig, Vor § 172, Rz. 4a) vor. Sie ist zulässig, in der Sache erweist sie sich jedoch als unbegründet. Denn der Anordnungsanspruch der Antragsteller in Bezug auf die vorläufige Verpflichtung zur Zahlung von Arbeitslosengeld II im Zeitraum bis 31.01.2008 ist nicht durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 06.12.2007 entfallen. Die Antragsteller können sich diesbezüglich auf den Bescheid der Antragsgegnerin vom 08.11.2007 stützen, den die Antragsgegnerin bislang nicht aufgehoben hat und der diese Leistungen - wenn auch nur vorläufig - bewilligt. Damit ist er aber zunächst und auch weiterhin Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" dieser Leistungen. Dem steht die in diesem Bescheid enthaltene Regelung über die Vorläufigkeit der Bewilligung nicht entgegen. Diese Einschränkung erfolgte im Hinblick auf die vorläufige Verpflichtung durch das SG. Die Antragsgegnerin soll danach zunächst bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verpflichtet sein, die vom SG ausgeworfenen höheren Leistungen für den streitgegenständlichen Zeitraum zu gewähren. Liegt ein Anordnungsanspruch aber durch diesen Bescheid noch vor, ist der Senat an einer teilweisen Abänderung des Beschlusses des SG zum Nachteil der Antragsteller gehindert.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Soweit sich die Antragsteller gegen die Kostenentscheidung des SG wenden, ergibt sich für den Senat keine Veranlassung, diese Kostenentscheidung abzuändern. Die Antragsteller verkennen, dass Streitgegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auch die Übernahme von Darlehensverbindlichkeiten und anderer Schulden in nicht unerheblicher Höhe gewesen ist. Außerdem haben die Antragsteller Leistungen nicht nur für die Zeit vor der Antragsstellung beim SG auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, sondern auch begehrt, die Kosten der Unterkunft und Heizung beispielsweise für die Zeit vor ihrem Antrag vom 09.08.2007 zu übernehmen. Mit all diesen Forderungen haben die Antragsteller weder im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vor dem SG noch im Beschwerdeverfahren Erfolg gehabt. Die vom SG ausgeworfene Quote ist auch nach Auffassung des Senats angemessen. Dabei weist der Senat darauf hin, dass das Verfahren für die Antragsteller gerichtskostenfrei ist und sich ihr Kostenrisiko nur auf ihre eigenen Ausgaben für das Betreiben des Verfahrens beschränkt.
Für das Beschwerdeverfahren war zu berücksichtigen, dass die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ohne Erfolg geblieben ist. Der Senat hält insoweit eine Kostenübernahme von einem Fünftel für angemessen.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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