L 7 AS 1126/08 ER

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 1126/08 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes wird abgelehnt.

Gründe:

Der Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg. Der wegen § 86b Abs. 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässigerweise beim Landessozialgericht als Gericht der Hauptsache gestellte Antrag ist unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).

Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgeblich für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 - a.a.O. und vom 17. August 2005 - a.a.O. (beide m.w.N.)).

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Dem Begehren der Klägerin ist der Erfolg bereits deswegen zu versagen, weil der Anordnungsgrund, nämlich die Dringlichkeit des Begehrens, nicht glaubhaft gemacht ist (§ 920 Abs. 2 ZPO). Deshalb kommt es auf die bestehenden Zweifel an ihrer Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs.1 Satz 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 und 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II)), welche sie bis heute nicht ausgeräumt hat, letztlich nicht an. Dennoch wird die Klägerin, die im Übrigen den am 15. Februar 2007 beim Beklagten erneut gestellten Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II noch während des erstinstanzlich am 16. Februar 2007 gleichzeitig mit der Klageerhebung (S 9 AS 436/07) eingeleiteten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (S 9 AS 434/07 ER) am 1. März 2007 wieder zurückgenommen hatte, nochmals darauf hingewiesen, dass nach wie vor unklar ist, welche geschäftlichen Aktivitäten sie als Geschäftsführerin der M. GmbH entfaltet und ob sie hieraus oder aus anderen Betätigungen Einkommen erzielt, in welchem - ggf. auch durch persönliche Zuneigung geprägten - Verhältnis sie zum Alleingesellschafter der GmbH Diplom-Sozialarbeiter (FH) Amtsrat Martin R. sowie zum früheren Geschäftsführer der GmbH Ulrich Re. steht, weshalb die GmbH ihr am 24. Juli 2006, wie sie sagt (vgl. Schreiben vom 11. Februar 2008), "nachträglich" für die Zeit ab Januar 2006 ein - bis jetzt trotz angeblich vereinbarter "Rückführung" ab 16. Mai 2007 (vgl. Schreiben vom 11. Mai 2007) nicht zurückgezahltes - Darlehen über 15.000,00 Euro zur Verfügung stellte, aus welchen Mitteln dieses Darlehen der GmbH finanziert worden ist, zu welchen Zwecken die Klägerin das Darlehen - ebenso wie das angeblich von dem mittlerweile verstorbenen Pfarrer i.R. Dieter G. im März und April 2007 in nicht genannter Größenordnung geliehene Geld sowie die vorgeblichen weiteren im Oktober 2006 und Oktober 2007 erhaltenen Darlehen von 3.000,00 Euro und 9.000,00 Euro - verwendet und ggf. verbraucht hat, weshalb sie die Identität dieser letztgenannten Darlehensgeber nicht preisgeben will, was es mit der mit der M. GmbH geschlossenen "Mietvereinbarung" über das von ihr bewohnte Bauernhaus in D., zu der die Klägerin im Übrigen zwei verschiedene Dokumente (vom 31.Mai/30. Juni 2005 bzw. 27. Dezember 2005) vorgelegt hat, auf sich hat, wie es sich mit der "Nutzungsvereinbarung" vom 24. Juli 2006 hinsichtlich des angeblich der GmbH gehörenden Personenkraftwagens der Marke "Ford Galaxy" sowie mit dem im März 2007 beantragten Lohnkostenzuschuss verhält, aus welchen Finanzquellen die GmbH die Krankenversicherungsbeiträge der Klägerin bestritten hat sowie aus welchen Mitteln diese derzeit ihren Lebensunterhalt bestreitet. Nicht dargetan ist von der Klägerin ferner bislang, ob Unterhaltsansprüche gegen ihren geschiedenen Ehemann oder ihre beiden erwachsenen Kinder bestehen und ob die von ihr angegebene, anscheinend in einem Verbraucherinsolvenzverfahren (Az. 11 IK 82/01) anerkannte Forderung über 700.000,00 Euro realisierbar ist. All diese - auf den unvollständigen und zum Teil widersprüchlichen Angaben der Klägerin beruhenden - offenen Fragen und Ungereimtheiten abschließend aufzuklären, kann jedoch nicht Sache des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes sein.

Aber auch wenn die derzeitige Hilfebedürftigkeit der Klägerin nach den obigen Ausführungen nicht restlos geklärt ist, kommt vorliegend eine Güter- und Folgenabwägung zu ihren Gunsten (vgl. hierzu nochmals Senatsbeschluss vom 6. September 2007 a.a.O.) nicht in Betracht. Denn ein Anordnungsgrund ist nicht glaubhaft gemacht. Der Klägerin sind am 20. März 2008 vom Beklagten vier Lebensmittelgutscheine im Gesamtwert von 121,00 Euro zugesandt worden; diese Gutscheine waren ihr bereits mit Schriftsatz vom 14. März 2008 ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zur Abholung bei der zuständigen Sachbearbeiterin des Beklagten angeboten worden, ohne dass sie hiervon - trotz wiederholter gerichtlicher Aufforderung (vgl. Verfügungen vom 17., 18. und 20. März 2008) - zunächst Gebrauch gemacht hätte. Mit Schriftsatz vom 26. März 2008 hat die Klägerin sodann lediglich vorgetragen, ohne dies freilich glaubhaft zu machen, dass sie einen Lebensmittelgutschein im Wert von 30,00 Euro im "Penny" in Markdorf sowie im "Treff" in Deggenhausertal habe einlösen wollen, jedoch von dort jeweils die Auskunft erhalten habe, dass ein Wareneinkauf mithilfe eines Lebensmittelgutscheins dort nicht bekannt sei und auf jeden Fall Rückfrage bei der Hauptverwaltung genommen werden müsse. Dem hat der Beklagte entgegengehalten, dass in Deggenhausertal die Lebensmittelmärkte "Aldi", "Lidl" und "Plus" sowie einige Kleinwarengeschäfte - ebenso wie die "Penny"-Märkte im Bodenseekreis - die Gutscheine problemlos einlösen; hierauf ist die Klägerin nicht mehr eingegangen. Im Übrigen hatte der Beklagte schon in der Vergangenheit, nämlich am 27. Februar und 30. April 2007, bei der Gemeinde D. Gutscheine hinterlegt; Erstere hat die Klägerin nicht, Letztere erst am 24. Mai 2007 abgeholt, sie allerdings wohl nie eingelöst, nachdem jedenfalls beim Beklagten bis jetzt keine hierauf bezogenen Rechnungen von Lebensmittelmärkten eingegangen sind. All dem entnimmt der Senat, dass die von der Klägerin zwar behauptete, jedoch nicht glaubhaft gemachte Notlage keinesfalls so dringlich sein kann, dass ihrem Begehren im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter Vorwegnahme der Hauptsache auch nur teilweise entsprochen werden müsste.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. Bundessozialgericht SozR 3-1500 § 193 Nr. 6)

Aus den oben genannten Gründen haben auch die Prozesskostenhilfegesuche der Antragsteller keinen Erfolg (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO).

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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