L 28 AS 1276/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 53 AS 11714/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 AS 1276/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Juni 2007 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat der Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende wegen des Bezuges von Ausbildungsförderungsleistungen.

Die am 1. November 1984 geborene Klägerin, die mit ihrer Mutter in einer 67,79 qm großen Vierzimmerwohnung mit einer Brutto-Warmmiete in Höhe von 455,63 Euro (zuzüglich eines Modernisierungszuschlages in Höhe von 17,63 Euro) monatlich lebt, bezog vom 1. September 2003 bis zum 29. Februar 2004 Arbeitslosengeld in Höhe von 42,00 Euro wöchentlich und im Anschluss bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 37,10 Euro wöchentlich. Vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Mai 2005 gewährte ihr der Beklagte Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 572,58 Euro monatlich. Mit Bescheid vom 18. Mai 2005 gewährte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. Juni 2005 bis zum 30. November 2005 in Höhe von 572,58 Euro monatlich (345,00 Euro Regelleistung und 227,58 Euro Kosten der Unterkunft und der Heizung). Die Mutter der Klägerin bezog in diesem Zeitraum ebenfalls Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.

Am 1. Juni 2005 nahm die Klägerin eine Ausbildung zur Altenpflegerin auf. In der hierzu am 1. Juni 2005 mit der ENPA Berufsfachschule für Altenpflege Nord in Berlin geschlossenen Vereinbarung über die theoretische Ausbildung im Ausbildungsberuf Altenpfleger verpflichtete sich die Klägerin zur Zahlung von monatlichen Lehrgangsgebühren von 125,00 Euro. Den praktischen Teil der Ausbildung absolviert die Klägerin in einem evangelischen Altenheim. Nach dem Ausbildungsvertrag über diese Ausbildung erhält die Klägerin hierfür keine Ausbildungsvergütung. Den Weg von ihrer Wohnung zur 9,4 km entfernten Berufsfachschule bzw. zum 37,1 km entfernten Altenheim bewältigt die Klägerin mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Kosten für ein entsprechendes Ticket für Auszubildende betrugen in dem hier streitbefangenen Zeitraum 48,50 Euro monatlich. Das Bezirksamt Lichtenberg von Berlin bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 20. Juli 2005 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) vom Ausbildungsbeginn an in Höhe von 192,00 Euro monatlich.

Mit Bescheid vom 23. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2005 hob der Beklagte daraufhin seine Leistungsbewilligung mit Wirkung vom 1. Juni 2005 sinngemäß in Höhe von 162,00 Euro monatlich auf. Zur Begründung führte er aus, dass die der Klägerin gewährte Ausbildungsförderung in Höhe 192,00 Euro abzüglich einer Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 Euro als bedarfsminderndes Einkommen auf die Grundsicherungsleistungen angerechnet werden müsste.

Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, dass von der ihr gewährten Ausbildungsförderung die von ihr aufzubringenden Lehrgangsgebühren in Höhe von 125,00 Euro monatlich sowie die notwendigen Fahrtkosten in Höhe von 48,50 Euro monatlich abzusetzen seien. Mit weiterem Bescheid vom 31. Januar 2006 hat die Beklagte die angefochtene Entscheidung abgeändert und statt 162,00 Euro nunmehr lediglich noch 123,60 Euro monatlich auf den Bedarf der Klägerin angerechnet. Nach geänderter Rechtsauffassung der Beklagten seien 20 v. H. (38,40 Euro) der Ausbildungsförderung nach dem BAföG als pauschale Ausbildungskosten anrechnungsfrei. Die Beklagte hat die der Klägerin in dem hier streitbefangenen Zeitraum zustehenden Leistungen dementsprechend auf 448,98 Euro (572,58 – 123,60 Euro (192,00 Euro – 30,00 Euro – 38,40 Euro)) monatlich festgesetzt.

Das Sozialgericht Berlin hat mit Urteil vom 8. Juni 2007 den Bescheid der Beklagten vom 3. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2005 und des Änderungsbescheides vom 31. Januar 2006 aufgehoben. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die Ausbildungsförderung nicht bedarfsmindernd auf den Grundsicherungsleistungsanspruch der Klägerin angerechnet werden dürfe. Bei den Lehrgangsgebühren und den Fahrtkosten handele es sich entweder um vom Einkommen abzusetzende Ausgaben, die mit der Erzielung des Einkommens notwendig verbunden seien (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II) oder die Ausbildungsförderung nach dem BAföG sei eine zweckbestimmte und daher nicht zu berücksichtigende Einnahme (§ 11 Abs. 3 Buchst. a SGB II). Beide Meinungen seien vertretbar.

Gegen das ihr am 4. Juli 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 20. Juli 2007 eingelegte Berufung des Beklagten. Er trägt vor, dass die der Klägerin gewährte Ausbildungsförderung in Höhe von 192,00 Euro monatlich abzüglich einer Versicherungspauschale von 30,00 Euro und abzüglich eines weiteren Freibetrages in Höhe von 20 v. H. im streitigen Zeitraum als Einkommen bedarfsmindernd auf den Anspruch der Klägerin angerechnet werden müsse.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

die sie für unbegründet hält.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die dem Gericht vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Berlin hat die angefochtene Entscheidung zu Recht aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 23. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2005 und des Änderungsbescheides vom 31. Januar 2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bemisst sich nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II gilt das SGB X für das Verfahren nach dem SGB II. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentlich Änderung eintritt. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) ist, sofern die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X vorliegen, der Verwaltungsakt (zwingend) vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben, ohne dass die Verwaltung Ermessen auszuüben hätte.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 18. Mai 2005 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat in dem hier streitbefangenen Zeitraum einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II in Höhe von 572,58 Euro monatlich. Die ihr für diesen Zeitraum nach dem BAföG gewährte Ausbildungsförderung in Höhe von 192,00 Euro ist nicht bedarfsmindernd auf diesen Anspruch anzurechnen.

Rechtsgrundlage dieses Anspruchs ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem SGB II vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2014). Die Klägerin hat das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Sie ist erwerbsfähig im Sinne von § 8 SGB II (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II), da dem Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Krankheit oder Behinderung, die sie an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens drei Stunden täglich hindern könnte, zu entnehmen sind.

Die Klägerin war auch als Bezieherin von Leistungen nach dem BAföG nach § 7 Abs. 5 SGB II nicht vom Leistungsbezug ausgeschlossen. Nach § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II findet § 7 Abs. 5 SGB II keine Anwendung auf Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG bemisst. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die Klägerin bezog in dem hier streitbefangenen Zeitraum monatliche Ausbildungsförderung in Höhe von 192,00 Euro gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG.

Die Klägerin, die während des streitbefangenen Zeitraums allein stehend war, weil sie weder mit Angehörigen im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II (in der Fassung vor In-Kraft-Treten des SGB II - Änderungsgesetzes vom 24. März 2006 [BGBl. I S. 558] am 1. Juli 2006) noch mit einer leistungsfähigen Verwandten – ihre Mutter bezog aufgrund bestehender Hilfebedürftigkeit ebenfalls Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II - in einer Haushaltsgemeinschaft zusammengelebt hat (§ 9 Abs. 5 SGB II), ist auch hilfebedürftig gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 SGB II. Hilfebedürftig ist hiernach wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (§ 9 Nr. 1 SGB II) oder aus dem zu berücksichtigendem Einkommen oder Vermögen (§ 9 Nr. 2 SGB II) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Der insoweit maßgebliche Hilfebedarf ist anhand der gesetzlich vorgesehenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (§§ 19 ff. SGB II) zu bestimmen. Nach § 19 Satz 1 SGB II in der hier anwendbaren Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung sowie unter den Voraussetzungen des § 24 einen befristeten Zuschlag. Hieran gemessen hat die Klägerin in dem hier streitbefangenen Zeitraum einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende in Höhe von insgesamt 572,58 Euro. Dieser Betrag setzt sich aus 345,00 Euro Regelleistung (§ 20 SGB II) und 227,58 Euro Kosten für die Unterkunft und die Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) zusammen.

Ein Anspruch auf Gewährung weiterer Leistungen ergibt sich nicht aus § 24 SGB II. Hiernach haben Hilfebedürftige, soweit sie innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld II beziehen, einen Anspruch auf einen monatlichen Zuschlag, dessen Höhe sich nach § 24 Abs. 2 und Abs. 3 SGB II bestimmt. Danach ergibt sich der Zuschlag aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem von dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuletzt bezogenen Arbeitslosengeld und dem nach dem Wohngeldgesetz erhaltenen Wohngeld und dem dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und den mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen erstmalig nach dem Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld zustehenden Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zwar bis zum 29. Februar 2004 Arbeitslosengeld bezogen, also innerhalb von zwei Jahren vor Beginn des Bezuges von Arbeitslosengeld II, jedoch betrug dieser Anspruch lediglich 42,00 Euro wöchentlich, also 182,87 Euro monatlich (42,00 Euro x 13:3). Da dieser Betrag niedriger ist als das der Klägerin ab dem 1. Januar 2005 zustehende Arbeitslosengeld II in Höhe von 572,58 Euro besteht kein Anspruch auf einen Zuschlag nach § 24 SGB II.

Auf diesen Bedarf der Klägerin in Höhe von 572,58 Euro ist weder Vermögen, über welches die Klägerin nicht verfügt, noch Einkommen bedarfsmindernd anzurechnen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind nach § 11 Abs. 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.

Bei der der Klägerin gewährten Ausbildungsförderung nach dem BAföG handelt es sich um eine Einnahme in Geld im vorgenannten Sinne. Nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II sind allerdings auch Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahme einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Die Berücksichtigung von Einnahmen als Einkommen unterbleibt, wenn eine klare Zweckbestimmung dieser Einnahmen und Zuwendungen besteht, die nicht den Zwecken der Leistungen nach dem SGB II entspricht (Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Auflage 2005, § 11 RdNr. 80). Es ist insoweit nicht erforderlich, dass die Zweckbestimmung ausdrücklich genannt wird. Ausreichend ist eine erkennbare Zweckbestimmung, die sich aus den gesetzlichen Voraussetzungen für die Leistung oder aus anderen eindeutigen Anhaltspunkten wie den Gesetzesmaterialien ergeben kann (Brühl in LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 11 RdNr. 51 und Mecke, a. a. O).

An diesen Grundsätzen dürfte zwischen den Leistungen nach dem SGB II und der Ausbildungsförderung nach dem BAföG eine Zweckidentität bestehen. Denn nach § 11 Abs. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Lebensunterhalt und die Ausbildung (Bedarf) geleistet. Bei dem genannten Zweck "Ausbildung" im Sinne von § 11 Abs. 1 BAföG handelt es sich indes nicht um einen Selbstzweck, sondern Ziel der Gewährung der Ausbildungsförderung ist es, dem Auszubildenden eine Ausbildung zu ermöglichen, um ihn in die Lage zu versetzen, unabhängig von staatlichen Transferleistungen seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten zu können. Dies ist nach § 1 Abs. 1 SGB II aber eben auch Aufgabe und Ziel der Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende. Soweit die Beklagte und dem folgend teilweise auch die Rechtsprechung (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Juli 2007 - L 5 AS 1191/05 - und Beschlüsse vom 23. Oktober 2006 - L 19 B 599/06 AS ER - und vom 22. Januar 2007 - L 19 B 687/06 ER -, abrufbar jeweils unter www.sozialgerichtsbarkeit.de) die Auffassung vertreten, dass die Ausbildungsförderung nach dem BAföG jedenfalls in einem Umfang von 20 v. H. (a. A. im Sinne einer im Einzelfall vorzunehmenden Aufteilung der auf den Unterhalt und die Ausbildung entfallenden Anteile: Sächsisches LSG, Urteil vom 25. Oktober 2007 - L 2 AS 43/07 - , abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de) für die Ausbildung und damit für einen anderen Zweck im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II erbracht werden, kann der Senat letztlich offen lassen, ob insoweit die Ausbildungsförderung "vorrangig" (vgl. BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007 - B 14/7b AS 16/06 R -, bisher lediglich als Terminsbericht Nr. 59/07 veröffentlicht) der Finanzierung der Ausbildung dienen soll, und damit als zweckbestimmte Einnahme nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist.

Denn jedenfalls sind von der Ausbildungsförderung nach dem BAföG in Höhe von 192,00 Euro monatlich weitere Beträge einkommensmindernd abzusetzen. So sind zunächst nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II vom Einkommen die Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, abzusetzen. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld - Verordnung von 20. Oktober 2004, BGBl. S. 2622, Alg II-V-) ist hierfür ein Betrag in Höhe von 30,00 Euro monatlich anzusetzen.

Darüber hinaus sind von der Ausbildungsförderung die monatlichen Kosten der Klägerin für die Lehrgangsgebühren in Höhe von 125,00 Euro sowie die Kosten der Fahrten zu den Ausbildungsstätten in Höhe der Kosten einer Monatskarte für Auszubildende in Höhe von 48,50 Euro für die öffentlichen Verkehrsmittel nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II als mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben abzusetzen. Unter Ausgaben in diesem Sinne werden vielfach auch die Werbungskosten im steuerrechtlichen Sinne bezeichnet (Brühl, in a. a. O. § 11 Rdnr. 36 und Hengelhaupt in Hauch/Noftz, SGB II (Std.: 10EL./Februar 2007), K § 11 Rdnr. 161). Sie sind bei Personen abzusetzen, die Erwerbseinkommen erzielen. Für diesen Personenkreis wird § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II deshalb ergänzt durch § 3 Nr. 3 Alg II - V der für Einkommen aus unselbständiger und selbständiger Erwerbsarbeit, Pauschalen für Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben festsetzt. Im vorliegenden Fall sind diese Pauschalen nicht anwendbar, weil die Klägerin kein Erwerbseinkommen bezieht, sondern Nichterwerbseinkommen in Form einer staatlichen Transferleistung.

Da es sich bei diesen Transferleistungen aber ebenfalls um Einnahmen im Sinne von § 11 SGB II handelt, knüpft der Begriff Einkommens in § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II nicht an den Einkommensbegriff des § 2 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an, sondern an einen eigenständigen Einkommensbegriff des Sozialleistungsrechts. § 11 SGB II unterscheidet sich insoweit nicht von dem früheren § 194 SGB III, der seinerseits dem § 138 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entspricht, der die nach § 137 AFG vorgesehene Einkommensanrechnung regelte. Erklärte Absicht des Gesetzgebers war es bereits bei Erlass des § 138 Abs. 2 AFG, den Einkommensbegriff im Sozialleistungsrecht von dem steuerrechtlichen Einkommensbegriff zu lösen, um vor allem den steuerrechtlich anerkannten Verlustausgleich auszuschließen. Bei der Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II sind deshalb die notwendigen Ausgaben für jede festgestellte Einkommensart gesondert festzustellen (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 15. März 2007 - L 7 AS 134/06 -, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).

Insoweit ist der Begriff der "notwendigen Ausgaben" nicht mit dem steuerrechtlichen Begriff der "Werbungskosten" gleichzusetzen. Eine Ausgabe ist mit der Erzielung von Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II deshalb schon dann "verbunden", wenn der Zweck der Ausgabe zu diesem Einkommen in Beziehung steht. Dafür ist nicht eine Unmittelbarkeit in dem Sinne erforderlich, dass die Erzielung von Einkommen ohne die Ausgabe undenkbar wäre. Im selben Sinne ist auch der Begriff der "Notwendigkeit" der Ausgabe im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II zu verstehen, so dass es genügt, wenn die Ausgabe einen "Nutzen" für die Einkommenserzielung aufweist. Entsprechend können nur solche Aufwendungen Berücksichtigung finden, die dem Grunde und der Höhe nach - bei vernünftiger Wirtschafsführung – anfallen (Mecke, a. a. O. § 11 RdNr. 70 und Hengelhaupt, a. a. a. O., K § 11 RdNr. 165 f.).

An diesen Grundsätzen gemessen, handelt es sich sowohl bei den von der Klägerin aufzubringenden Lehrgangsgebühren in Höhe von 125,00 Euro und auch bei den monatlich anfallenden Kosten für die Fahrten zur Ausbildungsstätte um mit dem Einkommen verbundene notwendige Ausgaben. Denn diese Ausgaben dienen nicht der privaten Lebensführung, sondern sie dienen ausschließlich der Ausbildung der Klägerin zur Altenpflegerin. Für die theoretische Ausbildung hat sie monatlich Lehrgangsgebühren von 125,00 Euro zu zahlen. Daneben benötigt sie eine Monatsfahrkarte für die Fahrten zur Ausbildungsstätte. Hierfür entstehen ihr monatliche Kosten in Höhe von 48,50 Euro. Der insoweit in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass zwischen der Einkommenserzielung und den notwendigen Ausgaben, die mit dieser Einkommenserzielung verbunden sind, eine Kausalbeziehung in dem Sinne bestehen müsse, dass die Ausgaben (unmittelbar) durch die Einkommenserzielung bedingt sein müssten, also im vorliegenden Fall die Gewährung von Ausbildungsförderung nach dem BAföG von der Zahlung der Lehrgangsgebühren "abhängig" sein müsse (Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 19. Juli 2007 - L 5 AS 1191/05 -, a. a. O.), folgt der Senat nicht. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II setzt nicht einen solchen strengen Kausalitätsmaßstab in dem Sinne voraus, dass ohne die Ausgabe die Erzielung des Einkommens undenkbar wäre (Hengelhaupt, a. a. O., K § 11 RdNr. 166 m. w. Nachw.).

Von dem Einkommen der Klägerin in Höhe von monatlich 192,00 Euro sind demnach monatlich insgesamt Kosten in Höhe von 203,50 Euro abzusetzen, so dass mithin ein anrechenbares Einkommen nicht verbleibt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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