L 19 B 108/07 AS

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 108/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 B 108/07 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 26.04.2007 über die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird als unzulässig verworfen. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den weiteren Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 26.04.2007 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Antragsteller beantragte am 06.11.2006 die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Lebensgefährtin T L (L.). Mit Schreiben vom 14.11.2006 forderte die Beklagte ihn auf, weitere Unterlagen (Kontoauszüge, Sparbücher, Lohnabrechnungen etc.) vorzulegen. Darüber hinaus forderte sie mit Schreiben vom 05.12.2006 Versicherungsunterlagen von L. an. Mit am 05.12.2006 datiertem Bescheid bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller und L. u.a. für die Zeit vom 06.11. bis 30.11.2006 281,66 EUR und für den Monat Dezember 2006 232,37 EUR an Grundsicherungsleistungen. Die in der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin befindliche Durchschrift dieses Bescheides enthält den Vermerk: "ab 11.12.06".

Am 13.12.2006 hat der Antragsteller beim Sozialgericht (SG) Aachen beantragt, die Antragsgegnerin zur Gewährung von Grundsicherungsleistungen für den Monat Dezember 2006 zu verpflichten. Die Antragsgegnerin, die dem Antragsteller und L. mit Änderungsbescheid vom 15.12.2006 für den Monat November 2006 578,21 EUR bewilligt hat, hat darauf verwiesen, dass im Hinblick auf die am 11.12.2006 versandte Leistungsbewilligung Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht gegeben seien.

Der Antragsteller hat im Hinblick auf die Leistungsbewilligung das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, der Antragsgegnerin seine Kosten aufzuerlegen.

Mit Beschlüssen vom 26.04.2007 hat das SG sowohl die außerdem beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wie auch die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Kostenerstattung.

Der Antragsteller hat am 01.06.2007 "gegen den Beschluss vom 26.04.2007, zugestellt am 02.05.2007" sofortige Beschwerde eingelegt.

Auf Nachfrage des SG, gegen welchen Beschluss vom 26.04.2007 sich die Beschwerde richtet, hat der Antragsteller am 08.06.2007 die Beschwerde "dahingehend berichtigt, dass es heißt, gegen die Beschlüsse vom 27.06.2007, zugestellt am 02.05.2007, wird sofortige Beschwerde eingelegt."

Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist des § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden ist.

Der Antragsteller hat innerhalb der am 30.05.2007 ablaufenden Monatsfrist lediglich Beschwerde "gegen den Beschluss vom 24.05.2007" eingelegt. Auch wenn beide unter dem 24.03.2007 gefertigten Beschlüsse dasselbe Aktenzeichen tragen, was die Zuordnung erschwert, enthält das Empfangsbekenntnis doch die Unterscheidung zwischen Beschluss vom 24.03.2007 und PKH-Beschluss vom 24.03.2007. Wenn der anwaltlich vertretene Antragsteller dann Beschwerde nur gegen den Beschluss vom 24.03.2007 eingelegt hat, kann dies nur dahin verstanden werden, dass er sich ausschließlich gegen die Kostenentscheidung wendet. Die am 08.06.2007 auf den Beschluss über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe erweiterte Beschwerde ist daher erst nach Ablauf der Beschwerdefrist beim Gericht eingegangen.

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung dieser Frist kommt nicht in Betracht, weil zum einen ein entsprechender Antrag nicht gestellt worden ist und Entschuldigungsgründe für die Fristversäumung auch nicht ersichtlich sind.

Im Übrigen hätte die Beschwerde auch in der Sache keinen Erfolg gehabt, wie sich aus Nachfolgendem ergibt, weil es dem Antrag an der für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussicht fehlte (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung -ZPO-).

Bei entsprechender Auslegung des Begehrens des Antragstellers ist zwar die Beschwerde gegen den Kostenbeschluss des SG zulässig, sie ist aber nicht begründet. Erledigt sich wie hier der Rechtsstreit anders als durch gerichtliche Entscheidung, ist gemäß § 193 Abs. 1 S. 3 SGG über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Aufl., Rn 12, 12a m.w.N.). Für diese Entscheidung ist in erster Linie der vermutliche Verfahrensausgang von Bedeutung (BSG SozR 3 - 1500 § 193 Nr. 6 S. 22). Zu beachten sind jedoch stets die Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere der Umstand, wer zur Klageerhebung Anlass gegeben hat (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer a.a.O. Rn 12b; Straßfeld in Jansen, Kommentar zum SGG, 2. Aufl., § 193 Rn 9 m.w.N.). Eine Beweisaufnahme findet im Kostenverfahren nicht mehr statt (Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer a.a.O. § 193 Rn 13 d).

Nach diesen Grundsätzen ist es nicht angemessen, die Antragsgegnerin mit den Kosten des Antragstellers zu belasten, weil die Anrufung des Gerichts zur Durchsetzung des Anspruchs des Antragstellers nicht notwendig gewesen und nicht von der Antragsgegnerin verschuldet worden ist.

Der Senat mutet es Leistungsberechtigten vor der Inanspruchnahme der Sozialgerichte auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG - Erlass einer Regelungsanordnung - grundsätzlich zu, sich bei der Behörde zu erkundigen, ob und welche Gründe einer Leistungsbewilligung entgegenstehen. Bei einem entsprechenden Vorgehen hätte das vorliegende Verfahren entgegen dem Vortrag des Antragstellers vermieden werden können.

Der von ihm im Beschwerdeverfahren vorgelegte Kontoauszug bestätigt nämlich das Vorbringen der Antragsgegnerin und belegt die Buchung der mit Bescheid vom 05.12.2007 bewilligten Leistungen für die Monate November und Dezember 2006 in Höhe von zusammen 514,03 EUR am 13.12.2007 bei einer Wertstellung zum 14.12.2007 auf dem Konto des Antragstellers. Da die Leistungen demzufolge bereits zum Antragszeitpunkt zur Zahlung angewiesen waren, fehlte es an einem Anordnungsgrund im Sinne des § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. Ein solcher folgt auch nicht daraus, dass die Leistungen für November zunächst zu niedrig festgesetzt worden sind, weil auch der Antragsteller nicht geltend gemacht hat, dass die Zahlung von 514,03 EUR nicht ausreichend war, um den Eintritt schwerwiegender, nicht wieder gutzumachender Nachteile zu vermeiden.

Eine andere Kostenregelung ist auch nicht nach dem Veranlassungsprinzip gerechtfertigt. Angesichts der bereits am 13.12.2006 erfolgten Buchung spricht nichts dafür, dass der Antragsteller oder L. am 12.12.2006 - Tag vor Anrufung des SG - eine falsche Auskunft über die Leistungsanweisung erhalten haben könnten. Soweit sich der Antragsteller auf Ereignisse nach dem 14.12.2006 beruft, hängen diese offensichtlich mit dem Änderungsbescheid vom 15.12.2006 und der infolgedessen erfolgten weiteren Buchung / Wertstellung am 27./28.12.2006 zusammen.

Die Beschwerden konnten daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 193 SGG, 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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