Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 553/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 R 221/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 9. Februar 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander für beide Instanzen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung der ihm von der Beklagten gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Ablauf des 31. März 2002.
Der 1967 geborene Kläger war nach seiner Ausbildung zum Teilfacharbeiter für maschinelle Blechumformung u. a. als Produktionsarbeiter, Anlagenfahrer, Transportarbeiter sowie zuletzt als Hilfsmaurer versicherungspflichtig beschäftigt. Nachdem er am 4. Mai 1993 beantragt hatte, ihm eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit zu gewähren, ließ ihn die Beklagte durch den Facharzt für Innere Medizin Dr. E begutachten. Dr. E kam in seinem Gutachten vom 24. November 1993 zu dem Ergebnis: Der Kläger leide seit seinem dritten Lebensjahr an einem infektbedingten Asthma bronchiale, das sich trotz hoch dosierter bronchospasmolytischer Behandlung im Laufe der Jahre verschlimmert habe. Jetzt liege eine schwere überwiegend obstruktive Ventilationsstörung vor, die sich nach körperlicher Belastung signifikant verstärke. Blutgasanalytisch handele es sich um eine manifeste respiratorische Partialinsuffizienz. Vor diesem Hintergrund sei dem Kläger seit 1991 eine regelmäßige Erwerbstätigkeit nicht mehr zumutbar. Auf der Grundlage dieses Gutachtens sah die Beklagte die diesbezüglichen Anspruchsvoraussetzungen seit dem 4. Mai 1993 als erfüllt an und gewährte dem Kläger mit ihrem Bescheid vom 3. Juni 1994 ab dem 1. Juni 1993 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer. Ein Ende 1997/Anfang 1998 durchgeführtes Nachuntersuchungsverfahren änderte hieran nichts.
Ende 2000 leitete die Beklagte ein erneutes Nachuntersuchungsverfahren ein und ließ den Kläger nunmehr durch die Ärztin für Innere Medizin Dr. R begutachten. Dr. R führte in ihrem Gutachten vom 1. August 2001 aus: Der Kläger leide an Asthma bronchiale, Hypertonie sowie einem Wirbelsäulensyndrom. Wegen der Asthma-Erkrankung sei eine Dauermedikation erforderlich, wobei unter Medikation jetzt spirometrisch eine gering- bis mittelgradige bzw. deutliche Obstruktion nachweisbar sei. Die Blutgasanalyse sei unauffällig. Leichte Arbeiten erschienen für drei bis unter sechs Stunden zumutbar. Allerdings sollte in einer pulmologischen Fachklinik ein Heilverfahren durchgeführt werden, um das Leistungsvermögen abschließend zu klären. Die Beklagte gewährte dem Kläger daraufhin in der Zeit vom 20. November bis zum 11. Dezember 2001 medizinische Leistungen zur Rehabilitation im Klinikzentrum B. Im Entlassungsbericht dieses Klinikzentrums vom 17. Dezember 2001 heißt es: Der Kläger leide neben einer Übergewichtigkeit sowie einer chronisch rezidivierenden Lumbalgie an einem infektbedingten Asthma bronchiale, das habe gebessert werden können. Funktionsdiagnostisch ergebe sich das Bild einer mäßigen Obstruktion bei Betonung der kleinen Atemwege. Hinweise auf eine Überblähung bestünden nicht. Die Blutgase seien normal. Die körperliche Leistungsfähigkeit sei aufgrund des Asthmas bronchiale eingeschränkt. Leichte bis mittelschwere Arbeiten im Stehen und Sitzen oder überwiegend Gehen könnten vollschichtig verrichtet werden. Zu vermeiden seien stärkere inhalative Belastungen sowie Nässe, Zugluft und extrem schwankende Temperaturen.
Nach entsprechender Anhörung entzog die Beklagte dem Kläger mit ihrem Bescheid vom 13. März 2002 die bislang gewährte Rente mit Ablauf des 31. März 2002. Gestützt auf § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) i. V. m. § 100 Abs. 3 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) führte sie zur Begründung aus: Im Vergleich zu den Verhältnissen bei Erteilung des Rentenbewilligungsbescheides sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Der Gesundheitszustand des Klägers habe sich insofern gebessert, als die ursprünglich schwere obstruktive Ventilationsstörung unter umfangreicher Medikation einer nur noch mäßigen Obstruktion gewichen sei. Die Blutgasanalytik sei normal und weise auf eine ungestörte Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe der Lungen hin. Zudem ließen sich Zeichen einer Lungenüberblähung als mögliche Folge einer langjährigen schwerwiegenden bronchialen Obstruktion nicht feststellen. Der Kläger sei wieder in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Eine Berufsunfähigkeit und erst recht eine Erwerbsunfähigkeit lägen damit nicht mehr vor. Den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger Arztbriefe seiner behandelnden Ärztin für Innere Medizin Dr. J vom 3. April 2002 und der radiologischen Klinik des P-Krankenhauses vom 5. April 2002 überreichte, wies die Beklagte mit ihrem Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2002 als unbegründet zurück.
Mit seiner Klage hat der Kläger weitere Unterlagen der Ärztin Dr. J überreicht und ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Beklagten könne er nach wie vor eine regelmäßige Erwerbstätigkeit nicht ausüben. Eine Besserung seines Gesundheitszustandes sei nicht eingetreten. Denn er leide neben einem durch Kortisongabe hervorgerufenen Übergewicht nach wie vor an einem schweren chronischen Asthma bronchiale, das weder heilbar sei noch durch die völlig unzureichenden Rehabilitiationsbehandlungen im Klinikzentrum Bhabe gebessert werden können. Zudem seien seit Rentenbeginn weitere Leiden, wie Bandscheibenvorfälle und Bluthochdruck, hinzugetreten, die seine Leistungsfähigkeit weiter einschränkten.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht der Ärztin Dr. J vom 10. Januar 2003 eingeholt und den Internisten Dr. Dr. F mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Anstelle des ernannten Sachverständigen hat jedoch der Arzt Dr. M den Kläger am 3. November 2003 untersucht und ein Gutachten formuliert, das unter dem 27. Januar 2004 von Dr. Dr. F unterzeichnet worden ist. Am 10. Mai 2004 hat Dr. Dr. F den Kläger persönlich angehört und sodann unter Bezugnahme auf die Untersuchungsergebnisse vom 3. November 2003 unter dem 22. Juni 2004 ein in wesentlichen Teilen mit dem früheren Gutachten übereinstimmendes Gutachten zu den Gerichtsakten gereicht. Hierin heißt es u. a.: Der Kläger leide an einem schweren, gemischtförmigen Asthma bronchiale mit extrinsischer Mitkomponente, einer essentiellen arteriellen Hypertonie, einer Adipositas per magna, degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und einem älteren Bandscheibenprolaps sowie einer reaktiven Depression. Trotz dieser Erkrankungen sei er in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu erbringen. Es erscheine allerdings sinnvoll, den durch jahrzehntelange Erfahrungen mit seiner Erkrankung entmutigten Kläger zunächst nur drei Stunden einzusetzen, um eine erfolgreiche Wiedereingliederung in das Arbeitsleben zu gewährleisten.
In der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2005 hat das Sozialgericht Dr. Dr. F ergänzend angehört und sodann mit seinem Urteil vom selben Tage den Bescheid der Beklagten vom 13. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2002 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Entziehung der mit Bescheid vom 3. Juni 1994 bewilligten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sei rechtswidrig. Denn eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen sei nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. Dr. F nicht eingetreten. Der Kläger leide noch immer an einem schweren chronischen Asthma bronchiale. Ferner seien weitere Erkrankungen hinzugetreten, die bei der Bewilligung der Rente noch keine Rolle gespielt hätten.
Gegen dieses ihr am 15. März 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11. April 2005 Berufung eingelegt und ausgeführt: Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei es im Verhältnis zu den Gegebenheiten, die 1994 zur Berentung des Klägers geführt hätten, spätestens Ende 2001 zu einer signifikanten Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers gekommen. Diese Besserung, die sich trotz des weiterhin bestehenden Asthmas bronchiale vor allem an den deutlich verbesserten Lungenfunktionswerten ablesen lasse, bringe es mit sich, dass der seinerzeit nicht leistungsfähige Kläger seit spätestens Ende 2001 mit weiteren qualitativen Einschränkungen für leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig einsatzfähig sei. Die weiterhin festgestellten Erkrankungen änderten hieran nichts, weil auch sie nur qualitative, nicht jedoch quantitative Einschränkungen nach sich zögen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 9. Februar 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angegriffene Urteil im Ergebnis für zutreffend.
Der Senat hat Befundberichte der Internistin Dr. J vom 20. September 2005 und des Orthopäden Dipl.-Med. K vom 5. Oktober 2005 eingeholt. Ferner hat er den Facharzt für Innere Medizin Dr. S mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens nach Aktenlage beauftragt und auf Veranlassung des Klägers ergänzend um Beantwortung verschiedener Fragen gebeten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird insbesondere auf das von Dr. S erstellte Sachverständigengutachten vom 29. März 2006 sowie dessen ergänzende Ausführungen vom 27. Juni 2007 Bezug genommen. Des Weiteren hat der frühere Berichterstatter zwei Erörterungstermine durchgeführt, hinsichtlich deren Ergebnisse auf die Niederschriften vom 11. Juli 2006 und 20. Februar 2007 verwiesen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist unzutreffend. Es musste deshalb aufgehoben werden. Die Klage musste abgewiesen werden.
Zu Recht ist das Sozialgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Klage in Gestalt der isolierten Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig ist. Das Begehren des Klägers ist zwar der Sache nach auf die Weitergewährung der ihm von der Beklagten bislang zuerkannten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer über den 31. März 2002 hinaus gerichtet. Dieses Ziel kann der Kläger jedoch durch bloße Anfechtung des klageröffnenden Bescheides vom 13. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2002 erreichen, mit dem die Beklagte ihm die zuvor bewilligte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer mit Ablauf des 31. März 2002 entzogen hat. Denn würde dieser Bescheid durch das Gericht aufgehoben, würde der zuvor maßgebliche Rentenbewilligungsbescheid vom 3. Juni 1994, bei dem es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, wieder aufleben und der Kläger würde dadurch die Rechtsposition wiedererlangen, die ihm vor Erlass des angefochtenen Bescheides zuerkannt gewesen ist.
Die danach zutreffend erhobene Anfechtungsklage ist jedoch unbegründet. Denn der Entziehungsbescheid vom 13. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zunächst ist der Bescheid in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Denn die Beklagte hat dem Kläger insbesondere mit ihrem Schreiben vom 7. Februar 2002 gemäß § 24 Abs. 1 SGB X ordnungsgemäß zu der beabsichtigten Rentenentziehung angehört. Zudem begegnet der Bescheid auch in materieller Hinsicht keinen Bedenken.
Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, ist maßgebliche Rechtsgrundlage für den Entziehungsbescheid § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist – im Wege einer gebundenen Entscheidung – ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Diese Vorschrift ist im Fall des Klägers anwendbar. Soweit sie nicht heranzuziehen ist, wenn die Korrektur eines anfänglich rechtswidrigen Verwaltungsaktes in Rede steht, ist eine solche Konstellation hier nicht gegeben. Denn der Rentenbewilligungsbescheid vom 3. Juni 1994 ist bei seinem Erlass rechtmäßig gewesen, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erfüllt gewesen sind und der Kläger auch erwerbsunfähig im Sinne des § 44 Abs. 2 SGB VI gewesen ist. Die Voraussetzungen der vorgenannten Vorschrift, wonach Erwerbsunfähigkeit anzunehmen ist, wenn der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande gewesen ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt, sind seinerzeit erfüllt gewesen. Dies ergibt sich für den Senat aus den in sich stimmigen Ausführungen des vor der Erteilung des Bewilligungsbescheides vom 3. Juni 1994 von der Beklagten mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragten Facharztes für Innere Medizin Dr. E vom 24. November 1993, der insbesondere mit Blick auf das bei dem Kläger diagnostizierte infektbedingte Asthma bronchiale zu dem Ergebnis gekommen ist, dem Kläger sei bereits seit 1991 eine regelmäßige Erwerbstätigkeit nicht mehr zumutbar gewesen. Diese nachvollziehbar begründete Einschätzung hält der Senat in jeder Hinsicht für überzeugend. Denn sie beruht zum einen auf einer körperlichen Untersuchung des Klägers sowie zum anderen auf den im Rahmen der Begutachtung erhobenen Lungenfunktionsbefunden, aus denen bereits für sich genommen auf das Vorliegen einer sich unter Belastung verstärkenden schweren überwiegend obstruktiven Ventilationsstörung geschlossen werden kann. Die Ausführungen des im Berufungsverfahren zum Sachverständigen ernannten Facharztes für Innere Medizin Dr. S in seinem Gutachten vom 29. März 2006 vermögen an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Denn abgesehen davon, dass auch dieser Sachverständige den damaligen lungenfunktionsanalytischen Befunden entnommen hat, das bei dem Kläger seinerzeit jedenfalls eine mittelgradige bis schwere Störung der Lungenbelüftung über die Atemwege (Ventilationsstörung) bestanden hat, ist festzuhalten, dass der gerichtliche Sachverständige seine Erkenntnisse zum damaligen Gesundheitszustand des Klägers rückschauend allein aufgrund der Aktenlage gewonnen hat. Wenn er vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis gelangt ist, der Kläger sei seinerzeit in der Lage gewesen, mit bestimmten näher beschriebenen Einschränkungen zwei Stunden bzw. sogar drei bis sechs Stunden am Tag erwerbstätig zu sein, kommt diesen Ausführungen gegenüber den Darlegungen des zeitnah mit der Begutachtung betrauten Gutachters Dr. E, der den Kläger auch körperlich untersucht hat, eine geringere Überzeugungskraft zu.
Entgegen der Auffassung des Klägers und des Sozialgerichts sind auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X erfüllt. Hierbei ist in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen, hier also auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2002. Spätere Änderungen sind unbeachtlich. Sie sind – soweit mit dem auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X gestützten Bescheid eine Begünstigung aufgehoben worden ist, auf die nach Erlass des Widerspruchsbescheides wieder Anspruch besteht – im Rahmen eines neuen Antragsverfahrens gegenüber der Behörde geltend zu machen. Für die gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Entziehungsbescheides haben sie keine Bedeutung.
Im Übrigen sind bei der Prüfung der Entziehungsvoraussetzungen die Vorgaben des § 302 b Abs. 1 SGB V zu beachten, der mit Blick auf die zum 1. Januar 2001 eingetretenen Gesetzesänderungen im Bereich der Erwerbsminderungsrenten Besitzschutz garantiert. Danach besteht in den Fällen, in denen am 31. Dezember 2000 ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit bestand, der jeweilige Anspruch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter, so lange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Bewilligung der Leistung maßgebend waren. Dies bedeutet für den Fall des Klägers, dass zu prüfen ist, ob im Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2002 nach Maßgabe des bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Rechts eine wesentliche Änderung der Sachlage vorgelegen hat.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist unter Berücksichtigung der vorstehenden Vorgaben im Fall des Klägers eine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage zu bejahen. Denn der Kläger ist spätestens seit Abschluss des in der Zeit vom 20. November bis zum 11. Dezember 2001 im Klinikzentrum B durchgeführten Heilverfahrens wieder in der Lage gewesen, vollschichtig jedenfalls körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten unter Witterungsschutz im Freien und unter Vermeidung von Hitze und Kälte, starken Temperaturschwankungen, Staub, Feuchtigkeit und Zugluft sowie Hautreizstoffen in geschlossenen Räumen, ohne einseitige körperliche Belastung und ohne Zwangshaltungen wie Bücken, Beugen, Kriechen, Hocken, Kauern etc., ohne sicheren Halt wie auf Leitern und Gerüsten, ohne besondere Belastung der Stimme, ohne Zeitdruck sowie nicht in Nachtschicht auszuüben. Insoweit folgt der Senat der Einschätzung des im Berufungsverfahren zum Sachverständigen ernannten Facharztes für Innere Medizin Dr. S in seinem Gutachten vom 29. März 2006 nebst ergänzender Stellungnahme vom 27. Juni 2007, das auf einem umfassenden Aktenstudium beruht und bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt in sich schlüssig und widerspruchsfrei erscheint. Danach ist es, was der Sachverständige nachvollziehbar insbesondere aus den von der Mitarbeit des Klägers unabhängigen Lungenfunktionsbefunden hergeleitet hat, spätestens Ende 2001 zu einer signifikanten Besserung der allerdings nach wie vor bestehenden chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung gekommen mit der Folge, dass diese Erkrankung einem vollschichtigen Arbeitseinsatz nicht mehr entgegengestanden hat. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit den Ausführungen des Klinikzentrums B im Entlassungsbericht vom 17. Dezember 2001. Denn auch dort ist hinsichtlich der Asthma-Erkrankung nur noch von einer mäßigen Obstruktion bei Betonung der kleinen Atemwege, fehlenden Hinweisen auf eine Überblähung sowie normalen Blutgasen die Rede. Ferner ist das Leistungsvermögen des Klägers, der während seines Rehabilitationsaufenthalts im Klinikzentrum B immerhin drei Wochen beobachtet und behandelt worden ist, ebenfalls als vollschichtig beschrieben worden.
Die Darlegungen des im erstinstanzlichen Verfahren zum Sachverständigen bestellten Facharztes für Innere Medizin Dr. Dr. F bzw. des statt seiner tätig gewordenen Arztes Dr. M in den Gutachten vom 27. Januar und 22. Juni 2004 sowie in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 9. Februar 2005 führen zu keinem anderen Ergebnis. Hierbei kann dahinstehen, ob und inwieweit diese Darlegungen überhaupt verwertbar sind. Denn aus ihnen ließen sich allenfalls weitere Indizien dafür herleiten, dass der Kläger, der hierin für die Zeit ab Abfassung dieser Äußerungen ebenfalls für vollschichtig leistungsfähig für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten gehalten worden ist, dieses auch schon zum Zeitpunkt der Rentenentziehung gewesen ist.
Dass zu der Asthma-Erkrankung des Klägers seit der Rentenbewilligung weitere Erkrankungen hinzugetreten sind, die bei der Bewilligung noch keine Rolle gespielt haben, ändert an dem vorstehenden Ergebnis ebenfalls nichts. Denn diese Erkrankungen sind von dem im Berufungsverfahren bestellten Sachverständigen Dr. S gewürdigt und bei der Feststellung des Leistungsvermögens als nicht beachtlich eingestuft worden. An dieser Einschätzung zu zweifeln, sieht der Senat keinen Anlass, weil sie sich wiederum mit den Ausführungen des Klinikzentrums B im Entlassungsbericht vom 17. Dezember 2001 deckt. Im Hinblick auf diese Ausführungen sowie die Darlegungen des Sachverständigen Dr. S hält der Senat den Sachverhalt in medizinischer Hinsicht für ausreichend geklärt und ebenso wie Dr. S die Einholung weiterer Sachverständigengutachten nicht für erforderlich.
Mit dem danach vorliegenden vollschichtigen Leistungsvermögen ist der Kläger seinerzeit in der Lage gewesen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Ob er nach der damaligen Lage auf dem Arbeitsmarkt eine offene Stelle hätte finden können, ist für die Entscheidung seines Falles unerheblich. Denn dieses Risiko ist bei einem vollschichtigen Leistungsvermögen des Versicherten in der Regel nicht von der Rentenversicherung, sondern von der Arbeitslosenversicherung zu tragen. Ein Fall, in dem wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung trotz vollschichtigen Leistungsvermögens ausnahmsweise eine Verschiebung des abzudeckenden Risikos auf die Rentenversicherung in Betracht kommen könnte, hat zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht vorgelegen. Das Leistungsvermögen des Klägers ist zwar in qualitativer Hinsicht mehrfach eingeschränkt gewesen. Diese Leistungseinschränkungen halten sich jedoch im Rahmen dessen, was durch den Begriff "leichte körperliche Tätigkeiten" umrissen wird.
Im Hinblick auf die im Fall des Klägers zu konstatierende deutliche Verbesserung seines Leistungsvermögens ist die Beklagte nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X verpflichtet gewesen, die Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer für die Zukunft aufzuheben. Das Aufhebungsdatum auf das Ende des Monats März 2002 festzulegen, begegnet hierbei weder nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X noch nach § 100 Abs. 3 Satz 1 SGB VI durchgreifenden Bedenken. Ferner liegt auch ein Fristversäumnis im Sinne des § 48 Abs. 4 SGB X nicht vor. Denn die Beklagte hat von der eingetretenen Veränderung erst aufgrund des Entlassungsberichts des Klinikzentrums B Kenntnis erlangt und hierauf nach Auswertung dieses Berichts umgehend reagiert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung der ihm von der Beklagten gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Ablauf des 31. März 2002.
Der 1967 geborene Kläger war nach seiner Ausbildung zum Teilfacharbeiter für maschinelle Blechumformung u. a. als Produktionsarbeiter, Anlagenfahrer, Transportarbeiter sowie zuletzt als Hilfsmaurer versicherungspflichtig beschäftigt. Nachdem er am 4. Mai 1993 beantragt hatte, ihm eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit zu gewähren, ließ ihn die Beklagte durch den Facharzt für Innere Medizin Dr. E begutachten. Dr. E kam in seinem Gutachten vom 24. November 1993 zu dem Ergebnis: Der Kläger leide seit seinem dritten Lebensjahr an einem infektbedingten Asthma bronchiale, das sich trotz hoch dosierter bronchospasmolytischer Behandlung im Laufe der Jahre verschlimmert habe. Jetzt liege eine schwere überwiegend obstruktive Ventilationsstörung vor, die sich nach körperlicher Belastung signifikant verstärke. Blutgasanalytisch handele es sich um eine manifeste respiratorische Partialinsuffizienz. Vor diesem Hintergrund sei dem Kläger seit 1991 eine regelmäßige Erwerbstätigkeit nicht mehr zumutbar. Auf der Grundlage dieses Gutachtens sah die Beklagte die diesbezüglichen Anspruchsvoraussetzungen seit dem 4. Mai 1993 als erfüllt an und gewährte dem Kläger mit ihrem Bescheid vom 3. Juni 1994 ab dem 1. Juni 1993 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer. Ein Ende 1997/Anfang 1998 durchgeführtes Nachuntersuchungsverfahren änderte hieran nichts.
Ende 2000 leitete die Beklagte ein erneutes Nachuntersuchungsverfahren ein und ließ den Kläger nunmehr durch die Ärztin für Innere Medizin Dr. R begutachten. Dr. R führte in ihrem Gutachten vom 1. August 2001 aus: Der Kläger leide an Asthma bronchiale, Hypertonie sowie einem Wirbelsäulensyndrom. Wegen der Asthma-Erkrankung sei eine Dauermedikation erforderlich, wobei unter Medikation jetzt spirometrisch eine gering- bis mittelgradige bzw. deutliche Obstruktion nachweisbar sei. Die Blutgasanalyse sei unauffällig. Leichte Arbeiten erschienen für drei bis unter sechs Stunden zumutbar. Allerdings sollte in einer pulmologischen Fachklinik ein Heilverfahren durchgeführt werden, um das Leistungsvermögen abschließend zu klären. Die Beklagte gewährte dem Kläger daraufhin in der Zeit vom 20. November bis zum 11. Dezember 2001 medizinische Leistungen zur Rehabilitation im Klinikzentrum B. Im Entlassungsbericht dieses Klinikzentrums vom 17. Dezember 2001 heißt es: Der Kläger leide neben einer Übergewichtigkeit sowie einer chronisch rezidivierenden Lumbalgie an einem infektbedingten Asthma bronchiale, das habe gebessert werden können. Funktionsdiagnostisch ergebe sich das Bild einer mäßigen Obstruktion bei Betonung der kleinen Atemwege. Hinweise auf eine Überblähung bestünden nicht. Die Blutgase seien normal. Die körperliche Leistungsfähigkeit sei aufgrund des Asthmas bronchiale eingeschränkt. Leichte bis mittelschwere Arbeiten im Stehen und Sitzen oder überwiegend Gehen könnten vollschichtig verrichtet werden. Zu vermeiden seien stärkere inhalative Belastungen sowie Nässe, Zugluft und extrem schwankende Temperaturen.
Nach entsprechender Anhörung entzog die Beklagte dem Kläger mit ihrem Bescheid vom 13. März 2002 die bislang gewährte Rente mit Ablauf des 31. März 2002. Gestützt auf § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) i. V. m. § 100 Abs. 3 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) führte sie zur Begründung aus: Im Vergleich zu den Verhältnissen bei Erteilung des Rentenbewilligungsbescheides sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Der Gesundheitszustand des Klägers habe sich insofern gebessert, als die ursprünglich schwere obstruktive Ventilationsstörung unter umfangreicher Medikation einer nur noch mäßigen Obstruktion gewichen sei. Die Blutgasanalytik sei normal und weise auf eine ungestörte Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe der Lungen hin. Zudem ließen sich Zeichen einer Lungenüberblähung als mögliche Folge einer langjährigen schwerwiegenden bronchialen Obstruktion nicht feststellen. Der Kläger sei wieder in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Eine Berufsunfähigkeit und erst recht eine Erwerbsunfähigkeit lägen damit nicht mehr vor. Den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger Arztbriefe seiner behandelnden Ärztin für Innere Medizin Dr. J vom 3. April 2002 und der radiologischen Klinik des P-Krankenhauses vom 5. April 2002 überreichte, wies die Beklagte mit ihrem Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2002 als unbegründet zurück.
Mit seiner Klage hat der Kläger weitere Unterlagen der Ärztin Dr. J überreicht und ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Beklagten könne er nach wie vor eine regelmäßige Erwerbstätigkeit nicht ausüben. Eine Besserung seines Gesundheitszustandes sei nicht eingetreten. Denn er leide neben einem durch Kortisongabe hervorgerufenen Übergewicht nach wie vor an einem schweren chronischen Asthma bronchiale, das weder heilbar sei noch durch die völlig unzureichenden Rehabilitiationsbehandlungen im Klinikzentrum Bhabe gebessert werden können. Zudem seien seit Rentenbeginn weitere Leiden, wie Bandscheibenvorfälle und Bluthochdruck, hinzugetreten, die seine Leistungsfähigkeit weiter einschränkten.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht der Ärztin Dr. J vom 10. Januar 2003 eingeholt und den Internisten Dr. Dr. F mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Anstelle des ernannten Sachverständigen hat jedoch der Arzt Dr. M den Kläger am 3. November 2003 untersucht und ein Gutachten formuliert, das unter dem 27. Januar 2004 von Dr. Dr. F unterzeichnet worden ist. Am 10. Mai 2004 hat Dr. Dr. F den Kläger persönlich angehört und sodann unter Bezugnahme auf die Untersuchungsergebnisse vom 3. November 2003 unter dem 22. Juni 2004 ein in wesentlichen Teilen mit dem früheren Gutachten übereinstimmendes Gutachten zu den Gerichtsakten gereicht. Hierin heißt es u. a.: Der Kläger leide an einem schweren, gemischtförmigen Asthma bronchiale mit extrinsischer Mitkomponente, einer essentiellen arteriellen Hypertonie, einer Adipositas per magna, degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und einem älteren Bandscheibenprolaps sowie einer reaktiven Depression. Trotz dieser Erkrankungen sei er in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu erbringen. Es erscheine allerdings sinnvoll, den durch jahrzehntelange Erfahrungen mit seiner Erkrankung entmutigten Kläger zunächst nur drei Stunden einzusetzen, um eine erfolgreiche Wiedereingliederung in das Arbeitsleben zu gewährleisten.
In der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2005 hat das Sozialgericht Dr. Dr. F ergänzend angehört und sodann mit seinem Urteil vom selben Tage den Bescheid der Beklagten vom 13. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2002 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Entziehung der mit Bescheid vom 3. Juni 1994 bewilligten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sei rechtswidrig. Denn eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen sei nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. Dr. F nicht eingetreten. Der Kläger leide noch immer an einem schweren chronischen Asthma bronchiale. Ferner seien weitere Erkrankungen hinzugetreten, die bei der Bewilligung der Rente noch keine Rolle gespielt hätten.
Gegen dieses ihr am 15. März 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11. April 2005 Berufung eingelegt und ausgeführt: Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei es im Verhältnis zu den Gegebenheiten, die 1994 zur Berentung des Klägers geführt hätten, spätestens Ende 2001 zu einer signifikanten Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers gekommen. Diese Besserung, die sich trotz des weiterhin bestehenden Asthmas bronchiale vor allem an den deutlich verbesserten Lungenfunktionswerten ablesen lasse, bringe es mit sich, dass der seinerzeit nicht leistungsfähige Kläger seit spätestens Ende 2001 mit weiteren qualitativen Einschränkungen für leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig einsatzfähig sei. Die weiterhin festgestellten Erkrankungen änderten hieran nichts, weil auch sie nur qualitative, nicht jedoch quantitative Einschränkungen nach sich zögen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 9. Februar 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angegriffene Urteil im Ergebnis für zutreffend.
Der Senat hat Befundberichte der Internistin Dr. J vom 20. September 2005 und des Orthopäden Dipl.-Med. K vom 5. Oktober 2005 eingeholt. Ferner hat er den Facharzt für Innere Medizin Dr. S mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens nach Aktenlage beauftragt und auf Veranlassung des Klägers ergänzend um Beantwortung verschiedener Fragen gebeten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird insbesondere auf das von Dr. S erstellte Sachverständigengutachten vom 29. März 2006 sowie dessen ergänzende Ausführungen vom 27. Juni 2007 Bezug genommen. Des Weiteren hat der frühere Berichterstatter zwei Erörterungstermine durchgeführt, hinsichtlich deren Ergebnisse auf die Niederschriften vom 11. Juli 2006 und 20. Februar 2007 verwiesen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist unzutreffend. Es musste deshalb aufgehoben werden. Die Klage musste abgewiesen werden.
Zu Recht ist das Sozialgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Klage in Gestalt der isolierten Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig ist. Das Begehren des Klägers ist zwar der Sache nach auf die Weitergewährung der ihm von der Beklagten bislang zuerkannten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer über den 31. März 2002 hinaus gerichtet. Dieses Ziel kann der Kläger jedoch durch bloße Anfechtung des klageröffnenden Bescheides vom 13. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2002 erreichen, mit dem die Beklagte ihm die zuvor bewilligte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer mit Ablauf des 31. März 2002 entzogen hat. Denn würde dieser Bescheid durch das Gericht aufgehoben, würde der zuvor maßgebliche Rentenbewilligungsbescheid vom 3. Juni 1994, bei dem es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, wieder aufleben und der Kläger würde dadurch die Rechtsposition wiedererlangen, die ihm vor Erlass des angefochtenen Bescheides zuerkannt gewesen ist.
Die danach zutreffend erhobene Anfechtungsklage ist jedoch unbegründet. Denn der Entziehungsbescheid vom 13. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zunächst ist der Bescheid in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Denn die Beklagte hat dem Kläger insbesondere mit ihrem Schreiben vom 7. Februar 2002 gemäß § 24 Abs. 1 SGB X ordnungsgemäß zu der beabsichtigten Rentenentziehung angehört. Zudem begegnet der Bescheid auch in materieller Hinsicht keinen Bedenken.
Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, ist maßgebliche Rechtsgrundlage für den Entziehungsbescheid § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist – im Wege einer gebundenen Entscheidung – ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Diese Vorschrift ist im Fall des Klägers anwendbar. Soweit sie nicht heranzuziehen ist, wenn die Korrektur eines anfänglich rechtswidrigen Verwaltungsaktes in Rede steht, ist eine solche Konstellation hier nicht gegeben. Denn der Rentenbewilligungsbescheid vom 3. Juni 1994 ist bei seinem Erlass rechtmäßig gewesen, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erfüllt gewesen sind und der Kläger auch erwerbsunfähig im Sinne des § 44 Abs. 2 SGB VI gewesen ist. Die Voraussetzungen der vorgenannten Vorschrift, wonach Erwerbsunfähigkeit anzunehmen ist, wenn der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande gewesen ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt, sind seinerzeit erfüllt gewesen. Dies ergibt sich für den Senat aus den in sich stimmigen Ausführungen des vor der Erteilung des Bewilligungsbescheides vom 3. Juni 1994 von der Beklagten mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragten Facharztes für Innere Medizin Dr. E vom 24. November 1993, der insbesondere mit Blick auf das bei dem Kläger diagnostizierte infektbedingte Asthma bronchiale zu dem Ergebnis gekommen ist, dem Kläger sei bereits seit 1991 eine regelmäßige Erwerbstätigkeit nicht mehr zumutbar gewesen. Diese nachvollziehbar begründete Einschätzung hält der Senat in jeder Hinsicht für überzeugend. Denn sie beruht zum einen auf einer körperlichen Untersuchung des Klägers sowie zum anderen auf den im Rahmen der Begutachtung erhobenen Lungenfunktionsbefunden, aus denen bereits für sich genommen auf das Vorliegen einer sich unter Belastung verstärkenden schweren überwiegend obstruktiven Ventilationsstörung geschlossen werden kann. Die Ausführungen des im Berufungsverfahren zum Sachverständigen ernannten Facharztes für Innere Medizin Dr. S in seinem Gutachten vom 29. März 2006 vermögen an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Denn abgesehen davon, dass auch dieser Sachverständige den damaligen lungenfunktionsanalytischen Befunden entnommen hat, das bei dem Kläger seinerzeit jedenfalls eine mittelgradige bis schwere Störung der Lungenbelüftung über die Atemwege (Ventilationsstörung) bestanden hat, ist festzuhalten, dass der gerichtliche Sachverständige seine Erkenntnisse zum damaligen Gesundheitszustand des Klägers rückschauend allein aufgrund der Aktenlage gewonnen hat. Wenn er vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis gelangt ist, der Kläger sei seinerzeit in der Lage gewesen, mit bestimmten näher beschriebenen Einschränkungen zwei Stunden bzw. sogar drei bis sechs Stunden am Tag erwerbstätig zu sein, kommt diesen Ausführungen gegenüber den Darlegungen des zeitnah mit der Begutachtung betrauten Gutachters Dr. E, der den Kläger auch körperlich untersucht hat, eine geringere Überzeugungskraft zu.
Entgegen der Auffassung des Klägers und des Sozialgerichts sind auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X erfüllt. Hierbei ist in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen, hier also auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2002. Spätere Änderungen sind unbeachtlich. Sie sind – soweit mit dem auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X gestützten Bescheid eine Begünstigung aufgehoben worden ist, auf die nach Erlass des Widerspruchsbescheides wieder Anspruch besteht – im Rahmen eines neuen Antragsverfahrens gegenüber der Behörde geltend zu machen. Für die gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Entziehungsbescheides haben sie keine Bedeutung.
Im Übrigen sind bei der Prüfung der Entziehungsvoraussetzungen die Vorgaben des § 302 b Abs. 1 SGB V zu beachten, der mit Blick auf die zum 1. Januar 2001 eingetretenen Gesetzesänderungen im Bereich der Erwerbsminderungsrenten Besitzschutz garantiert. Danach besteht in den Fällen, in denen am 31. Dezember 2000 ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit bestand, der jeweilige Anspruch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter, so lange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Bewilligung der Leistung maßgebend waren. Dies bedeutet für den Fall des Klägers, dass zu prüfen ist, ob im Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2002 nach Maßgabe des bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Rechts eine wesentliche Änderung der Sachlage vorgelegen hat.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist unter Berücksichtigung der vorstehenden Vorgaben im Fall des Klägers eine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage zu bejahen. Denn der Kläger ist spätestens seit Abschluss des in der Zeit vom 20. November bis zum 11. Dezember 2001 im Klinikzentrum B durchgeführten Heilverfahrens wieder in der Lage gewesen, vollschichtig jedenfalls körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten unter Witterungsschutz im Freien und unter Vermeidung von Hitze und Kälte, starken Temperaturschwankungen, Staub, Feuchtigkeit und Zugluft sowie Hautreizstoffen in geschlossenen Räumen, ohne einseitige körperliche Belastung und ohne Zwangshaltungen wie Bücken, Beugen, Kriechen, Hocken, Kauern etc., ohne sicheren Halt wie auf Leitern und Gerüsten, ohne besondere Belastung der Stimme, ohne Zeitdruck sowie nicht in Nachtschicht auszuüben. Insoweit folgt der Senat der Einschätzung des im Berufungsverfahren zum Sachverständigen ernannten Facharztes für Innere Medizin Dr. S in seinem Gutachten vom 29. März 2006 nebst ergänzender Stellungnahme vom 27. Juni 2007, das auf einem umfassenden Aktenstudium beruht und bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt in sich schlüssig und widerspruchsfrei erscheint. Danach ist es, was der Sachverständige nachvollziehbar insbesondere aus den von der Mitarbeit des Klägers unabhängigen Lungenfunktionsbefunden hergeleitet hat, spätestens Ende 2001 zu einer signifikanten Besserung der allerdings nach wie vor bestehenden chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung gekommen mit der Folge, dass diese Erkrankung einem vollschichtigen Arbeitseinsatz nicht mehr entgegengestanden hat. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit den Ausführungen des Klinikzentrums B im Entlassungsbericht vom 17. Dezember 2001. Denn auch dort ist hinsichtlich der Asthma-Erkrankung nur noch von einer mäßigen Obstruktion bei Betonung der kleinen Atemwege, fehlenden Hinweisen auf eine Überblähung sowie normalen Blutgasen die Rede. Ferner ist das Leistungsvermögen des Klägers, der während seines Rehabilitationsaufenthalts im Klinikzentrum B immerhin drei Wochen beobachtet und behandelt worden ist, ebenfalls als vollschichtig beschrieben worden.
Die Darlegungen des im erstinstanzlichen Verfahren zum Sachverständigen bestellten Facharztes für Innere Medizin Dr. Dr. F bzw. des statt seiner tätig gewordenen Arztes Dr. M in den Gutachten vom 27. Januar und 22. Juni 2004 sowie in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 9. Februar 2005 führen zu keinem anderen Ergebnis. Hierbei kann dahinstehen, ob und inwieweit diese Darlegungen überhaupt verwertbar sind. Denn aus ihnen ließen sich allenfalls weitere Indizien dafür herleiten, dass der Kläger, der hierin für die Zeit ab Abfassung dieser Äußerungen ebenfalls für vollschichtig leistungsfähig für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten gehalten worden ist, dieses auch schon zum Zeitpunkt der Rentenentziehung gewesen ist.
Dass zu der Asthma-Erkrankung des Klägers seit der Rentenbewilligung weitere Erkrankungen hinzugetreten sind, die bei der Bewilligung noch keine Rolle gespielt haben, ändert an dem vorstehenden Ergebnis ebenfalls nichts. Denn diese Erkrankungen sind von dem im Berufungsverfahren bestellten Sachverständigen Dr. S gewürdigt und bei der Feststellung des Leistungsvermögens als nicht beachtlich eingestuft worden. An dieser Einschätzung zu zweifeln, sieht der Senat keinen Anlass, weil sie sich wiederum mit den Ausführungen des Klinikzentrums B im Entlassungsbericht vom 17. Dezember 2001 deckt. Im Hinblick auf diese Ausführungen sowie die Darlegungen des Sachverständigen Dr. S hält der Senat den Sachverhalt in medizinischer Hinsicht für ausreichend geklärt und ebenso wie Dr. S die Einholung weiterer Sachverständigengutachten nicht für erforderlich.
Mit dem danach vorliegenden vollschichtigen Leistungsvermögen ist der Kläger seinerzeit in der Lage gewesen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Ob er nach der damaligen Lage auf dem Arbeitsmarkt eine offene Stelle hätte finden können, ist für die Entscheidung seines Falles unerheblich. Denn dieses Risiko ist bei einem vollschichtigen Leistungsvermögen des Versicherten in der Regel nicht von der Rentenversicherung, sondern von der Arbeitslosenversicherung zu tragen. Ein Fall, in dem wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung trotz vollschichtigen Leistungsvermögens ausnahmsweise eine Verschiebung des abzudeckenden Risikos auf die Rentenversicherung in Betracht kommen könnte, hat zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht vorgelegen. Das Leistungsvermögen des Klägers ist zwar in qualitativer Hinsicht mehrfach eingeschränkt gewesen. Diese Leistungseinschränkungen halten sich jedoch im Rahmen dessen, was durch den Begriff "leichte körperliche Tätigkeiten" umrissen wird.
Im Hinblick auf die im Fall des Klägers zu konstatierende deutliche Verbesserung seines Leistungsvermögens ist die Beklagte nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X verpflichtet gewesen, die Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer für die Zukunft aufzuheben. Das Aufhebungsdatum auf das Ende des Monats März 2002 festzulegen, begegnet hierbei weder nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X noch nach § 100 Abs. 3 Satz 1 SGB VI durchgreifenden Bedenken. Ferner liegt auch ein Fristversäumnis im Sinne des § 48 Abs. 4 SGB X nicht vor. Denn die Beklagte hat von der eingetretenen Veränderung erst aufgrund des Entlassungsberichts des Klinikzentrums B Kenntnis erlangt und hierauf nach Auswertung dieses Berichts umgehend reagiert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
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