Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 2 Kr 426/93
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 14 Kr 2/94
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Leistungsgewährung im System der gesetzlichen Krankenversicherung beruht auf mehrseitigen und mehrstufigen Rechtsbeziehungen zwischen Versicherten bzw. Mitgliedern, Krankenkasse, Kassenarzt/Kassenzahnarzt und Kassenärztlicher/Kassenzahnärztlicher Vereinigung (Sozialrechtsverhältnis).
2. Nach der Systematik des SGB V setzt ein Sozialrechtsverhältnis eine „Versicherung” und die daraus abgeleitete „Mitgliedschaft” bei gleichzeitiger Bestimmung des anspruchsberechtigten Personenkreises voraus (erste Stufe). Erst dann kann das schuldrechtliche Versicherungsverhältnis im Leistungsfall (Versicherungsfall) für nachfolgend zu gewährende Leistungen entstehen.
3. Das so entstandene schuldrechtliche Versicherungsverhältnis besteht aus einem „Leistungsgrundverhältnis” und einem „Leistungserfüllungsverhältnis” (zweite Stufe). Bei der kassenärztlichen/vertragsärztlichen Versorgung ergeben sich dann im Leistungserfüllungsverhältnis weitere eigenständige Rechtsbeziehungen (dritte Stufe) durch die Einschaltung dritter Leistungserbringer.
4. Der Fortbestand einer Leistungszusage der Krankenkasse zu den Aufwendungen einer kieferorthopädischen Behandlung setzt dementsprechend voraus, daß ein an den vertragszahnärztlicher (kassenzahnärztlicher) Versorgung zugelassener Zahnarzt die Behandlung durchführt und planmäßig zum Abschluß bringt.
5. Verzichtet ein an der vertragszahnärztlichen (kassenzahnärztlichen) Versorgung zugelassener Zahnarzt auf seine von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung erteilte Zulassung, so kann die Weiterführung der kieferorthopädischen Behandlung nur auf privater Basis erfolgen.
2. Nach der Systematik des SGB V setzt ein Sozialrechtsverhältnis eine „Versicherung” und die daraus abgeleitete „Mitgliedschaft” bei gleichzeitiger Bestimmung des anspruchsberechtigten Personenkreises voraus (erste Stufe). Erst dann kann das schuldrechtliche Versicherungsverhältnis im Leistungsfall (Versicherungsfall) für nachfolgend zu gewährende Leistungen entstehen.
3. Das so entstandene schuldrechtliche Versicherungsverhältnis besteht aus einem „Leistungsgrundverhältnis” und einem „Leistungserfüllungsverhältnis” (zweite Stufe). Bei der kassenärztlichen/vertragsärztlichen Versorgung ergeben sich dann im Leistungserfüllungsverhältnis weitere eigenständige Rechtsbeziehungen (dritte Stufe) durch die Einschaltung dritter Leistungserbringer.
4. Der Fortbestand einer Leistungszusage der Krankenkasse zu den Aufwendungen einer kieferorthopädischen Behandlung setzt dementsprechend voraus, daß ein an den vertragszahnärztlicher (kassenzahnärztlicher) Versorgung zugelassener Zahnarzt die Behandlung durchführt und planmäßig zum Abschluß bringt.
5. Verzichtet ein an der vertragszahnärztlichen (kassenzahnärztlichen) Versorgung zugelassener Zahnarzt auf seine von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung erteilte Zulassung, so kann die Weiterführung der kieferorthopädischen Behandlung nur auf privater Basis erfolgen.
I. Die Berufungen des Klägers und des Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 9. November 1993 werden zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Fortbestand einer Leistungszusage zu den Aufwendungen einer kieferorthopädischen Behandlung.
Der 19 ... geborene Kläger ist über seinen Vater, der pflichtversichertes Mitglied der Beklagten ist, familienversichert. Auf einen von dem Zahnarzt Dr. S. erstellten kieferorthopädischen Behandlungsplan entschied die Beklagte, sich ab Quartal III/90 an den Aufwendungen der kieferorthopädischen Behandlung mit einem Zuschuß in Höhe von 80 v.H. der Vertragskosten zu beteiligen. Der verbleibende Eigenanteil sollte nach planmäßigem Behandlungsabschluß erstattet werden (Bescheid vom 10. September 1990). Im Verlaufe der Behandlung kam es dann ab Quartal III/92 zu einem Behandlerwechsel. Der (durch Beschluss vom 9. Juli 1993) beigeladene Zahnarzt Dr. R. teilte der Beklagten durch Schreiben vom 1. September 1992 mit, daß er die kieferorthopädische Behandlung fortführe, worauf die Beklagte auch insoweit Leistungszusage erteilte.
Mit Schreiben vom 17. Februar 1993 teilte die Beklagte dem Kläger mit, "daß der (behandelnde) Kieferorthopäde seine Zulassung an der vertragsärztlichen Versorgung zum 31. Dezember 1992 zurückgegeben habe. Unter dieser Voraussetzung könne die Weiterführung der kieferorthopädischen Behandlung nur auf privater Basis erfolgen.” Zur Vermeidung finanzieller Nachteile empfahl die Beklagte die Frage eines Behandlerwechsels zu prüfen, wies aber darauf hin, daß ein Kostenerstattungsanspruch nur dann bestehe, wenn ein Vertragszahnarzt in Anspruch genommen werde (Schreiben vom 19. Februar 1993).
Den am 19. Februar 1993 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 1993 zurück. Ein Anspruch bestehe nur bis zum Ablauf des Quartals I/93.
Hiergegen hat der Kläger am 1. Juni 1993 Klage vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben und vorgetragen, daß ein Wechsel zu einem anderen Kieferorthopäden erhebliche Zusatzkosten auslöse. Der Kläger hat geltend gemacht, daß ein Erfolg der Behandlung in hohem Maße von einem – hier bestehenden – Vertrauensverhältnis zu seinem behandelnden Zahnarzt abhänge. Deshalb weigere er sich, sich von einem anderen Kieferorthopäden behandeln zu lassen. Im übrigen bestehe auch keine Möglichkeit, die Behandlung in W. und Umgebung zu Ende zu führen, weil die dortigen Kieferorthopäden die Behandlungsmethode des Beigeladenen nicht beherrschten.
Der Beigeladene hat vorgetragen, daß sein Verzicht auf Kassenzulassung eine Einzelentscheidung darstelle ("kein kollektiver Verzicht”). Um die laufenden Behandlungsfälle abzuschließen und den Patienten keine wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu bereiten, habe er sich entschlossen, die fortlaufende Behandlung zu den aktuellen Kassenkonditionen abzurechnen. Ein aufgezwungener Zahnarztwechsel werde keine Kostenersparnis bringen.
Durch Urteil vom 9. November 1993 hat das Sozialgericht Wiesbaden die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, daß die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet sei, dem Kläger die Kosten in Höhe von 80 v.H. für die kieferorthopädische Behandlung bei dem Beigeladenen über das erste Quartal 1993 hinaus zu erstatten. Es fehle an dem anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmal der Zulassung des Beigeladenen zur vertragsärztlichen (kassenärztlichen) Versorgung. Nur unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten könnten die Versicherten frei wählen. Dem Kläger sei im übrigen ein Wechsel zu einem zugelassenen Zahnarzt zumutbar, weil die vertragszahnärztliche Versorgung im Raum Wiesbaden sichergestellt sei. Eine Versorgungslücke bestehe nicht. Da nach einer Auskunft der Kassenzahnärztlichen Vereinigung der Verzicht des Beigeladenen ein Einzelfall sei, entfalle eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten auch nach der gesetzlichen Regelung, wonach bei einem abgestimmten Verfahren die Krankenkassen mit befreiender Wirkung zu zahlen hätten.
Gegen dieses der Prozeßbevollmächtigten des Klägers und dem Prozeßbevollmächtigten des Beigeladenen am 24. November 1993 zugestellte Urteil richten sich die mit Schriftsätzen vom 20. Dezember 1993 – eingegangen bei dem Sozialgericht Wiesbaden am 21. Dezember 1993 – eingelegten Berufungen des Klägers und des Beigeladenen, mit denen sie sich unter Wiederholung ihres Rechtstandpunktes gegen die getroffene Entscheidung des Sozialgerichts wenden.
Der Kläger vertritt ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen die Auffassung, daß die weitere Behandlung durch den Beigeladenen durchaus als Notfallbehandlung zu qualifizieren sei, weil ihm kein anderer Vertragszahnarzt zur Verfügung stehe, der ihn nach der von dem Beigeladenen beherrschten sogenannten "Rickettsmethode” erfolgreich behandeln könne.
Der Kläger und der Beigeladene beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 9. November 1993 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 17. Februar 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 1993 zu verurteilen, dem Kläger die durch die kieferorthopädische Behandlung entstehenden Kosten über den 31. März 1993 hinaus in gesetzlichem Umfang zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie bestreitet, daß nur der Beigeladene eine erfolgversprechende Behandlung habe sicherstellen können. Insoweit sei zu beachten, daß der Beigeladene die kieferorthopädische Behandlung mit herkömmlichen Behandlungsmaßnahmen durchführe, wie sie bereits im Behandlungsplan des Erstbehandlers Dr. S. aufgestellt worden seien. Eine Abweichung hiervon ergebe sich nicht.
Zum Vorbringen der Beteiligten im übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsverfahrensakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Die Berufung ist aber sachlich nicht begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden ist zu Recht ergangen. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 1993 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf den Fortbestand der Leistungszusage zur Gewährung eines Zuschusses von 80 v.H. zu den Aufwendungen der kieferorthopädischen Behandlung durch den Beigeladenen über den 31. März 1993 hinaus.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlaß eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Diese Voraussetzungen für eine Änderung einer bestandskräftigen Verwaltungsentscheidung (als Dauerverwaltungsakt; vgl. BSG, Urteil vom 6. Juni 1991 – 3 RK 12/90 –) liegen vor. Ausgangspunkt ist insoweit der Bescheid vom 10. September 1990, mit dem die Beklagte entschieden hat, sich an den Aufwendungen der kieferorthopädischen Behandlung mit einem Zuschuß in Höhe von 80 v.H. der Vertragskosten zu beteiligen und den zunächst verbleibenden Eigenanteil nach planmäßigem Behandlungsabschluß zu erstatten. Bei einem Vergleich der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt dieser Entscheidung und denjenigen im Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung (Bescheid vom 17. Februar 1993, Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 1993) ist eine wesentliche Änderung dadurch eingetreten, daß der Beigeladene als behandelnder Zahnarzt auf seine Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung verzichtet hat. Damit steht die von der Beklagten ursprünglich erteilte Leistungszusage nicht mehr im Einklang mit ihrem Satzungsrecht und dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, wie es im Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) normiert ist.
Nach § 29 Abs. 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstruktur-Gesetz –GSG–) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) haben Versicherte Anspruch auf Übernahme von 80 vom Hundert der Kosten der im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführten kieferorthopädischen Behandlung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen (gleichlautend die Vorschrift des § 29 Abs. 1 in der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden Fassung: "kassenärztliche Versorgung”). Die Satzungsbestimmungen der Beklagten stellen bei der Festlegung der Leistungen an Versicherte auf diese Vorschrift ab (vgl. § 24 Abs. 1 der Satzung der Beklagten; Stand: 1. Januar 1993 und 1. Oktober 1993). Aus diesen Rechtsgrundlagen ergibt sich, daß die Entstehung eines gesetzlichen Anspruchs auf Kostenerstattung für die Aufwendungen der kieferorthopädischen Behandlung voraussetzt, daß ein an der vertragszahnärztlichen (kassenzahnärztlichen) Versorgung zugelassener Zahnarzt (§ 76 Abs. 1 SGB V) den die kieferorthopädische Behandlung auslösenden Versicherungsfall zunächst festsetzt und anschließend nach Vorlage des Behandlungsplans an die Krankenkasse (und entsprechender Genehmigung) planmäßig durchführt. Nach der Konzeption des § 29 Abs. 1 SGB V wird darauf abgestellt, daß die zugesagte Kostenerstattung "im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung erfolgt”. Der Versicherte bleibt – trotz Abweichung vom Prinzip der Naturalleistung – Kassenpatient (so bereits BR-Drucks. 200/88, S. 171). In Abweichung vom Naturalleistungsprinzip bestimmt demgemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 SGB V, daß die Krankenkasse ihre Leistungspflicht nach Abs. 1 erfüllt, indem sie den von ihr zu tragenden Anteil an den Kosten der kieferorthopädischen Versorgung an die Kassenzahnärztliche Vereinigung zahlt. Die Zahlung an die zur Annahme verpflichtete kassenzahnärztliche Vereinigung erfolgt mit befreiender Wirkung (Satz 2). Der Zahnarzt hat insoweit keinen Zahlungsanspruch gegen den Versicherten (Satz 3). Da im vorliegenden Fall der Beigeladene behandelnde Zahnarzt auf seine von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung erteilte Zulassung während der noch andauernden Behandlung verzichtet hat, mußte die Beklagte gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X wegen einer wesentlichen Änderung für die Zukunft eine neue Verwaltungsentscheidung treffen. Dies hat die Beklagte rechtsfehlerfrei mit Wirkung vom 1. April 1993 getan (Bescheid vom 17. Februar 1993, Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 1993). Zwar wird damit durch Änderung einer zuvor bindenden Verwaltungsentscheidung in einen laufenden Behandlungsfall eingegriffen. Diese Ausgangssituation kennzeichnet jedoch den Regelfall des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Dem Leistungsträger wird hierdurch eine Anpassung an geänderte Verhältnisse in einer längerdauernden Leistungsbeziehung eröffnet (vgl. Hess. Landessozialgericht, Urteil vom 18. Oktober 1990 – L-1/Kr-701/89 –). Diese längerdauernden Leistungsbeziehungen beruhen im Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung auf zum Teil mehrseitigen und mehrstufigen Rechtsbeziehungen. Insoweit ist es deshalb erforderlich, das hierbei entstehende Beziehungsgeflecht bei der Erbringung der dem Versicherten zustehenden Leistungen herauszuarbeiten, wenn, wie die ärztliche bzw. zahnärztliche Behandlung zeigt, neben Versicherten und Krankenkassen noch dritte Leistungserbringer in das Leistungsgeschehen eingeschaltet sind. Der erkennende Senat geht hierbei von folgenden Grundsätzen aus:
Ausgangspunkt der zwischen Versicherten und Krankenkassen bestehenden Rechtsbeziehungen ist der Anspruch der Versicherten auf eine Sozialleistung und die diesem Anspruch entsprechende Leistungspflicht der Krankenkassen als Leistungsträger. Als solche sind sie sachlich für die Erbringung der in den §§ 4 Abs. 2, 21 Abs. 1 SGB I und die im SGB V normierten sozialen Rechte zuständig. Die im Rahmen dieses gesetzlichen Auftrags im Leistungsfall entstehenden individualrechtlichen Beziehungen zwischen Krankenkassen und Versicherten vollziehen sich in einem als Sozialrechtsverhältnis bezeichneten, in der Regel auf Dauer angelegten gegenseitigen Verhältnis, das die Gesamtheit der materiellen Rechtsbeziehungen zwischen einem Leistungsträger und einem Leistungsberechtigten erfaßt. Dieses Sozialrechtsverhältnis und mit ihm das sozialversicherungs- oder krankenversicherungsrechtliche Leistungsverhältnis ist mithin ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis mit dem Leistungsberechtigten als Gläubiger und dem Leistungsträger (Krankenkasse) als Schuldner (Allg. Meinung; vgl. Kass. Komm./Seewald, vor §§ 38 bis 47 SGB I Rdnr. 1; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 458 b, e). Kennzeichnend für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ist insoweit eine Doppelnatur des Rechtsverhältnisses (einerseits Mitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, andererseits schuldrechtsähnliche Beziehung), dessen Begründung, Aufrechterhaltung und Gestaltung letztlich der Erfüllung der Hauptpflicht, der Erbringung einer Sozialleistung (§§ 11, 18 bis 29 SGB I) dient (vgl. Kass. Komm./Seewald, a.a.O., Rdnr. 6 m.w.N.). Das Bestehen einer Versicherung oder Mitgliedschaft ist nach der gesetzlichen Systematik des SGB V Voraussetzung für den hieraus folgenden Leistungsfall (Versicherungsfall) im Rahmen der Erfüllung der jeweiligen gesetzlichen Ansprüche (zu den Rechtsbeziehungen und zu dem Vertragssystem im SGB V vgl. Haus, Die Einführung der Kostenerstattung im Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen, Wiesbaden 1993, S. 78 ff., 93 f.). Ausgehend von dem Entstehen und dem Beginn der Rechtsbeziehungen läßt sich der im Rahmen des Sozialrechtsverhältnisses ergebende schuldrechtliche bzw. schuldrechtsähnliche Teil auf der Grundlage der im Schrifttum (vgl. dazu Hertwig, Das Verwaltungsrechtsverhältnis der Mitgliedschaft Versicherter in einer gesetzlichen Krankenkasse, München 1989, S. 145, 185 ff.) vorgenommenen Differenzierung anschaulich und dogmatisch praktikabel auf der zweiten Stufe, dem schuldrechtlichen Versicherungsverhältnis darstellen und konzipieren. Danach besteht das schuldrechtliche Versicherungsverhältnis zwischen Krankenkassen und Versicherten aus einem Leistungsgrund- und einem Leistungserfüllungsverhältnis. Das Grundverhältnis besteht ausschließlich zur Krankenkasse und beruht auf der Versicherung bzw. der Mitgliedschaft der davon betroffenen Personenkreise. Am Leistungserfüllungsverhältnis hingegen können dritte Leistungserbringer beteiligt sein, wie die kassenärztliche und kassenzahnärztliche Versorgung zeigt. Während sich der Anspruch auf Geldleistungen sowohl im Grund- als auch im Leistungserfüllungsverhältnis allein gegen die Krankenkasse richtet, ergibt sich etwas anderes für die Erbringung der Sachleistung im kassenärztlichen Versorgungssystem. Dort kommt es entscheidend darauf an, wie der Anspruch des Versicherten in die Beziehungsstruktur "Grund- und Erfüllungsverhältnis” einzuordnen ist, welche Leistung also die Krankenkasse dem Versicherten schuldet und welche rechtlichen Konsequenzen sich hieraus z.B. bei Leistungsstörungen ergeben. Entweder die Krankenkasse schuldet ihrem Versicherten als Sachleistung die von dem Kassenarzt ausgeführte Behandlung; dann haftet sie für verschuldete Fehler ihres Verwaltungshelfers. Oder aber die Krankenkasse schuldet lediglich die Sicherstellung oder Bereitstellung eines ärztlichen Leistungsangebots (während die Leistungserbringung selbst eine rein privatrechtlich zu bewertende Tätigkeit ist); dann haftet sie nicht für die Fehler bei der Leistungserbringung (so Borchert, SF 1990, S. 269). Eine Antwort zu dieser Frage liefert zunächst § 27 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung. Diese umfaßt u.a. die hier im Streit stehende zahnärztliche Behandlung. Bei erster Betrachtung könnte durchaus die erste Alternative als erfüllt gelten, also ein Anspruch der Versicherten sowohl im Grund- als auch im Erfüllungsverhältnis zur Krankenkasse angenommen werden, wären da nicht die Vorschriften über die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung. § 72 Abs. 1 SGB V bestimmt ausdrücklich, daß Ärzte, Zahnärzte und Krankenkassen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammenwirken. Damit läßt sich die These, daß die Krankenkasse die ärztliche Behandlung als solche schulde, nicht aufrechterhalten. Sicherstellungsauftrag und Sachleistungsanspruch sind keine deckungsgleichen Komponenten und lassen sich deshalb nicht einheitlich in die Struktur "Grund- und Erfüllungsverhältnis” einordnen, wie dies z.B. bei Geldleistungen der Fall ist. Ausgehend von dieser Struktur der Beziehungen steht für das Grundverhältnis die Regelung des § 27 SGB V in Form des Naturalleistungs-/Sachleistungsanspruchs des Versicherten gegenüber der Krankenkasse. Erbracht und konkret erfüllt wird dieser Sachleistungsanspruch hingegen von den Kassenärzten im Rahmen des Vertragssystems der kassenärztlichen Versorgung. Dies vollzieht sich mithin im Leistungserfüllungsverhältnis. Die Krankenkasse schuldet dem Versicherten insoweit nur "vorausliegende Tätigkeiten” (Hertwig, a.a.O., S. 197), nämlich ihren Beitrag zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung, den Nachweis der zur Erfüllung geeigneten und bereiten Ärzte. Dazu trifft § 76 Abs. 1 SGB V die Regelung, daß die Versicherten unter den zu der vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten (Kassenärzten) frei wählen können. Eine Einflußnahme der Krankenkasse bei der Anbahnung der ärztlich zu erbringenden Leistung ist danach ausgeschlossen und auch nicht beabsichtigt.
Die Leistungserfüllung bei der kassenzahnärztlichen Versorgung wiederum beruht auf der im Verlaufe der historischen Entwicklung (aus der dazu vorliegenden Literatur vgl. Darstellungen bei Schneider, Kassenarztrecht, S. 4 ff.; B. Tiemann/S. Tiemann, Kassenarztrecht, S. 287; Hertwig, a.a.O., S. 143 ff., 258 ff.) entstandenen Organisationsstrukturen, die im SGB V im wesentlichen unverändert geblieben sind. Bereits nach altem Recht der Reichsversicherungsordnung dominierte die geschlossene Systematik einer konsequenten Zuordnung der Sicherstellung der ambulanten ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung der Versicherten in einem durch gesetzliche Rahmenbedingungen vorgegebenen und durch Vertragsnormen ausgestalteten Beziehungsgefüge (vgl. Schirmer, MedR 1989, S. 272) zwischen den Organisationen der gesetzlichen Krankenversicherung und den ärztlichen Leistungserbringern als Mitglieder der Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen. Der bisher schon vorhandene Trend zu Kollektivverträgen ist im SGB V nicht nur fortgeführt, sondern umfassend zur Grundlage der Rechtsbeziehungen zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern, ihren Institutionen und Verbänden weiterentwickelt worden (vgl. dazu Heinze, SGb 1990, S. 173). Diese gesetzlich vorgesehene Sicherstellung umschreiben die §§ 70 Abs. 1, 72 Abs. 2 SGB V mit der Zielsetzung der Gewährleistung einer bedarfsgerechten, gleichmäßigen, ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse. Normadressaten zur Sicherstellung sind nach dem gesetzlichen Auftrag damit ersichtlich die Krankenkassen und die Vertragsärzte bzw. Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen. Im Rahmen dieses Vertragssystems erstreckt sich die Rechtsmacht des Vertragszahnarztes darauf, mit rechtlicher Bindungswirkung für die zuständige Krankenkasse im "Leistungserfüllungsverhältnis” festzusetzen, welche "nach Zweck oder Art bestimmten Dienste oder Sachen zur Krankenbehandlung medizinisch notwendig zu erbringen sind” (so BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993 – 4 RK 5/92 –). In diesem Vertragssystem bestimmt dementsprechend für die vorliegend strittige Leistungsart § 29 Abs. 2, daß die Krankenkasse ihre Leistungspflicht erfüllt, indem sie den von ihr zu tragenden Anteil an den Kosten an die kassenzahnärztliche Vereinigung zahlt. Die Zahlung an die zur Annahme verpflichtete Kassenzahnärztliche Vereinigung erfolgt mit befreiender Wirkung. Die konkrete Leistungserbringung vollzieht sich also bei Einschaltung dritter Leistungserbringer im "Leistungserfüllungsverhältnis” auf der Grundlage des Vertragssystems der kassenärztlichen Versorgung. Dementsprechend übernehmen die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die normierte Sicherstellung in dem in § 73 Abs. 2 SGB V festgelegten Umfang, Entsprechend der Vertragsstruktur und der damit verbundenen gesetzgeberischen Zielsetzung einer kassenärztlichen Versorgung durch freiberuflich tätige Kassenärzte und Kassenzahnärzte haben die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen diesen Sicherstellungsauftrag primär durch ihre eigenen Mitglieder, die zugelassenen Kassenärzte und zugelassenen Kassenzahnärzte (§ 95 Abs. 1 SGB V) zu erfüllen. Die Versicherten weisen ihren im Grundverhältnis zur Krankenkasse bestehenden Anspruch auf kassenärztliche Behandlung durch Vorlage des Krankenscheins bzw. der Krankenversicherungskarte nach (§ 15 Abs. 2 SGB V) und können so die Leistung unmittelbar im Leistungserfüllungsverhältnis ohne vorherige Einschaltung und Entscheidung der Krankenkasse in Anspruch nehmen. Eine Ausnahme gilt insoweit für die hier strittige Leistungsart einer Kostenerstattung bei kieferorthopädischer Behandlung, bei der zuvor ein Behandlungsplan vorgelegt werden muß. An der eigentlichen kassenzahnärztlichen Leistungserfüllung ist die Krankenkasse wegen der Einschaltung dritter Leistungserbringer also nicht mehr beteiligt. Bei der kassenärztlichen und kassenzahnärztlichen Versorgung ergeben sich dann im Leistungserfüllungsverhältnis weitere eigenständige Rechtsbeziehungen, nämlich Rechtsbeziehungen zwischen Kassenarzt und Kassenpatient, Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkasse und Kassenärztlicher Vereinigung (Entrichtung der Gesamtvergütung im Wege der gesetzlich bestimmten finanziellen Drittleistungsverpflichtung als Schuldbefreiung zugunsten der Versicherten) sowie Rechtsbeziehungen zwischen Kassenarzt/Kassenzahnarzt und Kassenärztlicher Vereinigung zum Zwecke der Regulierung des Vergütungsanspruchs.
Von diesem in sich geschlossenen System der Leistungserbringung abzuweichen ergibt sich – entgegen der Auffassung des Klägers und des Beigeladenen – für die Beklagte keine rechtliche Möglichkeit, weil sie strikt an die Vorgaben des SGB V (§§ 2, 12 Abs. 1, 70) gebunden ist (BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993 – 4 RK 5/92 –). Gemäß § 13 Abs. 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kosten "nur” erstatten, soweit es dieses Buch vorsieht. Die Fallgruppen zulässiger Kostenerstattung sind im Gesetz aufgezählt. Sie umfassen – im Hinblick auf die im vorliegenden Fall umstrittene Leistungsart – mit abschließender Regelung nur eine Kostenerstattung, wie sie in § 29 Abs. 1 SGB V normiert ist. Insgesamt läßt sich das gesetzlich geregelte Leistungserbringssystem des SGB V nur dann erreichen, wenn der Arzt bzw. Zahnarzt, in dessen Hand die Feststellung des Behandlungsbedarfs sowie des Umfangs unter Intensität der Behandlung und damit zugleich des Ausmaßes der Kosten liegt, bei seiner Tätigkeit strikt an die rechtlichen Vorgaben dieses Gesetzbuches gebunden ist. Dies ist rechtlich aber nur dann der Fall, wenn dieser Kassenarzt/Kassenzahnarzt aus diesem Grunde verpflichtet ist, die Vorschriften des SGB V und des auf dieser Grundlage ergangenen sekundären Leistungserbringungsrechts einzuhalten (so BSG, a.a.O.). Als einzige Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers steht insoweit nur § 29 Abs. 1 SGB V zur Verfügung. Damit scheitert auch ein Anspruch nach § 13 Abs. 2, auf den der Beigeladene im Klage- und im Berufungsverfahren abgestellt hat. Nach dieser Vorschrift können freiwillige Mitglieder sowie ihre versicherten Familienangehörigen für die Dauer der freiwilligen Versicherung anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kostenerstattung wählen. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, weil die hier den Versicherungsfall tragende Familienversicherung auf einer pflichtversicherten Mitgliedschaft beruht.
Ein Anspruch ergibt sich auch nicht deshalb, weil, wie der Kläger geltend macht, ein Erfolg der Behandlung in hohem Maße von dem Vertrauensverhältnis zwischen dem Behandler und ihm als jungem Patienten abhänge. Der Kläger hat vorgetragen, daß ein solches Vertrauensverhältnis hier vorliege. Deshalb weigere er sich, entsprechend der Empfehlung der Beklagten im Bescheid vom 17. Februar 1993 einen Behandlerwechsel vorzunehmen. Zwar ist zutreffend, daß die Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993 – 4 RK 5/92 –) davon ausgeht, der Krankenversicherungsträger sei rechtlich gebunden und gehindert, in das Vertrauensverhältnis zwischen dem Versicherten und den von ihm gewählten Kassenarzt bzw. Kassenzahnarzt einzugreifen. Daß ein solches Vertrauensverhältnis nicht nur zwischen Arzt und Privatpatient, sondern auch zwischen Kassenarzt und Kassenpatient besteht, darüber herrscht in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung Einigkeit, wenngleich es bei diesbezüglichen Feststellungen (vgl. BSG, a.a.O.) bisher daran gefehlt hat, darzustellen, wie ein solches Verhältnis zustande kommt und auf welcher (Vertrags-/Rechtsgrundlage) dieses Vertrauensverhältnis beruhen soll. Abgesehen davon, daß vorliegend ein Eingriff der Beklagten überhaupt nicht vorliegt, ist der Beklagten darüber hinaus auch der Verzicht auf vertragszahnärztliche Zulassung des Beigeladenen Dr. R. nicht zuzurechnen. Wie bereits zuvor ausgeführt, liegen nämlich unmittelbar Rechtsbeziehungen zwischen dem Beigeladenen und der Beklagten nicht vor. Die Beklagte war an dem Entstehen dieser Rechtsbeziehung nicht beteiligt und hatte hierauf keinen Einfluß, da der Kläger insoweit bei der Wahl seines behandelnden Kassenzahnarztes frei ist.
Die Frage nach dem Rechtsverhältnis zwischen Vertragsarzt/Vertragszahnarzt und Kassenpatient ist heftig umstritten (zum Meinungsstand umfassend Natter, Der Arztvertrag mit dem sozialversicherten Patienten, Köln u.a. 1987, S. 17 ff.; Haus, a.a.O., S. 99 ff.). Der Bundesgerichtshof hat es bisher in ständiger Rechtsprechung (vgl. BGHZ 76, 259 (261); 97, 273 (276); 100, 363 (367)) stets abgelehnt, die Beziehungen zwischen dem Patienten und dem Arzt dem Privatrecht zu entziehen, und zwar selbst dann, wenn die Heilbehandlung auf "Vorgängen des öffentlichen Rechts” beruhte (BGHZ 63, 265, 270 = NJW 1975, S. 589). Wie im Verhältnis des Arztes zum selbstzahlenden Privatpatienten kommt danach ein zivilrechtlicher Vertrag zustande. Demgegenüber schließen im Schrifttum (vgl. Eberhardt, AcP 171 (1971), 289; Krause, SGb 1982, S. 425) geäußerte, sich auf § 368 d Abs. 4 RVO a.F. gründende Ansichten auf das Nichtvorliegen vertraglicher Bindungen zwischen Vertragsarzt und Kassenpatient; aus dieser Bestimmung, die im Rahmen des § 76 Abs. 4 SGB V eine Nachfolgeregelung gefunden hat und nach der der Vertragsarzt gegenüber dem Kassenpatienten mit der Übernahme der Behandlung "zur Sorgfalt nach den Vorschriften des Bürgerlichen Vertragsrechts” verpflichtet ist, wird insoweit teils auf das Nichtbestehen vertraglicher Beziehungen, teils auf das Bestehen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses geschlossen. Die Rechtsprechung des BSG (vgl. BSGE 59, 172) kann dieser Auffassung zugerechnet werden. Die im vorliegenden Fall zu beachtende Besonderheit besteht nun darin, daß der in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Kläger eine zahnärztliche Leistung in Anspruch nimmt (und weiter in Anspruch nehmen will), bei der das Grundprinzip des Erbringens eine Naturalleistung, die die gesetzliche Krankenversicherung seit jeher kennzeichnet, durch die gesetzliche Einführung des Prinzips der Kostenerstattung durchbrochen wird. Entscheidender Gesichtspunkt ist hierbei aber, daß, wie bereits ausgeführt, der Versicherte Kassenpatient bleibt. Dem Kassenpatienten ist bekannt, daß er einen Anspruch auf die Leistung nur unter den festgelegten gesetzlichen Voraussetzungen und im gesetzlichen Umfang hat. Er muß auch berücksichtigen, daß der Kassenarzt/Kassenzahnarzt verpflichtet ist, Voraussetzungen, Umfang und Modalität der Leistungsgewährung zu beachten, weil er nicht davon ausgehen kann, daß der Arzt nach eigenem Belieben leistet. Es besteht insoweit Einigkeit über die wesentlichen Punkte der Beziehung, nämlich über den Umfang und die Art und Weise der Leistungserbringung. Ebenso wie bei dem den Arzt aufsuchenden Privatpatienten kommt es auch bei dem Kassenarzt und dem Kassenpatienten zu gegenseitig übereinstimmenden willensmäßigen Handlungen, ohne die eine Behandlung nicht begonnen werden kann. Die für eine vertragliche Beziehung konstitutiven Elemente der zwei korrespondierenden tatbestandsmäßigen Vorgänge lassen sich nicht negieren (vgl. BGH NJW 1977, S. 2120). Es besteht auch Übereinstimmung über die Erfüllung des Honoraranspruchs. Beide Parteien wissen und sind sich darüber einig, daß der Honoraranspruch mit befreiender Wirkung von der Krankenkasse für den Kassenpatienten (hier nach Maßgabe des § 29 Abs. 2 SGB V) erfüllt wird. Im Rahmen dieses öffentlich-rechtlich festgelegten Beziehungsgeflechts wird zwar festgelegt, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Hauptleistungspflicht des Kassenarztes zu erfüllen ist. Die Durchführungshandlungen selbst sind hingegen einer öffentlich-rechtlichen Regelung im Verhältnis Kassenarzt-Kassenpatient entzogen, weil sie zum einen der eigenverantwortlichen Wahrnehmung durch den Kassenarzt unterliegen und andererseits der Einwilligung des Kassenpatienten bedürfen, nachdem der Kassenarzt bedarfsgerecht (in Erfüllung der Nebenleistungspflicht, hier: u.a. auch durch Vorlage des Behandlungsplanes) informiert und aufgeklärt wird. Während also die Hauptleistungspflicht des Kassenarztes regulativ durch Normen des SGB V bestimmt und eingegrenzt wird, fehlt es hieran bei der Erbringung der Nebenleistungs- und Nebenpflichten. Diese insoweit für jedes Behandlungsverhältnis individuell abzustimmenden Pflichten können auch normativ wohl kaum erfaßt werden. Nur so ist es zu verstehen, daß in § 76 Abs. 4 SGB V generalklauselmäßig bestimmt ist, daß die Übernahme der Behandlung den an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt dem Versicherten gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des Bürgerlichen Vertragsrechts verpflichtet (vgl. dazu Haus, a.a.O., S. 113 ff.). Aus alledem folgt, daß eine "öffentlich-rechtliche Präformierung” (B. Tiemann, MedR 1983, S. 176) des Behandlungsverhältnisses im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung der dogmatischen Einordnung der Beziehung zwischen Kassenarzt und Kassenpatient nicht gerecht werden kann. Es bleibt unberücksichtigt, daß sich die Beziehungen nicht allein in Hauptleistungspflichten erschöpfen. Diese haben mehr zu regeln als im bloßen Gegenstand und Umfang der zu erbringenden Sachleistungen; sie betreffen Aufklärung und Einwilligung ebenso wie Wahl- und Selbstbestimmungsrecht (S. Tiemann, NJW 1985, S. 2169) sowie Mitwirkungspflichten des Patienten. Die sich so ergebende Rechte-Pflichten-Relation, die erkennbar die synallagmatischen Elemente der Hauptleistungs- sowie darüber hinaus der Nebenleistungs- und Nebenpflichten enthalten, können dogmatisch sauber nur auf der Grundlage privatrechtlicher vertraglicher Rechtsbeziehungen abgehandelt werden. Nur so können auch die in diesem Rahmen evtl. auftretenden Störungen dogmatisch abgesichert von dem jeweils (aktiv legitimierten) Anspruchsberechtigten verfolgt und prozessual durchgesetzt werden. Als Ergebnis läßt sich damit zusammenfassend zu der Rechtsbeziehung zwischen dem Kläger und dem beigeladenen behandelnden Zahnarzt feststellen, daß dieser bei Eintritt des Versicherungsfalles als Leistungserfüller partiell (Hertwig, a.a.O., S. 297) in die bestehende Rechtsbeziehung zwischen Krankenkasse und Anspruchsberechtigten, hier also dem Kläger, eintritt. Dieser partielle Eintritt als Leistungserfüller beruht jedoch auf erst dann entstehenden eigenständigen vertraglichen Rechtsbeziehungen, auf deren Zustandekommen und Gestaltung (von Plausibilität- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen abgesehen) die Krankenkasse – mit Ausnahme der gesetzlich angeordneten finanziellen Drittleistungsverpflichtung unter Beteiligung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung – keinen Einfluß hat.
Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß die Beklagte somit in dem angefochtenen Bescheid rechtsfehlerfrei dem Kläger einen Behandlerwechsel für die Weiterführung der kieferorthopädischen Behandlung empfohlen und gleichzeitig ausgeführt hat, daß ohne diesen Wechsel "die Weiterführung nur auf privater Basis erfolgen kann”. Dies steht im Einklang mit dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung und führt dazu, daß, wie bereits das Sozialgericht im Ergebnis zutreffend entschieden hat, ein Anspruch über den 1. April 1993 hinaus unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zugunsten des Klägers besteht.
Die Kostenerstattung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 160 Abs. 1 Nr. 2 SGG).
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Fortbestand einer Leistungszusage zu den Aufwendungen einer kieferorthopädischen Behandlung.
Der 19 ... geborene Kläger ist über seinen Vater, der pflichtversichertes Mitglied der Beklagten ist, familienversichert. Auf einen von dem Zahnarzt Dr. S. erstellten kieferorthopädischen Behandlungsplan entschied die Beklagte, sich ab Quartal III/90 an den Aufwendungen der kieferorthopädischen Behandlung mit einem Zuschuß in Höhe von 80 v.H. der Vertragskosten zu beteiligen. Der verbleibende Eigenanteil sollte nach planmäßigem Behandlungsabschluß erstattet werden (Bescheid vom 10. September 1990). Im Verlaufe der Behandlung kam es dann ab Quartal III/92 zu einem Behandlerwechsel. Der (durch Beschluss vom 9. Juli 1993) beigeladene Zahnarzt Dr. R. teilte der Beklagten durch Schreiben vom 1. September 1992 mit, daß er die kieferorthopädische Behandlung fortführe, worauf die Beklagte auch insoweit Leistungszusage erteilte.
Mit Schreiben vom 17. Februar 1993 teilte die Beklagte dem Kläger mit, "daß der (behandelnde) Kieferorthopäde seine Zulassung an der vertragsärztlichen Versorgung zum 31. Dezember 1992 zurückgegeben habe. Unter dieser Voraussetzung könne die Weiterführung der kieferorthopädischen Behandlung nur auf privater Basis erfolgen.” Zur Vermeidung finanzieller Nachteile empfahl die Beklagte die Frage eines Behandlerwechsels zu prüfen, wies aber darauf hin, daß ein Kostenerstattungsanspruch nur dann bestehe, wenn ein Vertragszahnarzt in Anspruch genommen werde (Schreiben vom 19. Februar 1993).
Den am 19. Februar 1993 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 1993 zurück. Ein Anspruch bestehe nur bis zum Ablauf des Quartals I/93.
Hiergegen hat der Kläger am 1. Juni 1993 Klage vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben und vorgetragen, daß ein Wechsel zu einem anderen Kieferorthopäden erhebliche Zusatzkosten auslöse. Der Kläger hat geltend gemacht, daß ein Erfolg der Behandlung in hohem Maße von einem – hier bestehenden – Vertrauensverhältnis zu seinem behandelnden Zahnarzt abhänge. Deshalb weigere er sich, sich von einem anderen Kieferorthopäden behandeln zu lassen. Im übrigen bestehe auch keine Möglichkeit, die Behandlung in W. und Umgebung zu Ende zu führen, weil die dortigen Kieferorthopäden die Behandlungsmethode des Beigeladenen nicht beherrschten.
Der Beigeladene hat vorgetragen, daß sein Verzicht auf Kassenzulassung eine Einzelentscheidung darstelle ("kein kollektiver Verzicht”). Um die laufenden Behandlungsfälle abzuschließen und den Patienten keine wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu bereiten, habe er sich entschlossen, die fortlaufende Behandlung zu den aktuellen Kassenkonditionen abzurechnen. Ein aufgezwungener Zahnarztwechsel werde keine Kostenersparnis bringen.
Durch Urteil vom 9. November 1993 hat das Sozialgericht Wiesbaden die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, daß die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet sei, dem Kläger die Kosten in Höhe von 80 v.H. für die kieferorthopädische Behandlung bei dem Beigeladenen über das erste Quartal 1993 hinaus zu erstatten. Es fehle an dem anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmal der Zulassung des Beigeladenen zur vertragsärztlichen (kassenärztlichen) Versorgung. Nur unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten könnten die Versicherten frei wählen. Dem Kläger sei im übrigen ein Wechsel zu einem zugelassenen Zahnarzt zumutbar, weil die vertragszahnärztliche Versorgung im Raum Wiesbaden sichergestellt sei. Eine Versorgungslücke bestehe nicht. Da nach einer Auskunft der Kassenzahnärztlichen Vereinigung der Verzicht des Beigeladenen ein Einzelfall sei, entfalle eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten auch nach der gesetzlichen Regelung, wonach bei einem abgestimmten Verfahren die Krankenkassen mit befreiender Wirkung zu zahlen hätten.
Gegen dieses der Prozeßbevollmächtigten des Klägers und dem Prozeßbevollmächtigten des Beigeladenen am 24. November 1993 zugestellte Urteil richten sich die mit Schriftsätzen vom 20. Dezember 1993 – eingegangen bei dem Sozialgericht Wiesbaden am 21. Dezember 1993 – eingelegten Berufungen des Klägers und des Beigeladenen, mit denen sie sich unter Wiederholung ihres Rechtstandpunktes gegen die getroffene Entscheidung des Sozialgerichts wenden.
Der Kläger vertritt ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen die Auffassung, daß die weitere Behandlung durch den Beigeladenen durchaus als Notfallbehandlung zu qualifizieren sei, weil ihm kein anderer Vertragszahnarzt zur Verfügung stehe, der ihn nach der von dem Beigeladenen beherrschten sogenannten "Rickettsmethode” erfolgreich behandeln könne.
Der Kläger und der Beigeladene beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 9. November 1993 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 17. Februar 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 1993 zu verurteilen, dem Kläger die durch die kieferorthopädische Behandlung entstehenden Kosten über den 31. März 1993 hinaus in gesetzlichem Umfang zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie bestreitet, daß nur der Beigeladene eine erfolgversprechende Behandlung habe sicherstellen können. Insoweit sei zu beachten, daß der Beigeladene die kieferorthopädische Behandlung mit herkömmlichen Behandlungsmaßnahmen durchführe, wie sie bereits im Behandlungsplan des Erstbehandlers Dr. S. aufgestellt worden seien. Eine Abweichung hiervon ergebe sich nicht.
Zum Vorbringen der Beteiligten im übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsverfahrensakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Die Berufung ist aber sachlich nicht begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden ist zu Recht ergangen. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 1993 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf den Fortbestand der Leistungszusage zur Gewährung eines Zuschusses von 80 v.H. zu den Aufwendungen der kieferorthopädischen Behandlung durch den Beigeladenen über den 31. März 1993 hinaus.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlaß eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Diese Voraussetzungen für eine Änderung einer bestandskräftigen Verwaltungsentscheidung (als Dauerverwaltungsakt; vgl. BSG, Urteil vom 6. Juni 1991 – 3 RK 12/90 –) liegen vor. Ausgangspunkt ist insoweit der Bescheid vom 10. September 1990, mit dem die Beklagte entschieden hat, sich an den Aufwendungen der kieferorthopädischen Behandlung mit einem Zuschuß in Höhe von 80 v.H. der Vertragskosten zu beteiligen und den zunächst verbleibenden Eigenanteil nach planmäßigem Behandlungsabschluß zu erstatten. Bei einem Vergleich der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt dieser Entscheidung und denjenigen im Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung (Bescheid vom 17. Februar 1993, Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 1993) ist eine wesentliche Änderung dadurch eingetreten, daß der Beigeladene als behandelnder Zahnarzt auf seine Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung verzichtet hat. Damit steht die von der Beklagten ursprünglich erteilte Leistungszusage nicht mehr im Einklang mit ihrem Satzungsrecht und dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, wie es im Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) normiert ist.
Nach § 29 Abs. 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstruktur-Gesetz –GSG–) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) haben Versicherte Anspruch auf Übernahme von 80 vom Hundert der Kosten der im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführten kieferorthopädischen Behandlung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen (gleichlautend die Vorschrift des § 29 Abs. 1 in der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden Fassung: "kassenärztliche Versorgung”). Die Satzungsbestimmungen der Beklagten stellen bei der Festlegung der Leistungen an Versicherte auf diese Vorschrift ab (vgl. § 24 Abs. 1 der Satzung der Beklagten; Stand: 1. Januar 1993 und 1. Oktober 1993). Aus diesen Rechtsgrundlagen ergibt sich, daß die Entstehung eines gesetzlichen Anspruchs auf Kostenerstattung für die Aufwendungen der kieferorthopädischen Behandlung voraussetzt, daß ein an der vertragszahnärztlichen (kassenzahnärztlichen) Versorgung zugelassener Zahnarzt (§ 76 Abs. 1 SGB V) den die kieferorthopädische Behandlung auslösenden Versicherungsfall zunächst festsetzt und anschließend nach Vorlage des Behandlungsplans an die Krankenkasse (und entsprechender Genehmigung) planmäßig durchführt. Nach der Konzeption des § 29 Abs. 1 SGB V wird darauf abgestellt, daß die zugesagte Kostenerstattung "im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung erfolgt”. Der Versicherte bleibt – trotz Abweichung vom Prinzip der Naturalleistung – Kassenpatient (so bereits BR-Drucks. 200/88, S. 171). In Abweichung vom Naturalleistungsprinzip bestimmt demgemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 SGB V, daß die Krankenkasse ihre Leistungspflicht nach Abs. 1 erfüllt, indem sie den von ihr zu tragenden Anteil an den Kosten der kieferorthopädischen Versorgung an die Kassenzahnärztliche Vereinigung zahlt. Die Zahlung an die zur Annahme verpflichtete kassenzahnärztliche Vereinigung erfolgt mit befreiender Wirkung (Satz 2). Der Zahnarzt hat insoweit keinen Zahlungsanspruch gegen den Versicherten (Satz 3). Da im vorliegenden Fall der Beigeladene behandelnde Zahnarzt auf seine von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung erteilte Zulassung während der noch andauernden Behandlung verzichtet hat, mußte die Beklagte gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X wegen einer wesentlichen Änderung für die Zukunft eine neue Verwaltungsentscheidung treffen. Dies hat die Beklagte rechtsfehlerfrei mit Wirkung vom 1. April 1993 getan (Bescheid vom 17. Februar 1993, Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 1993). Zwar wird damit durch Änderung einer zuvor bindenden Verwaltungsentscheidung in einen laufenden Behandlungsfall eingegriffen. Diese Ausgangssituation kennzeichnet jedoch den Regelfall des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Dem Leistungsträger wird hierdurch eine Anpassung an geänderte Verhältnisse in einer längerdauernden Leistungsbeziehung eröffnet (vgl. Hess. Landessozialgericht, Urteil vom 18. Oktober 1990 – L-1/Kr-701/89 –). Diese längerdauernden Leistungsbeziehungen beruhen im Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung auf zum Teil mehrseitigen und mehrstufigen Rechtsbeziehungen. Insoweit ist es deshalb erforderlich, das hierbei entstehende Beziehungsgeflecht bei der Erbringung der dem Versicherten zustehenden Leistungen herauszuarbeiten, wenn, wie die ärztliche bzw. zahnärztliche Behandlung zeigt, neben Versicherten und Krankenkassen noch dritte Leistungserbringer in das Leistungsgeschehen eingeschaltet sind. Der erkennende Senat geht hierbei von folgenden Grundsätzen aus:
Ausgangspunkt der zwischen Versicherten und Krankenkassen bestehenden Rechtsbeziehungen ist der Anspruch der Versicherten auf eine Sozialleistung und die diesem Anspruch entsprechende Leistungspflicht der Krankenkassen als Leistungsträger. Als solche sind sie sachlich für die Erbringung der in den §§ 4 Abs. 2, 21 Abs. 1 SGB I und die im SGB V normierten sozialen Rechte zuständig. Die im Rahmen dieses gesetzlichen Auftrags im Leistungsfall entstehenden individualrechtlichen Beziehungen zwischen Krankenkassen und Versicherten vollziehen sich in einem als Sozialrechtsverhältnis bezeichneten, in der Regel auf Dauer angelegten gegenseitigen Verhältnis, das die Gesamtheit der materiellen Rechtsbeziehungen zwischen einem Leistungsträger und einem Leistungsberechtigten erfaßt. Dieses Sozialrechtsverhältnis und mit ihm das sozialversicherungs- oder krankenversicherungsrechtliche Leistungsverhältnis ist mithin ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis mit dem Leistungsberechtigten als Gläubiger und dem Leistungsträger (Krankenkasse) als Schuldner (Allg. Meinung; vgl. Kass. Komm./Seewald, vor §§ 38 bis 47 SGB I Rdnr. 1; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 458 b, e). Kennzeichnend für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ist insoweit eine Doppelnatur des Rechtsverhältnisses (einerseits Mitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, andererseits schuldrechtsähnliche Beziehung), dessen Begründung, Aufrechterhaltung und Gestaltung letztlich der Erfüllung der Hauptpflicht, der Erbringung einer Sozialleistung (§§ 11, 18 bis 29 SGB I) dient (vgl. Kass. Komm./Seewald, a.a.O., Rdnr. 6 m.w.N.). Das Bestehen einer Versicherung oder Mitgliedschaft ist nach der gesetzlichen Systematik des SGB V Voraussetzung für den hieraus folgenden Leistungsfall (Versicherungsfall) im Rahmen der Erfüllung der jeweiligen gesetzlichen Ansprüche (zu den Rechtsbeziehungen und zu dem Vertragssystem im SGB V vgl. Haus, Die Einführung der Kostenerstattung im Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen, Wiesbaden 1993, S. 78 ff., 93 f.). Ausgehend von dem Entstehen und dem Beginn der Rechtsbeziehungen läßt sich der im Rahmen des Sozialrechtsverhältnisses ergebende schuldrechtliche bzw. schuldrechtsähnliche Teil auf der Grundlage der im Schrifttum (vgl. dazu Hertwig, Das Verwaltungsrechtsverhältnis der Mitgliedschaft Versicherter in einer gesetzlichen Krankenkasse, München 1989, S. 145, 185 ff.) vorgenommenen Differenzierung anschaulich und dogmatisch praktikabel auf der zweiten Stufe, dem schuldrechtlichen Versicherungsverhältnis darstellen und konzipieren. Danach besteht das schuldrechtliche Versicherungsverhältnis zwischen Krankenkassen und Versicherten aus einem Leistungsgrund- und einem Leistungserfüllungsverhältnis. Das Grundverhältnis besteht ausschließlich zur Krankenkasse und beruht auf der Versicherung bzw. der Mitgliedschaft der davon betroffenen Personenkreise. Am Leistungserfüllungsverhältnis hingegen können dritte Leistungserbringer beteiligt sein, wie die kassenärztliche und kassenzahnärztliche Versorgung zeigt. Während sich der Anspruch auf Geldleistungen sowohl im Grund- als auch im Leistungserfüllungsverhältnis allein gegen die Krankenkasse richtet, ergibt sich etwas anderes für die Erbringung der Sachleistung im kassenärztlichen Versorgungssystem. Dort kommt es entscheidend darauf an, wie der Anspruch des Versicherten in die Beziehungsstruktur "Grund- und Erfüllungsverhältnis” einzuordnen ist, welche Leistung also die Krankenkasse dem Versicherten schuldet und welche rechtlichen Konsequenzen sich hieraus z.B. bei Leistungsstörungen ergeben. Entweder die Krankenkasse schuldet ihrem Versicherten als Sachleistung die von dem Kassenarzt ausgeführte Behandlung; dann haftet sie für verschuldete Fehler ihres Verwaltungshelfers. Oder aber die Krankenkasse schuldet lediglich die Sicherstellung oder Bereitstellung eines ärztlichen Leistungsangebots (während die Leistungserbringung selbst eine rein privatrechtlich zu bewertende Tätigkeit ist); dann haftet sie nicht für die Fehler bei der Leistungserbringung (so Borchert, SF 1990, S. 269). Eine Antwort zu dieser Frage liefert zunächst § 27 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung. Diese umfaßt u.a. die hier im Streit stehende zahnärztliche Behandlung. Bei erster Betrachtung könnte durchaus die erste Alternative als erfüllt gelten, also ein Anspruch der Versicherten sowohl im Grund- als auch im Erfüllungsverhältnis zur Krankenkasse angenommen werden, wären da nicht die Vorschriften über die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung. § 72 Abs. 1 SGB V bestimmt ausdrücklich, daß Ärzte, Zahnärzte und Krankenkassen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammenwirken. Damit läßt sich die These, daß die Krankenkasse die ärztliche Behandlung als solche schulde, nicht aufrechterhalten. Sicherstellungsauftrag und Sachleistungsanspruch sind keine deckungsgleichen Komponenten und lassen sich deshalb nicht einheitlich in die Struktur "Grund- und Erfüllungsverhältnis” einordnen, wie dies z.B. bei Geldleistungen der Fall ist. Ausgehend von dieser Struktur der Beziehungen steht für das Grundverhältnis die Regelung des § 27 SGB V in Form des Naturalleistungs-/Sachleistungsanspruchs des Versicherten gegenüber der Krankenkasse. Erbracht und konkret erfüllt wird dieser Sachleistungsanspruch hingegen von den Kassenärzten im Rahmen des Vertragssystems der kassenärztlichen Versorgung. Dies vollzieht sich mithin im Leistungserfüllungsverhältnis. Die Krankenkasse schuldet dem Versicherten insoweit nur "vorausliegende Tätigkeiten” (Hertwig, a.a.O., S. 197), nämlich ihren Beitrag zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung, den Nachweis der zur Erfüllung geeigneten und bereiten Ärzte. Dazu trifft § 76 Abs. 1 SGB V die Regelung, daß die Versicherten unter den zu der vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten (Kassenärzten) frei wählen können. Eine Einflußnahme der Krankenkasse bei der Anbahnung der ärztlich zu erbringenden Leistung ist danach ausgeschlossen und auch nicht beabsichtigt.
Die Leistungserfüllung bei der kassenzahnärztlichen Versorgung wiederum beruht auf der im Verlaufe der historischen Entwicklung (aus der dazu vorliegenden Literatur vgl. Darstellungen bei Schneider, Kassenarztrecht, S. 4 ff.; B. Tiemann/S. Tiemann, Kassenarztrecht, S. 287; Hertwig, a.a.O., S. 143 ff., 258 ff.) entstandenen Organisationsstrukturen, die im SGB V im wesentlichen unverändert geblieben sind. Bereits nach altem Recht der Reichsversicherungsordnung dominierte die geschlossene Systematik einer konsequenten Zuordnung der Sicherstellung der ambulanten ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung der Versicherten in einem durch gesetzliche Rahmenbedingungen vorgegebenen und durch Vertragsnormen ausgestalteten Beziehungsgefüge (vgl. Schirmer, MedR 1989, S. 272) zwischen den Organisationen der gesetzlichen Krankenversicherung und den ärztlichen Leistungserbringern als Mitglieder der Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen. Der bisher schon vorhandene Trend zu Kollektivverträgen ist im SGB V nicht nur fortgeführt, sondern umfassend zur Grundlage der Rechtsbeziehungen zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern, ihren Institutionen und Verbänden weiterentwickelt worden (vgl. dazu Heinze, SGb 1990, S. 173). Diese gesetzlich vorgesehene Sicherstellung umschreiben die §§ 70 Abs. 1, 72 Abs. 2 SGB V mit der Zielsetzung der Gewährleistung einer bedarfsgerechten, gleichmäßigen, ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse. Normadressaten zur Sicherstellung sind nach dem gesetzlichen Auftrag damit ersichtlich die Krankenkassen und die Vertragsärzte bzw. Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen. Im Rahmen dieses Vertragssystems erstreckt sich die Rechtsmacht des Vertragszahnarztes darauf, mit rechtlicher Bindungswirkung für die zuständige Krankenkasse im "Leistungserfüllungsverhältnis” festzusetzen, welche "nach Zweck oder Art bestimmten Dienste oder Sachen zur Krankenbehandlung medizinisch notwendig zu erbringen sind” (so BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993 – 4 RK 5/92 –). In diesem Vertragssystem bestimmt dementsprechend für die vorliegend strittige Leistungsart § 29 Abs. 2, daß die Krankenkasse ihre Leistungspflicht erfüllt, indem sie den von ihr zu tragenden Anteil an den Kosten an die kassenzahnärztliche Vereinigung zahlt. Die Zahlung an die zur Annahme verpflichtete Kassenzahnärztliche Vereinigung erfolgt mit befreiender Wirkung. Die konkrete Leistungserbringung vollzieht sich also bei Einschaltung dritter Leistungserbringer im "Leistungserfüllungsverhältnis” auf der Grundlage des Vertragssystems der kassenärztlichen Versorgung. Dementsprechend übernehmen die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die normierte Sicherstellung in dem in § 73 Abs. 2 SGB V festgelegten Umfang, Entsprechend der Vertragsstruktur und der damit verbundenen gesetzgeberischen Zielsetzung einer kassenärztlichen Versorgung durch freiberuflich tätige Kassenärzte und Kassenzahnärzte haben die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen diesen Sicherstellungsauftrag primär durch ihre eigenen Mitglieder, die zugelassenen Kassenärzte und zugelassenen Kassenzahnärzte (§ 95 Abs. 1 SGB V) zu erfüllen. Die Versicherten weisen ihren im Grundverhältnis zur Krankenkasse bestehenden Anspruch auf kassenärztliche Behandlung durch Vorlage des Krankenscheins bzw. der Krankenversicherungskarte nach (§ 15 Abs. 2 SGB V) und können so die Leistung unmittelbar im Leistungserfüllungsverhältnis ohne vorherige Einschaltung und Entscheidung der Krankenkasse in Anspruch nehmen. Eine Ausnahme gilt insoweit für die hier strittige Leistungsart einer Kostenerstattung bei kieferorthopädischer Behandlung, bei der zuvor ein Behandlungsplan vorgelegt werden muß. An der eigentlichen kassenzahnärztlichen Leistungserfüllung ist die Krankenkasse wegen der Einschaltung dritter Leistungserbringer also nicht mehr beteiligt. Bei der kassenärztlichen und kassenzahnärztlichen Versorgung ergeben sich dann im Leistungserfüllungsverhältnis weitere eigenständige Rechtsbeziehungen, nämlich Rechtsbeziehungen zwischen Kassenarzt und Kassenpatient, Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkasse und Kassenärztlicher Vereinigung (Entrichtung der Gesamtvergütung im Wege der gesetzlich bestimmten finanziellen Drittleistungsverpflichtung als Schuldbefreiung zugunsten der Versicherten) sowie Rechtsbeziehungen zwischen Kassenarzt/Kassenzahnarzt und Kassenärztlicher Vereinigung zum Zwecke der Regulierung des Vergütungsanspruchs.
Von diesem in sich geschlossenen System der Leistungserbringung abzuweichen ergibt sich – entgegen der Auffassung des Klägers und des Beigeladenen – für die Beklagte keine rechtliche Möglichkeit, weil sie strikt an die Vorgaben des SGB V (§§ 2, 12 Abs. 1, 70) gebunden ist (BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993 – 4 RK 5/92 –). Gemäß § 13 Abs. 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kosten "nur” erstatten, soweit es dieses Buch vorsieht. Die Fallgruppen zulässiger Kostenerstattung sind im Gesetz aufgezählt. Sie umfassen – im Hinblick auf die im vorliegenden Fall umstrittene Leistungsart – mit abschließender Regelung nur eine Kostenerstattung, wie sie in § 29 Abs. 1 SGB V normiert ist. Insgesamt läßt sich das gesetzlich geregelte Leistungserbringssystem des SGB V nur dann erreichen, wenn der Arzt bzw. Zahnarzt, in dessen Hand die Feststellung des Behandlungsbedarfs sowie des Umfangs unter Intensität der Behandlung und damit zugleich des Ausmaßes der Kosten liegt, bei seiner Tätigkeit strikt an die rechtlichen Vorgaben dieses Gesetzbuches gebunden ist. Dies ist rechtlich aber nur dann der Fall, wenn dieser Kassenarzt/Kassenzahnarzt aus diesem Grunde verpflichtet ist, die Vorschriften des SGB V und des auf dieser Grundlage ergangenen sekundären Leistungserbringungsrechts einzuhalten (so BSG, a.a.O.). Als einzige Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers steht insoweit nur § 29 Abs. 1 SGB V zur Verfügung. Damit scheitert auch ein Anspruch nach § 13 Abs. 2, auf den der Beigeladene im Klage- und im Berufungsverfahren abgestellt hat. Nach dieser Vorschrift können freiwillige Mitglieder sowie ihre versicherten Familienangehörigen für die Dauer der freiwilligen Versicherung anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kostenerstattung wählen. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, weil die hier den Versicherungsfall tragende Familienversicherung auf einer pflichtversicherten Mitgliedschaft beruht.
Ein Anspruch ergibt sich auch nicht deshalb, weil, wie der Kläger geltend macht, ein Erfolg der Behandlung in hohem Maße von dem Vertrauensverhältnis zwischen dem Behandler und ihm als jungem Patienten abhänge. Der Kläger hat vorgetragen, daß ein solches Vertrauensverhältnis hier vorliege. Deshalb weigere er sich, entsprechend der Empfehlung der Beklagten im Bescheid vom 17. Februar 1993 einen Behandlerwechsel vorzunehmen. Zwar ist zutreffend, daß die Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993 – 4 RK 5/92 –) davon ausgeht, der Krankenversicherungsträger sei rechtlich gebunden und gehindert, in das Vertrauensverhältnis zwischen dem Versicherten und den von ihm gewählten Kassenarzt bzw. Kassenzahnarzt einzugreifen. Daß ein solches Vertrauensverhältnis nicht nur zwischen Arzt und Privatpatient, sondern auch zwischen Kassenarzt und Kassenpatient besteht, darüber herrscht in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung Einigkeit, wenngleich es bei diesbezüglichen Feststellungen (vgl. BSG, a.a.O.) bisher daran gefehlt hat, darzustellen, wie ein solches Verhältnis zustande kommt und auf welcher (Vertrags-/Rechtsgrundlage) dieses Vertrauensverhältnis beruhen soll. Abgesehen davon, daß vorliegend ein Eingriff der Beklagten überhaupt nicht vorliegt, ist der Beklagten darüber hinaus auch der Verzicht auf vertragszahnärztliche Zulassung des Beigeladenen Dr. R. nicht zuzurechnen. Wie bereits zuvor ausgeführt, liegen nämlich unmittelbar Rechtsbeziehungen zwischen dem Beigeladenen und der Beklagten nicht vor. Die Beklagte war an dem Entstehen dieser Rechtsbeziehung nicht beteiligt und hatte hierauf keinen Einfluß, da der Kläger insoweit bei der Wahl seines behandelnden Kassenzahnarztes frei ist.
Die Frage nach dem Rechtsverhältnis zwischen Vertragsarzt/Vertragszahnarzt und Kassenpatient ist heftig umstritten (zum Meinungsstand umfassend Natter, Der Arztvertrag mit dem sozialversicherten Patienten, Köln u.a. 1987, S. 17 ff.; Haus, a.a.O., S. 99 ff.). Der Bundesgerichtshof hat es bisher in ständiger Rechtsprechung (vgl. BGHZ 76, 259 (261); 97, 273 (276); 100, 363 (367)) stets abgelehnt, die Beziehungen zwischen dem Patienten und dem Arzt dem Privatrecht zu entziehen, und zwar selbst dann, wenn die Heilbehandlung auf "Vorgängen des öffentlichen Rechts” beruhte (BGHZ 63, 265, 270 = NJW 1975, S. 589). Wie im Verhältnis des Arztes zum selbstzahlenden Privatpatienten kommt danach ein zivilrechtlicher Vertrag zustande. Demgegenüber schließen im Schrifttum (vgl. Eberhardt, AcP 171 (1971), 289; Krause, SGb 1982, S. 425) geäußerte, sich auf § 368 d Abs. 4 RVO a.F. gründende Ansichten auf das Nichtvorliegen vertraglicher Bindungen zwischen Vertragsarzt und Kassenpatient; aus dieser Bestimmung, die im Rahmen des § 76 Abs. 4 SGB V eine Nachfolgeregelung gefunden hat und nach der der Vertragsarzt gegenüber dem Kassenpatienten mit der Übernahme der Behandlung "zur Sorgfalt nach den Vorschriften des Bürgerlichen Vertragsrechts” verpflichtet ist, wird insoweit teils auf das Nichtbestehen vertraglicher Beziehungen, teils auf das Bestehen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses geschlossen. Die Rechtsprechung des BSG (vgl. BSGE 59, 172) kann dieser Auffassung zugerechnet werden. Die im vorliegenden Fall zu beachtende Besonderheit besteht nun darin, daß der in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Kläger eine zahnärztliche Leistung in Anspruch nimmt (und weiter in Anspruch nehmen will), bei der das Grundprinzip des Erbringens eine Naturalleistung, die die gesetzliche Krankenversicherung seit jeher kennzeichnet, durch die gesetzliche Einführung des Prinzips der Kostenerstattung durchbrochen wird. Entscheidender Gesichtspunkt ist hierbei aber, daß, wie bereits ausgeführt, der Versicherte Kassenpatient bleibt. Dem Kassenpatienten ist bekannt, daß er einen Anspruch auf die Leistung nur unter den festgelegten gesetzlichen Voraussetzungen und im gesetzlichen Umfang hat. Er muß auch berücksichtigen, daß der Kassenarzt/Kassenzahnarzt verpflichtet ist, Voraussetzungen, Umfang und Modalität der Leistungsgewährung zu beachten, weil er nicht davon ausgehen kann, daß der Arzt nach eigenem Belieben leistet. Es besteht insoweit Einigkeit über die wesentlichen Punkte der Beziehung, nämlich über den Umfang und die Art und Weise der Leistungserbringung. Ebenso wie bei dem den Arzt aufsuchenden Privatpatienten kommt es auch bei dem Kassenarzt und dem Kassenpatienten zu gegenseitig übereinstimmenden willensmäßigen Handlungen, ohne die eine Behandlung nicht begonnen werden kann. Die für eine vertragliche Beziehung konstitutiven Elemente der zwei korrespondierenden tatbestandsmäßigen Vorgänge lassen sich nicht negieren (vgl. BGH NJW 1977, S. 2120). Es besteht auch Übereinstimmung über die Erfüllung des Honoraranspruchs. Beide Parteien wissen und sind sich darüber einig, daß der Honoraranspruch mit befreiender Wirkung von der Krankenkasse für den Kassenpatienten (hier nach Maßgabe des § 29 Abs. 2 SGB V) erfüllt wird. Im Rahmen dieses öffentlich-rechtlich festgelegten Beziehungsgeflechts wird zwar festgelegt, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Hauptleistungspflicht des Kassenarztes zu erfüllen ist. Die Durchführungshandlungen selbst sind hingegen einer öffentlich-rechtlichen Regelung im Verhältnis Kassenarzt-Kassenpatient entzogen, weil sie zum einen der eigenverantwortlichen Wahrnehmung durch den Kassenarzt unterliegen und andererseits der Einwilligung des Kassenpatienten bedürfen, nachdem der Kassenarzt bedarfsgerecht (in Erfüllung der Nebenleistungspflicht, hier: u.a. auch durch Vorlage des Behandlungsplanes) informiert und aufgeklärt wird. Während also die Hauptleistungspflicht des Kassenarztes regulativ durch Normen des SGB V bestimmt und eingegrenzt wird, fehlt es hieran bei der Erbringung der Nebenleistungs- und Nebenpflichten. Diese insoweit für jedes Behandlungsverhältnis individuell abzustimmenden Pflichten können auch normativ wohl kaum erfaßt werden. Nur so ist es zu verstehen, daß in § 76 Abs. 4 SGB V generalklauselmäßig bestimmt ist, daß die Übernahme der Behandlung den an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt dem Versicherten gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des Bürgerlichen Vertragsrechts verpflichtet (vgl. dazu Haus, a.a.O., S. 113 ff.). Aus alledem folgt, daß eine "öffentlich-rechtliche Präformierung” (B. Tiemann, MedR 1983, S. 176) des Behandlungsverhältnisses im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung der dogmatischen Einordnung der Beziehung zwischen Kassenarzt und Kassenpatient nicht gerecht werden kann. Es bleibt unberücksichtigt, daß sich die Beziehungen nicht allein in Hauptleistungspflichten erschöpfen. Diese haben mehr zu regeln als im bloßen Gegenstand und Umfang der zu erbringenden Sachleistungen; sie betreffen Aufklärung und Einwilligung ebenso wie Wahl- und Selbstbestimmungsrecht (S. Tiemann, NJW 1985, S. 2169) sowie Mitwirkungspflichten des Patienten. Die sich so ergebende Rechte-Pflichten-Relation, die erkennbar die synallagmatischen Elemente der Hauptleistungs- sowie darüber hinaus der Nebenleistungs- und Nebenpflichten enthalten, können dogmatisch sauber nur auf der Grundlage privatrechtlicher vertraglicher Rechtsbeziehungen abgehandelt werden. Nur so können auch die in diesem Rahmen evtl. auftretenden Störungen dogmatisch abgesichert von dem jeweils (aktiv legitimierten) Anspruchsberechtigten verfolgt und prozessual durchgesetzt werden. Als Ergebnis läßt sich damit zusammenfassend zu der Rechtsbeziehung zwischen dem Kläger und dem beigeladenen behandelnden Zahnarzt feststellen, daß dieser bei Eintritt des Versicherungsfalles als Leistungserfüller partiell (Hertwig, a.a.O., S. 297) in die bestehende Rechtsbeziehung zwischen Krankenkasse und Anspruchsberechtigten, hier also dem Kläger, eintritt. Dieser partielle Eintritt als Leistungserfüller beruht jedoch auf erst dann entstehenden eigenständigen vertraglichen Rechtsbeziehungen, auf deren Zustandekommen und Gestaltung (von Plausibilität- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen abgesehen) die Krankenkasse – mit Ausnahme der gesetzlich angeordneten finanziellen Drittleistungsverpflichtung unter Beteiligung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung – keinen Einfluß hat.
Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß die Beklagte somit in dem angefochtenen Bescheid rechtsfehlerfrei dem Kläger einen Behandlerwechsel für die Weiterführung der kieferorthopädischen Behandlung empfohlen und gleichzeitig ausgeführt hat, daß ohne diesen Wechsel "die Weiterführung nur auf privater Basis erfolgen kann”. Dies steht im Einklang mit dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung und führt dazu, daß, wie bereits das Sozialgericht im Ergebnis zutreffend entschieden hat, ein Anspruch über den 1. April 1993 hinaus unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zugunsten des Klägers besteht.
Die Kostenerstattung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 160 Abs. 1 Nr. 2 SGG).
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