Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 16 Kr 139/93
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 14 KR 1536/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 22. August 1996 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Beitrages zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Die 1927 geborene Klägerin ist seit dem 1. Dezember 1987 bei der Beklagten pflichtversichertes Mitglied der KVdR. Neben einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Altersrente der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte monatlich 1.141,20 DM ab 1. Januar 1988) erhält die Klägerin Rente aus der kommunalen Zusatzversorgungskasse (monatlich 119,94 DM ab 1. Dezember 1987) und eine Rente der Selbsthilfe, Zusatzrentenkasse der Deutschen Caritas, Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit in Köln – Beigeladene – (monatlich 69,90 DM ab 1. Dezember 1987). Die Klägerin selbst hatte am 11. November 1987 nur die Rente der kommunalen Zusatzversorgungskasse angegeben. Im Dezember 1989 meldete die Beigeladene der Beklagten den Rentenbezug der Klägerin. Mit Bescheid vom 30. Januar 1990 verlangte die Beklagte Beitragsnachzahlungen in Höhe von 303,84 DM für die Zeit vom 1. Dezember 1987 bis 31. Dezember 1990. Ab 1. März 1990 zahlt die Beigeladene die Beiträge unmittelbar an die Beklagte.
Mit Schreiben vom 18. Juli 1990 wandte sich die Klägerin gegen die Beitragsnacherhebung aus der Rente der Selbsthilfe und trug vor, sie selbst habe seit 1. Dezember 1956 hierfür die Beiträge entrichtet. Mit Bescheid vom 13. November 1990 informierte die Beklagte die Klägerin dahingehend, dass auch die Rente aus der Selbsthilfe zur Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge heranzuziehen sei, da entscheidend sei, dass es sich um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung handele; unerheblich sei hierbei, wer die Leistung im Ergebnis finanziert habe.
Die Klägerin legte Widerspruch ein und wiederholte, dass die Rente der Selbsthilfe eine private Eigenvorsorge darstelle. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 3. Januar 1991 und 31. Januar 1991 die Klägerin über die bestehende Rechtslage in Kenntnis gesetzt hatte, wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 1993 den Widerspruch zurück. In der Begründung gab die Beklagte an, dass es sich bei der Selbsthilfe um eine Einrichtung der betrieblichen Altersvorsorge handele, und zwar eine Vereinigung von Schwestern, die in Pflegeberufen tätig seien. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) stehe fest, dass die Zahlungen dieser Einnahmen der Beitragspflicht in der KVdR unterliegen würden.
Am 15. März 1993 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Fulda erhoben und insbesondere vorgetragen, dass sie die Entscheidung des BSG und des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) für falsch halte. Die Selbsthilfe habe am 1. Dezember 1956 nur eine freiwillige Mitgliedschaft zum Zwecke der persönlichen Vorsorge im Alter und bei Invalidität gekannt. Die Mitglieder selbst hätten über Anfang und Ende der Mitgliedschaft sowie der Höhe der Beiträge entschieden. Erst ab 1. April 1966 sei die Möglichkeit der betrieblichen Altersversorgung geschaffen worden. Sie selbst sei niemals bei der Deutschen Caritas beschäftigt gewesen. Der Versicherungsvertrag sei nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers geschlossen worden. Das BSG habe sich vom gesetzlichen Begriff der betrieblichen Altersversorgung gelöst und einen eigenen Begriff geschaffen. Es dürften nach dem Gesetz nur solche Einnahmen beitragspflichtig sein, die auf ein früheres Beschäftigungsverhältnis zurückzuführen seien. Nicht beitragspflichtig dürften Einnahmen im Alter sein, die auf Beiträgen beruhten, welche unabhängig vom früheren Arbeitverhältnis entrichtet worden seien. Das BSG weiche von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG), des Bundesgerichtshofes (BGH), des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) ab und stimme nicht mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes überein.
Mit Urteil vom 22. August 1996 hat das Sozialgericht Fulda die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass die der Klägerin gezahlte Rente der Selbsthilfe der Beitragspflicht unterliege. Das Sozialgericht ist der Rechtsansicht des BSG gefolgt. Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Argumente seien nicht überzeugend, da auch Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung beitragspflichtig seien, wenn sie auf freiwilligem Beitritt bzw. freiwilliger Beitragszahlung beruhten. Die Beschränkung der betrieblichen Altersversorgung auf die Leistungen, die durch Zahlung des Arbeitgebers entstünden, würde zu einer Ungleichbehandlung zwischen verschiedenen Personengruppen der gesetzlichen Rentenversicherung und speziellen Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen führen. § 229 Fünftes Buch des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) – wolle dies gerade vermeiden. Der Gesetzgeber habe nicht eine bestimmte Definition der betrieblichen Altersversorgung festgelegt. Die Vorschrift des SGB V verfolge auch einen anderen Zweck, als die arbeitsrechtlichen Regelungen. Auch für Personen, die niemals aufgrund einer Beschäftigung Pflichtmitglieder einer Versorgungskasse geworden seien, könne nichts anderes gelten.
Gegen das am 23. November 1996 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Dezember 1996 Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 16. Juli 1997 hat der Senat die Selbsthilfe, Zusatzrentenkasse der Deutschen Caritas, beigeladen.
Die Klägerin ist nach Kenntnis des Urteils des BSG vom 21. August 1997 – 12 RK 35/96 (Vorinstanz: HLSG, Urteil vom 18. April 1996 – L-14/Kr-1000/93 –) der Ansicht, dass hier ein anderer Sachverhalt zur Beurteilung anstehe. Sie, die Klägerin, sei zu keinem Zeitpunkt bei der Beigeladenen pflichtversichert gewesen. Zum Beginn der Mitgliedschaft am 1. Dezember 1956 sei nur die Mitgliedschaft als freiwillige Versicherung möglich gewesen. Erst zehn Jahre später sei die betriebliche Altersversorgung als Pflichtversicherung hinzugekommen. Sie habe bezüglich ihres Versicherungsverhältnisses nie eine Änderung vorgenommen. Es habe immer ein freiwilliges, auf private Eigenvorsorge gerichtetes Versicherungsverhältnis vorgelegen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 22. August 1996 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 1993 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beiträge, die sie als Krankenversicherungsbeiträge aus dem Rentenbezug bei der Beigeladenen erhoben hat, zurückzuerstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtens.
Die Beigeladene hat sich trotz Aufforderung des Senats nicht geäußert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach Lage der Akten einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung nach Lage der Akten entscheiden, da alle Beteiligten damit einverstanden waren (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 151 Abs. 1, 143, 144 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist jedoch sachlich nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht mit Urteil vom 22. August 1996 die Klage abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die von der Beigeladenen der Klägerin gewährte Zusatzrente unterliegt der Beitragspflicht in der KVdR. Die Klägerin hat deshalb auch kein Recht auf Rückzahlung bereits gezahlter Beiträge (§ 44 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – SGB X und § 26 Viertes Buch des Sozialgesetzbuches – Gemeinsame Vorschriften – SGB IV).
Die Klägerin ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V bei der Beklagten als Rentnerin pflichtversichert. Bei versicherungspflichtigen Rentnern wird gemäß § 237 SGB V der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der Rentner der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Rente vergleichbarer Einnahmen und das Arbeitseinkommen zu Grunde gelegt. § 226 Abs. 2 und die §§ 228, 229 und 231 SGB V gelten entsprechend.
§ 229 SGB V regelt, welche Versorgungsbezüge als beitragspflichtige Einnahmen gelten, wobei die Aufzählung abschließend ist (Vay, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung und Pflegeversicherung, Loseblatt, Stand: Juni 1996, § 229 SGB V Rdnr. 5). Die Rente, die die Beigeladene an die Klägerin zahlt, gilt als Rente der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V. Denn unter die betriebliche Alterversorgung fallen auch Leistungen, die allein auf Beiträgen von Arbeitnehmern beruhen (Peters, KV, SGB V, 19. Auflage, Stand: 19. Januar 1997, § 229 Rdnr. 18).
Der Senat folgt – unter Aufrechterhaltung seiner im Urteil vom 18. April 1996 – L-14/Kr-1000/93 – artikulierten Bedenken – gleichwohl der Rechtsprechung des BSG zu der vorliegend streitigen Frage. Wie das BSG (BSGE 70, 905; Urteil vom 21. August 1997 – 12 RK 35/96 –) mehrfach entschieden hat, handelt es sich bei der Beigeladenen um eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung (nach der sogenannten "institutionellen” Betrachtungsweise). Der erkennende Senat hat hierzu zuletzt mit Urteil vom 18. April 1996 – L-14/Kr-1000/93 – seine Bedenken geäußert und darauf hingewiesen, dass ein gewisser Spielraum für die private Eigenversorgung verbleiben müsse, weshalb eine von jeglicher Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber, der sich der Beigeladenen als Einrichtung für die betriebliche Altersversorgung bedient, losgelöste Mitgliedschaft in einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit nicht dazu fuhren kann, die von dort gezahlten Leistungen als solche der "betrieblichen Altersversorgung” im Sinne des § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zu behandeln. Der Senat hat dabei zu bedenken gegeben, dass bei einer (rein) institutionellen Betrachtungsweise auch bei großen Lebensversicherungsunternehmen, die für Arbeitgeber die betriebliche Altersversorgung durchführen und aus einer solchen Rente an Mitarbeiter eines Unternehmens (etwa in Form der Direktversicherung oder aber auch im Rahmen anderer Gestaltungsmöglichkeiten) nach Erreichen einer bestimmten Altersgrenze zahlen, im Rahmen des § 229 Abs. 2 Nr. 5 SGB VI von "Renten der betrieblichen Altersversorgung” ausgegangen werden müsste. Diesen Bedenken ist das BSG (Urteil vom 21. August 1997 – 12 RK 35/96 –) unter anderem mit dem Argument nicht gefolgt, die durch Lebensversicherungsunternehmen durchgeführte betriebliche Altersversorgung ließe sich hinlänglich von einer solchen, wie sie von der Beigeladenen durchgeführt wird, abgrenzen. Das BSG hat nochmals ausdrücklich betont, dass es sich bei der Beigeladenen um eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung in Form einer Pensionskasse handele. Entscheidend sei allem, dass – bei institutioneller Betrachtung – die von einer Pensionskasse gezahlte Rente sich als eine Rente der betrieblichen Altersversorgung darstellt. Unerheblich sei auch, ob die Rente von einem Arbeitgeber oder zum Teil oder ausschließlich von Arbeitnehmern finanziert worden sei. Das BSG hat diese "institutionelle Betrachtungsweise” bezüglich der Rente der betrieblichen Altersversorgung wiederholt bestätigt und ausgeführt, es reiche der Zusammenhang irgend einer früheren beruflichen Tätigkeit, wenn der Rentner bei der Pensionskasse nur im Zusammenhang mit einer solchen Berufstätigkeit habe beitreten können.
Dies muss vorliegend auch für die Klägerin Geltung haben, die als Krankenschwester jahrelang in einem Pflegeberuf tätig gewesen ist. Entscheidend soll nur sein, dass die Einrichtung – wie die Beigeladene – für eine bestimmte Berufsgruppe bestimmt. Bei dieser Sachlage muss es nach Auffassung des BSG auch unerheblich sein, ob die Klägerin bei der Beigeladenen pflicht- oder freiwillig versichert war, wie auch irrelevant ist, dass zu Beginn des Versicherungsverhältnisses der Klägerin die Beigeladene noch gar keine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gewesen war, sondern erst viel später damit begonnen hat, diese für die Caritas durchzuführen. Auch die Tatsache, dass die Klägerin, wie aus dem Erwerb einer nicht unerheblichen Anwartschaft bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder erkennbar ist, einen erheblichen Teil des Erwerbslebens in Beschäftigungsverhältnissen zurückgelegt hat, in denen sie bei der VBL versichert war, kann nach der o.a. Rechtsprechung des BSG dann keine Rolle spielen.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG war die Berufung deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, da nach Ansicht des Senats die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG weiterhin vorliegen. Die Frage, ob bei Mitgliedern von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit, die, ohne jemals Pflichtmitglied gewesen zu sein und vor der Satzungsänderung der Beigeladenen bereits deren Mitglied geworden waren sowie einen Zusatzrentenanspruch auf Grund alleiniger, freiwilliger Beitragsleistungen erworben haben, auch für diese Zusatzrenten die Beitragspflicht in der KVdR besteht, ist weiterhin von grundsätzlicher Bedeutung. Der Gestaltungsspielraum für eine private Altersvorsorge, der zum Zeitpunkt der Neuregelung der Beitragspflicht in der KVdR zum 1. Januar 1983 gewollt war, wird weiterhin als zu sehr eingeengt beurteilt. Der Senat hält es auch weiterhin für wünschenswert, die Frage, ob der Terminus "betriebliche Altersversorgung” in § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V anders interpretiert werden darf (oder soll), als das Bundesarbeitsgericht die Vorschrift des § 1 BetrAVG interpretiert, dem Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorzulegen. Eine solche Vorlage kann aber nur durch das BSG erfolgen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Beitrages zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Die 1927 geborene Klägerin ist seit dem 1. Dezember 1987 bei der Beklagten pflichtversichertes Mitglied der KVdR. Neben einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Altersrente der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte monatlich 1.141,20 DM ab 1. Januar 1988) erhält die Klägerin Rente aus der kommunalen Zusatzversorgungskasse (monatlich 119,94 DM ab 1. Dezember 1987) und eine Rente der Selbsthilfe, Zusatzrentenkasse der Deutschen Caritas, Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit in Köln – Beigeladene – (monatlich 69,90 DM ab 1. Dezember 1987). Die Klägerin selbst hatte am 11. November 1987 nur die Rente der kommunalen Zusatzversorgungskasse angegeben. Im Dezember 1989 meldete die Beigeladene der Beklagten den Rentenbezug der Klägerin. Mit Bescheid vom 30. Januar 1990 verlangte die Beklagte Beitragsnachzahlungen in Höhe von 303,84 DM für die Zeit vom 1. Dezember 1987 bis 31. Dezember 1990. Ab 1. März 1990 zahlt die Beigeladene die Beiträge unmittelbar an die Beklagte.
Mit Schreiben vom 18. Juli 1990 wandte sich die Klägerin gegen die Beitragsnacherhebung aus der Rente der Selbsthilfe und trug vor, sie selbst habe seit 1. Dezember 1956 hierfür die Beiträge entrichtet. Mit Bescheid vom 13. November 1990 informierte die Beklagte die Klägerin dahingehend, dass auch die Rente aus der Selbsthilfe zur Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge heranzuziehen sei, da entscheidend sei, dass es sich um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung handele; unerheblich sei hierbei, wer die Leistung im Ergebnis finanziert habe.
Die Klägerin legte Widerspruch ein und wiederholte, dass die Rente der Selbsthilfe eine private Eigenvorsorge darstelle. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 3. Januar 1991 und 31. Januar 1991 die Klägerin über die bestehende Rechtslage in Kenntnis gesetzt hatte, wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 1993 den Widerspruch zurück. In der Begründung gab die Beklagte an, dass es sich bei der Selbsthilfe um eine Einrichtung der betrieblichen Altersvorsorge handele, und zwar eine Vereinigung von Schwestern, die in Pflegeberufen tätig seien. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) stehe fest, dass die Zahlungen dieser Einnahmen der Beitragspflicht in der KVdR unterliegen würden.
Am 15. März 1993 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Fulda erhoben und insbesondere vorgetragen, dass sie die Entscheidung des BSG und des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) für falsch halte. Die Selbsthilfe habe am 1. Dezember 1956 nur eine freiwillige Mitgliedschaft zum Zwecke der persönlichen Vorsorge im Alter und bei Invalidität gekannt. Die Mitglieder selbst hätten über Anfang und Ende der Mitgliedschaft sowie der Höhe der Beiträge entschieden. Erst ab 1. April 1966 sei die Möglichkeit der betrieblichen Altersversorgung geschaffen worden. Sie selbst sei niemals bei der Deutschen Caritas beschäftigt gewesen. Der Versicherungsvertrag sei nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers geschlossen worden. Das BSG habe sich vom gesetzlichen Begriff der betrieblichen Altersversorgung gelöst und einen eigenen Begriff geschaffen. Es dürften nach dem Gesetz nur solche Einnahmen beitragspflichtig sein, die auf ein früheres Beschäftigungsverhältnis zurückzuführen seien. Nicht beitragspflichtig dürften Einnahmen im Alter sein, die auf Beiträgen beruhten, welche unabhängig vom früheren Arbeitverhältnis entrichtet worden seien. Das BSG weiche von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG), des Bundesgerichtshofes (BGH), des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) ab und stimme nicht mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes überein.
Mit Urteil vom 22. August 1996 hat das Sozialgericht Fulda die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass die der Klägerin gezahlte Rente der Selbsthilfe der Beitragspflicht unterliege. Das Sozialgericht ist der Rechtsansicht des BSG gefolgt. Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Argumente seien nicht überzeugend, da auch Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung beitragspflichtig seien, wenn sie auf freiwilligem Beitritt bzw. freiwilliger Beitragszahlung beruhten. Die Beschränkung der betrieblichen Altersversorgung auf die Leistungen, die durch Zahlung des Arbeitgebers entstünden, würde zu einer Ungleichbehandlung zwischen verschiedenen Personengruppen der gesetzlichen Rentenversicherung und speziellen Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen führen. § 229 Fünftes Buch des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) – wolle dies gerade vermeiden. Der Gesetzgeber habe nicht eine bestimmte Definition der betrieblichen Altersversorgung festgelegt. Die Vorschrift des SGB V verfolge auch einen anderen Zweck, als die arbeitsrechtlichen Regelungen. Auch für Personen, die niemals aufgrund einer Beschäftigung Pflichtmitglieder einer Versorgungskasse geworden seien, könne nichts anderes gelten.
Gegen das am 23. November 1996 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Dezember 1996 Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 16. Juli 1997 hat der Senat die Selbsthilfe, Zusatzrentenkasse der Deutschen Caritas, beigeladen.
Die Klägerin ist nach Kenntnis des Urteils des BSG vom 21. August 1997 – 12 RK 35/96 (Vorinstanz: HLSG, Urteil vom 18. April 1996 – L-14/Kr-1000/93 –) der Ansicht, dass hier ein anderer Sachverhalt zur Beurteilung anstehe. Sie, die Klägerin, sei zu keinem Zeitpunkt bei der Beigeladenen pflichtversichert gewesen. Zum Beginn der Mitgliedschaft am 1. Dezember 1956 sei nur die Mitgliedschaft als freiwillige Versicherung möglich gewesen. Erst zehn Jahre später sei die betriebliche Altersversorgung als Pflichtversicherung hinzugekommen. Sie habe bezüglich ihres Versicherungsverhältnisses nie eine Änderung vorgenommen. Es habe immer ein freiwilliges, auf private Eigenvorsorge gerichtetes Versicherungsverhältnis vorgelegen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 22. August 1996 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 1993 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beiträge, die sie als Krankenversicherungsbeiträge aus dem Rentenbezug bei der Beigeladenen erhoben hat, zurückzuerstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtens.
Die Beigeladene hat sich trotz Aufforderung des Senats nicht geäußert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach Lage der Akten einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung nach Lage der Akten entscheiden, da alle Beteiligten damit einverstanden waren (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 151 Abs. 1, 143, 144 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist jedoch sachlich nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht mit Urteil vom 22. August 1996 die Klage abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die von der Beigeladenen der Klägerin gewährte Zusatzrente unterliegt der Beitragspflicht in der KVdR. Die Klägerin hat deshalb auch kein Recht auf Rückzahlung bereits gezahlter Beiträge (§ 44 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – SGB X und § 26 Viertes Buch des Sozialgesetzbuches – Gemeinsame Vorschriften – SGB IV).
Die Klägerin ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V bei der Beklagten als Rentnerin pflichtversichert. Bei versicherungspflichtigen Rentnern wird gemäß § 237 SGB V der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der Rentner der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Rente vergleichbarer Einnahmen und das Arbeitseinkommen zu Grunde gelegt. § 226 Abs. 2 und die §§ 228, 229 und 231 SGB V gelten entsprechend.
§ 229 SGB V regelt, welche Versorgungsbezüge als beitragspflichtige Einnahmen gelten, wobei die Aufzählung abschließend ist (Vay, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung und Pflegeversicherung, Loseblatt, Stand: Juni 1996, § 229 SGB V Rdnr. 5). Die Rente, die die Beigeladene an die Klägerin zahlt, gilt als Rente der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V. Denn unter die betriebliche Alterversorgung fallen auch Leistungen, die allein auf Beiträgen von Arbeitnehmern beruhen (Peters, KV, SGB V, 19. Auflage, Stand: 19. Januar 1997, § 229 Rdnr. 18).
Der Senat folgt – unter Aufrechterhaltung seiner im Urteil vom 18. April 1996 – L-14/Kr-1000/93 – artikulierten Bedenken – gleichwohl der Rechtsprechung des BSG zu der vorliegend streitigen Frage. Wie das BSG (BSGE 70, 905; Urteil vom 21. August 1997 – 12 RK 35/96 –) mehrfach entschieden hat, handelt es sich bei der Beigeladenen um eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung (nach der sogenannten "institutionellen” Betrachtungsweise). Der erkennende Senat hat hierzu zuletzt mit Urteil vom 18. April 1996 – L-14/Kr-1000/93 – seine Bedenken geäußert und darauf hingewiesen, dass ein gewisser Spielraum für die private Eigenversorgung verbleiben müsse, weshalb eine von jeglicher Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber, der sich der Beigeladenen als Einrichtung für die betriebliche Altersversorgung bedient, losgelöste Mitgliedschaft in einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit nicht dazu fuhren kann, die von dort gezahlten Leistungen als solche der "betrieblichen Altersversorgung” im Sinne des § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zu behandeln. Der Senat hat dabei zu bedenken gegeben, dass bei einer (rein) institutionellen Betrachtungsweise auch bei großen Lebensversicherungsunternehmen, die für Arbeitgeber die betriebliche Altersversorgung durchführen und aus einer solchen Rente an Mitarbeiter eines Unternehmens (etwa in Form der Direktversicherung oder aber auch im Rahmen anderer Gestaltungsmöglichkeiten) nach Erreichen einer bestimmten Altersgrenze zahlen, im Rahmen des § 229 Abs. 2 Nr. 5 SGB VI von "Renten der betrieblichen Altersversorgung” ausgegangen werden müsste. Diesen Bedenken ist das BSG (Urteil vom 21. August 1997 – 12 RK 35/96 –) unter anderem mit dem Argument nicht gefolgt, die durch Lebensversicherungsunternehmen durchgeführte betriebliche Altersversorgung ließe sich hinlänglich von einer solchen, wie sie von der Beigeladenen durchgeführt wird, abgrenzen. Das BSG hat nochmals ausdrücklich betont, dass es sich bei der Beigeladenen um eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung in Form einer Pensionskasse handele. Entscheidend sei allem, dass – bei institutioneller Betrachtung – die von einer Pensionskasse gezahlte Rente sich als eine Rente der betrieblichen Altersversorgung darstellt. Unerheblich sei auch, ob die Rente von einem Arbeitgeber oder zum Teil oder ausschließlich von Arbeitnehmern finanziert worden sei. Das BSG hat diese "institutionelle Betrachtungsweise” bezüglich der Rente der betrieblichen Altersversorgung wiederholt bestätigt und ausgeführt, es reiche der Zusammenhang irgend einer früheren beruflichen Tätigkeit, wenn der Rentner bei der Pensionskasse nur im Zusammenhang mit einer solchen Berufstätigkeit habe beitreten können.
Dies muss vorliegend auch für die Klägerin Geltung haben, die als Krankenschwester jahrelang in einem Pflegeberuf tätig gewesen ist. Entscheidend soll nur sein, dass die Einrichtung – wie die Beigeladene – für eine bestimmte Berufsgruppe bestimmt. Bei dieser Sachlage muss es nach Auffassung des BSG auch unerheblich sein, ob die Klägerin bei der Beigeladenen pflicht- oder freiwillig versichert war, wie auch irrelevant ist, dass zu Beginn des Versicherungsverhältnisses der Klägerin die Beigeladene noch gar keine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gewesen war, sondern erst viel später damit begonnen hat, diese für die Caritas durchzuführen. Auch die Tatsache, dass die Klägerin, wie aus dem Erwerb einer nicht unerheblichen Anwartschaft bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder erkennbar ist, einen erheblichen Teil des Erwerbslebens in Beschäftigungsverhältnissen zurückgelegt hat, in denen sie bei der VBL versichert war, kann nach der o.a. Rechtsprechung des BSG dann keine Rolle spielen.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG war die Berufung deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, da nach Ansicht des Senats die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG weiterhin vorliegen. Die Frage, ob bei Mitgliedern von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit, die, ohne jemals Pflichtmitglied gewesen zu sein und vor der Satzungsänderung der Beigeladenen bereits deren Mitglied geworden waren sowie einen Zusatzrentenanspruch auf Grund alleiniger, freiwilliger Beitragsleistungen erworben haben, auch für diese Zusatzrenten die Beitragspflicht in der KVdR besteht, ist weiterhin von grundsätzlicher Bedeutung. Der Gestaltungsspielraum für eine private Altersvorsorge, der zum Zeitpunkt der Neuregelung der Beitragspflicht in der KVdR zum 1. Januar 1983 gewollt war, wird weiterhin als zu sehr eingeengt beurteilt. Der Senat hält es auch weiterhin für wünschenswert, die Frage, ob der Terminus "betriebliche Altersversorgung” in § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V anders interpretiert werden darf (oder soll), als das Bundesarbeitsgericht die Vorschrift des § 1 BetrAVG interpretiert, dem Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorzulegen. Eine solche Vorlage kann aber nur durch das BSG erfolgen.
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