S 16 U 251/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 251/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 84/08
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).

Eigenen Angaben zufolge arbeitete der 1963 geborene Kläger in seinem Berufsleben als Fleischerlehrling, war danach von 1979 bis 1981 als Handlanger beschäftigt, anschließend bis 1986 als Möbelspediteur und war dann von 1988 bis 1989 im Rahmen einer ABM-Maßnahme beim Gartenamt der Stadt L tätig. Danach arbeitete er im Gartenbaubetrieb seines Schwiegervaters, den er am 01.07.1993 übernahm; seitdem ist er als selbständiger Garten- und Landschaftsbauer tätig. Seit 1995 befindet sich der Kläger wegen Wirbelsäulenbeschwerden in orthopädischer Behandlung. Der behandelnde Orthopäde N berichtete von Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und einer Schmerzausstrahlung in den Bereich der Beine. In einem Arztbrief (vom 20.10.1994) über eine CT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule ist von einer geringen Protrusio L 4/L 5 und von einer Spondylolithesis sowie geringer rechtsbetonter Protrusio L 5/S 1 die Rede. In einem Arztbrief (vom 30.06.1997) über eine CT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule wird eine geringe Protrusio L 4/L 5 ohne wesentliche raumfordernde Wirkung beschrieben. In einem Arztbrief (vom 12.09.2003 über eine kernspintomographische Untersuchung der Lendenwirbelsäule heißt es u. a., es bestehe ein geringraumfordernder mediolateraler NPP L 5/S 1 rechts mit lateraler Komponente, ein mediolateraler NPP L 4/L 5 links, eine geringe raumfordernde Protrusion L 2/3 und L 3/4 sowie eine multisegmentale Bandscheibendegeneration. Nachdem der beratende Arzt der Beklagten geäußert hatte, die Rückenbeschwerden des Klägers seien aller Wahrscheinlichkeit statischer Natur, lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV ab (Bescheid vom 04.05.2004). Mit seinem Widerspruch bezog sich der Kläger auf eine Bescheinigung seines behandelnden Orthopäden N, in der dieser u. a. von typischen Überlastungsschäden im Bereich der Hauptbeanspruchungszone der Wirbelsäulen berichtete und weiter ausführte, der Kläger sei nur unter erheblichen Schmerzen überhaupt noch in der Lage, seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Es bestünden Bandscheibenvorfälle bei L 4/L 5 und L 5/S 1. Die Beklagte hörte daraufhin erneut ihren beratenden Arzt, der zum Ergebnis kam, das beim Kläger vorliegende radiologische Bild entspreche nicht einem belastungskonformen Schadensbild, weil belastungsinduzierte Phänomene nach wie vor fehlten.

Die Widerspruchsstelle bei der Beklagten wies daraufhin den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 19.10.2004).

Mit seiner am 29.10.2004 eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er hat Atteste seines behandelnden Arztes N vorgelegt und meint, die körperlich schwere Arbeit als Gärtner habe seinen Rücken und seine Bandscheiben erheblich belastet und strapaziert. Die Tätigkeiten müssten auch sehr häufig in unbequemer Haltung, nämlich gebückt und kniend gebückt ausgeführt werden. Auch das führe zu einer übermäßigen Beanspruchung von Rücken und Bandscheiben. Die schwere körperliche und in Zwangshaltungen auszuführende Arbeiten hätten bezüglich seines Rückens und seiner Bandscheiben den jetzigen Zustand herbeigeführt.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 04.05.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2004 zu verurteilen, die Wirbelsäulener- krankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat eine Aufstellung vorgelegt, nach der der Kläger als Garten- und Landschaftsbauer

berechnet auf der Grundlage des Mainz-Dortmunder-Dosismodells - einer Belastung von 0,0 x 106 NH und bei Vernachlässigung der täglichen Mindestbelastungsdosis einer Belastung von 7,08 x 106 NH ausgesetzt gewesen ist.

Das Gericht hat einen Befundbericht von N eingeholt und zur Klärung der Zusammenhangsfrage orthopädischerseits W gehört. W ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die medizinischen Voraussetzungen der geltend gemachten Berufskrankheit nicht vorliegen. Wegen des Ergebnisses der medizinischen Beweisaufnahme im Einzelnen sowie wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 04.05.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2004 ist rechtmäßig. Beim Kläger liegt keine Berufskrankheit nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV vor, er kann deshalb auch keine Rente beanspruchen. Dieser Berufskrankheit werden bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung zugeordnet, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder seien können. Nach der Definition der geltend gemachten Berufskrankheit ist daher die Aufgabe (Unterlassung) der schädigenden Tätigkeit Anerkennungsvoraussetzung. Bereits daran fehlt es hier, der Kläger arbeitet nach wie vor in seinem Beruf als Garten- und Landschaftsbauer. Darüber hinaus sind auch die Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 SGB VII nicht erfüllt. Nach dieser Bestimmung haben die Unfallversicherungsträger bei Berufskrankheiten, die wie im vorliegenden Fall die Unterlassung der gefährdenden Tätigkeiten voraussetzen, vor Unterlassung der noch verrichteten gefährdenden Tätigkeit darüber zu entscheiden, ob die übrigen Voraussetzungen für die Anerkennung der Berufskrankheit erfüllt sind. Unabhängig davon, ob es sich bei der vom Kläger verrichteten Tätigkeit als Garten- und Landschaftsbauer um eine gefährdende Tätigkeit handelt, liegen die Voraussetzungen dieser Bestimmung bereits deshalb nicht vor, weil beim Kläger eine bandscheibenbedingte Erkrankung im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht nachweisbar ist. Dabei reichen morphologische Veränderungen zur Erfüllung des Begriffs einer bandscheibenbedingten Erkrankung nicht aus, weil neben einem objektivierten Bandscheibenschaden auch ein korrespondierendes klinisches Beschwerdebild mit Funktionseinschränkungen vorliegen muss (vgl. Mehrtens/Brandenburg, Kommentar zur Berufskrankheiten-Verordnung, M 2108 Rn. 2.1 mit Rechtsprechungshinweisen). W hat darauf hingewiesen, dass beim Kläger zwar bandscheibenbedingte Veränderungen in den drei unteren Etagen der Lendenwirbelsäule bestehen, diese jedoch bisher nicht zu einer anhaltenden radikulären Nervenwurzelreizsymptomatik geführt haben, so dass auch eine wesentliche Funktionsstörung der Wirbelsäule nicht hat festgestellt werden können. Damit fehlt es bisher an einem Krankheitsbild im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zur BKV, das nicht nur radiologische Veränderungen, sondern auch klinische Beschwerden mit Funktionseinschränkungen voraussetzt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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